Zwar gibt es mittlerweile Podcasts wie Sand am Meer, auch über „Games“, aber kaum jemand beschäftigt sich mit dem Drumherum. Die Annahme, dass so etwas schnell gemacht ist, irgendwie magisch, ganz ohne Vorbereitung, stimmt nicht. Egal ob Hobby oder professionell, von der Idee bis zur neuen Folge ist es ein weiter Weg.
Kurz vorweg: Geschlechtsneutral zu schreiben ist nicht immer einfach und möglich, deshalb habe ich mal das eine dann das andere Pronomen verwendet. Toll seid ihr alle!
Liebe Lesende,
Gerade gibt es wirklich eine Podcast-Flut. Gefühlt wird jedes Thema von jedermann und jederfrau aufgenommen. Herzschmerz-Podcast von Elin, Geile-Autos-Podcasts von Carsten und Jörg und Das-Universum-ist-dein-Freund-Podcasts von Shui Wabui. Die Offenheit der Themen und das jeder sich hinsetzen und plaudern kann, macht dieses Format im positiven Sinne aus. Natürlich gibt es auch negative Seiten, aber die haben oft mit dem persönlichen Geschmack zu tun.
Podcasts sind wahrlich ein Phänomen des Internets. Hier kommen „Normalos“ zusammen, um etwas an andere Normalos zu überbringen. Es wird ein Gefühl der Gemeinschaft vermittelt.
Für das freie Spiele-Kollektiv „Mindestens 10 Zeichen“ (m10z.de) bin ich Host von mehreren tollen Formaten. Das soll es auch von der Schleichwerbung gewesen sein. Wie auch bei der Offenheit von Videospielgeschichten.de, ist es bei uns jedem möglich, mit Unterstützung jeden Einfall umzusetzen. Und das sind im meinem Fall eben Podcasts. Aber wie wird aus einer Idee eine lauschige Episode? Verraten sei vorweg: es gehört mehr dazu, als in den Raum zu winken mit einem Gedanken und zu erwarten, dass andere ihn super finden und ausführen.
Ein Geistesblitz
Zu Anfangs steht aber tatsächlich die Idee. Ihr seid am Gemüse schneiden und zack, wieso keinen Podcast über Videospiele? Darin sollen Spiele besprochen werden, in denen Gemüse die Hauptrolle spielen (öm, naja, oder Messer). Wie könnten sie aussehen? Wo könntet ihr sie platzieren? Was würde euch da interessieren?
Na gut, das sind schon weitere Gedanken, aber ich glaube, so ist es oft genug. Am günstigsten ist es, wenn man da Unterstützung hat. Das ist das noch nicht die Phase mit einer plastischen, ausgereiften Idee. Trotzdem helfen ein paar Hirne mehr, den Einfall auszubauen, mit einem Konzept, oder einfach nur um das Ganze greifbarer zu machen. Erwarten tut man da aber am besten wenig, wie so oft sollte man der Stein des Anstoßes sein. Mitstreiter kommen von allein, oft wollen Leute eben mitmachen, wenn sie begeistert sind, wie bei jedem anderen Projekt auch.
Dem Einfall gilt es nun an eine Organisation heranzutragen, oder man ist bereit Mitglied. Im Verein, in der Hobbygruppe oder im öffentlichen Rundfunk. Und wenn nicht, sind das trotzdem gute Anlaufstellen mit einem ersten Feedback. Solltet ihr also überzeugt sein von dem, was ihr euch so erdacht habt, bleibt kritikfähig und überprüft die Meinungen anderer. Oft geht es da nicht um niedergeredet werden, sondern um konstruktive Hinweise.

Die Organisation
Ihr habt also erstes Feedback bekommen und hey, eure Idee findet Anklang?! Weitere Lebende habe Interesse bekundet mitzumachen, als Produzenten, Hosts oder einfach Menschen, die euer Logo zur Verfügung stellen. Nun geht es darum, die Mitstreitenden einer Aufgabe zuzuordnen. Jetzt wo ich es schreibe, kommt mir hier normale Arbeit mit Abteilungen und Bereichen in den Sinn. Jedes der Departments hat eigene Aufgaben und ist Experte in dem, wofür es zugeordnet ist.
Als Organisierende solltet ihr schauen, wie dieser Vorgang am meisten Sinn macht. Es macht wenig Sinn, dem Soundgeek die Communitybetreuung zuzuordnen. Die ist übrigens nicht ganz unwichtig, wird aber erst später wesentlich. Es wird ein grober Termin festgelegt, am besten mit der Einbeziehung des Echt-Lebens einer jeden. Der eine hat Familie, die andere Spätschicht, die Dritte ist ab 20 Uhr nicht mehr zu gebrauchen. Naja gut, ich eben. Trotzdem ist der Biorhythmus unvermeidlich, einer Schlafmütze zuhören hält halt nicht lange an der Stange.
Außerdem: Wie zu erwarten, solltet ihr die groben Ziele und Formatideen den Mithosts mitteilen. Das garantiert im nächsten Schritt ein effektives Vorbereiten.

Die Vorbereitung
Jetzt wird es konkret: in der Vorbereitung zur Aufnahme sollte der Host Fakten zusammentragen, die Entwickelnden recherchieren und am besten noch kleine Anekdoten zu fassen kriegen, die später eingestreut werden können. Kleine komische Nebengeschichten sind immer ein großer Grund für Unterhaltung!
Dass jeder seinen Part hat ist, zumindest für mich, auch immer super. Man kann so einander Fragen stellen, über Sachverhalte diskutieren und die Hörenden mitnehmen, mit seinen Fragen. Die Hörenden im Kopf haben ist sowieso immer eine gute Sache. Mir sind Dinge vorher meist klar, oder naja, zumindest das Format. Als Host darf man ja auch den Anspruch zu haben, Wissen zu vermitteln, an den, den es interessiert. Das kann das Sachliche sein, (wieso ist die und die Engine besonders toll) oder „Ah cool, habe ich vor 20 Jahren gespielt, ich bin total gespannt und habe Lust auf den Podcast!“.
Die Fragen sind total unterschiedlich, eben wie die, die sie stellen. Ich bin anders als André und André ist anders an Wolfgang (nein, das ist kein Anbiedern Jungs, mir fiel nur gerade kein anderer ein 😉 ). Alles was ihr recherchiert habt, oder eure Gedanken, solltet ihr vorher einmal schriftlich festgehalten haben. Zum einen vertieft sich dann nochmal das Thema, zum anderen habt ihr vielleicht dann Zugriff auf Dinge in der Erinnerung, die euch sonst schon weggeflogen wären, die ihr aber gerne erzählt hättet. Und jetzt ist es jetzt soweit…
Die Aufnahme
Der Tag X ist gekommen. Einfach drauf los plaudern ist aber auch hier nicht. Ich muss aber nochmal klar stellen, wir bei M10Z machen das zwar alles auf Hobbybasis, haben aber einzeln Erfahrung in Aufnahme und Produktion. Natürlich kann man es aber auch einfach halten…
Wie auch immer, die Mikrofone sind scharf und müssen hier nochmal angesprochen werden: welches Mikrofon ihr nehmt, hängt vom Geschmack und Wissen ab. Die Aufnahme ist aber eben das Rohmaterial der Produktion und eine miese Aufnahme kann da selten noch „gerettet“ werden. Also mal kurz besprochen:

Dynamische Mikrofone haben eine „Nierencharakteristik“, also die Form einer Niere direkt vor dem Mikro, nicht links daneben und auch nicht weiter weg. Oft sind sie auch stärker im Bassbereich. Offene Mikrofone, die meist aus einer, großen Membran bestehen, sind bei der Aufnahme zwar einfacher, jedoch nehmen sie den ganzen Raum auf, eben auch das Lüfterrauschen unter dem Tisch. Bislang nahm man, zur Schnittstelle zwischen Mikrofon und PC, außerdem Audiointerfaces, die das Analogsignal zu einem Digitalen machen und darauf zugeschnitten sind. Davon ab bieten sie oft mehr Kontrolle.
In Zeiten von Twitch– und YouTube-Streamern hat sich die Sache aber vereinfacht. So kriegt man Mikrofone mit USB-Anschluß, bei denen man ausserdem zwischen dynamisch und offen wählen kann. Diese kosten allerdings oft das Doppelte für die Hälfte des Produktes. USB ist, meiner Erfahrung nach, oft nicht geeignet für Audiohardware. Störungen gibt es oft, meiner Erfahrung nach. Sicher wird es aber so sein, das Hersteller sich bereits darum gekümmert haben.
Als Musiker und Produzent bin ich derer aber kein Fan, sondern bevorzuge dynamische Mikrofone des Herstellers Shure, wie sie seit den 60 Jahren gebaut werden. Diese findet man oft auf Bühnen und die Nierencharakteristik hilft keine Nebengeräusche einzufangen. Ihr merkt also, ein Thema für sich und trotzdem wichtig.

Als zweites grundlegend ist das Tool, über das man miteinander spricht. Einfach ist heute natürlich Discord. Eingängig und simpel, allerdings mit einem großen Delay, einer großen latenz, welche ich gerne vermeide, um einen natürlichen Sprachfluss zu erzeugen. Deshalb zwinge in in meinen Projekten allen Mumble auf. Ein Open-Source Voice-Tool, wie es TeamSpeak einmal war, ausgelegt auf sehr, sehr geringe Latenzen.
Wir sind immer noch nicht fertig mit Audio, sorry! Schließlich nehmen alle noch mit dem Tool ihrer Wahl den ersten Eingang ihres Mikrofons am PC auf, um ihre Spuren in bestmöglicher Qualität zur Verfügung zu stellen. Audacity bleib super!
Nun aber los. Einer moderiert, die anderen quatschen mit. Ob das nun strukturlos ist, oder mit einem Gerüst sollte schon vorher klar gemacht werden. Mein Partner Til und ich sind beides Laberbacken, deshalb machen wir vorher grobe Kapitel aus, in denen wir uns dann bereden, streiten und wieder vertragen können. Ein anderer Hauptpodcaster von uns M10Zlern ist Simon. Dieser ist meistens mit mehr Eckpunkten unterwegs und sobald er einen Gedanken hat, ist dieser schon geplant und umgesetzt.
Am Ende lassen alle ihre Spuren dem Produzierenden zukommen. Aber wie bei jedem Ding was man mit dem PC macht: Speichern nicht vergessen!!! Was haben wir geflucht, als Audacity abgestürzt ist und eine dreiviertel Stunde weg war. Hachja. Daraus lernt man, sag ich euch.

Die Produktion
Oft gehört der Schnitt zu Produktion. Pausen und „ähs“ werden hier beseitigt, die komplette Aufnahme nochmal gehört und dabei angepasst, was anzupassen ist. Meiner Erfahrung nach ist der Schnitt der zeitaufwendigste Abschnitt.
Aus den geschnittenen Spuren wird nun das Produkt gemacht. Der Produzent erhöht oder erniedrigt Frequenzen, gleicht Pegel an, legt Effekte auf. Und mischt die Spuren untereinander. Er gleicht Pegel an, um möglichst ein lautes, gleichmäßiges Klangbild zu schaffen, egal wer da gequatscht hat und wie laut ihr Pegel ist. Diese Arbeit kann zur Routine werden. Oft macht man Schritt A zuerst und dann Schnitt B als zweites oder anders herum. Und auch hier, mal wieder, ist Erfahrung das A und O.
Einen Effekt will ich hier aber mal einbringen: den Kompressor. Dieser sorgt dafür, dass eine Spur gleichmäßig laut ist und dass man diese nun leicht an die gewünschte Lautstärke mit den anderen Spuren angepasst werden kann. Ein Problem ist dabei natürlich die Dynamik zu erhalten, weshalb es Sinn macht, mit den Ohren dabei zu sein, anstatt ihn einfach aufzulegen. Der Kompressor verstärkt nicht die leisen, sondern beschneidet die lauten „Stellen“, bzw. Frequenzen, welche danach angehoben werden können.

Die Gefahr ist nun aber dass ein Knistern entsteht, einfach so komplett aufdrehen sollte man also nicht. Und auch hier ist es wieder Erfahrungssache. Das Til, Simon und ich schon früher mit Audio zu tun hatten ist natürlich ein Vorteil. Aber wie immer: wer nicht anfängt, wird bleiben wer er ist. Eine Wissenschaft für sich ist natürlich nicht nur das Hören, sondern dass man auch Abspielgeräte, Lautsprecher hat, die möglichst das Wiedergeben, was ihr vorher am Computer gemischt habt.
Ihr solltet sie gut kennen, sodass ihr das Gehörte richtig einordnen und angleichen könnt. Hört auf möglichst vielen unterschiedlichen Lautsprechern ab. Podcasts werden heute auch über Handylautsprecher gehört, egal was wir darüber denken. „Gut“ klingen sollte es überall, bei mir haben sich die Boxen von Fraus Kleinwagen etabliert.
Ich lasse ausserdem jeden Mix von möglichst vielen Menschen gegenhören – 10 Ohren hören mehr als zwei!
Der Release und das Bauchkraulen hinterher
Es ist geschafft, die Arbeit wird freigelassen auf möglichst vielen Kanäle, bei uns sind das Foren, BlueSky, Discord… Das Feedback kommt, Leute schreiben entweder was, oder sie hören still mit. Es ist aber ein wenig wie bei uns Codern. Es ist gut, wenn sich niemand beschwert.
Das Feedback auf Podcasts kommt meistens erst nach ein paar Tagen. Man sollte den Hörenden ihre Zeit lassen. Podcasts werden auf dem Weg zur Arbeit, zwischendurch oder zum Einschlafen gehört. Umso mehr freut man sich über ein paar Worte, die zurückkommen! Es kribbelt vor Nervosität, ein Release ist doch jedes mal was Besonderes und auch ein Zusammentreffen mit Anderen, die bewerten. Das loslassen des gefertigten Werkes ist aber auch ein Grund für eine tiefe Entspannung…
Tja, und dann? Vor dem Podcast ist nach dem Podcast. Ob das eure Kunstform ist, das müsst ihr selbst herausfinden. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Vielen kommt es auch merkwürdig vor, sich selbst zu hören oder schrecken vor dem Kauf eines Mikrofons zurück, auch wenn die Kosten für gute Qualität sich in Grenzen halten können.
Hoffentlich konnte ich euch einen Einblick geben. Bleibt am hören, sodass wir Podcastende einen Sinn spüren, der über das „für sich selbst“ tun hinausgeht.
Lieben Gruß,
Euer Quatschbacke-Marcel
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