Das Computerspielemuseum – Ein Juwel im Herzen Berlins

Von André Eymann am
Kommentiert von: Danny, André Eymann, failversprechend.de, Oxx
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So ist das eben, wenn man einen lange auf die Bank geschobenen Termin endlich wahrnimmt. Man fährt in die Hauptstadt, mit der Absicht endlich einmal das Computerspielemuseum zu besuchen, und dann passiert es. Begeisterung! Und die Frage, warum war ich nicht schon früher hier?!?

Der Eingang des Museums in der Karl-Marx-Allee 93a. (Bild: André Eymann)
Der Eingang des Museums in der Karl-Marx-Allee 93a. (Bild: André Eymann)

“Berlin ist eine Reise wert.” – dieser Slogan aus den 1950er Jahren ist weithin bekannt. Für Liebhaber von Computerspielen und betagter Hardware aber bekommt er – durch die Bemühungen von Andreas Lange (Direktor) und seinem Team – eine gänzlich neue Bedeutung.

Von der Gründung des Museums im Jahre 1997 bis heute sind mittlerweile 20 Jahre vergangen. Zwischendurch ist viel passiert. Das Museum musste sich von 2000-2011 mit einer Online-Ausstellung begnügen, konnte aber seit dem 21. Januar 2011 in das ehemalige Café Warschau einziehen, wo es seitdem residiert.

Der erste Blick auf die Fassade des CSM’s macht einen soliden Eindruck. Ein stattliches Portal begrüßt den Besucher und ein freundlicher Empfang verschafft gute Stimmung. Gleich neben der Kasse gibt es einen kleinen Museums-Shop, in dem jeder Gamer sicher passende Devotionalien findet. Sehr zu empfehlen sind die Ausstellungsposter, die immer wieder zu den wechselnden Themenschwerpunkten gestaltet werden, aber auch Literatur von Winnie Forster (Gameplan.de) oder schmucke T-Shirts, Tassen und Caps gibt es zu kaufen.

Zu Beginn der Ausstellung begrüßten mich bekannte Gesichter auf der “Wall of fame”. Ralph Bear (Erfinder der ersten Videospielkonsole), Nolan Bushnell (Gründer von Atari) oder Hideo Kojima (Ex-Vizepräsident von Konami). Alle waren sie schon da. In Berlin. Im CSM. Bei Andreas Lange. Welch eine Ehre!

Man darf auch sofort spielen: in aufgeräumten Räumen stehen Konsolen wie das SEGA Master System bereit und bieten beispielsweise California Games zum Ausprobieren an. Endless Summer im grauen Berlin. Schön, dass man hier Platz und Zeit zum Zocken hat.

Lesen und Interagieren sind ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung. (Bild: André Eymann)
Lesen und Interagieren sind ein wichtiger Bestandteil der Ausstellung. (Bild: André Eymann)

Das “kubische” Konzept der Ausstellung dokumentiert die Geschichte der Computer- und Videospiele chronologisch. Wobei das Museum – schon allein aufgrund der Fläche – natürlich nicht alle Aspekte der Geschichte erfassen kann. Das macht aber gar nichts. Der rote Faden ist dennoch überaus gelungen. Die angebrachten Lesetafeln gefielen mir sehr gut, weil sie nicht überladen sind und Fotos oder Videos zur medialen Ergänzung anbieten.

Immer wieder wird auch der gesellschaftliche Kontext (“Das Fernsehen im Kreis der Familie”) eingebaut. Und ganz oft stehen Joysticks bereit, die einen auffordern, das jeweilige Spiel oder Thema interaktiv zu begreifen.

Auch über die Begegnung mit dem glitzer-grünen “Computer Space” Automaten, der tatsächlich direkt aus der Zukunft der 1960er Jahre zu kommen scheint, habe ich mich sehr gefreut. Zwar ist dieser nicht bespielbar, aber das Gerät einmal in Lebensgröße zu sehen, ist schon etwas Besonderes. Immerhin war der von Nolan Bushnell erfundene Automat das erste münzbetriebene Arcade-Spiel der Welt.

Auf der rechten Seite des Mittelgangs wird die Historie der Heimcomputer und Konsolen in hellgrünen, verglasten Schaukästen dargestellt. Alle wichtigen Exponate sind zu finden: Commodore PET, Apple Macintosh, C64, Atari 600 XL oder ZX Spectrum. Vereinzelt aber auch seltenere Stücke wie das Tele-Fever, den Tandy TRS-80 oder LCD-Spiele von Mattel. Hier ist Anfassen allerdings nicht erlaubt. Wer das möchte, sollte einmal im Oldenburger Computer Museum von Thiemo Eddiks vorbeischauen. Dort ist das praktische Ausprobieren von Heimcomputern ausdrückliches Konzept.

Der Eingang zur hauseigenen Arcade. (Bild: André Eymann)
Der Eingang zur hauseigenen Arcade. (Bild: André Eymann)
"Froggern" in der Arcade des CSM. (Bild: André Eymann)
“Froggern” in der Arcade des CSM. (Bild: André Eymann)

Nächste Tür rechts geht es in die Arcade. Arcade? Jawoll, das Museum beherbergt seine eigene kleine Videospielhalle! Damit hatte ich nicht gerechnet und war umso erstaunter, wie kuschelig es dort ist. Der zeitgemäß neon-beleuchtete Raum lädt zu SEGAs Hang-On, Frogger, Gauntlet und vielen anderen Automaten ein. Durch die Enge der Arcade kommt schwitzig-authentisches Spielhallengefühl auf. Wunderbar.

Authentizität ist auch das Stichwort für die im hinteren Bereich des Museum nachgebildeten Kinder- und Jugendzimmer, welche die 70er, 80er oder 90er Jahre stilecht abbilden. Ob Pong-Konsole mit Spiraltapete, C64 samt Heimtrainer oder SNES mit Kassetten Karussell. Alles wie damals. Und wenn man sich dort hinsetzt überkommt einen schon ein bewegendes Gefühl. Als würde man sich in einer Zeitmaschine befinden und noch einmal 13 Jahre alt sein.

Was mir als Kind der Heimcomputerzeit besonders gut gefällt, ist die Möglichkeit in alter Literatur zu blättern. Computer-Listings (“Das Grab des Pharao”) hängen aus und Exponate wie die TeleMatch bieten sich zum Stöbern an. Auch hier wird wieder darauf geachtet, das gesamte gesellschaftliche Umfeld der Computerspiele zu erfassen.

Fazit

Das CSM ist unbedingt eine Reise wert und sollte bei einem Berlin-Besuch eingeplant werden. Es bietet einen anregenden und abwechslungsreichen Abriss der Video- und Computerspielgeschichte und viele Momente zum Interagieren. Man sollte ruhig etwas Zeit mitbringen, um alle Aspekte des Museums zu genießen. Es lohnt sich!

Internet

Adresse

Karl-Marx-Allee 93a, 10243 Berlin

Bildergalerie

California Games auf dem SEGA Master System im Rahmen der "Endless Summer" Sonderausstellung im Sommer 2015. (Bild: André Eymann)
California Games auf dem SEGA Master System im Rahmen der “Endless Summer” Sonderausstellung im Sommer 2015. (Bild: André Eymann)
Der Empfang des CSM. (Bild: André Eymann)
Der Empfang des CSM. (Bild: André Eymann)
"Computer Space" von Nolan Bushnell war das erste münzbetriebene Arcade-Spiel der Welt. (Bild: André Eymann)
“Computer Space” von Nolan Bushnell war das erste münzbetriebene Arcade-Spiel der Welt. (Bild: André Eymann)
Eine seltene Tele-Fever-Konsole. (Bild: André Eymann)
Eine seltene Tele-Fever-Konsole. (Bild: André Eymann)
Der Commodore PET 2001 erschien im Jahre 1977. (Bild: André Eymann)
Der Commodore PET 2001 erschien im Jahre 1977. (Bild: André Eymann)
Ein TRS-80 Homecomputer. (Bild: André Eymann)
Ein TRS-80 Homecomputer. (Bild: André Eymann)
Hacker-Ecke der 80er. Der legendäre C64 samt Floppy und Datasette. (Bild: André Eymann)
Hacker-Ecke der 80er. Der legendäre C64 samt Floppy und Datasette. (Bild: André Eymann)
Jugendzimmer der 1980er Jahre. Star Wars, Kassetten Karussell und Super Mario. (Bild: André Eymann)
Jugendzimmer der 1980er Jahre. Star Wars, Kassetten Karussell und Super Mario. (Bild: André Eymann)
Spielebewertungen in der ersten deutschen Spielezeitschrift "TeleMatch". (Bild: André Eymann)
Spielebewertungen in der ersten deutschen Spielezeitschrift “TeleMatch”. (Bild: André Eymann)
Listing des Monats: "Das Grab des Pharao" von Wolfgang Rausch. (Bild: André Eymann)
Listing des Monats: “Das Grab des Pharao” von Wolfgang Rausch. (Bild: André Eymann)
Die Spielauswahl eines "Poly Play", dem einzigen in der DDR erschienenen Spielautomaten. (Bild: André Eymann)
Die Spielauswahl eines “Poly Play”, dem einzigen in der DDR erschienenen Spielautomaten. (Bild: André Eymann)
Gemeinsam am Gauntlet-Automaten. (Bild: André Eymann)
Gemeinsam am Gauntlet-Automaten. (Bild: André Eymann)
Familienfreundliches Konzept: im CSM kommen alle auf ihre Kosten. (Bild: André Eymann)
Familienfreundliches Konzept: im CSM kommen alle auf ihre Kosten. (Bild: André Eymann)

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Veröffentlicht in: Medien & Literatur

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Kommentare (4)

  1. Ich war vor etwa einem halben Jahr das erste mal dort und war begeistert. Zum Beispiel wusste ich noch, dass ich in meiner jüngster Kindheit mit meinem Opa an einem Computer gespielt habe. Jedoch wusste ich nicht mehr was das für ein Gerät war. Alles was ich noch wusste, war, dass man ganz normale Kassetten benutzt hat. Im CSM hab ich das Gerät dann wieder entdeckt: Es war ein Commodore. Ist auf jeden Fall ein Besuch wert, wenn man Spiele mag.

  2. Schade, dass Berlin so weit entfernt ist. Sieht echt megageil aus. Als Fan von Retro Games wäre das genau das Richtige für mich. Klasse Bilder auch, dafür ein großes Lob. Habe das Computerspielemuseum auch schon einmal bei Insert Coin mit Felix Rick in Bewegtbildern gesehen. Sehr interessant muss ich sagen. Besonders freut mich, dass Videospiele scheinbar in der Gesellschaft als akzeptiertes Medium angekommen sind und auch als Kunst angenommen werden.

    1. Vielen Dank für Deinen Kommentar und Dein Lob 🙂

      Das Museum und dessen Arbeit kann man wirklich nur empfehlen. Ich finde, dass sie auf relativ kleinem Raum sehr viel vermitteln.

      Wenn ich mal wieder in Berlin bin, werde ich sicher wieder hingehen. An einem Tag kann man nicht alles sehen. Und dann gibt es ja noch die wechselnden Sonderausstellungen.