Diese Geschichte habe ich nach einer guten Flasche Rotwein im Jahre 2003 niedergeschrieben. Vielleicht war es das Retrofeeling welches mich dazu bewegte, oder halt nur die Angst diese schöne Zeit aus dem Gedächtnis zu verlieren (vielleicht war es aber auch nur der Rotwein). Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2025 und da mir noch ein paar Details eingefallen sind, habe ich die ganze Story etwas erweitert und hier bei VSG herausgebracht. Viel Spaß beim Lesen…
Hast du die anderen Teile der Reihe schon gesehen? Falls nicht, findest du sie hier:
Ein Wahnsinns Computer mußte her!
Was jetzt kam war dagegen eine Wundermaschine. So kurz vor Weihnachten 1982 kaufte ich mir für sage und schreibe 1400,- DM den nächsten Computer. Na, wie kann es auch anders sein, es war der Commodore C64!
Er kam gerade in Deutschland auf dem Markt und wurde von der Presse mit viel Lorbeeren empfangen. Das diese Maschine mal den meist verkauften Computer der Welt darstellen würde (man schätzt so 17 Millionen Stück), ahnte damals noch keiner. Er wurde eher von den großen IBM, Apple oder HP-Usern belächelt. Dazu kam noch eine Datasette für 200,- DM. Was für ein Feeling beim ersten Einschalten. Hochlaufzeit max. 2 Sekunden!


Hier habe ich sogar noch ein Originalfoto von meinem C64 ausgegraben. David’s Midnight Magic hieß der Flipper, der hier gezockt wurde.
Tipp: Hier gibt es noch eine andere Geschichte zum Spiel Meine Taktik gegen einarmige Banditen: David’s Midnight Magic

Ein paar technische Daten zum C64:
- 64 Kbytes RAM
- 8 Kbytes Basic im ROM
- 38911 Bytes free
- 16 Farben
- 8 Sprites
- 40 x 24 Zeichen
- Hochauflösende Grafik 320×240
- Sound on board
- Eine echte Tastatur
- Monitor & Fernseher Ausgang!
- Anschlussmöglichkeit für 2 Joysticks
- Expansionsport
- Userport
- Anschlussmöglichkeit für Drucker und Floppy

Zu dieser Zeit zog Dietmar schon nicht mehr mit, so das ich der einzige weit und breit war der einen Computer zu Hause hatte, zumindest in meinem Freundes- Bekannten- oder Arbeitskreis. Viel Kritik musste ich von meinen Arbeitskollegen hinnehmen, warum ich denn so viel Geld für einen Computer ausgegeben hatte.
„Was willst Du damit?“ oder „Mit dem kannst Du doch gar nichts anfangen!“
Solche und ähnliche Sprüche musste ich über mich ergehen lassen. Ich dachte mir meinen Teil dazu und beschwor immer die hervorragenden Eigenschaften des C64. Da kam kein HP9826 oder HP9825 mit, oder die mittlerweile vorhandenen Commodore PET. Sie waren zwar stark verwand mit meinem C64, doch fehlte es an Farbe und Sound. Zu dieser Zeit lebte ich gerade mit meiner zukünftigen Ehefrau in Rheurdt zusammen. Und es war meine damals noch ungeborene Tochter Sara, die mir dazu verhalf, mich intensiv mit meinem C64 zu beschäftigen. Warum?
Nun ja nach ca. dreimonatiger Schwangerschaft meinte meine Tochter wohl sie müsste das Licht der Welt schon erblicken! Was aber nichts anderes bedeutete, das meine Frau für die nächsten sechs Monate stillgelegt wurde (im Krankenhaus natürlich), wegen drohender Fehlgeburt. Heißt: nach der Arbeit zum Krankenhaus fahren, gegen Abend nach Hause und dann nichts wie ran, an den im Wohnzimmer aufgebautem C64.
Erst mal wurde das ganze Handbuch durchgearbeitet, um die Maschine zu verstehen, was nicht immer gelang. Bekanntschaften mit den typischen Errormeldungen mussten überwunden werden!
?SYNTAX ERROR – ?RETURN WITHOUT GOSUB ERROR – ?OUT OF DATA ERROR – oder auch einfach ein – ?TYPE MISMATCH ERROR.

Abtippen – bis die Augen zufallen

Kurze Zeit später erschien auch die erste Ausgabe einer Zeitschrift die sich nur mit diesem Computer befasste. Es war die „64er“ aus dem Markt & Technik Verlag, im Hochglanz-Look durch und durch in Farbe (so für 6 bis 8,- DM monatlich). Dort waren natürlich jede Menge Tipps und Tricks beschrieben, sowie Neuerscheinungen diverser Zusatzgeräte. Aber vor allen Dingen gab es Listings über Listings, welche nur darauf gewartet haben von mir eingetippt zu werden.
In der Regel waren es natürlich Spiele, die ich so langsam aber vermisste, seit meiner Zeit in den Spielhöllen. Aber sie waren natürlich nicht zu vergleichen. Trotz der Sprite-Technik und den hervorragenden Soundqualitäten des 64er. Das Basic war wieder einmal viel zu langsam um schnelle Actionspiele zu schreiben. Das merkte ich aber erst viel später.
Erst mal wurden all die Listings abgetippt, was schon meistens 1-3 Stunden dauerte. Doch meistens kamen noch ungezählte Stunden der Fehlersuche hinzu. Nicht selten kam ich erst gegen 3 Uhr morgens deswegen ins Bett. Aber was bedeutet das schon, wenn man das Spiel dann doch noch zum Laufen gebracht hat.
Es waren Spiele mit den tollen Namen wie Geisterjäger, Zauberschloss, Adventure Castle, Tunnelraider usw. Wie schon erwähnt war die Beschreibung zum Listing immer vom Feinsten, da ging einem schon beim Lesen die Phantasie durch. Nichts desto trotz war es eine schöne Zeit, und die Spiele waren auch nicht so schlecht. Auf jeden Fall waren sie mit keinem anderen Computer so schön darzustellen.
Kurze Zwischensequenz
In dieser Zeit kaufte ich irgendwo das Buch: Basic Computer Spiele – Band 2. Auch wieder so ein Fall, so eine Art Reinfall! Alle Programme in Microsoft-Basic, mussten also noch für den 64er stellenweise angepasst werden. Aber auch hier gaukelte die Spielbeschreibung einem wer weiß was vor. Nicht eine bewegte Grafik in all den Listings, wie sollte es auch, bei so vielen Computern, die es zu dieser Zeit schon gab. Außerdem war das Buch älter wie der Commodore!


Aber lest doch bitte mal selber die Rückseite durch! Na, fällt Euch da was auf? Genau, hier wurde ich das erste mal auf den W U M P U S aufmerksam!!! Ich malte mir alles mögliche in meinem Hirn aus, wie toll doch dieses Computerspiel aussehen wird, bevor ich mich an die Abtipp-Orgie begab.

Was dann aber rauskam, war wieder mal eine derbe Niederlage. Das gesamte Spiel, spielte sich im Textmodus ab!
Du bist in Hoehle 12
Tunnel fuehren nach 6 und 13
Ziehst du oder schiesst du? Z ↵
Wohin? 6 ↵
Fledermaeuse in der Naehe
Ich rieche Wumpus
Ziehst du oder schiesst du?
usw. usw.
Na ja, danach wanderte das Buch erst mal in die Ecke (ich habe es nie wieder gefunden??!)
Trotzdem, der Wumpus blieb an mir hängen, so das er auch heute noch bei mir als Nickname gilt. Im übrigen habe ich Wumpus vor einem Monat noch mal abgetippt, auf einen Epson HX-20! Dieser Computer schien mir dafür genau der richtige zu sein, mit seinem 4-zeiligem Display. Außerdem habe ich noch ein wenig Grafik eingebracht, wie beispielsweise die Anordnung der Höhlen als Dodekaeder. Tja jetzt müsste man wissen wie ein Dodekaeder aussieht. Wenn ihrs nicht wisst, fragt jemanden wie mich! ☺

Ja doch, dieses Spiel hat es doch in sich und zählt heute schon zu den Klassikern, eben Kult.
Tipp: Hier erfahrt ihr noch mehr über den Wumpus Wumpusjagd – die erste Game Map der Videospielgeschichte
Ok, Wumpus hin, Wumpus her, kehren wir zurück zum legendären C64.

Kassette oder Floppy?
Das Speichern der Daten auf Kassette war einfach nur nervend, deshalb musste die Datasette nach zwei Monaten Gebrauch einer neuen 5¼-Zoll Floppy weichen. Sie hieß VC1541 und konnte so 180 KByte auf einer Seite der Disk schreiben. Na wer weiß denn noch wie man eine Diskette formatiert? Nicht so einfach, oder? Ja heute kann das jeder (FORMAT A:) aber damals war das etwas komplizierter, so etwa:
OPEN 15,8,15“S:DISK01,00“:CLOSE 15
Ein Directory wurde nicht mit DIR oder CAT gezogen sondern mit - LOAD“$“,8
Dann mit - LIST - auf dem Bildschirm gebracht, wodurch natürlich alle Programme im Basicspeicher gelöscht wurden!
Also nicht mal eben während der Programmierung schauen ob noch Platz auf der Diskette ist. Trotzdem war das Diskettenlaufwerk schon ein Highend-Gerät und schlug mit 1000,- DM zu Buche.
Im übrigen habe ich den 64er am Anfang an einem 37 cm Fernseher betrieben. Der passende Monitor 1702 kam erst ein Jahr später und auch dieser kostete 1000,- DM. Dazu kam noch der erster Drucker, ein Commodore MPS 802 zu 800,- DM. Eine kleine Kreissäge in unserem Wohnzimmer. Gedruckt wurde nur wenn die Kinder nicht schliefen!
So sah ein typisches 64er System aus:

Irgend wann kam dann im Frühjahr die große Wende, als ich in irgend einer 64er Zeitschrift eine kleine Anzeige las:
Verkaufe Programme für den VC64. Bitte Liste anfordern. Jens O. Meckenheim
Also forderte ich erst mal diese Liste an um mal zu sehen was dieser junge Mann denn für Programme abgetippt hatte. Doch weit gefehlt, die Liste enthielt Programme die überwiegend in Maschinensprache geschrieben waren und deren Titel mir so bekannt vorkamen, wie Pac-Man, Defender, Scramble! Genau, weiter oben kommen diese Titel schon mal vor, nämlich in den Spielhallen. Hatte ich jetzt mein Ziel erreicht?
Die Programme kosteten so zwischen 1 und 3,- DM die besonderen Highlights bis 6,- DM. Das war sehr günstig, wenn man bedenkt das ein Spielmodul so um die 60,- DM gekostet hatte und ein Spiel in der Spielhalle 1,- DM kostete. Also bestellte ich erst mal fünf Stück, legte also 15 DM in einem Briefumschlag und wartete ab. Nach 3 Tagen kam ein kleines Päckchen mit einer Kassette ins Haus. Und wirklich waren dort die bestellten Spiele drauf.

Jens, die Kultfigur
Dank des kostenlosen Turbo-Tape Programms ging das mit der Datasette auch recht flott (so ca. 10x schneller). Da waren sie also wieder meine Spielhallen-Spiele, nur viel günstiger. Warum diese so günstig waren brauche ich hier wohl niemanden erzählen ☺.
Da wir mittlerweile mit drei User waren (Uwe P., Klaus S.) konnten wir die Kosten natürlich durch drei teilen. Aber erst mussten wir lernen wie man solche Programme kopiert. Dazu musste natürlich sofort eine zweite Bestellung getätigt werden, wo dann überwiegend Kopierprogramme drauf waren. Jens O. stieg bei uns zur Kultfigur auf, kamen doch fast alle 2 Wochen neue Listen ins Haus geflattert.
Ja wir waren begeistert von diesem jungen Mann (war damals gerade 14 Jahre), fragten uns doch jedes mal wo er die vielen neuen Programme her bekam. Erst später wo Jens sich auch eine Floppy zusammen gespart hatte, konnten wir mit Programmen aufwarten die er noch nicht kannte, da diese nur auf Disk liefen, wie zum Beispiel Jumpmen. Für mich der Klassiker schlechthin.
Auch diese Spiel haben wir damals auf merkwürdige Art bekommen. Wir waren damals nach Wesel gefahren um dort bei Schürmann neue Leerdisketten zu kaufen, als uns der Verkäufer hinter der Theke verschiedenen Spiele auf Disketten anbot, so für 15,- DM das Stück! Natürlich ohne Cover oder so, nur die Disk. Klar das das kein Original war. Aber ich glaube nur dadurch das Programme so einfach weitergegeben wurden, konnte der C64 so oft verkauft werden.
Denn seien wir doch mal ehrlich, wie viel C64 Besitzer hatten Originalspiele? Auf keinen Fall die, die mehr als hunderte von Programmen besaßen; und das war die Regel! Jede Woche neue Spiele im Briefkasten, jede Woche eine neue Liste, die wie ich glaube zum Schluss so 700 Programme aufzeigte. So beschlossen wir eines Tages nach Meckenheim zu fahren, um unseren Jens mal zu besuchen.


Es war eigentlich eine ernüchternde Erfahrung: Jens war nicht Gott oder so, er besaß auch nur einen Computer wie wir, keine Kopierstation oder ähnliches, einfach nur einen 64er mit 2 Floppy Laufwerken. Auf die Frage wo er denn die Programme her bekommt, antwortete er: natürlich von seinen Schulkollegen auf dem Schulhof.
Daraufhin habe ich hier in einem Niederrhein Nachrichtenblatt auch mal solch eine Anzeige gesetzt: Verkaufe Programme… Dadurch schuf ich mir einen gewissen Kundenkreis, nicht groß so ca. 10 feste Besteller die genau so süchtig auf die neuen Listen warteten wie wir damals. Ja es war schon krankhaft, wenn zu Hause im Briefkasten die neuen Programme waren, musste die Familie oder das Essen eben erst warten. Zuerst mussten die neuen Programme begutachtet werden!
Auf jeden Fall konnte ich durch meine Kunden die Programme weitgehend umsonst ordern. Die Sache mit den Kopieren von Programmen zog aber immer größere Kreise in der Öffentlichkeit und man las in Computerzeitschriften immer wieder das es solchen Raubkopierer an den Kragen ginge. Also stellte ich das Verkaufen von Programmen ein.
Der nächste Schritt
Aber eine neue Geldquelle bildete sich am Horizont. Wie gesagt die Commodore Floppy wurde über den seriellen Bus betrieben, was natürlich nicht die schnellste Methode war. Parallel war angesagt. Namen wie Speed Dos oder FAST LOAD schossen auf dem Markt.
10 x schneller oder sogar bis zu 40 x schneller preiste eine kleine Computerfirma namens Roßmüller in Bonn an. Für uns schier unmögliche Geschwindigkeiten. Ich weiß nicht wo ich die erste Version von einem Speedloader her bekam, Fakt war nur, ich konnte sie für’n Apfel und ein Ei kopieren! Kostenpunkt vielleicht 10,- DM, verkauft habe ich sie für 80,- DM. Ich schätze mal das ich davon über 100 Stück gebaut habe und somit den linken Niederrhein versorgt habe.
Für die Eproms mußte ein Brenner her, die Lötarbeiten wurden in den Spätschichtpausen durchgeführt. Dieses Geld und das von dem Verkauf der Software, war dann auch das Sprungbrett zur nächsten Commodore-Maschine. Es gibt bestimmt noch viel zu erzählen zum 64er, aber da der nächste Computer eigentlich auch ein 64er war, gehen wir mal ein Schritt weiter in der Geschichte.

Hast du die anderen Teile der Reihe schon gesehen? Falls nicht, findest du sie hier:
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