Point and Click Adventures gehören zu dem Spielgenre, das mir am meisten ans Herz gewachsen ist. Bereits in meiner Grundschulzeit haben sich die Pausenhofgespräche um Tentakel in verrückten Herrenhäusern und Sensations-Journalisten auf Weltreise gedreht. In meiner Jugend blieb ich hauptsächlich den Adventures aus dem Hause Lucas treu. Ab und zu fand mal ein Adventure eines anderen Publishers den Weg in mein Disketten-, bzw. CD-Laufwerk. Gerade aber die Spiele der großen Adventureschmiede Sierra sind mit wenigen Ausnahmen an mir vorbeigegangen. Es war also höchste Zeit, einen Klassiker nachzuholen.
Die Wahl fiel auf Space Quest 1. Das Spiel hatte 1991 ein VGA-Remake mit der SCI-Engine erhalten. SCI steht für Sierra Creative Interpreter und ist das Interface, mit dem ich bereits Sonny Bonds und Larry Laffer durch ihre Abenteuer steuerte. Ich wollte aber wissen, wie sich das Spiel 1986 angefühlt hatte, in der Original-Version in EGA mit dem Adventure Game Interpreter, kurz AGI.
1984 veröffentlichte Sierra On-Line mit King’s Quest sein erstes Spiel in AGI. Verglichen mit den reinen Textadventures der Konkurrenz war die neue Engine ein Quantensprung. Die Umgebung musste nicht mehr erklärt werden, man sah sie vor sich. Mittendrin stand die Hauptfigur, die man nicht mehr mit getippten Kommandos in Himmelsrichtungen bewegen musste. Man konnte ihr mittels Cursortasten oder Maus klar den Weg vorgeben. Verben oder Icons, die den Namen „Point and Click“ prägten und später nicht mehr wegzudenken waren (bis sie in Sam and Max dann doch wieder verschwanden), gab es noch nicht. Stand man vor einem Objekt, mit dem man interagieren wollte, musste man den Befehl immer noch eintippen, damit er von einem Parser interpretiert werden konnte.
Die Story ist schnell erzählt
Unser Held, den wir im ersten Teil noch beliebig benennen dürfen, arbeitet als Hausmeister auf einem Raumschiff. Während der Arbeitszeit macht er ein Nickerchen in der Abstellkammer. Dies rettet ihm das Leben, denn während seiner kurzen Arbeitsverweigerung wird das Schiff von den Sarienern angegriffen. Die haben es auf den geheimen „Sternengenerator“ an Bord abgesehen, ein Gerät, das an das „Genesis-Device“ aus Star Trek II angelehnt ist. Das kriegerische Volk erschießt jeden, der ihnen vor das Lasergewehr kommt.
Der Spieler muss per Rettungskapsel vom Schiff flüchten und landet auf einem Wüstenplaneten. Hier trachten ihm mehrere Gefahren nach dem Leben, bevor er von einem Wissenschaftler, der an den „Zauberer von Oz“ erinnert einen Wüstenspeeder erhält um (in einer sehr nervigen Action-Sequenz) in die nächste Siedlung zu fahren. Dort gilt es, ein Raumschiff aufzutreiben, zu den Sariener zu fliegen und den Sternengenerator zu zerstören, bevor damit größerer Schaden angerichtet werden kann. Wie Luke und Han nach der Zerstörung des Todesterns, wird man am Ende des Spiels mit einer großen Feier und einem Orden belohnt.
Die Space Quest-Reihe versucht sich als Space Comedy. Gerade in der EGA-Version von Episode 1 will das für mich aber nicht so richtig funktionieren. Da haben wir den trotteligen Hauptcharakter, der (wenn man die richtigen Entscheidungen trifft) mehr Glück als Verstand hat. Viele Witze beziehen sich auf die US-Popkultur der 80er Jahre und davor, wie eben die Anspielung auf Star Trek II oder gar den Zauberer von Oz. Der Erzähler kommentiert das Spiel und vor allem die Game Overs, wenn unser Charakter wieder mal gestorben ist, sehr zynisch. Und gerade diese vielen Sterbemöglichkeiten gilt meine Hauptkritik an dem Spiel.
Zahlreiche Wege ins Verderben
Sierra-Adventures bieten nahezu unendliche Möglichkeiten, das Spiel zu beenden, wenn unsere Hauptfigur wieder einmal das Zeitliche segnet. In Space Quest wird unser Trottel-Hausmeister von Strahlenwaffen der Sariener erschossen, explodiert mit seinem Raumschiff, platzt im Vakuum des Weltalls, fällt in einen Fahrstuhlschacht, schwebt im Weltall davon (nur im Raumanzug oder ohne Treibstoff und Navigation in der Rettungskapsel), wird per Druck auf den „Do not Push“-Knopf in den Burggraben von King’s Quest katapultiert, wird von diversen Monstern in der Wüste gefressen, wird von einem Meteorid erschlagen, von einer explodierenden Spinnendrohne in den Tot gerissen, stürzt von einer einstürzenden Brücke oder gleich vom ungesicherten Abhang, verdurstet, wird von einem Tentakelmonster in den Abgrund gezogen, lässt sich von Säurewasser wegätzen oder von Lasern in Scheibchen schneiden, hat einen tödlichen Unfall mit dem Speeder in der Wüste, wird durch einen Spielautomaten pulverisiert, von einem Räuber erschossen, stürzt mit einem nicht flugtüchtigen Raumschiff ab, wird von diversen Droiden vaporisiert, explodiert mit dem aktivierten Sternengenerator oder fällt unmittelbar vor Spielende in die Shuttlerampe.
Teilweise wird es wirklich sehr humorvoll dargestellt oder kommentiert – etwa, wenn der Erzähler noch mal die eigene Blödheit betont, weil man in den Abgrund gestürzt ist. Jedem Space Quest-Spieler dürfte das drohende Game Over bewusst sein, wenn man auf den Knopf mit der Beschriftung „do not push“ drückt. Natürlich macht man es dennoch, um sich den Gag nicht entgehen zu lassen.
Viele andere Möglichkeiten, das Zeitliche zu segnen bestehen einfach nur daraus, dass man nicht schnell genug weggelaufen ist oder dass man aufgrund ungenauer Tastatursteuerung von einem Abhang stürzt – nervig, aber durch regelmäßiges Speichern (ohne geht es in diesem Spiel einfach nicht) und Laden gut zu überstehen. An einer anderen Stelle läuft die Hauptfigur durch Laserstrahlen. Sie läuft noch ein paar Meter weiter, bevor sie, in Scheiben geschnitten, auseinanderfällt.
Doch die Belustigung über diese absurd komische Animation hat ein jähes Ende. Nämlich wenn einem bewusst wird, dass man zu Beginn der Sequenz auf dem Wüstenplaneten eine Glasscherbe nicht aus seiner Kapsel geborgen hat. Dann steckt man in einer Sackgasse. Es hilft nur, den entsprechenden Spielstand zu laden, den Fehler zu korrigieren und alles bis zu eben dieser Stelle zu wiederholen. Eine noch gemeinere Sackgasse lauert später. Man muss per Weltraumspaziergang zum Schiff der Sariener gelangen, entschwebt aber möglicherweise in die Weiten des Weltalls.
Hier hätte man deutlich früher im Spiel an einen Jetpack gelangen müssen. Den erhält man bei Ankunft in der Wüstensiedlung als Dreingabe zum Kaufangebot für seinen Speeder, allerdings erst beim zweiten Mal. Nimmt man dieses Angebot direkt ohne zu Handeln an, gibt es keine Möglichkeit mehr, das Spiel erfolgreich zu beenden. Man muss dann zuerst darauf kommen, wo im Spiel man die Chance verpasst hat und im Anschluss einen sehr langen Abschnitt erneut spielen. Das schließt das Spielen am Glückspielautomaten in der Bar mit ein. Denn genug Geld für ein Raumschiff erhält man nur, wenn man mit den Einnahmen vom Speederverkauf zockt. Hier kann man nicht nur all sein Geld verlieren, sondern wird unter Umständen vom Automaten zu einem Häufchen Asche pulverisiert. Eine lange Arie des Ladens und Speicherns steht einem bevor, bis man das Geld beisammenhat.
Space Quest – Humorvoll oder frustrierend?
Das kann manchmal ganz lustig sein, hauptsächlich aber nervt es. Ron Gilbert hat bereits 1989 in „Why Adventure Games Suck“1 aufgezählt, was einem an Adventures auf die Nerven gehen kann. Viele Kritikpunkte passen perfekt auf Space Quest 1. Allen voran, dass man das Spiel sehr häufig speichern muss, weil es unglaublich viele Sackgassen und Sterbemöglichkeiten gibt.
Aber ist Space Quest deshalb ein schlechtes Spiel? Im Jahr 1986 war es sicherlich ein Meilenstein. Der Parser und die Steuerung sind allerdings nicht gut gealtert. Das Spiel jedoch ist Adventure-Geschichte. Als Sci-Fi-affiner Retrogamer sollte man es gesehen haben. Zum Glück wurde es 1991 zeitgemäß überarbeitet. Diese VGA-Version ist es auch, die ich jedem empfehle, der das erste Abenteuer von Roger Wilco nachspielen möchte. Gestorben wird allerdings auch in VGA, vielleicht nicht eine Million Mal, aber dennoch öfter, als einem vielleicht lieb ist.
Hast Du Sierra Adventures gespielt? Fandest du die Rätsel und das ständige Sterben der Hauptfigur störend, oder war es für dich ein fester Bestandteil des Spielerlebnisses? Ich freue mich über deine Meinung in den Kommentaren!
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