Nostalgie im digitalen Spiel

Avatar von Angelo Wiesel
Lesedauer: 4 Minuten

Wer erinnert sich nicht gerne an besondere Momente aus der Vergangenheit zurück? Insbesondere erinnern sich viele Menschen, die mit modernen Medien wie Filme und Videospiele aufgewachsen sind, auch an solche (virtuellen) Momente.

Im Bereich der digitalen Spiele (PC-Spiele/Videospiele) gibt es unzählige Momente, an die man sich gerne zurückerinnern könnte. Dazu könnte die Rettung von Prinzessin Zelda in diversen Spielen aus der Reihe „The Legend of Zelda“ zählen. Oder auch als der italienische Klempner „Super Mario“ den technischen Sprung auf die 3D-Konsole „Nintendo 64“ geschafft hat. Oder an dem gemeinsamen Urlaub in Spanien/Italien mit der Familie, der in eine Arcade-Halle führte.

Diese Erinnerungen können nach persönlicher Erfahrung und Alter variieren. Jüngere Personen erinnern sich vielleicht an ihr erstes eigenes erbautes Gebäude in „Minecraft“. Oder das erste Mal in „Mario Kart“ auf der Nintendo Switch gegen seine Freundinnen und Freunde gewonnen zu haben. Die Möglichkeiten der Erinnerungen an die Vergangenheit sind fast unbegrenzt.

Dieser Artikel möchte sich mit der Nostalgie in Bezug auf digitale Spiele beschäftigen. Im ersten Abschnitt wird besprochen, warum wir uns gerne an ältere digitale Spiele erinnern. Im zweiten Schritt wird die ambivalente Seite dieser Nostalgie betrachtet. Im Schlussteil wird die Nostalgie als Geschäftszweig thematisiert.

Flucht in bessere Zeiten: Nostalgie und digitale Spiele

Die ursprüngliche altgriechische Bedeutung von Nostalgie deutet mit „nostos“ (Rückkehr) und „algos“ (Schmerz, Kummer) eine eher negative Emotion an. Die heutige Forschung sieht den Begriff Nostalgie allgemeiner und weniger wertend: Die Sehnsucht nach der Vergangenheit.

Die Erinnerung an ältere digitale Spiele erfüllt grundlegende psychologische Bedürfnisse. Wir können hierdurch aus der Gegenwart in die (vermeidlich gute) Vergangenheit flüchten und dadurch negative Gefühle und Stress bewältigen.

Wir leben in einer Zeit des Wandels und der immer schnelleren technologischen Entwicklung. Medien prägen unseren Alltag, die individuelle Nutzungsdauer steigt immer weiter an. Unterhaltungsmedien wie digitale Spiele sind Teil unserer Alltagskultur. Insbesondere deshalb prägen Medien auch unsere persönlichen Erinnerungen an die Vergangenheit. Die Nostalgie wird umso stärker, je mehr sich unsere Welt verändert. Daher sehnen wir uns nach der Vergangenheit.

Dies können wie eingangs erwähnt auch Erlebnisse im Zusammenhang mit digitalen Spielen sein. Etwa eine Konsole die startete ohne mehrere Updates zu installieren. Digitale Spiele die zum Erscheinungstag (vermeidlich) im fertigen Zustand waren und nicht wie in der Gegenwart teilweise unfertig erscheinen (Cyberpunk 2077, Stalker 2 etc.). Oder gemeinsam mit anderen Menschen vor dem selben Bildschirm zu spielen und Emotionen teilen, ohne über weite Entfernung über Headset zu kommunizieren.

Der verklärte Blick auf die Vergangenheit

Diese ganzen positiven Elemente der Nostalgie haben einen Nachteil. In der Erinnerung an ältere digitale Spiele idealisieren wir diese Vergangenheit, daher werden negative Aspekte häufig ausgeblendet. Aus heutiger Perspektive erscheint uns die Grafik veraltet. Oder die Steuerung des digitalen Spiels ist kompliziert. Auch wundern wir uns vielleicht über manche Spielmechaniken (Speicherpunkte, Trefferzonen etc.). Oftmals ist es auch kompliziert überhaupt ältere Spiele zu starten. Ältere Konsolen sind nicht mehr verfügbar oder das Spiel startet am PC nicht.

Die Ernüchterung ist häufig groß. Der Wunsch Vergangenes zu genießen ist durch die Gegenwart motiviert. Zwischen unserer Kindheit/Jugend haben wir uns verändert. Als Erwachsene erleben wir ein digitales Spiel unter anderen kognitiven Voraussetzungen. Zudem haben sich Medientechnologien über die Jahre weiterentwickelt. Durch die schnelle technologische Entwicklung entstehen andere Erwartungen an ein Medium. Zudem haben sich die Sehgewohnheiten verändert. Ein älteres Spiel kann plötzlich langweilig und eintönig erscheinen.

Quelle: Game Testing Site, CC BY-SA 4.0 von Ominae
Quelle: Game Testing Site, CC BY-SA 4.0 von Ominae

Zurück in die Zukunft: Nostalgie als Wirtschaftsfaktor

Täglich lässt sich in der Medienwelt beobachten, dass alte Inhalte neuaufgelegt werden. Dies betrifft Filmfortsetzungen oder Reboots (Neustarts) die gezielt mit unserer Nostalgie spielen. Aber auch die Spielindustrie produziert mal mehr oder weniger aufwändige Remakes/Remaster von älteren Spielen. Mit der Nostalgie wird Geld verdient. Auch kann die Flut an Neuauflagen als Einfallslosigkeit der Spielindustrie gesehen werden. Mit möglichst geringen Aufwand kann maximaler Gewinn erzielt werden. Zusätzlich sorgt die Sinnhaftigkeit und Qualität von solchen Neuauflagen für Diskussionen in der Spielgemeinschaft. Insbesondere im Internet.

So erschienen in letzter Zeit Remaster/Remakes zu folgenden Spielen: Silent Hill 2 (2024), Dead Rising (2024), Dead Space (2023), Resident Evil 4(2023), Resident Evil 3 (2020), Resident Evil 2 (2019), Final Fantasy 7 (2020), Mafia (2020), The Legend of Zelda: Links Awakening (2019), Shadow of the Colossus (2018). Die Liste ließe sich weiter fortsetzen.

Bei all diesen ambivalenten Aspekten von Nostalgie als Geschäftsmodell, sollten die positiven Aspekte nicht vergessen werden. Neuauflagen machen ältere Spiele einer neuen (jüngeren) Zielgruppe zugänglich. Und dies oftmals in zeitgemäßer Technik. Spiele die oftmals schwierig zugänglich sind, da beispielsweise die Hard- und Software nur noch gebraucht erhältlich sind, werden niedrigschwellig für einen größeren Personenkreis zugänglich.

Retro-Gaming steht als eigene Spiel-Sparte zunehmend im Fokus. So veröffentlichen Entwicklungsstudios nicht nur Spiele, die Retro-Spiele imitieren, sondern Retro ist wieder beliebt. Im Internet können sich Spielende über ihre Spielerlebnisse aus der Vergangenheit austauschen. Dies bietet nicht nur Basis zur gemeinsamen Identifikation aufgrund früherer Erfahrung. Es ermöglicht einen weltweiten Austausch von Emotionen und Erinnerungen, die in der früheren (analogen) Zeit auf das persönliche Umfeld beschränkt waren. Es ist daher eine Ironie der (Spiel)Geschichte, dass auch moderne Medien wie das Internet für eine Wiederentdeckung nostalgischer Spielerlebnisse sorgen.

Quelle: Bluetooth Retro Gamepads, CC BY-SA 4.0, von Andreas Lakso
Quelle: Bluetooth Retro Gamepads, CC BY-SA 4.0, von Andreas Lakso

Fazit

Nostalgie nach früheren Spielerlebnissen erfüllt wichtige psychologische Bedürfnisse. Allerdings sind diese Erinnerungen häufig positiv verzerrt. Die Spielindustrie und auch insgesamt die Unterhaltungsindustrie betreibt ein lukratives Geschäft mit der Sehnsucht nach Vergangenen. Dadurch werden ältere digitale Spiele einem neuen Publikum zugänglich. Zusätzlich wird auch das Interesse an früheren Phasen der Videospielgeschichte bei einem breiten Publikum gefördert. Es überwiegen daher die positiven Aspekte der Nostalgie, wenn vergangene Spielerlebnisse mit rationalen Erwartungen betrachtet werden

Welche Videospiele lösen bei euch Nostalgie aus? Und hat sich diese Nostalgie am Ende (positiv) bestätigt?

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Alexander StrellenDennis GereckeTobi

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5 Antworten zu „Nostalgie im digitalen Spiel“

  1. Avatar von Alexander Strellen

    Wenn ich auf meinem Commodore 64 ein altes Spiel starte, sitzt direkt wieder der Teenager vor dem Bildschirm. Bei mir funktionieren die Spiele immer noch. Mit einem Unterschied. Heute fluche ich öfter über einen hohen Schwierigkeitsgrad oder eine sperrige Steuerung. Dafür gibt es aber eine einfache Erklärung. Damals hatte ich Zeit ohne Ende. Es wurde immer wieder ein neuer Versuch gestartet. Das geht heute nicht mehr. Die Zeit ist kostbarer geworden und will sinnvoll eingesetzt werden.
    Ich würde aber nicht behaupten das sich bei mir dieses „Früher war alles besser“-Gefühl zeigt. Im Gegenteil. Ich bin froh das Spiele heute besser aussehen, sich einfacher steuern lassen und sich einfacher installieren lassen. Ich finde es aber toll, das mir ein „The Great Giana Sisters“ oder ein „Space Taxi“ heute noch so viel Spaß macht. Das zeigt doch eigentlich was für tolle Spiele das waren und sind. Meine Kinder können sich auch noch für diese Spiele begeistern. Die langen Ladezeiten schrecken sie allerdings ab. Auf der PS5 oder der Switch geht halt alles schneller. Wir haben ja keine Zeit mehr.

    TobiAndré Eymann
  2. Avatar von Dennis Gerecke

    Obwohl ich viele ältere Spiele nachhole, wirkt Nostalgie auf mich oft erschreckend. Die Erinnerungen an damalige Zeiten sollten neue Betrachtungswinkel nicht im Wege stehen. Ich persönlich würde mir niemals die damalige Videospiellandschaft zurückwünschen, in der ich Kaufhäuser abklappern musste, die mein gewünschtes Spiel eventuell im Sortiment hatten. Die Installation von PC-Spielen war damals grausig. Häufig hat irgendein Treiber gefehlt oder eine bestimmte Softwarekomponente gefehlt, um ein Spiel zu starten.

    Heute kann ich mir jedes aktuelle Spiel mühelos herunterladen und mit einem Rechner spielen, der bereits drei Jahre auf dem Buckel hat. Konsolenspiele lassen sich ebenfalls leichter auftreiben. Die Auswahl ist dabei enorm. Ich kann mir sowohl aktuelle Spiele kaufen, als auch Klassiker. In den 90ern und früh 2000ern konnte man dagegen nur eine einzelne Konsolengeneration auf der jeweiligen Konsole spielen. Der technische Fortschritt hat unser Hobby bequemer gemacht.

    Ich spiele zurzeit das Remastered von Tomb Raider 1-3 und bin froh, Laras Abenteuer endlich mit analoger Steuerung und frei bewegbarer Kamera spielen zu dürfen. Die schwerfälligen Bewegungen haben mich als N64-Spieler damals abgeschreckt. Mit den neumodischen Texturen kann ich mich allerdings nicht so recht anfreunden. Sie sehen wie aufgeklebt aus und wirken ziemlich unlebendig.

    Letztendlich sollte man älteren Spielen niemals den Nostalgie-Stempel aufdrücken. Auch die frühen Grafiken und Spielmechaniken hatten einen besonderen Stil, den es zu wertschätzen gilt. Man muss aber nicht zwangsläufig auf alte Hardware zurückgreifen und in damaligen Erinnerungen schwelgen, nur um ein altes Spiel genießen zu können.

    TobiAndré Eymann
    1. Avatar von Jen
      Jen

      Nach einem Spiel zu suchen und es dann endlich im X.ten Laden zu finden, ist Teil meiner persönlichen Nostalgie.
      Irgendwie hat diese Erschwernis dazu geführt, dass man das Spiel mehr wertgeschätzt hat.
      Klar ist es heute bequemer im E-Shop etc. Spiele sofort, günstig und jederzeit zu bekommen.
      Aber ich werde mich in 10 Jahren nicht mehr erinnern, dass ich irgendein Spiel günstig im Steamsale geschossen habe.
      Dafür werde ich mich immer daran erinnern, wie ich damals im Woolworth mit einer Freundin nach Sale Spielen gesucht und Zelda A Link to the Past für 12,00 DM gekauft habe.

      TobiAndré EymannDennis Gerecke
      1. Avatar von Dennis Gerecke

        Ich ticke komplett anders. Die Erfahrung beim Kauf eines Spiels und das Spielerlebnis sind zwei unterschiedliche Seiten. Mir ist egal, wie ich an das Spiel herankomme, solange es sich lohnt gespielt zu werden. Meine Steam-Bibliothek hat daher den gleichen Wert, wie meine N64-Sammlung – trotz der Kindheitserinnerung. Für mich zählt das virtuelle Erlebnis und die Videospielkunst.

        TobiAndré Eymann
  3. Avatar von Alain
    Alain

    Ja, Erinnerungen an alte Spiele sind meist überzogen. Schaut man sich jetzt ein altes Spiel nochmal an, flucht man häufig über die Schwierigkeit oder das eigene Unvermögen. Aber trotzdem gibt es wohlig Erinnerungsgefühle.

    Ein anderer Aspekt wären für mich die Erfüllung alter Träume. Ich habe bspw. Immer von der PC Engine in den Videospielzeitungen lesen und wollte die umbedingt mal besitzen. Ich habe sie im Importladen im nächsten Dorf sogar angespielt – aber geleistet habe ich sie mir nie. Nun habe ich die PC Engine Mini hier stehen. Gespielt habe ich sie allerdings erst wenig.

    TobiAndré Eymann