Kann sich noch jemand an meinen Beitrag aus dem Jahr 2022 erinnern? Der Titel lautete: „Irgendwie Bock etwas zu zocken. Aber irgendwie auch nicht.“
Damals schilderte ich ein Problem, dass ich mit der großen Flut an Spielen sowie dem vielen gleichförmigen Gameplay vieler Games hatte und mich deswegen kaum für ein Game so richtig begeistern konnte. 2022 dachte ich, dass ich DIE Lösung für mein Problem gefunden hatte. Leider hielten die guten Vorsätze nur kurz. Nun, was sich Jahre später (die Zeit rennt) bei mir in dem Bezug getan und wie sich mein Spielverhalten verändert hat, dass schildere ich in diesem Beitrag.
Die Flut an Neuerscheinungen ebbt nicht ab. Weiterhin erscheinen Woche für Woche etliche Games, die meine Aufmerksamkeit erhaschen wollen (und mein Geld). Es hat sich seit 2022 nicht viel verändert in der Branche. Doch was sich verändert hat, ist meine Einstellung dazu.
Ich war immer sehr, sagen wir, spendabel. Das Geld saß bei Sales immer sehr locker. Dazu kam, dass ich damals noch etliche aktuelle sowie Retro-Konsolen besaß. Also ging ich auf die Jagd. Mal bei Steam, dann bei PlayStation oder dem Xbox Store und später mal bei Rebuy oder im MediaMarkt, wenn es um Games in greifbarer Form ging. So sammelte sich einiges an. Zu viel. Also wirklich viel zu viel. Irgendwann war ich mehr Käufer als Spieler. Und das meine ich, wie ich es schreibe. Ich war mehr damit beschäftigt meine Wunschlisten zu pflegen, nach zusehen was es neues gibt und auf Sales zu warten. Zusätzlich wurde das alles durch Social Media angeheizt. Ich habe den Hals nicht voll bekommen. FOMO kickte verdammt gut bei mir.
Ich liebe Videospiele! Ich liebe es, mich mit ihnen zu beschäftigen. Irgendwann habe ich allerdings verlernt, das Spielen (das worum es im Kern bei Videospielen geht) zu lieben. Wenn ich mal Zeit für mich hatte (und die ist leider knapp), dann habe ich diese nicht wirklich damit verbracht mein Hobby so aus zu leben wie es gedacht ist, sondern bin drum herum geschifft.
Es hatte was von, ich habe Hunger, gehe einkaufen, koche etwas aber ich esse es nicht. Dann kam dieser eine Tag an dem ich wieder da saß und den Store auf der Konsole offen hatte. Es war wieder Sales-Time. Ich ging also die Angebote durch und da passierte mir etwas, dass ich so vorher nicht erlebt hatte. Ich wollte sieben Games in den Warenkorb legen, die ich bereits in der Bibliothek hatte.
Ich habe das nicht bemerkt. Ich wollte Geld für Games ausgeben, auf die ich bereits Zugriff hatte, aber die ich nie gespielt habe. Das war einer dieser Momente bei denen sich einem die Augen öffneten. Mir war es selbst richtig unangenehm. Mir wurde klar, dass ich da ein Problem habe. Und dieses Problem musste ich angehen. Ich musste meine Sichtweise auf das Thema verändern.
Time for the Change
Ich setzte mich hin und überlegte, wie ich das Ganze besser in den Griff bekommen kann. Natürlich war mir schnell klar, dass ich das Problem war. Es gibt ja den Spruch „Don’t hate the Player. Hate the Game“. Aber der passt hier nicht. Ich bin es, der kauft und kauft und kauft. Natürlich wird man beeinflusst. Jedoch hat man es am Ende immer selbst in der Hand. Zumindest sollte man das.
Mein erster Ansatz war also, das „Influenced werden“ abzustellen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt Social Media schon fast komplett aus meinem Leben gestrichen. Nur Twitter (heute X) hatte ich damals noch genutzt. Doch ich habe beschlossen, auch dieser Plattform den Rücken zu kehren. Im Nachhinein eine gute Entscheidung. So oder so. Zwischendrin kam zwar wieder ein kurzer Instagram-Anfall, jedoch war der genauso schnell wieder weg, wie er gekommen ist. Seitdem ist bei mir seit einiger Zeit Social Media freie Zone. Und das war einer der besten Entscheidungen der letzten Jahre. Wenn man einmal für längere Zeit raus ist, ist man auch raus. Zumindest in meinem Fall. Ich vermisse es nicht. Und ich werde dadurch deutlich weniger „Influenced“.
Dann machte ich mich daran, meine Konsolen zu reduzieren. Klingt hart für den einen oder anderen. Aber dieser Schritt erwies sich als goldrichtig. Ich überlegte, welche Konsolen ich schon lange nicht mehr benutzt habe oder wirklich selten einschaltete. Die PS5 und Xbox Series X setzten regelmässig Staub an. Und obwohl ich massig digitale Spiele für diese Systeme gekauft und damit wahnsinnig viel Geld verbrannt hatte, habe ich den Schritt gewagt, diese Konsolen zu verkaufen.
Ausserdem habe ich meine PS2, OG Xbox und viele andere Retro-Konsolen eingemottet und in Kisten verpackt. Ich nutzte sie so gut wie nie. Stand jetzt habe und nutze ich vor allem den PC (der sowieso für die Arbeit da steht) dazu die Nintendo Switch. Auserdem nutze ich oft das Steam Deck für Indiegames und Emulationen. Zusätzlich habe ich Bezahlmöglichkeiten wie PayPal aus Steam und dem Nintendo eShop gelöscht. Wenn ich etwas haben will, dann bezahle ich mit Guthaben, das ich über Guthabenkarten aus dem Laden gekauft habe. Wie man sieht, habe ich alles reduziert und mir alles etwas „schwerer“ gemacht.
Das Mindset
Fehlt nur noch mein „Mindset“. Das musste gehörig renoviert werden. Ich war nie jemand, der Games zu Release gekauft hat. Aus heutiger Sicht macht das für mich auch gar keinen Sinn mehr, kommen doch die meisten Games, hart ausgedrückt, als Betaversionen auf den Markt.
Doch bei den Sales war ich gut dabei. Ich wollte mir nie ein Schnäppchen entgehen lassen. Also musste ich daran arbeiten, auch mal NEIN zu sagen. Ich wollte erreichen, Games nur noch dann zu kaufen, wenn ich wirklich richtig Lust auf ein bestimmtes Spiel habe. Dazu war mein Vorhaben, immer nur ein Spiel zu kaufen um es dann im Anschluss direkt zu spielen. Ich habe mir nie vorgenommen, diese Spiele komplett durch zu spielen. Aber ich mochte den Gedanken, mich endlich richtig mit einem Spiel auseinanderzusetzen. Ich möchte jedem Spiel eine Chance geben. Und wenn es nach einigen Stunden nicht gefunkt hat, kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass ich es wirklich versucht habe.
Direkt darauf beschäftigte ich mich mit meinem so genannten „Backlog“. Dieser sieht, auch ohne PlayStation und Xbox Katalog, aus wie das Who-Is-Who der Videospielgeschichte. Selbst wenn von heute auf morgen keine Spiele mehr entwickelt werden sollten und ich auch keines mehr kaufe, hätte ich so viele Games, dass ich bis zu meinem Lebensende genug zu spielen da hätte. Wofür ich aber so oder so keine Zeit habe.
Da sind wirklich eine menge Kracher dabei, die ich bisher kaum oder gar nicht angefasst habe. Also stand mein Entschluss fest, dass ich mich in den Backlog-Pool schmeisse. So ging es dann los, dass ich mir nach und nach Spiele aus meinem Backlog schnappte auf die ich eigentlich immer Lust hatte. So richtig zündete mein Plan bei Hogwarts Legacy, dass ich sogar zu zwei Drittel am Steam Deck und einem Drittel am PC durchgespielt hatte.
Es ist eines dieser großen Open-World Games, dass einem wirklich viele Aufgaben vor den Latz klatscht. Genau diese Art von Spiel hatte ich 2022 noch kritisiert. Ich bin aber nicht mit den Gedanken daran gegangen, den ich vorher immer hatte. Dieser war meist „Schon wieder so ein großes Spiel. Das wird ewig dauern.“
Sondern ich habe mich wirklich voll auf das Game eingelassen. Ich habe auf die vielen Details der Welt geachtet. Ich hab sie erforscht und wollte jede Ecke sehen. Man neigt ja oft dazu zu hetzen, ob in der virtuellen oder der echten Welt. Doch was ist, wenn man alles etwas entschleunigt? Wenn man sich den verschiedenen Dingen mit Ruhe und Gelassenheit hingibt? Das war der „Gamechanger“. Ich habe Hogwarts Legacy fast schon wie ein so genanntes „Cozy-Game“ gezockt. Abends habe ich mich auf die Couch oder ins Bett geworfen, habe mein Steam Deck in die Hand genommen und habe mich auf die folgenden 30-60 Minuten gefreut. Es war meine Meditation. Ich konnte den stressigen Alltag hinter mir lassen.
Die Erkenntnis
Man neigt dazu, oft zu verbissen an Dinge heran zu gehen. Ebenso in seinen Hobbys. Man möchte möglichst viel erleben, viel ausprobieren. Vor allem, wenn etwas Geld gekostet hat, möchte man das Maximum herausholen. Das man sich unbewusst Stress aussetzt, merkt man kaum. Am Ende kommt ein Gefühl auf, das viele Gamer kennen. Es fühlt sich nach Arbeit an.
Diesen Satz habe ich die letzten Jahre sehr häufig zu hören und zu lesen bekommen. Viele geben der schnellebigen Branche oder den vielen Games die Schuld. Das liegt natürlich nahe. Man wird bewusst beeinflusst. Jedoch liegt es letzten Endes an einem selbst, wie man damit umgeht. Es ist einfacher sich zu beschweren, als sich selbst zu hinterfragen. Genau das habe ich allerdings in meinem Fall getan.
Ich überlegte, wie ich wieder zu diesem Punkt komme, an dem ich wieder unbeschwert Spaß haben kann. Und die Erkenntnis war, dass ich das Problem war. Ich hatte mich letzten Endes zu verbissen mit der ganzen Materie auseinandergesetzt anstatt unbeschwert an die Sache heran zu gehen.
„Denken ohne zu denken“ – ich weiß nicht wo ich dieses Zitat aufgeschnappt habe. Jedoch ist das am Ende MEINE Lösung gewesen. Bei meiner Recherche kam folgendes heraus:
Zen-Buddhismus / östliche Philosophie
In der Zen-Philosophie und der Kampfkunst taucht das Konzept als „mushin“ (無心) auf – wörtlich: „Geist ohne Geist“, was sinngemäß dem Denken ohne bewusste Gedanken entspricht. In diesem Zustand handelt man spontan und intuitiv, ohne bewusstes Nachdenken – zum Beispiel im Schwertkampf oder der Meditation.
Chat GPT
Das Ganze soll keinen „esoterischen Touch“ bekommen, aber ich denke es ist klar, was damit gemeint ist. Man sollte in unserem Hobby wieder mehr der Spontanität und der Intuition die Kontrolle überlassen. Spielen wann und worauf man gerade Lust hat. Sich dem Spiel hingeben ohne zu sehr hinter die Mechaniken schauen zu wollen. Wieder „mehr Kind“ sein!
Ebenfalls habe ich festgestellt, dass es helfen kann seinen Konsum einzuschränken. Also kürzer, dafür intensiver zu spielen. Und ebenfalls hat mir geholfen, meine Auswahl einzuschränken.
Wir als erwachsene Gamer sehen uns gern als „Kinder im Körper eines Erwachsenen“. Letzten Endes geht es auch darum, dem inneren Kind die Kontrolle beim Spielen zu überlassen. Lassen wir einfach mal das rationale Denken weg. Wir müssen uns nicht fragen, warum dieses und jenes Spiel so designt oder warum dieser eine Charakter so geschrieben wurde. Wir sollten es so hinnehmen und versuchen, das herbei zu rufen, wofür man Videospiele spielt. Spaß zu haben!
In diesem Sinne, Cheers!
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