TimeSplitters: Ein Blick in die Vergangenheit und Zukunft

Von Philipp Arnold am
Kommentiert von: Philipp Arnold, André Eymann, Poly, Mussakku Laden
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Denke ich über meine persönliche Videospielgeschichte nach – über all die wunderbaren digitalen Werke, die mich in meiner Jugend begeistert haben – dann reihe ich TimeSplitters jedes mal gerne in meine imaginäre Best-of-Liste ein.

Eine Spieleserie, die heute etwas in Vergessenheit geraten ist, bekommt mit etwas Glück einen neuen Anlauf um auch eure Spielerherzen zu erobern. Dieses kleine Fünkchen Hoffnung auf einen neuen Teil, schimmert sanft aus den Büros von THQ Nordic.

Der schwedisch-österreichische Publisher hat die Rechte an der Marke gekauft. Dies geschah selbstredend nicht ganz zufällig, denn unter der Schirmherrschaft THQ Nordics arbeiten die ehemaligen Schöpfer von TimeSplitters. Grund genug, um in die Vergangenheit und Zukunft zu blicken, dabei ab und an eine Nostalgie Abzweigung zu nehmen und am Ende eine Videospielgeschichte reicher zu sein.

Atmosphärisch fundamental – TimeSplitters Comic Look ist bis heute schön anzusehen. (Bild: THQ Nordic)
Atmosphärisch fundamental – TimeSplitters Comic Look ist bis heute schön anzusehen. (Bild: THQ Nordic)

Escape through the Time Portal

Doch bevor wir durch die Zeitportale schreiten, sei erst einmal klar gestellt, wenn ich von TimeSplitters spreche, dann in erster Linie von Teil zwei. Den dritten Teil fand ich auch klasse, erreichte aber nicht ganz die Qualität des Vorgängers. Das Erstlingswerk ist damals leider völlig an mir vorbei gegangen. Deshalb verwende ich exemplarisch den zweiten Teil, um die Reihe zu beschreiben.

Um TimeSplitters zu verstehen, muss man wissen woher, deren Macher kommen. Deshalb schlage ich mein dickes verstaubtes imaginäres Videospiel-Geschichtsbuch auf und erzähle euch etwas über eine kleine Gruppe mutiger Leute, die ihren Traum verfolgten.

So viel Charme und Witz waren damals eher unüblich im Shooter Genre.

Philipp Arnold

Es war einmal, ein britisches Entwicklerstudio names Rareware. Diese machten sich zur Aufgabe, das Shooter Genre auf Konsolen endgültig zu etablieren. Lange bevor der Master Chief den Covenant in den Arsch trat, durften wir mit James Bond in Goldeneye und mit später mit Joanna Dark in Perfect Dark auf der Nintendo 64 unser können unter Beweis stellen.

Obwohl die beiden Spiele sowohl bei Fans als auch Kritikern fantastisch ankamen, lief bei Rareware nicht alles so wie erhofft. Glaubt man der Gerüchteküche, so hat es seinerzeit bereits zwischen Nintendo, dem damaligen Besitzer von Rareware, und dem Studio einige Unstimmigkeiten gegeben. Aber noch bevor der Verkauf an Microsoft im Jahre 2002 offiziell wurde, gründeten einige Mitarbeiter das Entwicklungsstudio Free Radical Design und begannen mit ihrem Herzensprojekt Time Splitters.

Der neue First-Person-Shooter sollte anders werden als seine beiden geistigen Vorgänger, dennoch spielerisch an ihnen anknüpfen. Optisch gab ein Comic Stil die neue Richtung an, der den Titel deutlich von Konkurrenten unterscheiden sollte, während das typisch schnelle FPS-Gameplay weiterhin an Goldeneye und Perfect Dark erinnerte. Die neu erworbene Freiheit führte auch zu einer weiteren Änderung in Ton und Atmosphäre.

Die Entwickler verpassten dem Titel viel Charme und Witz, damals eher unüblich im Shooter Genre, sodass ein wunderbarer britischer Humor quer durch jedes Element des Spiels zu finden war. Der deutlich lockerere Ton gepaart mit verzaubernd schönem Comic Look, bildete das Fundament für ein einzigartiges Spielerlebnis, das ich bis heute in dieser Form nicht mehr erleben durfte.

Verschiedene Schauplätze und Zeitepochen definieren die Kampagne. (Bild: THQ Nordic)
Verschiedene Schauplätze und Zeitepochen definieren die Kampagne. (Bild: THQ Nordic)

Schieß den Affen die Melonen aus der Hand!

Die Story Kampagne begleitet Hauptcharakter Sgt. Cortez durch verschiedene Zeitepochen auf der Jagd nach Zeitkristallen. So schießen wir uns durch das Chicago der 1930er, aztekische Ruinen in Guatemala genauso wie durch Raumstationen der Zukunft.

Durchaus bemerkenswert war, dass jede Mission mit völlig unterschiedlichen Waffen der jeweiligen Zeitepoche, sowie Design der Locations begeistern konnte. Obendrauf untermalt durch einen Soundtrack der die Atmosphäre jeder Zeitepoche unterstrich. Diese Vielfalt ist besonders bemerkenswert, wenn die kleine Mitarbeiteranzahl des damaligen Entwicklerstudios berücksichtigt wird. Die wunderbare, aber eher kurze (4-5 Stunden) Kampagne, wurde mit verschiedenen Herausforderungen in einem Arcade-Modus ergänzt.

Herumlaufenden Affen, Melonen aus den Händen schießen oder Kirchenfenster in Notre-Dame mit einem Granatenwerfer bearbeiten – Beispiele von lustigen Aufgaben, die sich Free Radical Design ausgedacht hatten.

Auch der Multiplayer-Modus strotzte nur so von Features, welche wir uns von heutigen Titeln nur wünschen können. Bis zu vier Spieler lokal durften sich in verschiedenen Modi bekriegen. Wahlweise auch mit Bots, einen Begriff, den man heute ja schon fast erklären muss. Die Konfigurationsmöglichkeiten hinsichtlich Modi, Gegnervielfalt, Waffensets, Teameinstellungen und Karten war und ist bis heute beeindruckend! Durch tolle Vielfalt an Optionen kam auch im Multiplayer Modus ein einzigartiges Spielgefühl auf.

Lustige und kreative Herausforderungen verlängerten die Spielzeit maßgeblich. (Bild: THQ Nordic)
Lustige und kreative Herausforderungen verlängerten die Spielzeit maßgeblich. (Bild: THQ Nordic)

Kreative Geschichtsschreibung

Wenn ich heute an TimeSplitters denke, fallen mir neben der lustigen und abwechslungsreichen Kampagne vor allem der Mutliplayer Modus und der Karten Editor ein. Letzterer erlaubte es Karten selbst anhand von Räumen, Gängen, Objekten, Zielen, Waffen, Gegnern und vielem mehr zu entwerfen. So fand ich mich damals tagelang, am Multiplayer Level basteln wieder.

Selbst Singleplayer Story Missionen ließen sich entwerfen und anschließend testen. Mit Triggern durften simple Logik Abläufe eingebaut werden, sodass selbst ein kleiner Einblick in Missions- und Leveldesign erhascht werden konnte. Bewaffnet mit einer Memory Card, wurden Missionen und Karten mit Freunden ausgetauscht. Hier entstanden teils völlig neue Geschichten und Herausforderungen, die uns über viele Monate hinweg begeisterten.

Die Zeichen für die Rückkehr von TimeSplitters stehen heute so gut, wie schon seit einem Jahrzehnt nicht mehr.

Philipp Arnold

Die umfangreichen Multiplayer Optionen und der Level Editor förderten somit vor allem eines: Kreativität. TimeSplitters 2 war und ist in dieser Hinsicht ein Leuchtturm, an dem sich selbst moderne Spiele orientieren können. Wenn ich an TimeSplitters denke, dann an all die wunderbaren Stunden, die ich mit meinem besten Freund durch die Mutliplayer Level gejagt bin. All die Karten und Missionen, die wir selbst gebaut und getestet haben. All die Geschichten die wir uns ausgedacht, entworfen und voller stolz präsentiert haben.

Es waren Momente wie diese, die aus einem Videospiel eine Geschichte gemacht haben. Denke ich an TimeSplitters, denke ich daran wie es mich unterhalten, verbunden und gefördert hat.

TimeSplitters 2 Multiplayer Modus punktet heute noch mit vielen Optionen und Spielspaß. (Bild: THQ Nordic)
TimeSplitters 2 Multiplayer Modus punktet heute noch mit vielen Optionen und Spielspaß. (Bild: THQ Nordic)

Future Perfect

Wie anfangs erwähnt, dürfen wir auf einen neuen Teil der TimeSplitters Reihe hoffen. Doch wie könnte ein Modernes TimeSplitters ausschauen? Besinnt man sich auf die Stärken der Vorgänger, schlägt man auch heute in eine Nische, die kaum bedient wird. Versucht man hingegen, mit den “Großen” im Shooter Genre zu konkurrieren, wird sich ein mögliches TimeSplitters 4 schwertun.

Die bereits genannten Alleinstellungsmerkmale wie die einzigartige Atmosphäre, die sich aus Art Design, britischen Humor, Abwechslung in Locations, Waffen, Charakteren und Soundtrack auszeichnet, gepaart mit einem Multiplayer Modus, der mit seinen unzähligen Freiheiten herausragt, würden heute genauso wie damals funktionieren.

Der Leveleditor aus Teil zwei wäre zudem ein Fundament für unzählige spannende Stunden und tolle Basis für “User-generated content” in der online Welt. Die “Generation Minecraft” dürfte damit genauso angesprochen werden, wie die typischen Singleplayer Spieler.

Mit den Dambuster Studios in Nottingham hat THQ Nordic eine tolle Entwicklertruppe, die sich aus vielen ehemaligen Free Radical Design Mitarbeitern zusammensetzt. Der Einkauf der Marke TimeSplitters, lässt zumindest stark auf ein Wiedersehen mit Sgt. Cortez hoffen.

Folgt man bei THQ Nordic dem Darksiders Weg, dürfte einem Remaster der Vorgänger, mit anschließendem neuen Teil, nichts im Wege stehen. Die Zeichen für die Rückkehr von TimeSplitters stehen heute so gut, wie schon seit einem Jahrzehnt nicht mehr.

Besinnt man sich auf die eigenen Stärken, können wir uns auf ein schönes Wiedersehen mit den TimeSplitters freuen und viele weitere Geschichten schreiben.


Veröffentlicht in: Spielebesprechungen
André Eymann

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Kommentare (6)

  1. Hi Phil, ich wollte nur kurz berichten, dass wir heute TimeSplitters 2 für den GameCube bestellt haben. Mein einer Sohnemann ist sehr von dem Spiel angetan und nicht zuletzt Dank deines Beitrags haben wir uns dafür entschieden. Ich werde mich bestimmt hier noch einmal mit einem Kommentar melden, nachdem wir es gespielt haben 😉

    Tobi
  2. TS 2 & 3 haben meine Freunde und ich auch viel gespielt. Der Editor war zwar löblich, aber letztlich für meinen Geschmack leider zu simpel, da man ja nur wenige Elemente platzieren durfte, ehe der Speicher voll war. Dafür waren die unzähligen Mehrspieler-Optionen echt grandios, besonders im LAN mit mehreren Xbox-Konsolen 😀

    Ich bin echt gespannt, ob unter THQ Nordic jetzt tatsächlich mal wieder was mit der Serie gemacht wird. Nach der vielen Kritik an Homefront: Revolution (und den vermutlich mäßigen Verkaufszahlen) ist auch fraglich, ob man den Leuten bei Dambuster auch die Zeit für ein (gutes) Sequel geben wird.

    Das Fan-Projekt TimeSplitters Rewind wird damit aber wohl endgültig eingestampft werden. CryTek hatte ja anfangs noch Hoffnung gemacht, dass sie das vollenden und veröffentlichen dürfen, da ein offizielles TimeSplitters ja offenbar noch in weiter Ferne war und das Fan-Game zumindest gute PR für die CryEngine gewesen wäre. Video zu Rewind: https://youtu.be/mbc1tPeuWm0

    André Eymann
  3. Über TimeSplitters lese ich immer wieder gern. 😀

    Für GoldenEye waren “wir” damals noch zu jung. Wir wussten lange Zeit nicht einmal, dass das Spiel tatsächlich erschienen war. Perfect Dark hingegen hatte uns ab 2000 so richtig gepackt, da haben wir Dutzende, Hunderte Stunden rein versenkt. Als dann Perfect Dark Zero für den GameCube angekündigt wurde, war die Vorfreude sofort riesig. Doch dann kam der Erwerb von Rare durch Microsoft – und dann kam TimeSplitters 2 (wogegen der erste Teil in Ermangelung einer PS2 noch ganz an mir vorbeigegangen war). Unter GameCube-Besitzern mit Rare-FPS-Vergangenheit, war das aufgrund der Herkunft der Entwicklung sofort der heilige Gral, ein Riesen-Hype war das im Vorfeld des Erscheinens!

    Deshalb war es in meinem Fall dann auch so, dass mich das fertige Spiel zumindest leicht enttäuschte. Den Mehrspielermodus fanden wir interessanterweise nicht so gut wie bei Perfect Dark, weil er zu schnell und hektisch war. Für ein, zwei, vielleicht auch drei Stunden ein riesengroßer Spaß, aber dann wurde es auch repetitiv und beliebig. Perfect Dark hatten wir demgegenüber den ganzen Tag spielen können (wobei TimeSplitters 2 dem in gewisser Weise trotzdem ein Ende bereitet hat: Spielt mal Perfect Dark im 4-Player-Splitscreen mit 10 fps oder so, nachdem ihr zuvor das butterweiche TimeSplitters gespielt habt). Im Einzelspieler konnte die Kampagne als solche zwar auch nicht mit Perfect Dark mithalten, trotzdem hielt mich TimeSplitters 2 mit seinen Challenges und unzähligen Unlockables eine kleine Ewigkeit gefesselt!

    Ein super Spiel allemal also, das lediglich nicht mit unseren riesigen Erwartungen mithalten konnte. TimeSplitters 3 spielte ich tatsächlich erst ein gutes Jahrzehnt später. Die Einzelspielerkampagne erreichte nicht ganz die Originalität des zweiten Teils; der Multiplayer war im Prinzip derselbe mit anderen Maps und Waffen, und außerdem fehlten mir da inzwischen die Mitspieler.

    Ich hatte übrigens auch mal einen kleinen Artikel zum Anaconda-Bonus-Game in TimeSplitters 2 geschrieben: https://spielkritik.com/2017/01/21/schlangenlinien-52games/

    André Eymann
  4. Soeben habe ich mir verschiedene Videos zu TimeSplitters 2 angeschaut. Ich kenne bisher keinen Teil der Serie, muß aber sagen, dass das Gameplay sehr unterhaltsam aussieht. Dank Deines Beitrags werde ich das Spiel im Hinterkopf behalten. Meine PS2 ist zwar momentan in einer Kiste verpackt, aber ich weiß, dass sie ihre Zeit noch einmal haben wird. Wenn es soweit ist, gebe ich TimeSplitters auf jeden Fall eine Chance.

    Vielen Dank für Deinen Text!

    1. Danke Andre, das freut mich! Kleiner Tipp, im Spiel “Homefront: The Revolution” gibt es ein Easteregg wo man die ersten beiden Level von TimeSplitters2 spielen kann.

      Das Original auf PS2 dürfte aber auch heute noch seinen Reiz haben 🙂

      André Eymann