Kurzgeschichte Nummer 2: Nachdem ich, wie bereits in der vorherigen Geschichte erwähnt, im Januar 1984 zum ersten Mal auf einem C64 gespielt hatte, wollte ich natürlich auch so einen „Brotkasten“ haben. Aber das Taschengeld eines Achtjährigen reichte für so teures Spielzeug leider noch nicht aus.
Auch in meinem engeren Freundeskreis hatte (noch) niemand einen eigenen C64, mit dem ich hätte spielen können. Weihnachten war gerade erst vorbei und mein Geburtstag noch ein gutes halbes Jahr weg. So blieb mir das virtuelle Zocken vorerst verwehrt. Aber es näherte sich ein einmaliges Ereignis in meinem Leben, welches der ganzen Geschichte nochmal eine Wendung geben sollte. Ich freute mich überhaupt nicht darauf und auch im Nachhinein kann ich der ganzen Sache kaum etwas Positives abgewinnen: Meine Kinderkommunion.
Ich hatte davor nicht viel mit der Kirche am Hut und auch danach nur das Nötigste. Jeder kann ja an Gott oder was anderes glauben, aber für mich war das Thema Kirche immer ein Zwang. Wir hatten Kommunionsunterricht bei einer gefühlt 80-jährigen Dame, die mit Grundschulkindern einfach nichts mehr anfangen konnten.
Dementsprechend unmodern, selbst für die 1980er Jahre, lief der Unterricht ab. Hauptsächlich ein stures Auswendiglernen von Gebeten, Kirchenliedern und Auszügen aus der Bibel. Ansonsten bin ich recht gerne zur Schule gegangen, aber dieser Kommunionsunterricht war mir ein einziger Graus.
Einige Verwandte fragten mich dann, was ich mir denn zur Kommunion wünschen würde. Ich antwortete allen: „Einen C64!“. „Was ist das denn?“, kam meistens als Antwort zurück. „Sowas wünscht man sich aber nicht zur Kommunion. Vielleicht eher eine Kette, eine Armbanduhr oder ein gutes Buch?“ Je näher diese Kinderkommunion rückte, desto mehr zweifelte ich daran, dass mein großer Wunsch in Erfüllung ging. Nichts deutete darauf hin.

Wir feierten meine Kommunion zu Hause in der Wohnung. Ich hatte damals zwei Kinderzimmer für mich, eins zum Schlafen und eins zum Spielen. Mein Spielzimmer wurde fast leergeräumt, denn dort wurde ein großes Buffet für die Gäste aufgebaut. Mein Schlafzimmer musste ich gründlichst aufräumen, denn es kamen auch ein paar Cousins, Cousinen und andere Kinder zu Besuch. Dann wurden dort je ein große Kiste Lego und Playmobil reingestellt, damit die kleineren Kinder während der Feier etwas zu spielen hatten.
Kommunionskinder wurden bestohlen
Einen Tag vor der Kinderkommunion wurde unser Briefkasten aufgebrochen. Einige entfernte Verwandte und Bekannte hatten Briefe mit Geld an mich geschickt. Meine Eltern fragten Tage später bei den Absendern der Geldgeschenke nach und dann kam heraus, dass man mir mehrere Hundert D-Mark gestohlen hatte. Zwei anderen Kindern aus unserem Mehrfamilienhaus sowie ein paar anderen Mitschülern war es ähnlich ergangen.
Die Namen aller Kommunionskinder standen mit kompletter Adresse in der lokalen Stadtzeitung. So war nun mal der Datenschutz in den 1980er Jahren. Meine Mutter hat dann noch einige Tage regelmäßig den Briefträger direkt vor Ort abgefangen, damit keine Post mehr im Briefkasten landet. Nachdem meine Eltern einige Briefe geschrieben und viele Telefonate geführt hatten, bekam ich ein paar Monate später von einer Versicherung einen Großteil des Geldes zurückerstattet.
Der langweiligste Tag meiner Kindheit
Am großen Tag stand ich dann mit schwarzem Kommunionsanzug in der Kirche. Etwa 40 Kommunionskinder und hunderte von Eltern und Verwandten brachten die kleine Kirche an ihre Kapazitätsgrenzen. Wie zu erwarten war die Messe für mich ein lästiges Pflichtprogramm.
Als wir dann endlich nach Hause kamen, gab es für die Erwachsenen erstmal einen Sektempfang. Ich musste Dutzende Hände schütteln und mir wurde viele Male über die blonden Haare gestreichelt. Ich bekam auch kleine Geschenke: eine Kette, eine Uhr, ein Buch und sogar einen Rosenkranz. Aber alles weit weg von meinem eigenen C64.
Nach der ersten Begrüßungsorgie durften die anwesenden Kinder in mein Zimmer gehen und ich hörte wie dort die große Playmobilkiste auf meinem Kinderzimmerteppich verteilt wurde. Meine Mutter hinderte mich daran, unauffällig den anderen Kindern zu folgen. Ich musste brav am Tisch sitzen bleiben und einigen Erwachsenen bestätigen, wie groß ich doch inzwischen geworden war.
Ungefähr eine Viertelstunde später kam mein Stiefvater zu uns ins Wohnzimmer und meinte zu mir: „Kannst du bitte mal mit ins Kinderzimmer kommen? Ich glaube, die Kleinen haben da was von deinem Spielzeug kaputt gemacht.“ Sofort sprang ich auf. Im Grunde war es mir egal, wenn irgendwas von Playmobil oder Lego kaputtgegangen war. Ich mochte meine alten Spielsachen, aber es war davon nichts unersetzbar gewesen. Meine Eltern, meine Onkel und Tanten und sogar meine Oma folgte mir in mein Kinderzimmer, in dem ringsherum einige Kinder saßen. Ich schaute auf den Boden, aber da wurde gerade nur ein Playmobil-Westernfort aufgebaut und es lagen einige Einzelteile wild daneben. Was sollte denn hier kaputtgegangen sein?
Plötzlich doch der schönste Tag meiner Kindheit
Dann schaute ich auf mein Bett und die pure Freude platze aus mir heraus. Da stand er! Bereits ausgepackt und angeschlossen. Mein eigener C64!
Meine Mutter sagte: „Das ist dein Geschenk von uns allen zusammen.“ Ich flippte aus vor Freude und umarmte meine Mutter und alle anderen, die irgendwie in der Nähe waren. Mein drei Jahre älterer Cousin hatte den Commodore vorher bereits ausgepackt und an meinen kleinen, alten Fernseher angeschlossen. Hinterher erfuhr ich, dass er bereits vor einigen Wochen selber einen C64 bekommen hatte, aber er durfte es mir wegen meiner Kommunion nicht verraten.
Er sagte dann auch gleich „Deine Eltern haben vergessen einen Joystick zu kaufen.“ Meine Mutter fragte: „Einen was?“ Ich sagte nur: „Egal, zwei Joysticks kann ich von meinem Taschengeld selber bezahlen.“ Ich hatte dazu die Spiele „Super Pipeline“ und „Frogger“ geschenkt bekommen, aber nur Frogger konnte man auch ohne Joystick spielen. Also wurde die Kassette „Frogger“ in die Datasette eingelegt und sicherheitshalber nochmal ganz zurückgespult.
Mein Cousin hatte mir einen Zettel mit den wichtigsten Befehlen aufgeschrieben. Nach einigen Minuten war das Spiel dann endlich geladen und ich konnte das erste Mal Frogger auf meinem eigenen C64 spielen. Ich war stolz wie Bolle, als alle Anwesenden um mich herum auf den kleinen Frosch schauten, den ich über eine viel befahrene Straße steuerte. Doch meistens verursachten die Autos Froschbrei oder die Amphibie ertrank im Wasser. Natürlich wollten auch die anderen anwesenden Kinder zeigen, wie man so einen Frosch lenkte. Da ich noch weitere Gäste begrüßen musste und zwischendurch mich auch mal am eigenen Buffet stärkte, wechselten wir Kinder uns am C64 ab.
Der Brotkasten lief noch bis spät am Abend. Als alle Gäste wieder die Heimreise angetreten hatten, durfte ich noch eine letzte Runde Frogger spielen, bevor ich ins Bett musste. Ich weiß noch, dass ich am nächsten Morgen schon ganz früh wieder den virtuellen Frosch über die Straßen hüpfen ließ. Es war ein Montag und ich musste mittags erneut zur Kirche. Aber dafür hatte ich schulfrei und konnte mich nachmittags ganz alleine wieder an den C64 setzen. Zwei Joysticks haben wir dann noch ein paar Tage später dazu gekauft.

Fazit: Beim Aufschreiben dieser Kurzgeschichte fallen einem so viele Kleinigkeiten wieder ein, die man lange vergessen hatte. Wie man sieht, gibt es sogar noch Bilder von mir und dem C64. Frogger gehörte nie zu meinen Lieblingsspielen. Aber es bleibt für immer das erste Spiel auf meinem eigenen C64.
FROGGER 64
Erscheinungsjahr
1983
Entwickler
Andrew Challis
Publisher
Interceptor Micro’s
Genre
Action
Kennt ihr Frogger vielleicht auch? Wie hat euch das Spiel gefallen? Habt ihr vielleicht ähnliche Erinnerungen an eure Kindheit?
14 Kommentare