Story vs. Gameplay

Von Christian Gehlen am
Kommentiert von: Sascha, Le Don, Yannic Hertel, Ferdi, Christian Gehlen, Aurelia, Manuel Manhard, Moni, Leo, Marc, André Eymann, Caravaggio, Lenny
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Als die letzte Kugel verschossen ist, die letzte Explosion verpufft und die letzte Cutscene über den Bildschirm flimmert, lasse ich den Controller auf den Couchtisch gleiten und reibe mir die müden Augen. Das war also „Uncharted“, dieses legendäre „Uncharted“, von dem alle seit Jahren erzählen.

Als 2016 der vierte Teil der Reihe veröffentlicht wurde, hatte ich mir im Rahmen eines Sonderangebots im PlayStation-Network die ersten drei Teile als Paket gekauft. Ich war neugierig, was es mit diesem Mythos auf sich hat, der aus irgendwelchen (zeitlichen) Gründen an mir vorübergegangen ist.

Jetzt, wo ich den ersten Teil der Serie durchgespielt habe, fühle ich mich seltsam leer – und bin enttäuscht.

Das war alles?

Ein „Tomb Raider“ in schick, okay.

Aber das Gameplay, die Spielmechaniken … alles das fühlte sich so furchtbar simpel und plump an.

Im Prinzip habe ich nichts anderes gemacht, als durch Schlauchlevels zu laufen. Ab und an wurde der Spaziergang von einigen Gegnern unterbrochen. Also habe ich mich immer von Deckung zu Deckung bewegt und wie vor fast zwanzig Jahren bei der Moorhuhnjagd am PC aus ebenjener Deckung heraus die Gegnerschaft vom Bildschirm geballert.

Dann ging es weiter durch den Schlauchlevel, vielleicht mal eine Hüpfpassage, vielleicht mal ein Schalterrätsel, vielleicht mal einen Umweg klettern. Und wenn mein Alter Ego aufgrund meiner Ungeschicktheit oder zu dichtem Beschuss das Zeitliche segnet, kommt der Respawn genau vor der kritischen Stelle, an der ich gescheitert bin.

Wobei: Nichts gegen Schlauchlevel – die hab ich schon in „Starwing“ auf dem Super Nintendo gemocht, und zu Open-World-Titeln habe ich grundsätzlich eher eine ablehnende Meinung. Das ist aber ein anderes Thema.

Rumlaufen.
Klettern.
Deckung suchen.
Ballern.
Go to Rumlaufen.

Das ist alles. Das hat 1997 schon „Tomb Raider“ geschafft – also warum der Hype und die Rekordwertungen um diesen Titel?

Ruhepause zwischen zwei Schusswechseln in Uncharted 3. (Bild: Christian Gehlen)
Ruhepause zwischen zwei Schusswechseln in Uncharted 3. (Bild: Christian Gehlen)

Wichtige Punkte sammelt das Spiel auf einer anderen Ebene. „Uncharted“ schafft es, mit seiner Grafikengine Zwischensequenzen auf den Bildschirm zu zaubern, die von der Inszenierung her absolut filmreif sind. Die ganze Geschichte um den Abenteurer auf Schatzjagd mitsamt seiner Nebenprotagonisten wird zwischen den Passagen, bei denen man Deckung sucht und schießt und klettert, mit einer beeindruckenden cineastischen Wucht weitererzählt, die mitsamt professioneller Synchronsprecher schnell die immersive Kraft eines klassischen Spielfilms entwickelt. Und dieser Teil von „Uncharted“ funktioniert großartig. Vielleicht kommt daher der ungebrochen gute Ruf der Reihe, denn es ist für mich nicht davon auszugehen, dass am grundlegenden Spielkonzept in den Nachfolgetiteln großartig etwas geändert wurde. (Nach der Erfahrung mit dem ersten Teil habe ich die Nachfolger auch gar nicht mehr gespielt.)

Die Erfahrung mit „Uncharted“ hat mich neugierig gemacht. Mit Computer- und Videospielen bin ich in den 1990er Jahren aufgewachsen, das Super Nintendo war fester Bestandteil meiner Kindheit, später kam ein PC mit den ersten First-Person-Shootern und Strategiespielen hinzu.

Meine Aufmerksamkeit fiel nach „Uncharted“ auf den Titel „Heavy Rain“, allenthalben hoch gelobt für die Story und den Handlungsverlauf. Es geht um Ethan Mars, einen Architekten, dessen Sohn entführt wird. Der Entführer stellt Mars vor fünf Aufgaben, die er bewältigen muss, um die Liebe zu seinem Sohn zu beweisen und diesen dadurch wiederzufinden. Mit jeder erfolgreich bewältigten Aufgabe bekommt der Vater mehr Informationen, die sich am Ende zum Aufenthaltsort des entführten Kindes zusammenfügen sollen. Klingt doch grundsätzlich prima.

Wer mag, kann in dieser Szene aus Heavy Rain einfach Platz nehmen. (Bild: Christian Gehlen)
Wer mag, kann in dieser Szene aus Heavy Rain einfach Platz nehmen. (Bild: Christian Gehlen)

Doch gab es bei „Uncharted“ wenigstens noch Interaktion in Form des Zielscheiben-Schießens, verkommt der Spieler bei „Heavy Rain“ fast zum reinen Knöpfchendrücker. Das Spiel schickt ihn von Zwischensequenz zu Zwischensequenz, ja, die Atmosphäre, die Spannung, die Charaktere, das ist alles ganz großartig und steht für sich. Absolut filmreif. Aber was hat der Spieler überhaupt zu tun? Er bewegt sich durch die Gegend und ist lediglich damit beschäftigt, eine Aktion auszulösen – bestenfalls eine Aktion von mehreren. Er kann Ethan Mars per Knopfdruck hinsetzen und ihn wieder aus dem Stuhl aufstehen lassen, und wenn Mars durch einen Bahnhof läuft, kann der Spieler ihm per Feuerknopf vorgeben, ob er sich weiter auf die Suche nach Schließfächern machen oder seiner Platzangst nachgeben und den Bahnhof verlassen soll. Oder es gilt per Knopfdruck simple Entscheidungen zwischen „Ja“ und „Nein“ zu treffen, die dann den Spielverlauf beeinflussen sollen.

Dieses Prinzip zieht sich immer weiter. Das eigentliche Gameplay, die Spielmechanik, ist kaum mehr als ein Vehikel, um einen sicherlich hervorragend inszenierten und emotional berührenden Film abzuspielen. Die Interaktivität hat nur den Zweck einer versuchten Immersion, der Spieler soll in das Spielgeschehen hineingezogen werden und so eine erweiterte Erfahrung gegenüber dem Konsum eines Filmes machen. Einen auch nur minimal aktiven Spieler hofft man emotional viel besser abholen zu können als einen passiven. Früher wechselten sich reine Gameplay-Sequenzen, bei denen tatsächlich noch gespielt wurde, mit Cutscenes ab, heute integriert man die Steuerung in die cineastische Inszenierung. Es hat in dieser Hinsicht also eine komplette Verschiebung des Schwerpunktes stattgefunden, der Fokus liegt heute stark auf dem Erzählen von Geschichten.

Dieses Phänomen treiben andere Titel auf die Spitze. „Tales From The Borderlands“ von der bekannten Spieleschmiede Telltale läuft als Comicfilm ab, in dem sich die Interaktion des Spielers auf zweierlei beschränkt: Dialogzeilen weiterdrücken und aller Naselang mal eine aus vier Entscheidungsmöglichkeiten wählen.

Mehr nicht. Es gibt noch nicht einmal ein konkretes Spielziel. Der Spieler wird auf die Couch gesetzt und nur noch dazu benutzt, auf „Weiter“ oder eine Variation von „Weiter“ zu klicken. Noch nicht einmal die Spielfigur muss bewegt werden, das macht alles das Spiel selbst.

Ähnlich sieht es mit dem Spiel zur Serie „The Walking Dead“ aus. Hier führe ich Dialog um Dialog und habe nicht mehr zu tun, als ständig eine aus verschiedenen Antwortmöglichkeiten auszuwählen. Je nach Antwort soll sich der Spielverlauf dann auch immer weiter entwickeln.

Gerade einige Telltale-Spiele erinnern stark an die sogenannten Spielbücher aus den 1980er Jahren. Spielbücher waren in teilweise mehrere hundert nummerierte Abschnitte unterteilt. Der Leser begann bei Abschnitt 1 und wurde am Ende dieses Abschnitts vor eine Wahl gestellt. Je nach seiner Entscheidung wurde bei einem anderen Abschnitt fortgefahren, der dem Leser dann erneut eine Wahlmöglichkeit eröffnete. Dieses Prinzip wurde solange durchgezogen, bis der Leser bestenfalls den letzten Abschnitt des Buchs erreicht und somit ein positives Ende herbeigeführt hatte. Eine Vielzahl anderer Entscheidungen führte aber zu Abschnitten, die ein Scheitern des Protagonisten zur Folge hatten. Noch heute sind diese Spielbücher populär, eine sehr bekannte Reihe mit dem Titel „1000 Gefahren“ von Fabian Lenk umfasst knapp 20 Einzeltitel.

Es scheint so, als würde die Industrie uns Spieler geradewegs wieder in die Zeit der Spielbücher zurückschieben, nur mit dem Unterschied, dass wir jetzt vor einem Bildschirm sitzen und unsere Auswahl mit einem Knöpfchendruck treffen. Zu lesen haben wir trotzdem ein bisschen, und wir müssen uns nicht durch Texte wühlen, sondern bekommen abschnittsweise passend Filmsequenzen serviert. Dieses Phänomen fängt mit „Uncharted“ an und eskaliert in den Telltale-Spielen komplett.

Teilweise leiden komplette Genre unter dieser Entwicklung. Das Segment der First-Person-Shooter (in Deutschland unter dem furchtbaren Begriff „Egoshooter“ populär) hat in den letzten Jahren eine Entwicklung zur Benutzerfreundlichkeit durchgemacht, die erfahrene Shooterspieler entsetzt. Wo man vor 20 Jahren noch ohne große Debatten einfach in die Spielwelt geworfen wurde, geht heute nichts ohne ellenlange Unterbrechungen: Tutorials, Einführungsmissionen, permanente Unterbrechungen durch Hinweise und Spieltipps. Bereits 2011 nahmen die Spieler mit der grandiosen Satire „If Quake was done today“ diese Entwicklung aufs Korn.

2017 ist aus dieser Satire Realität geworden. First-Person-Shooter-Spieler ärgern sich heute über im Raum schwebende Pfeile, die den Weg anzeigen – geh einfach geradeaus. Es gibt keine Schlüssel zu suchen oder Schalter zu betätigen, kaum noch klassische Labyrinthkarten. Es gibt auch nicht die Notwendigkeit, taktisch agieren zu müssen, wenn die Energie des Alter Egos fast aufgebraucht ist – permanenter sich automatisch erholender Energiebalken sei Dank. Waffen hat man auch schon alle – die laden auch automatisch nach.
Das ist alles ein teils extremer Fokus auf eine Geschichte, auf eine Story, für die das Gameplay nur Vehikel ist – oder notwendiges Übel. Doch es gab Zeiten, da war es umgekehrt, da mussten Programmierer die Spielerschaft mit Gameplay überzeugen.

Es ist vielleicht schon viel zu lange her, da lag jedem Spiel eine mehr oder weniger umfassende Spielanleitung bei. Die informierte den Käufer über grundlegende Steuerungselemente, Bedienungshinweise und strickte um das Geschehen vielleicht noch ein wenig Story drumherum. Dann wurde man als Spieler einfach in die virtuelle Welt ausgesetzt, ausgestattet mit nichts als dem, was die dünne Anleitung verraten hat, und war gezwungen, sich alles andere selbst anzueignen. Welcher Gegner ist wie verwundbar, welches Item funktioniert wo am besten – und so weiter. Und das zu Zeiten, in denen das Internet noch nicht oder nur rudimentär existierte. Kein YouTube hießt auch: keine Let’s Plays, keine Walkthroughs, keine Videos mit Erläuterungen zum Tricksen, Schummeln, Cheaten.

Nur der Spieler, das Spiel und das Eingabegerät.

Selbst bei simplen 8-Bit-Spielen, die nur ein paar Kilobyte groß waren, war der Spieler gezwungen, sich den Titel komplett selbst zu erschließen. Es gab keine großflächige Hilfe, es gab nichts, was einen ans Händchen nahm. Entweder man hatte Glück und das Spiel hatte eine angenehme Lernkurve oder man hatte Pech (und das war gefühlt eher der Fall) und es ging sofort rücksichtslos zur Sache. Doch diese Erfahrung, diese Art, ein Spiel anzugehen, hat geprägt. Positiv geprägt. Wer damals gespielt hat, hat gelernt, sich in ein Spiel reinzubeißen (wenn er davon überzeugt war), wer das Spiel dann am Ende sogar gemeistert hat, hat eine Art ultimatives Höchstgefühl verspürt.

Längst Computerspiel-Legende: Die Piranhapudel aus Monkey Island. (Bild: Christian Gehlen)
Längst Computerspiel-Legende: Die Piranhapudel aus Monkey Island. (Bild: Christian Gehlen)

Viele LucasArts-Adventures ließen uns mitunter tagelang ratlos vor dem Monitor zurück, weil da immer diese eine Stelle war, wo es kein Weiterkommen gab. Und irgendwann fiel der Groschen, zwar pfennigweise, aber er fiel. Es gab keinen Knopf, um alle relevanten Gegenstände auf dem Bildschirm auffällig leuchten zu lassen. Es gab keine Ingame-Hilfe, die den nächsten Schritt angegeben hat. Es gab das Inventar, mehr oder weniger klare Hinweise der Charaktere in der Spielwelt und den eigenen Verstand, der mitunter ganz schön quer denken musste.

ID Software hat den Spieler relativ unvorbereitet ins kalte Wasser von „Quake“ geworfen – dass es schöne Dinge gibt wie Rocketjumps und sonstige Finessen, wurde dem Spieler weder durch die Anleitung noch sonst irgendwie erklärt. Irgendwie fand man es zufällig raus oder bekam es erzählt.

Capcom ließ uns an „Mega Man“ auf dem NES verzweifeln – Quicksave? Um Gottes Willen. Entweder du schaffst es oder du bist raus. Also beiß dich durch.

Diese unschätzbaren Erfahrungen des Durchbeißens, Immer-wieder-Versuchens, dieses permanente Aufstehen nach dem ungezähltem Scheitern sind Aspekte, die den Spielern der heutigen Zeit nicht mehr vergönnt sind. Wer in den 80ern und 90ern gespielt hat, musste durchhalten! Schließlich waren mal eben 80-150 Mark des eigenen Taschengelds investiert, und so schnell waren die auch nicht verdient.

Spieler der heutigen Generation müssen sich nicht durchbeißen. Sie müssen nur Knöpfchen drücken, sich für eine Dialogoption entscheiden oder – wenn sie im Rennspiel einen Crash zuviel bauen – per Knopfdruck einfach das Spiel zurückspulen, bis das eigene Scheitern im gleichen Atemzug korrigiert werden kann.

Ich bin froh, kein Teil der „Generation Knöpfchendrücker“ zu sein. Ich bin froh, alt zu sein. Zumindest unter diesem Aspekt. Wir hatten zwar nichts, keine Tutorials, keine Onlineforen, kein automatisches Nachladen – und doch hatten wir alles. Ihr macht 90-Minuten-Speedruns in Skyrim, wir haben Monate in den Katakomben von Ultima VII genossen.

Schade, dass Ihr das nicht mehr erleben könnt.


Veröffentlicht in: Videospielgeschichten
Tobi

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Kommentare (19)

  1. Ein bisschen viel „früher war alles besser“. Bin auch Generation „Warten auf die Lösung in der Power Play“, aber ich zocke auch heute noch mit großer Begeisterung.
    Früher war der Schwierigkeitsgrad auch eine Möglichkeit, die Spielzeit zu verlängern, heute sind es eben Sidequests und Sammelaufgaben, weil auch endlos mehr Speicherplatz zur Verfügung steht. .
    Aber dass sich gutes Storytelling und gutes Gameplay nicht ausschließen beweist z.B. auch Horizon Zero Dawn. Und
    Einem Spiel die Einstiegshürde durch ein Tutorial zu nehmen halte ich für in Ordnung, Zugänglichkeit ist generell etwas Gutes, weil es ein breiteres Publikum anspricht, was bei den aktuellen Budgets vermutlich auch aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten überlebenswichtig ist. Auch ist Immersion etwas, das es früher nicht gab, außer Test Drive fällt mir kein Spiel aus der C64/Amiga Ära ein, das so etwas wie Ich-Perspektive bot und was haben wir es gefeiert.
    Dass Autorennen mit Rückspulfunktion großer Quatsch sind unterschreibe ich hingegen.
    Das Medium hat sich verändert, wie alle anderen Medien auch und wenn ich auch nicht alles gut finde, gibt es vieles, was heute besser ist als früher.

  2. Glückwunsch zu Deinem Artikel! Selten hat ein Artikel auf der VSG die Leser dermaßen zum Kommentieren angeregt.

    Aber noch etwas anderes finde ich noch viel bemerkenswerter: Jeder hat Deinen Text gerne gelesen, aber keiner teilt wirklich Deine Meinung. Das muss einem erst mal gelingen!

    Du musst da folglich einen Nerv getroffen haben. Einen wunden Punkt; der irgendwie gefühlt ins Schwarze getroffen hat, aber dann doch daneben ging.

    Das mag an Deinen Spiele-Beispielen, den Pauschalurteilen zur Gattung der Telltale-Spiele und auch an der Abgrenzung junger/alter Spieler gelegen haben, die Sätze wie: „Ich bin froh, alt zu sein. Schade, dass Ihr das nicht mehr erleben könnt.“ eben hervorrufen. Bewusst oder unbewusst hast Du da womöglich den einen oder anderen provoziert.

    Mir hat der Text großen Spaß gemacht. Und auch die vielen tollen Kommentare, die er „provoziert“ hat.

    Mir bereitet aber auch Dein genanntes Uncharted (bin erst bei Teil 4 eingestiegen) großen Spaß. Da lasse ich mich gerne mal von audiovisuellem Bombast, bei einfachem Schwierigkeitsgrad -in Schlauchleveln- berieseln. Ich kann aber verstehen, dass Dir die Art der Inszenierung, die moderne AAA-Titel auffahren, missfällt.

    Womöglich eifern AAA-Titel wie Uncharted oder CoD dem (vermeintlich) großem Bruder Film mit teils aufdringlicher, womöglich auch unpassender Narration und audiovisuellem Bombast zu sehr nach, anstatt sich auf ihre eigentlichen Stärken zu besinnen: Feinen Spielmechaniken und herausforderndem Gameplay. Und gerade weil diese Titel so erfolgreich sind, glauben wir, dass müsse so sein und das hätte alles seine Richtigkeit.

    Der Spielephilosoph und Literaturprofessor Bogost hält genau dieses Vorhaben für ambitionslos und fragt sich, warum Spiele noch immer besessen von Geschichten sind.

    Aber auch diese Spiele, die kein Gameplay im eigentlichen Sinn haben, sondern „besessen“ von Geschichten sind, wie Bogast schreibt, gefallen mir. So habe ich kürzlich „What Remains of Edith Finch„ durchgespielt. Ein Spiel, das nach Deiner Definition zu den „Knöpfchendrücker“-Spielen zählen dürfte. Das war für mich eine ganz tolle –aber leider viel zu kurze- Spielerfahrung. Bogast hält nicht viel von der Gattung der „Walking-Simulators“. Er mein Herumlaufen allein reicht nicht aus, sondern ist am Ende nur das Äquivalent eines unnötig in die Länge gezogenen Umblätterns. Mag sein. Aber so ein schönes „in die Länge gezogenes Umblättern“ wie in „What Remains of Edith Finch“ habe ich in noch keinem Buch erlebt.

    Dass es auch ohne großen Bombast und völlig ohne Hilfen, Wegweisern, Tutorials usw. gehen kann zeigen Indy-Titel wie Inside. Inside erklärt nichts, nicht mal die Steuerung. Man läuft einfach intuitiv los, klettert, springt, schiebt Kisten hin und her usw. Es erzählt auch keine Story, obwohl es eine hat. Und ständig wollte ich wissen, was hier eigentlich vor sich geht. Es kommt auch völlig ohne grafischen Bombast aus und entführt einen dennoch in eine fiktive, stimmige Welt. Tolles Spiel.

    Ich kann also nicht behaupten, dass Spiele früher besser waren. Auch nicht vielfältiger. Im Gegenteil. Heute ist die Vielfalt riesig. Für wirklich jeden Geschmack gibt es das passende Spiel. Die Schwierigkeit besteht wohl eher darin, dass passende Spiel zu finden …

  3. Liebe Leser/innen,

    zunächst einmal möchte ich mich für Eure ausführliche Beteiligung und der hier in den letzten Tagen entfalteten Diskussion ganz herzlich bedanken. Das zeigt mir, dass das Thema aktuell durchaus Relevanz besitzt und der Artikel in seiner Form einen Nerv getroffen hat.
    Ja, er ist provokant geschrieben. Und das ist auch nicht unbeabsichtigt. Das hat aber auch dazu geführt, bei verschiedenen Lesern Reaktionen zu provozieren. Bitte erlaubt mir, ergänzend zu Euren Kommentaren noch einige Sätze beizusteuern.

    Der Text ist lediglich meine Meinung zum Phänomen der Banalisierung von Videospielen zugunsten des Massenmarktes. Ja, Videospiele sind eine Multimilliarden Dollar schwere Industrie. Aber was macht das besser? Ja, der Text liest sich ein bisschen wie “Opa erzählt vom Krieg”, man kann mich im Grundsatz her auch gerne als Anachronisten betiteln. Meiner Meinung nach sind aber gewisse Entwicklungen im Spielemarkt aktuell mehr und mehr sichtbar, so kristallisiert sich auch die Tendenz heraus, dass Vollpreistitel (beispielsweise AAA) mehr und mehr über die Story definiert werden als vor (vielen) Jahren noch über das Gameplay. Das ist eine Entwicklung, die für mich zu sehr Richtung Hollywood geht und das interaktive Grundprinzip des Computer- bzw. Videospiels an sich in einer Art und Weise neu zu definieren versucht, die mir und meinem gewachsenen Verständnis widerspricht.

    Es ist vieles richtig, was zum Beispiel Yannic Hertel schreibt. Dass es durchaus noch Spiele gibt, die meinen Ansprüchen genügen. Dass der Indiemarkt ein großes Reservoir an unentdeckten Perlen bietet. Limbo, To The Moon, Edith Finch – und so weiter. Aber das sind keine Vollpreisspiele, das ist kein Massenmarkt. Das sind keine Spiele, die im Media Markt ausliegen oder mit großem Proporz beworben werden. Diese Spiele haben keine Chance gegen die großen Studios, der normale Gelegenheitsspieler bekommt davon nichts mit zwischen Familie, Vollzeitstelle und sonstigen Terminen. Er kann sich nur an dem bedienen, was die oberflächliche Welt der Big Budgets und AAAs zu bieten hat. Und da findet meiner Meinung nach tatsächlich eine Wandlung zur Simplifizierung statt, die einigen Genres nicht gut tut.

    Der Text will gar keinen absoluten Anspruch auf die einzig wahre Sicht der Dinge sein. Er will sich auch gar nicht herausnehmen, über Videospiele als Kulturgut zu urteilen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass Computer- und Videospiele auch offiziell Kultur sind. Sie genießen zu Recht ein hohes kulturelles Ansehen und bieten seit Jahr und Tag wie Filme narrative Möglichkeiten. Das war übrigens schon in der Videospiel-Ursuppe so: Missile Command hatte 1980 nichts als grobe Linien zu bieten, gaukelte uns aber die Simulation eines nuklearen Angriffs vor. Schon damals konnten Videospiele mit ihren reduzierten Mitteln eine umfassende narrative Kraft entfalten, es war nur mehr Phantasie und spielerische Empathie des Spielers vonnöten.

    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es geht nicht darum, nur noch bockschwere oder hyperrealistische Spiele herauszubringen. Ich brauche kein zweites Falcon 4.0, bei dem das Studium des 716 Seiten starken, englischen Handbuches zur erfolgreichen Fliegerei zwingend erforderlich war. Und diverse Permadeath-Spiele, wie es sie schon früher gab, sind jetzt auch kein erfolgreicher Appell an mein Belohnungszentrum.
    Doch bei aller Zugänglichkeit und bei aller Optimierung für den Massenmarkt: Liebe durchglobalisierten Spielekonzerne, Lasst uns Spieler bitte nicht nur mit simpelsten Spielmechaniken allein, die ihr zuckersüß verpackt. Erinnert Euch ab und zu doch bitte an Bushnells Gesetz. Und verschafft uns Abwechslung. Was Indie-Teams mit ihren Titeln mehrfach nacheinander schaffen, geht Euch irgendwie mehr und mehr ab. Ihr steckt 20 Millionen in ein Spiel, und das Ergebnis unterhält gerade mal zehn Stunden.

    Bushnells Gesetz? Richtig. Das ist aber schon einen eigenen Artikel wert.

    1. Hallo Christian,

      erst einmal vielen Dank, dass du dich noch einmal zu Wort gemeldet hast 🙂
      Der Grund, weshalb das Massenmedium Spiel so einfach geworden ist, ist leider sehr simpel – die Mehrheit der Menschen mögen es leicht und simpel. Sie wollen sich am Abend einfach mal berieseln lassen – für diese Masse an Spielern werden Blockbuster erstellt. Die verschlingen jedoch enorm viel Geld, neuste Grafik Engines, hunderte Mitarbeiter etc. kosten nun mal. Das sorgt dafür, dass noch mehr Menschen abgeholt werden müssen, die den Kram kaufen, damit es sich lohnt ihn weiter zu produzieren. Das ist dann ein Teufelskreis.
      Natürlich gilt das nicht für alle Spiele und auch nicht für alle Genres gleichermaßen – aber wer auf dem Großen Markt mitspielen will versucht nun mal möglichst viele Leute zu erreichen. Der Grund, weshalb sie sich dabei auf Story fokussieren ist ebenfalls klar – Geschichten sind das älteste kulturgut der Menschheit. Seit wir mit Farbe an Steinwänden rumgekleistert haben, haben wir Geschichten erzählt – die Art und Weise wie das Spiele tun ist natürlich an den Film angelehnt, weil wir das eben so kennen. Erzählweisen wie in Get Even, Dark Souls oder What Remains of Edith Finch fallen aus dem Muster raus und nutzen die Möglichkeiten des Erzählens bei einem Videospiel. Geschichte und Gameplay schließt sich nicht aus. (Portal erzählt zum Beispiel in seinem Gameplay Teile der Geschichte mit).
      Aber von der Film-Struktur abweichen und einen Nischenmarkt bedienen können sich AAA-Titel im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten.

  4. Interessant zu lesender Text, auch wenn ich mit wenigem übereinstimmen würde. Denn auch wenn die Argumentation durchaus stimmen mag, dass es durchaus Spiele gibt, bei denen das Gameplay zugunsten einer Geschichte in den Hintergrund rückt und vielleicht sogar banal wirkt, würde ich mal ganz ketzerisch die Frage aufwerfen, ob das nicht u.U. eine gute Entwicklung sein kann. Wer sagt denn, dass jeder Spieler spielt, um herausgefordert zu werden? Oder um sich zu konzentrieren? Nur mal als persönliches Gegenbeispiel: Eines meiner aktuellen Lieblingsspiele ist “No Man’s Sky”, das weder auf narrativer Ebene (schlicht weil die Story fast nicht existent ist) noch im Gameplay etwas Herausragendes oder Herausforderndes ist, aber das Fantastische an diesem Spiel ist genau das. Es lässt mich in Ruhe, ich muss mich nicht großartig konzentrieren und kann mich treiben lassen. Auch das kann je nach Person eine Faszination am Medium Spiel sein und mich persönlich reizt das oft zitierte Scheitern und Perfektionieren des Umgangs der Regeln eines Spiels auch fast null oder nur in sehr seltenen Fällen. Ich verstehe, dass das andere reizen kann, würde aber die Grundannahme des Textes dann doch in Frage stellen, weil die für mich so klingt, als müsste ein “gutes” Spiel automatisch herausfordern. (Und dem würde ich widersprechen, dafür ist das Medium – zum Glück! – denke ich zu vielfältig.)
    Dazu kommt, dass sich mir ein bisschen entzieht, warum man sich über über die erhöhte Benutzerfreundlichkeit von Blockbustern wie “Uncharted” wundern oder ärgern sollte. Das Publikum wird immer größer, viele Spiele laufen selbst auf Mittelklasse-Laptops und so wie Gelegenheitsleser eben in der Bahnhofsbuchhandlung das erste Buch im Regal “Bestseller” rausgreifen und kaufen, das für sie ganz gut aussieht, spielen eben auch immer mehr Gelegenheitsspieler, die vielleicht nur ein Mal im Monat für 2-3 Stunden den PC oder die Konsole zum Spielen anwerfen, die Blockbuster der Spielewelt, die deshalb eben genauso für solche Spieler funktionieren sollen. Na und? In jedem Medium gibt es Titel, die sofort eine breite Masse ansprechen sollen, und solche, die Kenner für einen bestimmten Mehrwert im Vergleich zu diesen Blockbustern zur Hand nehmen. Man könnte natürlich diskutieren, ob das jetzt gut oder schlecht ist, aber das geht ja auch ein wenig über den Text hinaus und grundsätzlich ist das eine ganz normale Entwicklung in einem wachsenden Medium. Wie gesagt, da verstehe ich das Wundern oder gar Ärgern/Bedauern schlicht nicht.

    1. Ich spreche an dieser Stelle nur für mich selbst und für niemand anderen sonst, aber um dir vielleicht eine andere Perspektive zu geben:
      “Dazu kommt, dass sich mir ein bisschen entzieht, warum man sich über über die erhöhte Benutzerfreundlichkeit von Blockbustern wie „Uncharted“ wundern oder ärgern sollte.”
      Mich persönlich ärgert diese Entwicklung, weil es sich für mich wie eine Verblödung des Mediums anfühlt. Das ist jetzt natürlich eine harte Aussage, die niemand teilen braucht und alle anderen können ja immer noch an ihren Lieblings-Spielen Spaß haben – ich schreibe das nicht, um Jemanden zu überzeugen, sondern um lediglich eine andere Perspektive einzubringen. Das Problem sind in meinen Augen auch nicht Spiele wie No Man Sky – die machen halt ihr eigenes, kleines Ding und das ist auch okay so. Das Problem soll auch nicht sein, dass nicht jedes Spiel einen knallharten Schwierigkeitsgrad hat, denn das muss auch nicht sein. Das Problem ist die Gesamtentwicklung und wie jeder Blockbuster-Titel sich verblödet, um auch wirklich jeden Hans Otto mitnehmen zu können. Man sehe sich das Shooter-Genre an und was für einen Einfluss die Call of Duty-Spiele hatten. Kann man natürlich streiten, aber für mich wurde das Genre für lange Zeit kaputt gemacht – aber darüber hatte ich mich hier ausführlich ausgeschrieben:
      http://polyneux.de/2016/11/13/call_of_duty_modern_warfare_1_2_review/.

      Deswegen bin ich auch kein Fan davon, unbedingt das Publikum erweitern zu müssen. Ist ja toll, wenn man damit noch mehr Leute abholen kann, aber sollten sämtliche Zeitungen nun auf dem Niveau der Bild-Zeitung schreiben, um mehr Leser abgreifen zu können? Natürlich muss sich ein Medium nicht unbedingt in diese Richtung bewegen, aber bezüglich Spiele sehe ich eine uncoole Tendenz, die mir persönlich nicht gefällt (die aber auch mit Titeln aus der jüngsten Vergangenheit wie Doom, Breath of the Wild, Prey, Resident Evil 7, Hitman 2016 in eine andere Richtung ging, aber das sprengt mir nun auch etwas den Rahmen).

      1. Ich bekam kurz Gänsehaut, als du mich mit dem Beispiel der Bild-Zeitung fast (?) überzeugt hättest. Chapeau!
        “Fast” deswegen, weil es eben nicht um “sämtliche” geht – Angebot und Publikum sind gewachsen, der Durchschnitt ist vielleicht simpler, aber es gibt noch immer so viele interessante Titel, dass nirgends ein (neuer) Mangel entsteht. Anspruchsvolle Spiele erscheinen weiterhin, aber, wie Moni schon sagt: “Es ist heute nur schwieriger geworden, sie zu finden.”

        Die Schwierigkeit des Findens ist an sich schon schade, aber mir fällt da noch ein Aspekt auf, der weniger “persönlich” störend ist, sondern für die Gesamtentwicklung von Spielen (oder gar der Menschheit?) problematisch sein könnte:
        Wenn die leicht zu findenden (weil auf große Masse ausgelegten) Titel tendenziell “verblöden”, wirft das ggf. ein schlechtes Licht auf das Medium insgesamt (weil Spiele halt überwiegend doch nix vernünftiges können). Zusammen mit der allgemein benutzerfreundlichen, aber gängelnden bis entmündigenden Entwicklung von Software, könnten sich Konsumenten, die nicht gezielt nach Schwierigkeiten und Herausforderungen suchen, außerdem an die Einfachheit des Angebots gewöhnen, und gar nicht mehr auf die Idee kommen, etwas anderes zu wollen.

        … mit dieser Prise Kulturpessimismus kommt die Gänsehaut zurück. Spiele landen vielleicht doch irgendwann ALLE auf Bild-Niveau!? Argl…

        1. Dazu will ich auch nur noch anmerken, dass es mir ursprünglich nur um die Frage ging, woran oder wieso man sich gegen die aktuelle Entwicklung innerhalb von dem Spiele-Medium stören könnte. Ob und wie schlimm es wirklich ist, will ich mal offen lassen – wie gesagt, gerade in den letzten beiden Jahren hat es sich ja wieder in eine andere Richtung geändert, die mir persönlich auch wieder mehr Spaß an das Medium macht.

      2. Auf rationaler Ebene kann ich die Kritik auch nachvollziehen, verstehe (im Sinne von “sie als sinnvoll anerkennen” oder sogar “wenigstens teilweise zustimmen”) sie aber nach wie vor nicht, was auch daran liegt, dass ich der Ansicht bin, dass es etwas Gutes ist, wenn jeder Gelegenheitsspieler mit großen Titeln die Gelegenheit bekommt, in das Medium einzusteigen oder es einfach ab und zu zu genießen. Und es gibt ja noch immer eine große Bandbreite an Spielen für jeden Geschmack. Perlen sind auch Perlen, weil man danach suchen muss, weil sie eben nicht im Mainstream zu finden sind. (Das steckte für mich in meinem ursprünglichen Kommentar fast automatisch mit drin, war vielleicht nicht ganz klar formuliert.)

        1. Ja, das ist ja auch schön, wenn die Casual-Spieler eine schöne Auswahl haben, aber es ist doof, wenn dies zu Lasten aller anderen geht und wenn das Medium mit “Mistware” überschwemmt wird, denn dann gibt es für die anderen eben nicht mehr die große Auswahl. Was für eine Auswahl haben denn die Spieler, die die alten Point & Click-Adventures mochten, die aber nicht massenmarkt-kompatibel sind? Oder das gute Survival Horror-Genre, welches für viele Jahre weg war (und vielleicht aktuell ein kleines Comeback erlebt)? Realtime Strategie ist auch nicht mehr so populär, wie es mal war. Aktuell wurde nun Visceral Games von EA geschlossen, also das Studio, welches die Dead Spaces-Spiele gemacht haben – eine Reihe, die ich persönlich nicht mochte, aber (vielen? einigen?) Fans auch kaputt gemacht wurde. Mich persönlich haben Spiele wie Fallout 4, Hitman – Absolut oder Splinter Cell – Conviction sehr enttäuscht. Schön, wenn andere Spieler Spaß an den Titeln hatten, aber das hilft mir ja auch nicht, wenn ich kein Spaß mehr an meinen Lieblings-Franchises habe. Ein schönes Beispiel ist auch Konami, die ihren Spielebetrieb und viele ihre Marken eingestampft haben, um mit Pachinko-Maschinen viel mehr Geld machen zu können – was u.a. aus Silent Hill geworden ist, ist ja allgemein bekannt. Von den Leuten zu erwarten, auf Perlensuche zu gehen, während wir jährlich neue CoD, FIFAs oder Ubisoft-Open World-Spiele haben, finde ich irgendwie uncool.

          Um mal ein ganz anderes Beispiel zu nehmen: Man nehme ein paar Jungs um die 17/18 Jahren ihren Fußballplatz, baut einen Kinderspielplatz und sagt ihnen “Draußen ist ja noch so viel Platz, da könnt ihr ja noch was anderes spielen gehen” – ja, gut, aber halt kein Fußball mehr.

          Nun, ich möchte das ganze aber eigentlich auch nicht überdramatisieren. Gibt es mittlerweile gar keine “vernünftigen” Spiele mehr, die man spielen könnte? Nein, so schlimm ist es ja nun auch wieder nicht und es musste hoffentlich noch niemand sein Hobby ragequitten. Aber einfach zu sagen, es gebe ja noch so viele andere Spiele, halte ich dann auch nicht für richtig, wenn Franchises, bzw. ganze Genres absterben, weil sie nicht massenmarkt-kompatibel sind und man von dem Indie-Bereich auch nicht erwarten kann, alles abzufangen. Eine große Bandbreite an Spielen für jeden Geschmack gibt es dann eben doch wieder nicht.

  5. Ein Beitrag, der mir erst einmal aus dem Herzen spricht, denn ich hatte auch schon solche “Spiel”-Erlebnisse, in denen ich das Gefühl hatte, eigentlich ständig nur auf “Weiter” zu klicken. Ich bin definitiv kein Fan von narrativen Spielen. Ich finde sie sie öde und langweilig. Da kann die Story noch so tiefgründig sein, bei mir springt da kein Funke über. Ich spiele um zu Spielen und nicht, um eine Geschichte erzählt zu bekommen. Da sehe ich mir lieber einen Film an. Aber das ist meine persönliche Ansicht und manche anderen mögen sich in den Tiefen solcher narrativen Spiele wohlfühlen. Ich jedenfalls nicht.

    Ich denke aber nicht, dass die komplette Spielentwicklung sich in diese Richtung bewegt. Es ist nur so, dass man wohl immer mehr Ansprüchen gerecht werden will und narrative Spiele ohne großes Gameplay sind da sicher ein Teil davon. Das geht dann oft zu Lasten von Spielen, die ein gutes und forderndes Gameplay bieten. Leider wird meiner Meinung nach immer häufiger der Fehler gemacht, verschiedene Genres innerhalb eines Spiels unter einen Hut zu bringen, um ein größeres Publikum anzusprechen. Das mag in einige Fällen funktionieren, aber oft eben auch nicht. Damit stößt man dann gleich zwei oder mehr Zielgruppen vor den Kopf, die ihr Lieblingsgenre nur noch in Ansätzen wiederfinden.

    Natürlich ist für mich eine Story wichtig, aber sie ist nicht das Maß aller Dinge. Für mich steht eindeutig das Gameplay im Vordergrund. Wenn dass passt und das Spiel auch noch etwas für’s Auge bietet, dann kann ich mit jeder noch so hohlen Story leben.

    Und jetzt muss ich dir doch widersprechen, denn es gibt sie noch, diese Spiele, bei denen man sich durchbeißen muss, die einen nicht an der Hand nehmen und in denen man sich viel selbst erarbeitet muss. Es ist heute nur schwieriger geworden, sie zu finden. Deshalb kaufe ich heute kaum ein Spiel mehr blind. Meistens sehe ich mir Trailer an, lese schon mal Vorabberichte und schaue auch auf die Gefahr hin, gespoilert zu werden, das eine oder andere Let’s Play an. Das hilft zwar nicht immer, Fehlgriffe zu vermeiden, aber sie werden seltener. Lieber mit Begeisterung ein Spiel spielen, von dem ich vielleicht schon das eine oder andere Special kenne, als eins, das ich nach 2 Stunden wieder gelangweilt aus der Hand lege.

    Videospiele haben sich eben in viele unterschiedliche Richtungen entwickelt. Wenn man mal erkannt hat, welche Art von Spielen einem selbst Spaß machen, dann wird man auch heute immer noch die Spiele finden, die einem selbst Spaß machen. Man muss eben nur die Augen entsprechend offen halten. Zugegeben, es ist nicht immer einfach, sich in der unüberschaubaren Menge von Titeln zurechtzufinden. Aber verallgemeinernd zu sagen, dass sich die Entwicklung in die falsche Richtung bewegt, finde ich etwas zu kurz gedacht.

  6. Wir hatten ja damals nix. Diesen Satz verwende ich in meinen Texten auch manchmal – nur natürlich nicht ernst gemeint. Es ist schwierig, jetzt noch etwas zu schreiben, was noch nicht geschrieben wurde. Trotzdem versuche ich mit ein, zwei Sätzen einen kleinen Beitrag zur Diskussion zu leisten.

    Ich kann Christians Meinung verstehen und auch nachvollziehen, allerdings nicht wirklich teilen. Heavy Rain und die Telltale-Serie als Beispiele für den Untergang des Anspruches anzuprangern ist schlichtweg etwas unfair, da – wie Yannic schon geschrieben hat – diese Spiele keinen Hehl daraus machen. Besonders AAA-Titel müssen auch einfach und zugänglich für die breite Masse sein, damit auch genügend Einnahmen generiert werden.

    Über die Wolverine-Selbstheilungsfähigkeiten bei vielen Ego-Shootern habe ich mich auch schon mal aufgeregt, da viel zu unrealistisch. Aber ganz ehrlich: Ein durchsiebter oldschool Doom-Spacemarine, der nachdem er zwei Medipacks aufgesammelt hat wieder bei bester Gesundheit ist, ist genauso unrealistisch. Gesundheit ist einfach, so wie die Munition, ein taktisches Element, welches bei “neuen” Ego-Shootern einfach anders eingesetzt wird.
    Ich würde den Text unterstreichen, unterschreiben und einrahmen, wenn die Vorwürfe wirklich auf alle Spiele zutreffen würden, aber das tun sie gottseidank nicht. Heutzutage (verdammt, jetzt höre ich mich wie ein Opa an) ist das Angebot an Spielen so groß wie noch nie! Pausenlos erscheinen neue Indie-Titel, die darauf warten entdeckt zu werden. Klar ist auch da genug Ausschuss dabei, nur sind weitaus mehr Perlen im Angebot.

    Man muss nur wagen, über den Tellerrand zu blicken.

  7. Den Artikel – der wie bereits zuvor kommentiert wurde inhaltlich schlüssig ist – verstehe ich als Videospieler Baujahr 1971 als kleine Provokation.

    Zwar ist es richtig, dass es Spiele gibt, die ihre mechanischen oder künstlerischen Schwächen haben. Es gibt auch viele Spiele deren “Erzählform” ich persönlich nicht mag – allen voran die vergangenen MW-Titel. Das aber in einen (chronologisch) linearen Bezug im Sinne von “früher” und “jetzt” zu setzen ist schlichtweg zu viel kurz gegriffen.

    Video- und Computerspiele haben sich im Laufe der Zeit eben nicht nur in der Tiefe weiterentwickelt, sondern auch in der Breite. Sie dürfen – nein sie müssen – sich, wie jede Kunstform ausprobieren und unterschiedliche Spielformen ausleben. Dazu gehört ein “Dragon’s Lair” natürlich ebenso wie ein “Heavy Rain”. Und es ist erstaunlich bis faszinierend, welche Ebenen Spiele mittlerweile erreicht haben. Sie berühren uns in einem “Papers, Please” oder “Journey” und sind in der Lage uns emotional zu begegnen, so wie es zu Beginn ihrer Zeit kaum möglich war.

    Ich halte Videospiele für das narrative Medium der Zukunft. Und ich glaube fest daran, dass die “persönliche Beziehung” zum Spiel, zum Thema in uns Dinge auslösen kann, die mindestens so bewegend – wenn nicht mehr – sind, wie es (einst) der Film kann oder konnte. Die Interaktion und die damit verbundene Identifikation mit der Metapher ist einzigartig bei Spielen und wird sich noch weiter entwickeln. Ich bin sehr gespannt, wohin uns diese Reise noch führen wird.

    Bis dahin spiele ich C64-Spiele, oder ein “Double Dragon” auf dem NES genau so gern wie ein “BioShock” oder “Fallout” auf aktuelle Systemen. All diese Spiele stehen für mich in einem untrennbaren Zusammenhang. Nämlich der vielfältigen Kultur der Videospiele.

    Einer der schönsten und wichtigsten Kunstformen unserer Zeit.

  8. Reflexartig würde ich jetzt gerne auch widersprechen, aber nachdem das schon andere getan haben: in Teilen muss ich doch zustimmen (vielleicht bin ich ja auch schon alt?)…
    Denn es ist durchaus (für manche, inkl. mich) schade, wenn Gameplay zu häufig unterbrochen wird und Überraschungsmomente sowie Tüfteleien durch zu viele Hinweise zerstört werden. Das passiert gelegentlich, wird aber m.E. zugleich immer häufiger optional – man kann Tutorials und Hinweise häufig deaktivieren, während man früher meist mit dem leben musste, was man gekriegt hat. Ältere Spiele waren in der Hinsicht im Schnitt unflexibler. Was sie eben hatten, waren gedruckte Handbücher, und davon nicht zu wenig: auch für das Beispiel Quake gab es ein Handbuch , das im Prinzip genau das erklärt hat, was in der Parodie eben ingame gesagt wird – sogar noch mehr: alle normalen Gegner und Waffen wurden schonmal grob gespoilert. Das Schöne war natürlich: man konnte theoretisch auch ohne Handbuch spielen, wenn man wollte. Letztendlich würde ich also sagen: idealerweise bleibt den Spielerinnen und Spielern einfach selbst überlassen, wieviel Hilfe sie erhalten wollen. Nicht alle wollen sich (immer) durchbeißen, nicht alle wollen (immer) alles vorgekaut bekommen. Anpassbarkeit ist also die Lösung, und die hat m.E. grundsätzlich zugenommen.

    Während ich selbst zugegebenermaßen kaum Erfahrung mit aktuellen AAA-Titeln habe, kann ich ein paar Indie-Titel wärmstens empfehlen, für alle die gerne ins kalte Wasser geworfen werden, Herausforderungen und Experimente lieben:
    – Dungeons of Dredmor (so vieles auszuprobieren, so viele Möglichkeiten zu sterben, und optionaler Permadeath)
    – Crypt of the Necrodancer (simples Prinzip, kaum Erklärungen, aber gut lernbar, mit großartigen Möglichkeiten zu tricksen)
    – Don’t Starve (da war ich anfangs geradezu verloren… und hatte viel Freude, die Welt nach und nach besser kennenzulernen)
    – Darkest Dungeon (“durchbeißen”? – oh ja! Außerdem viel auszuprobieren, v.a. Spaß mit Fackeln ist sehr empfehlenswert und besonders Bosse sowie das Darkest Dungeon hält viele böse Überraschungen bereit)

    Das nur mal als ein paar Beispiele… es gibt sie noch, die Spiele zum durchbeißen und experimentieren. Tatsächlich meist mit optionalen Hilfen und natürlich (Online-)Dokumentationen/Guides, aber die muss man sich ja – genau wie die gedruckten Handbücher früher – nicht angucken. Mag sein, dass sowas im AAA-Bereich seltener ist (aus von Lenny genannten Gründen), aber… wen interessiert das schon, wenn’s so großartige Indies gibt? 😀

  9. Ein schöner Artikel, der sicher einige Probleme der heutigen Spieleentwicklung aufzeigt. Aber meines Erachtens nach auch ein wenig nach, früher da gab es noch echte Gamer, klingt. Und da bin ich nicht so der Freund von. Mir ist klar, dass Texte hier immer persönlich geprägt sind, dennoch hätte es mich gefreut, wenn auch Beispiele genannt worden wären, die dich heutzutage positiv überraschen.

    Denn eigentlich stimme ich dem Anfang des Artikels zu. Uncharted hat toll geschriebene Charaktere und ist eigentlich das Spielgewordene Indiana Jones (mal die Spiele von Lucas Arts außen vorgelassen), ein Heavy Rain ist ein spielgewordener Thriller (über den man möglichst nicht zu lange nachdenken sollte) und TWD Season 1 hat mich persönlich so emotional mitgenommen wie davor kaum ein anderes Spiel.
    Dennoch haben grade diese Titel das Problem, dass ihr Gameplay oft nur als Überbrückung bis zur nächsten Cutscene fungiert (siehe Uncharted oder Bioshock) oder in anderen Fällen werden Zwischensequenzen durch Entscheidungen oder QTEs zum vermeintlich interaktiven Erlebnis.
    Ich würde mir eine bessere Verschmelzung von Gameplay und Story wünschen. Denn eine Geschichte ist für mich immer der Motivator warum ich spiele. Und sei es nur, dass die Prinzessin entführt wurde.
    Natürlich kann ich die Geschichte eines Spiels nicht mit der eines Filmes vergleichen. Egal wie linear und cineastisch das Spiel inszeniert ist. Durch die Interaktion kommt noch eine Ebene hinzu, die Film oder Buch nur schwer bieten können. Das persönliche Erlebnis. Ein Boss an dem man lange gesessen hat, eine bestimmte Stelle im Level, welche einem eine neue Perspektive aufgezeigt hat. Das alles kann ein Film nicht reproduzieren. Was meiner Ansicht nach auch der Grund ist, warum es keine wirklich guten Videospielverfilmungen gibt.

    Wenn man dann heute aber sagt, dass viele Spiele nur noch zum reinen Knöpfchendrücken verkommen, dann greift das aber auch zu kurz und lässt außer acht, dass Spiele sich entwickelt haben. Wahrscheinlich mehr als jede andere Unterhaltungsform ( ohne dafür genaue Beweise zu haben). Große AAA-Titel haben so ein riesiges Budget, dass sie eben auch den kleinsten gemeinsamen Nenner finden müssen, um am Ende möglichst viel verkaufen zu können. Viele Spiele waren früher schwer, weil sie sonst zu kurz gewesen wären und sich somit nicht ihren Kaufpreis verdient hätten. Heutzutage sind Spiele schwer, weil sie eine Reminiszenz an die alten Zeiten sein sollen oder weil es die Welt und die Geschichte vorgibt.

    Sie alle eint aber, so ist mein Empfinden, dass eine gute Balance zwischen Gameplay und Story immer noch nicht ganz gefunden wurde.

  10. Puh – den Text kann ich jetzt nicht unkommentiert stehen lassen und ich entschuldige mich bereits im Voraus, falls man sich von den folgenden Worten angegriffen fühlen sollte.
    Ich habe den Text, der in seiner inhaltlichen Struktur in sich geschlossen und kohärent ist gerne gelesen, kann aber mit so ziemlich keiner Aussage im Text konform gehen. Alles in allem liest sich der Text wie ein Abgesang auf Videospiele mit den bekannten Strophen „Früher war alles besser“, „Ihr habt ja keine Ahnung wie Videospiele sich anfühlen sollten“, und „Ich muss ja nur noch Knöpfchen drücken“. Das ist, meiner Ansicht nach nicht nur ein extrem eingeschränkter Blick auf das Medium und wird diesem nicht gerecht, zum anderen ist der Artikel in seiner Grundaussage, dass man die „richtigen“ und „harten“ Spiele nicht mehr erleben kann grundlegend falsch.
    Alle hier genannten Spiele haben eine Daseinsberechtigung, auch abseits von purem und fordernden Gameplay. Mehr noch – Heavy Rain und die Telltale-Spiele sind eine ganz eigene Unterkategorie von Spiel, die in ihrer Machart genau auf das Medium des interaktiven Films ausgelegt sind. Daraus machen sie zu keinem Zeitpunkt einen Hehl – diese Spiele also als Maßstab für eine generelle vercasualisierung der Spielelandschaft zu nehmen ist bestenfalls unelegant, schlimmstenfalls fahrlässig. Schließlich wird so der Eindruck erweckt, alle Spiele würden sich nun in diese Richtung entwickeln. Diese Feststellung ist ebenso falsch wie der Gedanke, dass sich nun alle Spiele zu Shootern entwickeln würden.
    Natürlich darf, kann und soll die spielmechanische Einfachheit eines Uncharted kritisiert werden, die sich zwar weiterentwickelt, aber auch in den folgenden Teilen keine Quantensprünge gemacht hat. Aber Uncharted ausschließlich auf seine Gameplay-Mechaniken zu reduzieren ist nicht zielführend. Die Reihe genießt eben deswegen so einen guten Ruf, da hier Gameplay und Story zusammenkommen – es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Blockbuster. Und wie im Kino sind auch Blockbuster bei Videospielen auf höchst mögliche Zugänglichgkeit getrimmt, so dass ein hoher Schwierigkeitsgrad eben selten erwartet werden darf. Nichts desto trotz ist Uncharted 1 natürlich kein Positivbeispiel an Spielmechanik.
    Was ich an diesem Text aber grundheraus ablehne ist die hier vorgetragene Litanei, dass Spiele früher eben Bockschwer waren, das man sich noch was erarbeitet und etwas „verdient“ hat, dies heutzutage aber nicht mehr geht. Dadurch entsteht impliziert der Vorwurf, dass heutige Spieler Spiele nicht mehr „verdient“ haben. Unterstrichen wird das noch einmal von dem abschließenden Satz – „Schade, dass Ihr das nicht mehr erleben könnt.“
    Dies erhöht den Autor nicht nur über die jüngere Leserschaft und stellt ihn somit in einen Status von „Alt-Vorderer“, es ist sogar schlichtweg falsch. Auch heutige Spiele sind zuweilen extrem schwer. Man nehme allein die Dark Souls-Reihe, Metal Gear Rising, das kürzlich erschienene Cuphead und ein dutzend Indie-Spiele, die nicht nur schwer sind sondern, entgegen der Aussage des Autors, gerade eben diese alten Spielmechaniken weiter fortführen. Das letztes Jahr erschienene Doom, oder das bald erscheinende Wolfenstein setzen in ihrer gesamte Spielmechanik auf „Oldschool“.
    Diese alten Spiele, das durchbeißen und weiter voran kommen – der pure Fokus auf Gameplay sind also nicht fort, sie sind nie fort gewesen – sie befinden sich nur an einem anderen Ort als dem, den der Autor sucht.
    Spiele wie „What Remains of Edith Finch“, die Telltale-Serie, die Spiele von Quantic Dream oder sogar solch experimentellen Spiele wie „Another lost phone“ sind eine neue Art von Spielgenre, dass sich aufgrund der exponentiellen Entwicklung aus der Ursuppe der elektronischen Unterhaltung heraus entwickelt hat. Es verdrängt die Urväter des Spielens nicht, sondern koexistiert mit ihnen.
    Spiele wie The Witcher und dessen Erweiterungen vermögen eine geniale Geschichte zu erzählen – experementielle Spiele wie „Get Even“ können sogar auf mehreren Ebenen überzeugen und den Spieler in eine neue Ebene eintauchen lassen – auch die Spielmechanik in Bioshock führt letztlich zu einem der größten Twists der Videospielgeschichte. In fast jedem Spiel gibt es die Möglichkeit Tutorials abzuschalten, das HUD zu verbergen, die Schwierigkeits auf Anschlag zu drehen. Das neue XCOM oder auch das neue Divinity verfügen über einen „Eisern“-Modus, der sogar das ganze Spiel als verloren zeigt wenn das eigene Team stirbt – inklusive dem Feature komplett von vorne Anfangen zu müssen. Die Spiele sind da, aber der Autor entscheidet sich stattdessen eine ganz eigene Art von Genre zu nehmen und es an die Wand zu stellen, um es mit unangebrachten Forderungen und Kritiken zu bewerfen. Dies ist ebenso Zielführend für eine Diskussion um das Medium, als würde man einem Shooter das Fehlen von Wimmelbild-Einlagen vorwerfen.
    Ich möchte hierbei nicht falsch verstanden werden – ich finde die Ansichten des Autors interessant und man könnte mit Sicherheit über das vercasualisieren von „Blockbuster“-Spielen diskutieren. Aber die hier getätigen Vergleiche sind meiner Ansicht nach nicht nur unpassend, sondern Schädlich für die Spielekultur – da hier die Trennung von „Spielern“ propagiert wird. Die „Alten“ gegen die „Jungen“ und das mit Argumenten, die in meinen Augen nicht sonderlich Stichhaltig sind.
    Spiele haben sich weiter entwickelt, sind eine eigene Kulturform geworden, die in hunderten von Ausprägungen genossen werden kann.

    Schade, dass der Autor das nicht würdigen kann.

    1. Ging mir beim lesen des Artikels ähnlich. Ich finde das Thema interessant und eigentlich will ich den Artikel auch zustimmen. Ich finde Spiele wie Uncharted oder die neueren Tomb Raiders oder The Last of Us und so weiter ganz furchtbar, weil sie Inszenierung vor Gameplay setzen und mMn. auf eine gewisse Art verblöden. Aber die Argumentation und die Vergleiche zu Spielen wie The Walking Dead oder Heavy Rain ist einfach oberflächlich und – um ganz ehrlich zu sein – bescheuert. Telltale und ein David Cage machen bewusst ein ganz eigenes Ding, bedienen ein ganz anderes Genre und machen kein Hehl daraus, eigentlich nur Geschichten erzählen zu wollen. Genau deswegen bekommen die Spiele auch gerne auf den Deckel – “eigentlich sind das ja keine Spiele” heißt es gerne mal. Gerade diese Spiele (wobei Telltale nun beileibe kein Blockbuster-Studio ist) als Speerspitze für die Verblödung von dem Shooter-Genre heranzuziehen – ja, nee, lass mal stecken.

      Interessanter wäre es zu sehen, woher diese Stimmung konkret kommen könnte, was die Ursachen sind, welches Spiel (oder welche Spiele) diesen Trend möglicherweise angekurbelt haben könnten oder wie das alles mit den steigenden Budgets und dem Eröffnen größerer Käuferschicht zusammenhängen könnte. Stattdessen gibt es ein Quake-Jokevideo aus dem Jahr 2011, welches eh schon jeder kennt, und die Erklärung, dass First Person Shooter hierzulande Egoshooter genannt werden. Na, danke.

      Eine konkrete Frage zu dem Artikel hätte ich auch noch:
      “2017 ist aus dieser Satire Realität geworden. First-Person-Shooter-Spieler ärgern sich heute über im Raum schwebende Pfeile, die den Weg anzeigen – geh einfach geradeaus. Es gibt keine Schlüssel zu suchen oder Schalter zu betätigen, kaum noch klassische Labyrinthkarten.”
      Welche Egoshooter im Jahr 2017 haben eigentlich noch Navigationspfeile verwendet? Klar, ein Design-Feature, welches mir auch absolut verhasst ist, aber ich kann mich wirklich an keinen größeren Shooter in diesem Jahr erinnern, der noch diese dämlichen Pfeile verwendet hätte – wenn man diese ohnehin nicht in den Optionen deaktivieren kann. Also von welchen Shootern redet der Christian da? Vielleicht solltest du Spiele wie Resident Evil 7 oder Prey ausprobieren, wenn dir die First Person-Abenteuer in die Horror-Richtung gehen dürfen. Dort hast du jedenfalls wieder schöne, offene Levels, in denen der Spieler Items suchen darf (und die Objection Marker in Prey kann man in den Optionen auch ausschalten).

      Und noch eine kleine Anmerkung:
      “Das ist alles ein teils extremer Fokus auf eine Geschichte, auf eine Story, für die das Gameplay nur Vehikel ist – oder notwendiges Übel. Doch es gab Zeiten, da war es umgekehrt, da mussten Programmierer die Spielerschaft mit Gameplay überzeugen.”
      Nein, mussten die Programmierer nicht, die Programmierer programmieren nur, um das Gameplay kümmern sich die Game Designer. Ja, ich weiß, die Anmerkung von mir ist etwas Nitpicky, aber ich als ehemaliger Softwareentwickler finde die Vorstellung, von diesen ominösen Programmieren, die die Spiele halt irgendwie machen (und nicht etwa im Team mit Art Designern, Game Designern, Writern, Level Designer, Komposern, Animateuren entwickeln) ganz furchtbar. Auch wenn sich die Disziplinen überschneiden und es Multitalente gibt, aber Leute wie Tim Schaefer, Hideo Kojima, David Cage und so weiter sind keine Programmierer.