Kaum ist die gamescom 2024 Geschichte und die ersten möglichen Änderungen für die 2025-Ausgabe liegen in der Luft, tauchen meist solche Kommentare auf (gut zu Hauf auf der Hetzplattform X), dass da so vieles mit dem Event im Argen liegt. Dieses Jahr scheint es immerhin keinen Beef oder irgendeine Schlägereien von Influenzer X mit Influenzer Y gegeben zu haben.
Aber das ist nicht der Grund für diesen Beitrag. Denn persönlich nervt mich mehr die ständige Fragerei, warum ich denn auf so eine Veranstaltung gehen würde. Und ich muss gestehen, ich verstehe nicht, warum ich in diesem Punkt so „besonders“ sein sollte und warum ein Gamer, ein Let’s Player, ein Streamer, der sich schon seit fast 13 Jahren mit Games beschäftigt, nicht auf eine GAMESmesse gehen sollte.
Damals war ja nur Pong – es war einmal eine Spielemesse
Aber beginnen wir einfach mal vorn… 2009 fand die erste Veranstaltung der gamescom statt. Diese Veranstaltung ist ein Nachfolger der Gamesconvention, die in Leipzig stattfand und ich fand diese Veranstaltung hatte dort immer was sehr Familiäres. Aber die Gamingindustrie begann dort schon zum Behemoth der Unterhaltungsindustrie zu werden und daher war der „Umzug“ nach Köln zu einer der bekannten Medienstädte Deutschland nur logisch.
Für mich war das natürlich noch besser. Klar, denn auch wenn ich locker mit dem ICE von Dortmund aus nach Leipzig kam. Ist der Weg nach Köln-Deutz dagegen fast ein Katzensprung. Auch wenn die Deutsche Bahn mehrfach bestätigt hat, dass es sich hier auch um eine echte Abenteuerreise handelt. Allein dafür hat sich der Vorstand seinen Bonus redlich verdient (Achtung: Ironie).
Über Jahre entwickelte sich die Messe schnell und 2019 – vor der Coronapandemie – besuchten über 373.000 Leute, die Messe. Auch Veranstalter und der Zuspruch zur Veranstaltung waren auf dem Höhepunkt. Und dann kam das Virus…
Ich muss nicht betonen, wie dieses Virus ganze Branchen an den Rand ihrer Existenz gebracht hat. Aber nicht nur finanziell war das ein Fiasko. Denn auch das Gefühl mit vielen Mitbegeisterten etwas zusammen erleben zu können, war auf einmal nicht mehr so wichtig. Sich einen Trailer zuhause anzusehen, reichte völlig aus. Daran bin ich der Meinung, krankt die gamescom leider heute noch.
Wenn man über den Teich blickt und sich den Untergang der E3 ansieht, sieht man leider die gleichen dunklen Wolken, die auch die gamescom bedrohen. Denn die Publisher brauchen keine Veranstaltung vor Ort. Die können jederzeit und dann auch nach ihren Regeln, ihre Produkte so online präsentieren, wie sie wollen.
Daher ist es auch kein Wunder, wenn EA letztes Jahr der gamescom fern blieb (dieses Jahr waren sie wieder da) und dieses Jahr sogar Nintendo die Messe nicht mehr als nötig ansah. Sony ist schon 2023 ferngeblieben und war dieses Jahr auch nicht mit einem eigenen Stand da.
Niemand braucht das mehr – lang lebe online
Und da sind wir schon bei einem Punkt, der mir stets um die Ohren gehauen wird. Die gamescom ist ein Event der Vergangenheit. Ich stelle mir dabei immer das Bild von Homer Simpson vor, wie er mit „THE END IS NIGH“-Schild und Glocke umherläuft.
Also, richtig ist, dass die ganzen großen Publisher so eine Veranstaltung überhaupt nicht brauchen. Dazu kommt, dass egal wie gut die Umsatzzahlen sind, Europa gilt immer noch als 3. Welt des Gamings (zuerst natürlich Japan / jetzt auch China, dann USA, dann eben der Rest). Aber es gibt ja nur nicht die AAA (oder im Falle von Ubisoft AAAA)-Publisher, deren Produktionen mehr kosten, als aktuelle Blockbuster im Kino, sondern es gibt auch viele Indie-Publisher, für mich die Seele des Gamings, die wirklich mit Herzblut dabei sind und die Aufmerksamkeit auch wirklich brauchen.
Ich kenne auch Kollegen, die würden nie auf so eine Veranstaltung gehen. Die schauen lieber die Trailer zuhause. Da bin ich vielleicht noch zu altbacken. Denn ich mag es Filme im Kino zu sehen. Egal wie groß das Angebot von Netflix & Co. ist. Und dieses Jahr hatte ich die Chance, zweimal eine Präsentation in kinoähnlichen Räumen zu erleben.
Da die Schlange zu Assassins Creed: Shadows nicht so lang war, habe ich meine Chance genutzt und wurde nicht enttäuscht. Neben zwei Designern durften sich einige AC-Cosplayer zeigen und dann kam sogar Mr. Ubisoft Yves Guillemot. Die Präsentation war gut – klar. Aber den milliardenschweren Chef von Ubisoft mit einem Abstand von vielleicht drei Metern selbst zu treffen. Das werde ich sicher nicht vergessen.
Und ich weiß was Leute jetzt schon schreien. Aber was ist den mit den ganzen Skandalen – dazu komme ich noch – versprochen. Danach durfte ich ins Bethesda Kino und ja der Starfield DLC ist nett. Aber in einer Zeit nach Baldur’s Gate 3 ist dieses Game leider nur okay. Das Problem werden auch Games 2025 haben. Denn GTA 6 wird leider (?) alles überschatten. Naja, danach folgte dann noch etwas zum neuen Indy-Game was Dezember 2024 noch erscheinen soll. Als Giveway gab es sogar den Indy-Hut!
Bevor ich zu den vielen Schattenseiten des AAA-Gamings, oder wie es als „Modern Gaming“ verspottet wird, komme, möchte ich euch erklären, dass egal mit wem ich gesprochen habe, jeder von den Ausstellern völlig im Job aufgegangen ist. Ich drücke es mal locker aus: die hatten wirklich Bock da zu sein und von jedem kam ein Gefühl rüber, dass wirklich alles für das Projekt, die Messe und vielleicht auch für die Industrie gegeben wurde. Und dieses Gefühl fühlt sich echt und gut an. Und manche Gamer scheinen auch zu vergessen, dass es hier um Menschen handelt mit echten Gefühlen und da helfen „Huso“-Kommentare nicht unbedingt weiter.
Modern Gaming aka AAA – alles ahnungslose Arbeiten
Und nein ich weiche der AAA-Kritik sicherlich nicht aus. Daher fangen wir mal an. Diese „Modern Gaming“-Industrie wäre nur noch auf das Geld seiner Kunden scharf und versucht unfertige, fehlerhafte und unoptimierte Software mit Season-Pässen und Echtgeldtransaktionen unter die Leute zu bringen. Tja, ich habe leider niemanden von EA befragen können… Heh, Scherz! Ich stelle hier mal eine Gegenfrage: Welchem Kunden in welcher Industrie mit welchem Produkt hat der Turbokapitalismus geholfen? Richtig, BWL-Justus – NIEMANDEN.
Ihr wisst sicherlich, dass ich Sammler bin und daher natürlich an physischen Spielen festhalte (auch hier könnte mal ein richtig großes Fass aufmachen) und daher bin zähneknirschend genötigt Spiele vorzubestellen. Aber wenn du nur ein Game zocken willst – brauchst du das wirklich an Tag 1? Brauchst den golden Brustpanzer als Vorbestellbonus, den man ohnehin nur im Menü sieht? Der Kaufpreis von AAA-Games reduziert sich so verdammt schnell. Da kann man locker 3-6 Monate warten. Und vielleicht taucht das auch im XBOX Gamepass auf. Geduld rettet deine Geldbörse!
Beim Thema der Lootboxen schwillt mir der Kamm natürlich an. Denn ich kann verstehen, dass die Publisher nicht nur einmal Geld (beim Kauf) einnehmen wollen. Natürlich ist es nicht verwerflich mal ein Paket zu öffnen. Aber wenn man dann merkt, dass man ohne verdammt viel Geld nichts erreichen kann, dann bitte sofort aufhören. Anders wird EA seine Geschäftspraktiken nie ändern.
Und wenn wir vom Geld weggehen, da gibt es die Geschichten über Sexismus. Und hier hoffe ich einfach, da immer mehr Frauen in die Branche kommen, dass das endlich der Vergangenheit angehört. Auf der gamescom sind auch schon genug weibliche Gamerinnen vertreten und das ist auch gut so!
Dann haben wir noch die ständige Dauerbelastung der Mitarbeiter. Tja und da haben sich auf der Messe viele verquatscht. Vor der gamescom war natürlich Hochbetrieb. Man will ja schließlich das Beste vom Besten zeigen. Aber auch hier muss eine Normalität einkehren. Eine Bewertung von IGN mit nur 7 / 10 darf nicht zu Massenentlassungen und Studioschließungen führen. Man sieht an Baldur’s Gate 3: man muss seine Mitarbeiter nicht schlecht behandeln für ein absolut beeindruckendes Ergebnis. Ansonsten wird der Ruf der Industrie so schlecht bleiben. Und ich als Gamer möchte dieses Hire-and-Fire sicherlich noch unterstützen.
Aber höre schon wieder die Kritiker: Was interessiert mich denn dieses Gaming von heute – alles seelenloser Massenmarkt… Gebe ich euch sogar in vielen Punkten Recht. Jährlich ein Madden oder FIFA – jetzt nur FC – zu kaufen wo maximal ein Feature dazukommt und drei Features verschwinden und gerade mal die Mannschaften angepasst wurde, halte ich auch für totalen Unsinn. Aber es gibt ja nicht nur die Big Publisher.
Indie Gaming – Gaming mit Leidenschaft, Seele und Charme
Es gibt auf der gamescom auch den großen Indie Booth. Der könnte nach meiner Meinung nochmal wesentlich größer sein. Auf diesem Stand befinden sich Rechner an Rechner, viele kleinere Entwickler, die ihre Spiele präsentieren. Und wenn ihr Glück habt, steht der Macher/Macherin auch direkt daneben und dann macht euch auf pure Begeisterung gefasst. Denn die brennen wirklich für ihre Projekte.
Und wer einige Beispiele haben will – bitte – 15 Stück direkt: Vampire Survivors, Hades, Stardew Valley, Hollow Knight, Crypt of the Necrodancer, Undertale, Cuphead, Papers, Please, Shovel Knight, FTL, Untitled Goose Game, Celeste, Binding of Isaac, Thimbleweed Park (meine Nummer in dieser Welt: 6582) und dieses unbekannte Minecraft. Die meisten dieser Games bekommt man in den Stores für echt kleines Geld und Spielspaß für Monate ist nahezu garantiert. Vielleicht lässt mich der André auch mal ein paar Games in länger vorstellen.
Ich hatte mal einen Thread auf Reddit gelesen, der vom Ende des Gamings sprach, nun, so lange es solche Entwickler gibt, die mit Herz und Leidenschaft weiterhin dabei bleiben, sieht es um das Gaming gar nicht so schlecht aus. Ich selbst bin fast 40 Jahre am Rechner, an der Konsole, am Handheld und es ist das einzige Hobby dem ich nie abtrünnig war.
Retro Gaming – damals war alles besser (oder auch nicht)
Und wieder höre die Meckerer – das ist alles zu neu… Ja, ich weiß seit Pong gab es kein gutes Game mehr… Natürlich… Aber auch für dich bietet die gamescom was. Denn es gibt die Retro Area, die auch jedes Jahr ein wenig wächst. Dort kannst du die Kisten aus deiner Vergangenheit noch mal anfassen und Gamesgeschichte genießen. Auch Flipper und Arcades stehen da genug herum. Aber es gibt auch ständig neue Spiele für alte Systeme. Die Homebrew-Szene wächst und gedeiht wunderbar. Was die aus den Kisten heute herausholen, ist absolut phänomenal.
Und ja ich weiß auch das interessiert dich nicht. Es gibt auch andere Aktivitäten auf der Messe. Natürlich kannst du dich an Cosplayer erfreuen (aber mit Abstand!). Du kannst aber auch zu den Festivals in Köln gehen, wo Bands auftreten oder andere Events stattfinden. Wenn die gamescom in Köln stattfindet, dann macht auch die ganze Stadt mit. In einem Jahr hatte auch der Kölner Dom mitgemacht!
Ich kann euch die Messe nur wärmstens empfehlen. Natürlich sind da viele Menschen und manchmal ist die Führung der Ströme durch die Sicherheit nicht so wie Egon Spengler es berechnen würde. Auch die Preise von Verpflegung haben schon was von Kleinkredit. Aber das Gefühl ein Teil von diesem Gaminguniversum zu sein, ist es wert.
Für mich bleibt das der Superbowl des Gamings. Ich bin aber auch ein Kandidat, der auf vielen Veranstaltungen herumturnt und sich gerne mal inspirieren lässt. Und vielleicht ist es ein typisch deutsches Phänomen alles zu Tode zu hinterfragen. Wenn Leute einfach Spaß an der Sache haben, dann lebt es einfach aus!
Eines vielleicht noch… Dieses Jahr gab es keinen klassischen Influenzer-Bereich. Als ich letztes Jahr in die Red Bull Lounge geblickt hatte, habe ich wirklich niemanden erkannt. Jemand teilt mir dann mir, dass welche aus dem Livestyle-Bereich von Tiktok kommen würden. Für 2024 kann ich nur sagen, ich habe diese Gruppierung überhaupt nicht vermisst. Das Gaming sollte im Vordergrund sehen und nicht der eigene Bubble Tea (ist leider keine Überleitung zu meiner Shopseite mit 20% auf die Erstbestellung 😉)
Und was denkst du?
Teilt mir doch einfach mal eure Erfahrungen mit – selbst wenn wir ein Forum für Bahnopfer erstellen müssen. Mein Tipp schaut euch die unzähligen Videos zur gamescom an und dann gebt euch mal einen Ruck und fahrt dahin! Und habt Spaß! Und Spaß kann man nie in dieser Welt genug haben.
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