Buchbesprechung: “Commodore Amiga: a visual Commpendium”

Von Ferdi am
Kommentiert von: André Eymann, Moni
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Das Buch ist bereits in 2015 erschienen und es gibt bereits diverse Rezensionen hierzu. Aber noch keine von mir. Außerdem ist bei Retro-Büchern der aktuelle Zeitbezug nicht so von Bedeutung. Retro heißt ja auch: keine Hektik und bloß nicht Hetzen lassen.

Was ist das für ein Buch? Es ist ein Bilderbuch, aber nicht für Kinder. Jedenfalls nicht für Kinder von heute. Vielmehr für die junggebliebenen Kinder, die in den 80-zigern aufgewachsen sind. Genau genommen für die Generation Amiga, die sich ein Stück Kindheitserinnerung zurückholen möchte, um sie sich gut sichtbar und jederzeit anfassbar ins Regal des Arbeitszimmers zu stellen. Da steht das Buch jedenfalls bei mir und es macht sich da sehr gut.

Es ist als „Commpendium“ betitelt, möchte aber kein Wissen vermitteln, sondern Emotionen. Ganz wie von selbst stellen sich nostalgische Erinnerungen und angenehme Gefühle beim Anblick der wunderschönen Spielgrafiken des Amiga ein. Mit voller Absicht. Denn genau diese Grafiken stehen im Mittelpunkt des Buches und sind grandios in Szene gesetzt worden.

Die ersten Seiten finde ich schon berührend. Sie zeigen die Geburt des Amiga 1000 in Form der Konzeptzeichnungen von Howard W. Stolz und sind einfach nur schön. Genauso wie die Kommentare und Zitate von eben diesen Howard W. Stolz sowie den genialen Entwicklern des Amiga 1000 wie u.a. Jay Miner, RJ Mical und Dale Luck. Besser könnte der Einstieg in das Buch kaum sein.

So schön! Konzeptzeichnung von Howard W. Stolz (Bild: Ferdinand Müller)
So schön! Konzeptzeichnung von Howard W. Stolz (Bild: Ferdinand Müller)

Es folgen Bilder, über die die Welt gestaunt hat und die heutzutage untrennbar mit dem Amiga verbunden sind: Die Boing Ball-Demo, The Juggler natürlich, aber auch die (linke) Hand die eine Diskette hält und einen auffordert, Kickstart einzulegen. Fehlt nur noch das unverwechselbare Klack-Klack-Klack Geräusch des 3,5“ Diskettenlaufwerks. Passend zum anfangs noch nicht ausgereiften Betriebssystems darf natürlich die Absturzmeldung „Guru Meditation“ nicht fehlen, inkl. der Erklärung von Carl Sassenrath, wie sie zu dem seltsamen Namen kam.

Die Boing Ball-Demo wurde 1984 kurz vor der CES von Dale Luck und R. J. Mical erstellt und hat die Besucher aus den Socken gehauen. (Bild: Bitmap Books)
Die Boing Ball-Demo wurde 1984 kurz vor der CES von Dale Luck und R. J. Mical erstellt und hat die Besucher aus den Socken gehauen. (Bild: Bitmap Books)
Diskette rein und los geht´s. Aber nicht alle Amiga-Freunde sind Linkshänder. (Bild: Bitmap Books)
Diskette rein und los geht´s. Aber nicht alle Amiga-Freunde sind Linkshänder. (Bild: Bitmap Books)

Weiter geht es mit Bildern sowie Kommentaren von bekannten Game-Designern, Grafikern, Musikern, Programmierern wie z.B. Andrew Braybrook, David Braben, Brian Fargo zu über 140 Amiga-Spielen in chronologischer Reihenfolge. Den Anfang machen Defener of the Crown, Marble Madness, Barbarian und Battle Chess. Das sind auch genau die Spiele, mit denen ich die ersten Erfahrungen mit dem Amiga 1000 gemacht habe. Wobei es nicht nur um den Amiga 1000 geht. Die Bandbreite reicht vom A500 über A1200, CD32 bis zum CDTV.

Jedes Spiel wird auf zwei Seiten dargestellt; oft sind die sehr gut ausgewählten Bildschirmfotos (ja, so heißen die bei mir; nicht Screenshots!) doppelseitig abgedruckt.

Wer kennt die grünhaarigen, suizidgefährdeten Lemminge nicht? Die sind untrennbar mit dem Amiga verbunden. Für immer. (Bild: Bitmap Books)
Wer kennt die grünhaarigen, suizidgefährdeten Lemminge nicht? Die sind untrennbar mit dem Amiga verbunden. Für immer. (Bild: Bitmap Books)
Stunt Car Racer: Ohne Zweifel das beste Rennspiel auf dem Amiga: Unfassbar gut mit zwei verbundenen Amigas. (Bild: Bitmap Books)
Stunt Car Racer: Ohne Zweifel das beste Rennspiel auf dem Amiga: Unfassbar gut mit zwei verbundenen Amigas. (Bild: Bitmap Books)

Der Reigen endet mit den zuletzt veröffentlichen Spielen für den Amiga bzw. genau genommen, mit denen, die es leider nicht mehr rechtzeitig geschafft haben. Das letzte im Buch beschriebene Spiel ist Putty Squad von System 3. Der Release war ursprünglich für 1994 geplant. Als das Spiel verspätet fertiggestellt wurde, brach der Amiga-Markt zusammen. Es soll in den Fachzeitschriften gute Bewertungen von 90% erhalten haben. Die fertige Version des Spiels soll 20 Jahre in den Archiven von System 3 gelegen haben. Seit 2013 ist das Spiel übrigens als kostenfreie ADF-Datei downloadbar.

Aufgelockert wird das Buch durch die eingestreuten Firmenportraits (u.a. Cinemareware, DMA-Design, Factor 5) sowie Interviews (u.a. Dan Malone, Andrew Morris, Jim Sachs). Gelungen finde ich auch das Kapitel, das sich mit der Demo-Szene befasst und immerhin 10 Seiten umfasst. Deluxe Paint und X-Copy dürfen natürlich auch nicht fehlen.

The Secret of Monkey Island von Lucasfilm Games hat 1990 die Latte für Grafik-Adventure mal so richtig hoch gelegt. (Bild: Bitmap Books)
The Secret of Monkey Island von Lucasfilm Games hat 1990 die Latte für Grafik-Adventure mal so richtig hoch gelegt. (Bild: Bitmap Books)
Dan Malone war nicht nur an der Entwicklung von Speedball 2 beteiligt. Sein erstes Spiel war das großartige Cauldron auf C64 und CPC aus dem Jahr 1985.
Dan Malone war nicht nur an der Entwicklung von Speedball 2 beteiligt. Sein erstes Spiel war das großartige Cauldron auf C64 und CPC aus dem Jahr 1985.

Das vorliegende Buch ist ein gutes Beispiel für ein gelungenes Kickstarter-Projekt. Die backers der Kickstarter-Kampagne werden am Ende namentlich aufgelistet. Der uns wohlbekannte und geschätzte Andreas Wanda ist auch darunter. Er hat auch das ein oder andere Spiel kommentiert.

Das Buch ist sehr gut verarbeitet. Die Papier- und Druckqualität ist hervorragend. Aber auch die vielen kleinen liebevollen Details sind es, die das Buch zu etwas Besonderen machen. Hier steckt viel Herzblut drin, das spürt man. Auf dem Einband stehen zum Beispiel die Unterschriften der Amiga-Entwickler, wie im inneren des Amiga 1000 auch. Nette Idee.

Schöne Idee: Die Unterschriften der Amiga-Entwickler im Bucheinschlag (Bild: Ferdinand Müller)
Schöne Idee: Die Unterschriften der Amiga-Entwickler im Bucheinschlag (Bild: Ferdinand Müller)

Nicht nur der Einband ist bedruckt, sondern auch das Hardcover. Und das gefällt mir persönlich sehr, da ich die üblichen einfarbigen Buchdeckel bei Hardcovern überhaupt nicht mag. Und bei der Hardcover-Ausgabe ist auch ein Schieber dabei. Abgerundet wird das mächtige 424 Seiten umfassende Werk durch ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis samt Nennung aller Personen, die mitgewirkt haben.

Gibt´s auch zu Kaufen: Commodore Amiga: a visual Commpendium (Bild: Bitmap Books)
Gibt´s auch zu Kaufen: Commodore Amiga: a visual Commpendium (Bild: Bitmap Books)

Es ist ein Buch, das sich gut anfühlt, dass man gerne in der Hand hält und das sogar gut riecht. Wenn man -so wie ich- den Geruch von neuen Büchern und frischer Druckerschwärze liebt. Es macht sich auch gut auf dem Kaffeetisch, zum Zugreifen und Durchblättern oder als Geschenk für einen guten Freund oder eine gute Amiga.

Fazit: Wer seine Freundin geliebt hat, der wird auch dieses Buch lieben.

Commodore Amiga: a visual Commpendium

  • Taschenbuch: 424 Seiten
  • Englisch
  • Verlag: Bitmap Books (1. April 2015)
  • ISBN-10: 0993012914
  • ISBN-13: 978-0993012914
  • Größe: 17 x 5 x 23 cm

PS: Ähnliche Bücher gibt es übrigens auch für den C64, den ZX Spectrum und nun auch für das NES. Für den C64 ist eine erweiterte Edition mit sagenhaften 476 Seiten erschienen. Die steht bei mir direkt neben dem Amiga Commpendium.


Veröffentlicht in: Medien & Literatur

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Kommentare (2)

  1. Vielen Dank für Deine Buchvorstellung Ferdi!

    Tatsächlich hatte ich anfangs nur an ein “Bilderbuch” gedacht, als ich das Cover von Bitmap Books zum ersten Mal sah. Umso schöner, dass Du uns hier so gute Einblicke ermöglichst.

    Das die Bilder dieser Zeit heute der Schlüssel sind ein Werk wie dieses mit vielen Fakten zur Ära Amiga anzubieten ist logisch und folgerichtig. Denn schliesslich waren die Bilder das erste was wir wahrgenommen hatten, als wir Super Cars oder Lemmings spielten. Die Aufmachung und Präsentation macht wirklich eine Menge her und man kann sehen, dass die Publikation mit Liebe zum Detail hergestellt wurde.

    Jetzt weiß ich jedenfalls, was mein nächster Geschenke-Wunsch ist 😉

  2. Eine wunderbare Buchbesprechung 🙂
    Obwohl ich keine Amiga-Besitzerin war, kribbelt es mich in den Fingern ein so schön gemachtes Buch durchzublättern, die Bilder zu bestaunen und mich in die kleinen Artikel zu vertiefen. Ich habe auch gleich nach der C64-Ausgabe geschaut. Solche Bücher haben allerdings einen stolzen Preis. Der ist meiner Meinung nach aber gerechtfertigt für den Aufwand und den Umfang des Buchs.
    Das Compendium nimmt man sicher immer wieder gerne in die Hand um darin zu blättern und sich das eine oder andere durchzulesen. Ich lese sowas normalerweise nicht chronologisch, sonder bleibe beim Durchblättern immer mal wieder irgendwo hängen und entdecke neue Sachen. Das macht für mich gerade den Reiz so eines Buchs aus.