Wer erinnert sich nicht gern zurück an die aufregenden Erlebnisse, als der Boom der Videospiele dank der Atari VCS Konsole nun endlich auch im eigenen Wohnzimmer einsetzte. Und wir, die noch Kinder waren, spürten zum ersten Mal wie es sein kann, wenn die „Macht“ mit einem ist!
Fasziniert saßen wir stundenlang vor dem Fernseher, um mit dem Joystick elektronische Pixel abzuschießen und unsere Eltern standen kopfschüttelnd davor und verstanden plötzlich die Welt nicht mehr.
Wir brauchen Informationen!
Schnell entstand eine große Fangemeinde und Atari erlangte mit der VCS-Konsole absoluten Kultstatus. Kein Wunder bei so genialen Spielen wie Asteroids, Space Invaders, Centipede oder Missile Command. Schwierig blieb allerdings der Versuch, sich Informationen über die Spielkonsolen und Module zu verschaffen.
Es existierten so gut wie keine brauchbaren Quellen. Die Medienlandschaft reagierte zunächst nur zögerlich auf die steigende Nachfrage der Videospieler. Vermutlich resultierte gerade aus diesem Mangel an Information die Entstehung des offiziellen Atari Club Deutschland. Eine einfache Möglichkeit für Atari, neue Käufer zu gewinnen und gleichzeitig eine bessere Kundenbindung herzustellen.
Die erste echte Fachzeitschrift für Videospiele erschien in Deutschland im Frühjahr 1983 unter dem Titel Telematch. Doch bereits zwei Jahre zuvor, am Ende des Jahres 1980, brachte die amerikanische Firma Atari ihr eigenes Club Magazin in Deutschland unter die Leser. Dementsprechend einfach gestaltete sich diese Erstausgabe auch nur aus einer doppelseitig bedruckten DIN A4-Seite in Schwarz-Weiss und etwas Orange, der alten Modefarbe aus den 70er Jahren, im Firmenlogo.
„Atari – die Attraktion auf der Messe Du und Deine Welt in Hamburg“, lautete die Überschrift zu einem Artikel. Im „Atari-Action-Center“ auf der Messe konnten junge Spieler die neuesten Programmkassetten, wie zum Beispiel das Spiel Fliegender Mensch, testen. In der ersten Ausgabe des Magazins, stellte sich der Club vor. Herausgegeben wurde das Atari Club Magazin in Hamburg. Auf einem Foto der Erstausgabe ist zu sehen, dass bereits damals Space Invaders-T-Shirts in Mode waren! 1981 und 1982 änderte sich im Atari Club Magazin nur wenig. Die Ausgaben erschienen unregelmäßig bis zu viermal jährlich und einzig der Umfang variierte zwischen vier und acht DIA A4-Seiten.
Inhaltlich behandelte das ACM (Atari Club Magazin) hauptsächlich neue Spielmodule, News, Leserbriefe und aktuelle Veranstaltungen wie beispielsweise die Asteroids-Weltmeisterschaft.
Eine kleine Fußnote für eingefleischte Atari-Fans: Das berühmte Maskottchen „Captain Atari“, hieß in den ersten beiden Ausgaben des Magazins zunächst „Mister Atari“. Ab der dritten Ausgabe wechselte die Figur dann plötzlich in den später bekannten „Captain Atari“. Die November-Ausgabe von 1981 berichtete über die Asteroids-Meisterschaft in Hamburg und zeigte ein Foto von den Gewinnern. Im Hintergrund sind Asteroids-Motive zu sehen.
Die ersten Jahre
Es folgt eine Übersicht der frühen Ausgaben des Magazins. Hier kann man gut erkennen, wie einfach die Publikation zunächst aufgemacht war.
Wechsel in die Farbwelt
Ende 1982 druckte Atari dann endlich die erste richtige Farbausgabe des Magazins. Eine Weihnacht-Sonderausgabe zum Release des Spielmoduls E.T. – The Extra-Terrestrial, dem damals weltweit aktuellen Kinohit von Steven Spielberg. Das Spielmodul zum Film E.T. war für Atari allerdings kein großer Erfolg, was im Wesentlichen an der schlechten Qualität des Spiels lag. Dennoch ist das Spiel ein gutes Beispiel dafür, wie die Filmbranche und die Videospielbranche langsam zusammenwuchsen. Außerdem verhalf selbst die schlechte Umsetzung dieses Spiels Atari zu Popularität. Die Legende des „E.T. burial“ ist mittlerweile in die Geschichte von Atari eingegangen und wird wohl für immer ein Mythos bleiben. Selbst Menschen die direkt bei Atari gearbeitet haben, wissen kaum etwas Konkretes über das angebliche Verscharren tausender, nicht abverkaufter E.T.-Spielmodule in der Wüste von New Mexiko.
Ein frisches Layout
Ab 1983 erhielt das Clubmagazin ein komplett neues Layout. In der Mitte befand sich jetzt ein DIN A3-Spielposter und jede Ausgabe erreichte inzwischen um die 20 Seiten. Die Clubmitglieder fanden regelmäßig (alle drei Monate) eine neue Clubzeitschrift im Postkasten, mit vielen Beiträgen zu den aktuellen Atari Produkten.
Leider gab es von Atari außer dem Magazin kaum weitere Leistungen. Sehr bedauerlich, da inzwischen Fremdanbieter wie Activision oder Imagic in ihren eigenen Clubs viele kostenlose Gimmicks, wie beispielsweise Aufkleber, Urkunden, Buttons oder Aufnäher, verteilten. Selbst auf einen Mitgliedsausweis, der bei anderen Clubs absolut selbstverständlich war, verzichtete Atari komplett.
Wie sah die Berichterstattung aus?
Die Artikel aus der Rubrik „Punkte sammeln leicht gemacht“ des Clubmagazins gaben hilfreiche Tipps, um in den Lieblingsspielen noch mehr Erfolg vorweisen zu können. Dazu wurden sie mit schönen Illustrationen oder auch Fotos aus Filmen geschmückt.
Ebenso wurden auch Tests und Berichte zu neuer Hardware berücksichtigt. So wurde beispielsweise in dem Artikel Jetzt bringen wir mehr Tempo ins Spiel! auf das Atari Joystick-Reparaturset hingewiesen, welches sicher vom ein oder anderen Spieler, spätestens nach mehreren Stunden Decathlon, benötigt wurde.
Insgesamt fünf Jahre begleitete „Captain Atari“ seine Anhänger durch die Welt der Atari Videospiele. Mit ihm durchstanden viele Spieler Abenteuer und entdeckten Geheimnisse. Auch wenn die Ähnlichkeit mit Superman nicht abzustreiten ist, wird „Captain Atari“ für seine Fans einmalig bleiben. Folgend möchten wir euch einige andere Abbildungen aus verschiedenen Atari Club Magazinen zeigen.
Kultureller Wandel bei Atari und letzte Ausgabe
1984 dann verdrängten die neuen Homecomputer auch in der ACM langsam die klassischen Konsolenprodukte. Jack Tramiel, der Gründer der Konkurrenzfirma Commodore, erwarb im Juli 1984 fast die gesamten Geschäftsanteile von Atari und übernahm die Geschäftsleitung. Diese Situation führte sofort zu radikalen Veränderungen in der bisherigen Firmenpolitik von Atari.
Die Rationalisierungsmaßnahmen gingen soweit, dass selbst die erfolgreiche deutsche Niederlassung 50% ihres Personals abbaute. Der bisherige Geschäftsführer von Atari Deutschland, Klaus Ollmann, verließ daraufhin ebenfalls die Firma. Mit diesen Maßnahmen verlor das Unternehmen durch Tramiels aggressiven Führungsstil bald seine Position als Marktführer und die große Ära von Atari ging langsam zu Ende; genauso wie die Zeit des Atari Club Deutschland. Mehr über die goldene Atari-Ära erfahrt ihr in unseren Artikeln über Atari Deutschland. Dort erzählt Herr Ollmann exklusiv über die Geschichte von Atari.
1985 erschien das Club Magazin ein letztes Mal. Der Inhalt behandelt jedoch einzig die Atari Homecomputer und deren Peripherie. Komischerweise ist gerade diese letzte Ausgabe heute schwieriger zu finden als die älteren Exemplare. Obwohl natürlich alle Club Magazine heute nicht mehr leicht zu bekommen sind, gelten besonders die Ausgaben von 1980 bis 1982 als äußerst selten. Sogar bei eBay werden diese Jahrgänge in der Regel nicht mehr gehandelt.
In den folgenden Jahren übernahm der Computerhersteller Commodore mit dem legendären C64 den Hardwaremarkt für Computerspiele in seine Hände und erreichte dadurch den gleichen Kultstatus wie zuvor Atari mit seiner VCS-Konsole. Trotz vieler Bemühungen und weiterer innovativer Produkte, wie dem tragbaren Atari Lynx oder später der technisch perfekten Jaguar-Konsole, gelang es Atari nicht mehr innerhalb der Spielbranche noch einmal eine führende Rolle zu spielen.
Die Zeit wird zeigen, ob es Atari noch einmal gelingen kann, als Hardwarehersteller erfolgreich zu sein. Bis es soweit ist, wird der Name Atari für immer untrennbar mit den aufregenden Zeiten der Arkaden und unzähligen Spieleklassikern bleiben.
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