Etwas, was ich in 30 Jahren noch nie gespielt habe: Rollerdrome. Ein Indie-Game, in dem zwei Genres, bzw. bekannte Vertreter derer, vermischt werden und das auch noch hervorragend funktioniert. Rollerdrome kann am besten zusammengefasst werden als Blend von Tony Hawks Pro Skater und Max Payne.
Um es konkret zu machen: Wir machen Sprünge von Rampen, flitzen Halfpipes hoch und fliegen durch die Lüfte oder Grinden an scharfen Kanten entlang. Dabei bekommen wir, ebenso wie in Tony Hawks, Punkte. Mit dem Druck auf einen Button unseres Controllers wird die Max Payne-Zeitlupe eingeschaltet und wir können, zumindest mit etwas mehr Ruhe, unser Pistolen-Paar auf unterschiedliche aber immer fiese Gegner richten, welche nach unserem Leben trachten.
Eine wuchtige Einleitung! Jetzt können wir mit einem flacherem Atem etwas ruhiger einsteigen und hoffentlich einen guten Blick auf diese wirkliche Perle geben…
ROLLERDROME
Erscheinungsjahr
2022
Entwickelnde
Roll7 (London, England)
Published von
Private Division (New York City, US)
Genre
Shooter-Spiel, Jump ’n’ Run, Sports
Plattformen
PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox Series, Microsoft Windows
Ein Rausch aus dem Nichts
Auf Rollerdrome gekommen bin ich, ihr werdet euch wundern, gar nicht. Auf der Plattform, für welche ich regelmäßig Podcasts beisteure, m10z.de, mache ich den Podcast (Stand Januar ’25) Des GamePasses Goldene Perlen. Einmal im Monat gehen wir auf die Suche, aus der schieren Masse an Spielen des GamePasses die Perlen herauszufischen. Zum Ende hin weisen wir dem anderen ein Spiel zu, das er für die nächste Episode zu spielen hat.

Tja, und für mich war es eben jetzt soweit, Rollerdrome zu spielen. Der GamePass ist natürlich zu Recht in Verruf geraten, durch die Schließung zahlreicher Studios von und durch Microsoft. Für große Studios, wie Arkane, ist er leider oft der Anfang vom Ende. Für kleine Indiestudios aber ist er eine Möglichkeit endlich an Rezipienten zu kommen und eben nicht mehr im Einheitsbrei unterzugehen, weil andere mehr bezahlen für PR und Werbung.
Beim ersten Blick auf Rollerdrome kam mir schnell der Gedanke „Knarren auf Rollschuhen?! Und dann noch in Comic-Grafik!?“. Nach dem ersten Spielen in Gesellschaft (Grüsse gehen raus an Kumpel Flo: Ich hab das Level geschafft!), kam die Klarheit aber ziemlich schnell. Im Gegenteil: Sehr schnell entstand das Empfinden, dass Rollschuhsport und wilde Ballerei schon immer zusammengehört haben sollten, es ist einfach so logisch-intuitiv!
Das Beste aus zwei Welten
Wir versuchen in Levels, stellt sie euch vor als offene Skateparkours, Herausforderungen abzuschließen. Das kann zum Beispiel sein 10 Meter auf einem Blumenkübel zu „grinden“, „Mache den und den Trick in der Luft mit einer 540 Grad-Drehung“ aber auch „Schieße 30 von dem und dem Gegnertyp bei schneller Fahrt über den Haufen“. Nach bestandenen Herausforderungen wird ein weiteres Level freigeschaltet. Wir fahren vor dem freien Spiel in einer Kampagne mit Saisons, in denen es dann die einzelnen Stationen mit ihren Herausforderungen gibt.

Die Art des Aufbaus des Spiels erinnert schon sehr an Tony Hawk. Wir machen Tricks auf unseren Rollschuhen und bekommen entsprechend Punkte. Wir drehen uns in der Luft und greifen dabei an die Schuhe, fahren nur auf den Zehenspitzen und so weiter. Das alles mag Liebhaberei sein, hat aber einen Zweck, zu dem ich später komme. So wirr hier gerade die erzählerischen Fäden sind, so wirr sind wir auch die ersten Minuten im Spiel. Rollerdrome erklärt sie aber zu Beginn sehr gut.
Neben dem Sport des Rollschuh-Laufens gibt es aber auch eben die angekündigte zweite Ebene des 3rd-Person-Shooters. Mit links fahren wir in entsprechende Richtung, mit Rechts drehen wir die Kamera und die Feinde werden mit einer kastenförmigen Zielmarkierung belegt. Angemerkt sei: Obwohl wir die Kamera frei drehen können, werden die Ziele automatisch festgehalten, was bei der rasanten Action kaum anders anzunehmen ist und hervorragend funktioniert.
Buttons sie zu knechten
Bei der Steuerung bin ich uneins. Zum einen sind das schon viele Tasten mit unterschiedlichen Funktionen, zum anderen sind diese aber sinnvoll belegt. Damit meine ich vor allem, dass sowohl der Teil des Spaß-Sports, als auch des Shooters gut und sinnvoll bedacht werden. Davon ab, sind die Befehle für die beiden Programmteile doch übersichtlich. X ist Trick, R1 Greif-Trick, Y ist schlittern über Ecken, grinden eben.
Was das Schießen angeht, aktiviert L2 die Zeitlupe, das Steuerkreuz ist mit den Waffen belegt (Oben Pistolen, Unten Maschinengewehr, Links Raketenwerfer, Rechts Schrotflinte) und R2 lässt die Schüsse los. Die „Slow Motion“ richtig zu verwenden ist eine Kunst und funktioniert hier super! Das linke Steuerkreuz und der Controller kommen sich aber etwas in die Quere: Während wir unsere Figur über kniffelige Sprung-Passagen steuern fällt das Waffenwechseln schwer.

Die Symbiose der beiden Teile ist aber raffiniert umgesetzt. Wir verschießen eben, wie in Shootern eben üblich, Munition. Diese wird zwischen den Waffen geteilt. Ist diese also zur „Hälfte“ verschossen, so haben wir in den Pistolen 6 von 12 Schüssen und in der Schrotflinte eben 3 von 6. Aber aufgefüllt wird diese, indem wir Tricksen. Raffinierte Sprünge mit Drehungen und anschließendem Grinden auf den Halbrohren, lassen unseren Munitionsvorrat in Windeseile wieder aufstocken.
Trotzdem ist es schwer, diese beiden Steuerungen in eine zu integrieren. Damit meine ich beispielsweise, den Daumen vom linken Stick, der rasanten Action gemäß, schnell über das Steuerkreuz zu kriegen, die Waffe auszuwählen, und ihn zurück auf den Stick zu bringen. Anfangs tendierte ich dazu zu sagen, dass das mit Erfahrung besser wird, aber auch nach Stunden ist das immer noch ein Punkt über den ich stolpere. Aber zum Glück für es selbst, besteht das Spiel aus mehr als Fingergymnastik.
Goofy auf Rädern
Der ais XIII bekannte Cell-Shading-(Comic-)Look passt hier wunderbar zum Spielgefühl und wird auch besser altern als das zeitlose Tony Hawks Pro Skater 2. Die Stationen, die ich bisher gesehen habe, sind alle in stechenden Rot- und Weiss-Tönen gehalten. Klar steht hier und da mal ein grünes Pflänzchen im Schaufenster, aber so schnell es auf uns zukommt, so schnell verschwindet es auch wieder hinter einer Treppe.
Eine andere Art Parcours war ein Parkplatz im Schnee, mit einer Schwebebahn drüber und Aussichtstürmen an der Seite.
Ich bin nun fertig mit der Beginner-Saison und habe, so nehme ich an, 2-3 Stunden investiert. Neue Levels schalten wir frei, in dem wir die jeweiligen Herausforderungen abschließen.

Generell wurde das Rollerdrome gut angenommen. Bei Metacritic landete es bei 80/100, auf Steam ist es „Sehr positiv“ bewertet. Diese Angaben würde ich teilen. Es ist ein tolles Spiel, aber hat auch seine Ecken und Kanten. Ich finde es aber erfrischend, dass das Spiel diese nicht versteckt, sondern gefühlt eben auch einen Anspruch an die spielerischen Fähigkeiten hat, man an diesen wächst, und dann in der Lage ist, die nächste Herausforderung mit Hängen und Würgen abzuschließen, an der man Stunden zuvor verzweifelt ist.
Das traurige Schicksal Schaffender
Entwickelt wurde Rollerdrome von dem Indiestudio Roll7. Die Britinnen/Briten haben schon einige Games auf der Kappe, OlliOlli mag dem ein oder anderen noch ein Begriff sein. Rollerdrome ist ihr letztes Werk dem Jahr 2022. Es war nominiert bei den „Golden Joystick Awards“ und wurde als „Bestes Indie-Game“ nominiert. Bei den „19th British Academy Games Awards“ konnte es in der Katagerie „British Game“ sogar gewinnen (Erwischt, Author bedient sich hier Wikipedia).
Roll7, gegründet 2008, wurde 2020 von der Take Two-Tochterfirma Private Division gekauft und 2021 dann von Take Two selbst übernommen. Laut Bloomberg würde Take Two das Studio Roll7 in 2024 schließen wollen. Das wurde aber schnell dementiert. Wer die Schließungswelle der letzten Jahre aber mitbekommen hat, traut dem Braten nicht so ganz. Ein Indiestudio aufkaufen, nur um es zu schließen, ist leider eine traurige Mode geworden.
Aber zurück zur Schwebebahn. Auf den Stahlseilen, an denen sie hängt, gilt es natürlich zu schlittern. Aber mir ist bis jetzt noch nicht gekommen, wie das zu tun ist. Vielleicht fällt es mir aber bei der der nächsten Runde auf Rollerblades mit meinen Akimbos im Einkaufszentrum ja ein…
Euer
Rollin‘-Marcel
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