Die Reise in das Labyrinth – verrückter als Reisen mit der Deutschen Bahn
Ihr kennt meine Faszination für Point’n’Click Adventures und meine Begeisterung für den Citizen Kane des Genres: Maniac Mansion. Aber gab es eine Welt vor Maniac Mansion? Nein, das ist nicht nur eine rhetorische Frage… Edna, nein, viel zu neu. Kathy Rain – heh, das ist die falsche Richtung. Okay, Textadventures wie Guild of Thieves von Magnetic Scrolls oder The Yawn von den Byteriders – ein wenig zu alt. Dann fang ich mal zu erzählen bzw. zu schreiben: vor Maniac Mansion gab es tatsächlich das Point’n‘Click Lucasfilm-Adventure „Labyrinth“, basierend auf dem gleichnamigen Film (deutscher Titel: Die Reise ins Labyrinth) von Jim Henson und spiegelt den Inhalt des Films sehr gut wieder. Das Game erschien wie der Film auch 1986.
Kinder ab ins Labyrinth
Die sechszehnjährige (oder jünger je nach Quelle) Sarah Williams (gespielt im Film von der Teenie-Ikone Jennifer Connelly) liebt ihre Fantasywelt und eines Tages soll sie mal wieder ihren kleinen Bruder Toby babysitten. Der Quälgeist geht ihr aber so auf die Nerven, dass sie wünscht er würde verschwinden und das passiert dann auch (immer daran denken „Be careful what you wish for“). Jetzt könnte die Geschichte mit einem Happy End von Sarah sicherlich aufhören.
Jedoch bekommt Sarah Gewissensbisse und fleht ihren Bruder zurück. Plötzlich taucht der Koboldkönig Jareth (perfekt verkörpert vom legendären David Bowie) auf und bietet ihr an, wenn sie innerhalb von 13 Stunden das Innere seines Labyrinths erreichen kann, wäre ihr Bruder wieder frei. Jedoch sollte sie besser nicht versagen. Sie scheint dies gar nicht so richtig wahrzunehmen und stürmt direkt ins Labyrinth.
Eine Welt in der Welt in der Welt
Die Welt des Labyrinths besteht aus vielen seltsamen Orten und vielen seltsamen (Puppen-)Figuren (so wie es nur Jim Henson hinbekommen konnte). Doch die charmante Quest bietet viele gute Anlehnungen an bekannte Fantasybücher und –filme und bietet sehr gute Popcornkinounterhaltung. Der Film reihte sich dabei perfekt in die Fantasyfilme der 80er-Jahre (siehe Willow, Krull, der dunkle Kristall, Conan, Highlander etc.) ein.
Und ihr wisst was jetzt kommt. Richtig! Natürlich floppte der Film damals völlig an der Kinokasse (Kosten 25 US $ Mio, Einspielergebnis 12,9 US $) und erhielt sehr gemischte Kritiken. Erst mit der Zeit entwickelte sich der Film zum Kult und bekam sogar eine vierteilige Comicserie (von der ich noch nie etwas gehört hatte) und es sollte auch Fortsetzung erscheinen. Auf die warten wir bis heute noch.
Nennt man nun sowas „Guilty Pleasure“? Also ich mag den Film. Die Highlights sind natürlich klar Jennifer, David und die Puppen. Aber der Soundtrack ist großartig (wenn man schon David Bowie hat, dann lässt man auch gleich tanzen und singen – erinnert dadurch fast schon an einen typischen Disneyfilm) und die Settings gehen auch voll in Ordnung. Klar, der Plot ist so vorhersehbar wie der Klimawandel, aber es soll ja auch nur leichte Unterhaltung sein. Jim Henson und George Lucas hatten sicherlich keinen Meta-Tiefgang mit Sozialkritik als Anspruch.
Für den „Quizzer“ unter euch: Gates McFadden den meisten bekannt als Beverly Crusher aus Star Trek: Next Generation stellte die Choreographie der Trolle und David Bowie zusammen. Tja, damit könnte ihr bei Günter Jauch euch die Million schnappen!
Vom Film zum Game mit Douglas Adams
Da sich Lucasfilm große Hoffnungen machte, dass der Film ein echter Kassenschlager werden müsste, müsste natürlich auch ein Lizenzspiele (aka Tie-In-Game) her. Und jetzt kommt der Kicker. Dann die meisten Lizenzspiele werden ja einfach so hingerotzt – entweder weil die Macher weder Zeit, noch Geld, noch Ideen dafür haben. Aber Labyrinth ist hier schon was Besonderes.
Daher hat David Fox (später auch zuständig für Maniac Mansion, Zak Mckracken und viele mehr) sich mit Douglas Adams (ihr lest richtig: DER Douglas Adams – Mr. Per Anhalter durch die Galaxis-Adams) zusammengetan und die beiden begannen dieses Point’n‘Click Adventure für den Commodore 64 zu bauen und das Ergebnis ist sicherlich erwähnenswert.
Willkommen zur Blaupause von Maniac Mansion
Wenn Ihr das Game gestartet habt (nehmt bitte nicht die Tape-Version!!!), müsst ihr ein paar Daten von euch preisgeben. Diese nutzt das Game, um euch direkt anzusprechen und eure Vorlieben auch ins Game zu bringen. Nach der Eingabe der Daten startet ein klassisches Oldschool-Textadventure, in dem euer Ziel es ist ein Kino betreten und (Überraschung) Labyrinth zu schauen. Soll ja ein toller Film sein… 😉
Wenn der Film dann startet, begrüßt euch Jareth persönlich (das Sprite fängt die Arroganz von David Bowie aus dem Film perfekt ein) und teilt euch mit, dass ihr nun 13 Stunden Zeit habt das Innere seines Labyrinthes zu erreichen. Ansonsten wird das keine gute Wendung mit auch nehmen.
Schritt für Schritt in den Abgrund
Plötzlich seid ihr nun in einem klassischen Point’n‘Click Adventure mit Verbensteuerung und könnt euch anhand von vorgefertigten Möglichkeiten einen Weg durch das Labyrinth bahnen. Die Auswahl der Möglichkeiten geht mit der Steuerung gut von der Hand und nun betritt man Level für Level das Labyrinth.
In jeder der Stages wird eine Szene des Films wiedergegeben und auch die Figuren sind nett eingefangen. Auch die Interaktionsmöglichkeiten sind ganz putzig und nein, man muss nicht jeden Charakter versuchen zu schlagen (man kann aber – IHR MONSTER). Es wird eher empfohlen sich nicht mit der ganzen Welt anzulegen. Diesen Tipp sollte man auch dem einen oder anderen Politiker geben.
Erwartet jetzt bitte kein Maniac Mansion! Man bewegt sich von Level zu Level und hat dadurch auch sowas wie ein Scumm-Verben-System (siehe Bild). Aber es gibt viele Möglichkeiten für Dead Ends und wenn ihr etwas vergessen habt, gibt es keinen Weg zurück und das war’s dann. Trotzdem sollten Spieler, die schon alle Adventures von Lucasfilm/Lucasarts auswendig kennen, mal einen Blick in das Game werfen.
Ist es nun ein magisches Labyrinth?
Die Gameskritiker von damals bewerteten das Spiel als Meilenstein mit vielen Kinderkrankheiten. Das kann man eigentlich perfekt so stehen lassen. Für ein Lizenzspiel ist es absolut gut gelungen, für ein typisches Adventure ist es zweckmäßig und wenn man die Wichtigkeit dieses Titels betrachtet, dann muss man diesen Titel ohnehin mal erlebt haben. Denn vielleicht hätte es Maniac Mansion, Zak, Indy, Monkey Island und Co. ohne dieses Stück Software nie gegeben.





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