Fröhliche Panzerschlacht

Von Yoda Zhang am
Kommentiert von: André Eymann, @M_Behr_Autor, kraftw33rk, ToddlD, Toddy S., Sterni, Ironmaiden123, Mark, René, Faulan, Torsten Othmer, Guido Frank
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Es war ein paar Wochen vor Weihnachten 1979. Mein Bruder, 15 und ich – 10, wir saßen in unserem Zimmer vor dem Fernseher und spielten Combat auf dem Atari VCS 2600.

Auf dem Atari VCS 2600, das wir zu Weihnachten geschenkt bekommen werden. Ja, bekommen werden. Zum Glück wussten wir schon, dass wir das Ding geschenkt bekommen werden. Und netterweise wussten wir auch, wo unsere Mutter es versteckt hatte.

Also holten wir es Tag für Tag aus dem Schrank und packten es aus, kurz nachdem unsere Mutter zur Arbeit gegangen war. So wurde den ganzen Tag gezockt, bis die Finger wund waren. Und kurz bevor sie wieder von der Arbeit nach Hause kam, wurde das Ding wieder schön sorgfältig eingepackt und in den Schrank zurückgestellt. Und zu Weihnachten waren wir dann total überrascht – „Wow, so ein tolles Geschenk, damit hatten wir ja gar nicht gerechnet! Und dieses Spiel, das müssen wir gleich ausprobieren.“ Der Weihnachtsmann war uns nie böse deswegen. Unsere Mutter hat es erst jetzt erfahren.

Fröhliche Panzerschlacht! Wer braucht schon Grafik? (Bild: Atari)
Fröhliche Panzerschlacht! Wer braucht schon Grafik? (Bild: Atari)

Eines der Spiele mit superklotziger Pixelgrafik: Combat. Jeder Spieler steuert einen Panzer, kann ihn drehen und schießen. Natürlich immer nur einen Schuss. Man versucht, den anderen abzuschießen. Gelingt einem das, bekommt man einen Punkt. Und dann gibt es, wie das so beim VCS üblich war, immer ganz viele verschiedene Spielvarianten zu jedem Spiel. Abprallende Schüsse, Wände, Labyrinthe, unsichtbare Wände, unsichtbare Panzer, lenkbare Schüsse, und alle erdenklichen Kombinationen daraus. Es machte einfach immer wieder Spaß sich gegenseitig abzuknallen.

Es wurde gezockt, bis die Finger wund waren.

Yoda Zhang
Seltsame Invaders. Etwas klotziger als im Original. (Bild: Atari)
Seltsame Invaders. Etwas klotziger als im Original. (Bild: Atari)

Combat war noch eines der sehr primitiven Spiele für das VCS. Erst später haben die Programmierer die echten Tricks herausgefunden. Der große Durchbruch kam mit der Umsetzung von Space Invaders, dem Spielhallenhit von Taito aus Japan. Nun konnte man endlich das Arcadespiel auch zu Hause spielen. Keinen störte es, dass die Umsetzung nun gar nicht aussah wie das Original: Die Invaders hatten schon ziemlich seltsame Formen. Das Spielprinzip war jedenfalls gleich. Das bedrohliche Marschgeräusch war auch vorhanden, da lief einem echt der Schweiß runter.

Und wie üblich hatte die VCS-Version auch wieder unendlich viele Spielvarianten: Bewegliche Bunker, lenkbare Schüsse und vieles mehr. Das VCS hatte eine seltsame Eigenheit: Wenn man den Ein-Aus-Schalter nur so halb hoch- oder runterschob, konnte es vorkommen, dass das Spiel zwar lief, aber irgendwie anders. Die Grafik war dann zerstört, deformiert und es kamen die seltsamsten „Spielvarianten“ zum Vorschein. So saßen wir teilweise stundenlang da und fummelten am Schalter herum, bis endlich eine spielbare interessante Variante entstanden war. Komischerweise hat das VCS dabei nie den Geist aufgegeben, war wohl sehr robust gebaut das Ding.

Asteroids auf dem VCS. Schau Dir das Spiel einmal persönlich an, damit Du auch das wunderschöne Flimmern siehst! (Bild: Atari)
Asteroids auf dem VCS. Schau Dir das Spiel einmal persönlich an, damit Du auch das wunderschöne Flimmern siehst! (Bild: Atari)

Richtig spannend wurde es dann mit Asteroids, einem der ersten wirklich komplexen Spiele für das kleine Atari. Im Vergleich zur Arcade-Version total pixelig und viel zu einfach. Aber trotzdem: Man konnte es zu zweit spielen, es machte jede Menge Spaß, Welle für Welle der grobklotzingen Felsbrocken zu zerkleinern und dabei den Ufos auszuweichen. Auch wenn die Felsbrocken so stark flimmerten, dass einem schon fast die Augen wehtaten.

Tja, die technischen Möglichkeiten des kleinen Atari waren eben nicht so berauschend. Umso mehr war es schon eine echte Meisterleistung der Programmierer, ein Spiel wie Asteroids auf dieses System umzusetzen. Mein Respekt noch heute! Und das mit dem begrenzten ROM-Speicher von nur 2 Kilobyte. Ja, Kilobyte, nicht Megabyte. Ein Megabyte sind tausend Kilobyte, ein Kilobyte hat nur 1024 Byte.

Wer es schafft, damit ein so komplexes Spiel zu programmieren, verdient heute noch meinen Respekt.

Buch: Level 1 – Gulp, Kapitel 2, Seite 20

GULP SPLAT ZONG – DAS BUCH

Dieser Text ist Yodas Buch “Gulp Splat Zong” entnommen.

Dank seiner Lektüre werden wir nicht nur in die ersten Sternstunden der Arcade-Automaten in Deutschland zurückversetzt, sondern erinnern uns an Atari VCS Klassiker wie Haunted House und an das schier endlose Abtippen von BASIC-Listings in den goldenen Tagen der Heimcomputer. Bei uns könnt ihr verschiedene Texte von Yoda lesen; sein Buch in gedruckter Form könnt ihr direkt auf seiner Webseite erwerben.

Wir versprechen: es lohnt sich!

Herzlichen Dank an René Achter von für das Aufmacherbild zum Beitrag!


Veröffentlicht in: Videospielgeschichten

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Kommentare (18)

    1. Da bin ich mir nicht so sicher Michael. Zwischen Combat und Facebook-Spielchen liegen vermutlich doch noch ein paar Welten. Natürlich auch in Bezug auf die Zeit. Vielleicht bin ich überheblich, aber Combat und andere VCS-Spiele wurden tatsächlich “zusammen” gespielt und haben so ihre sozialen Spuren in der Zeit hinterlassen. Und da wäre ich an meinem Punkt: das “zusammen spielen” im heimischen Wohnzimmer ist leider etwas aus der Mode gekommen. Das finde ich schade, haben wir beim Spielen doch viele Erfahrungen gemeinsam gesammelt.

  1. Diese Panzerschlacht war eines meiner ersten Games 🙂

    Allerdings hieß es bei mir “Armor Battle”, da meine Eltern mir damals in den 80ern ein Intellivision geschenkt haben.

    Unglaublich oder? Was uns damals so unterhalten hat…

  2. Sorry, aber Du hast ungefähr die fürchterlichste Schreibe, die ich im Retro-Videospiele-Milieu je gelesen habe. Abgehakte Sätze ohne Verben, irritierende Füllwörter, merkwürdige Adjektive. Fehlerhafte Satzanschlüsse. Bitte verbessere Deinen Schreibstil.

  3. Combat ist geil.

    Zocken wir heute noch. Allerdings bekommt man von VCS an LC/Plasma-TV Augenkrebs. Folglich wird via PS2 emuliert und an den Beamer geworfen. Interessant, wieviel Laune es immer noch macht.
    Und wie man sich ärgert, wenn einem der Mitspieler wieder einmal abgeschossen hat.

    Oh man…was für eine verrückte Zeit damals.

    P.S.: Wie hat denn eure Mam so reagiert nach dem Geständnis?

  4. Das oben abgebildete Panzerschlacht Spiel habe ich auch gerne gespielt. Hat richtig Spaß gemacht, aber dass es auch eins in der Computertronic gab ist mir neu.

    @Yoda: Habe dein Buch gelesen, war echt interessant (leider zu kurz) :o(

  5. @Mark: das ist richtig. “Combat” bot auch eine Variante mit Flugzeugen. Im Artikel “Die Spielehersteller des Atari VCS” (im Abschnitt Codename “Stella”) kannst Du einen entsprechenden Screenshot der sogenannten “Biplane-Variation” von “Combat” sehen.

  6. “Combat” hatte sogar noch mehr Varianten – wenn ich mich richtig erinnere waren da auch Varianten mit Flugzeugen und sogar Schiffen im Angebot.

    “Combat” selbst war auf dem VCS meine sekundäre Zweispieler-Liebe – die primäre war ganz klar “Space War”.

  7. Nun sollte “Combat” noch eindeutiger zu erkennen sein; Screenshot wurde aktualisiert. Wie hieß denn das Spiel, dass in der Computronic 1986 veröffentlicht wurde? Gibt es da einen Link?

  8. Achso, der Untertitel hat mich da irritiert. Ich hab mal bei Atarimania nachgeschaut und war in der Computronic Februar 1986 zusammen mit TOP TENNIS zum abtippen gewesen.

  9. Ja, wenn man diese (meist) BASIC-Programmer nur wieder herzaubern könnte! Konnte ja keiner ahnen, dass sie heute dank der Emulatoren auf fast jedem Gerät laufen würden… Aber nein: die “Panzerschlacht” oben stellt das Original “Combat” von Atari dar. Der Screenshot ist nur etwas abgeschnitten, deshalb wirkt es anders. Ich werde aber demnächst einen vollständigen einsetzen. In Computronic & Co. gab es aber dennoch sicher viele Listings, die dem Vorbild von Atari ähnlich sahen.

  10. Ich hatte selbst mal ein ‘Panzerschlacht’ programmiert. Sah genauso aus wie im Artikel. Leider ist das, wie fast alles selbstgemachte von damals, verschollen :(. Dieses ‘Panzerschlacht’ im Artikel wurde doch in der Computronic veröffentlicht, wenn ich mich nicht irre.

  11. Ich habe immer aus den leeren runden Batterien die Kohlestäbe ausgebaut, um damit zu experimentieren. Irgendwann bin ich darauf gekommen, mit einem Kohlestab während des laufenden Betriebs am Joystickport die Kontakte zu überbrücken. Das hat immer richtig gefunkt. Dabei konnte man die tollsten Spielmodis generieren. manchmal konnte man auh alle Sprites des Spiels darstellen, das war richtig spannend. Das VCS hat das aber mühelos verkraftet.

  12. Selbst in dem Artikel wird ja geschrieben, dass Weihnachten 79 das Atari verschenkt wurde. In Frankreich soll es auch schon deutlich früher als in Deutschalnd eingeführt worden sein. Leider finde ich da nichts genaues. Ja, der Vater meines Freundes arbeitete bei Rank Xerox. Von daher ist es durchaus möglich, dass er ein amerikanisches Gerät hatte. Nur der Fernseher war PAL, oder gab es zu der Zeit schon Multinorm Geräte?

  13. Das Atari VCS erschien Ende 1977 in den USA, dass bereits 1978 Geräte in Deutschland verkauft wurden ist deshalb sehr unwahrscheinlich. Falls doch, kann es sich eigentlich nur um ein US-Exportgerät handeln, diese Hardware war dann allerdings im NTSC-Format. (ebenso wie die Spielkassetten)

    Der offizielle Vertrieb für Atari Konsolen in der europäischen PAL-Norm startete erst im April 1980 in der BRD.

  14. Laut Klaus Ollmann wurde das VCS erst Anfang 1980 auf den deutschen Markt gebracht. Mein Freund Matthias hatte seines aber schon zu Weihnachten 1978 geschenkt bekommen. Woher wurden die VCS Konsolen vor der offiziellen Markteinführung bezogen? Gab es einen Versand wie z.B. Quelle, mit dem die Geräte nach Deutschland kamen?