Kurzgeschichte Nummer 4
Im Januar 1983 gingen meine Eltern mit mir in einen meiner ersten Kinofilme. Es war der Kassenschlager „E.T. – Der Außerirdische“. Ich weiß noch, dass ich mich in diesem Film erst furchtbar erschrocken hatte, dann hatte ich viel gelacht und später auch geweint.
Aber neben diesem grandiosen Filmereignis sind mir besonders die Verfolgungsszenen mit den BMX-Rädern in Erinnerung geblieben. Ich hatte später auch von Panini das Sticker-Sammelalbum zum E.T.-Film und dort gab es eine ganze Doppelseite nur mit den BMX-Rädern aus dem Film. BMX gab es in den USA zwar schon etwas länger, aber in Deutschland waren diese Räder vor E.T. eher eine Rarität. Ich hatte damals ein für unsere Region typisches Holland-Kinderrad. Für Jungs mit Querstange, für Mädchen entsprechend ohne Stange.
Ich erinnere mich noch, dass ich damals im ZDF gerne die amerikanische Vorabendserie „Ein Colt für alle Fälle“ geschaut hatte. Mein Freund Christian und ich haben dann am nächsten Nachmittag immer versucht die Stunts aus der Serie mit unseren Fahrrädern nachzuspielen.
Ich war immer „Colt Sievers“ und Christian war „Howie Munson“. Nur eine „Jody Banks“ hatten wir leider nie für unser kleines Stunt-Team finden können. Hinter unserem Stamm-Spielplatz gab es eine kleine Wiese mit einigen Erdhügeln. Hier hatten sich bereits andere Kinder einen Parcours erfahren, an dem kein Gras mehr wuchs. Natürlich haben wir uns bei solchen Stunts auch das ein oder andere Mal selbst überschätzt und lagen anschließend hinter einem der Hügel im Dreck.
Das Ergebnis waren blutige Knie oder Ellenbogen und unsere Jeans waren grün und löchrig. Einem echten Stuntman machte so etwas natürlich nichts aus. Aber leider waren unsere Fahrräder für solche Stunts nicht gemacht und man hatte dabei schon mal eine Lampe oder das Schutzblech verloren.
Nicole Kidman und die BMX-Bande
Es war klar, ich brauchte auch so ein Fahrrad, mit dem man auch schon mal einen Sprung machen konnte. Dann kam auch noch eines Tages der australische Film „Die BMX-Bande“ mit Nicole Kidman im deutschen Fernsehen. Spätestens danach war klar: Ich brauche so ein BMX-Rad. Wir hatten wenige Straßen von uns entfernt einen kleinen Fahrradladen. Eines Tages war ich dort, um einen neuen Fahrradschlauch zu kaufen.
Ich konnte es schon im Schaufenster sehen: ein schwarz-rotes BMX-Rad. Ich war hin und weg. Aber der Preis war für mich natürlich unerschwinglich. Der Besitzer wollte mich leider auch nicht mal Probesitzen oder gar Probefahren lassen.
Ich erzählte meiner Mutter von diesem super tollen BMX-Rad. Aber ich bekam erstmal nur die Antwort: „So ein Rad ist doch gar nicht verkehrssicher. Es hat kein Licht und so. Du hast doch noch ein schönes Fahrrad. Fahr das erstmal und wenn du etwas größer bist, schauen wir mal.“
Das war natürlich nicht die Antwort, die ich damals hören wollte. Es sollte zwar noch etwas dauern, aber im Frühjahr 1986 bekam die BMX-Sache nochmal eine andere Wendung. Wir hatten damals ein Reisemobil und fuhren öfters auf Campingplätze. Dort hatten meine Eltern bei anderen Campern gesehen, dass viele Leute kleine Einkäufe oder den Weg zu den Toiletten- und Waschräumen mit einem Fahrrad zurücklegten.
Einige Camper hatten sich extra dafür ein Klapprad gekauft. Dann erledigten meine Eltern zwei Fliegen mit einer Klappe: Ich bekam mein lang ersehntes BMX-Rad und dafür wurde es bei jeder Gelegenheit zum Campen mitgenommen. Es war für uns das ideale Transportmittel für kleine Touren innerhalb des Campingplatzes. Auch wenn es hauptsächlich meine Mutter und ich benutzt haben. Aber mir war das ja egal. Ich hatte wirklich ein schwarz-rotes BMX-Rad bekommen. Wir nannten es „Ixi“.

Für mich als BMX- und als C64-Fan kamen im Jahr 1986 dann zwei meiner Hobbys zusammen mit dem Spiel „Paperboy“. Ich hatte es zuerst bei einem Klassenkameraden auf seinem C64 gesehen. Ein Junge, der mit seinem BMX-Rad Zeitungen austrägt und als Bonus noch einen Stunt-Parcours fahren darf. Dieses Spiel MUSSTE ich haben.
Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als ich es zum 1. Mal auf meinem eigenen Computer gespielt hatte. Ich wollte den High-Score alleine mit Stunts machen. Das Zeitungsaustragen quasi als Pflicht und den Parcours dann hinterher als Kür. Die ersten Runden waren leider sehr ernüchternd. Die Steuerung war so schwer, dass das Bonuslevel nicht mal annähernd in Sichtweite war. Alles, was einem auf einer öffentlichen Straße so über den Weg laufen und fahren konnte, hatten die Programmierer eingebaut: Autos, Motorräder, Jogger, Skateboarder, Hunde, Autoreifen, Bauarbeiter, ferngesteuerte Autos und am schlimmsten waren die Gullydeckel. Warum baut man so viele Stolperfallen ein, wenn ich doch eigentlich nur friedlich die Morgenzeitung austragen möchte?
Und neben den ganzen Störfaktoren sollte man noch die Zeitung in den Briefkasten werfen. Aber aufgepasst, nur bei den Häusern, die auch die Zeitung an diesem Tag überhaupt abonniert hatten. Dazu konnte man sich noch reichlich Ärger einhandeln, wenn man dem zufriedenen Kunden die Zeitung durchs Fenster direkt auf den Wohnzimmertisch warf.
Hoher Schwierigkeitsgrad = mehr Einnahmen?
Dass das Fahrrad von ganz alleine vorwärtsfuhr und man aktiv bremsen musste, um nicht in jedes Hindernis hineinzufahren, machte das Spiel auch nicht leichter. Gerade zu Beginn war auch nie ganz klar, woran bin ich jetzt eigentlich hängen geblieben. Oft war man auch der Meinung, man hat genügend Abstand zu dem nächsten Gullydeckel und schon hatte es einen erwischt.
Das Spielprinzip machte schon sehr Spaß, aber der Schwierigkeitslevel war schon sehr hoch. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Paperboy ursprünglich für einen Arcade-Spielautomaten programmiert war. Und eine kurze Spielzeit bedeutet einen neuen Münzeinwurf. Eine lange Spielzeit hingegen hält zwar den Spieler am Gerät, bringt aber weniger Einnahmen über den Tag verteilt. Dies war auf jeden Fall einer der entscheidenden programmiertechnischen Unterschiede zwischen Spielautomaten und Heimcomputern. Bei dem einen möchte man den Spieler immer wieder zu neuem Münzeinwurf animieren, bei dem anderen kann der Spieler auch gerne einen ganzen Tag mit einem einzigen Spielstart verbringen.
PAPERBOY
Erscheinungsjahr
1985
Entwickler
Neil A. Bate, Christian Harvey (C64 Port)
Publisher
Atari Games/Elite Systems
Genre
Action, 2D, Isometric
Fazit: Paperboy konnte leider meine (hohen) kindlichen Erwartungen an die Kooperation C64 und BMX nicht halten. Das lag aber hauptsächlich am zu hohen Schwierigkeitsgrad, durch den man irgendwann die Lust verlor.
Hast auch du Erinnerungen an Paperboy, oder vielleicht sogar ein BMX-Rad gehabt? Erzähle mir gern davon!
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