Diese Geschichte habe ich nach einer guten Flasche Rotwein im Jahre 2003 niedergeschrieben. Vielleicht war es das Retrofeeling welches mich dazu bewegte, oder halt nur die Angst diese schöne Zeit aus dem Gedächtnis zu verlieren (vielleicht war es aber auch nur der Rotwein). Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2025 und da mir noch ein paar Details eingefallen sind, habe ich die ganze Story etwas erweitert und hier bei VSG herausgebracht. Viel Spaß beim Lesen…
In the beginning

Dies ist meine Geschichte wie ich zum Computer kam. Es muss schon sehr lange her sein, als ich mich für elektronische Spielereien interessierte, ich sag mal so gegen 1972. Damals fuhr ich mit meinen Eltern in den Ferien öfter nach Holland an die Nordsee (Campingurlaub). Ja und damals viel schon auf, das es in Holland etwas moderner und freier herging, als im biederen Deutschland. Es gab bessere Pommesbuden und Fastfoodketten, aber es gab auch schon die ersten Spielhallen, die bei uns erst Jahre später auftauchten.
Dort stand ich also damals erstmalig vor einem Teletennis-Spiel (sehr wahrscheinlich ein PONG-Automat von Atari) und staunte nur, das man auf eine Fernsehröhre mittels den Paddels (Drehreglern), den Bildschirminhalt verändern konnte. So etwas gab es bis dahin für mich noch nicht. Da das Geld (25 holländische Cent pro Spiel) knapp war, konnte ich nicht sehr oft an diesem Automaten spielen, sondern eher mehr zuschauen, wenn andere spielten. Außerdem musste ich immer meinen Bruder überreden mitzuspielen, da es ein „two player game“ war.
In den darauf folgenden Jahren passierte dann eigentlich wenig in Bezug auf Videospiele. Ich schloss meine Ausbildung als Elektromechaniker bei der Firma Siemens im Jahre 1975 ab.
Danach wurde ich als „Fehlersucher von Baugruppen“ in der Firma beschäftigt. Überwiegend wurden zwar Relais gefertigt, doch so nach und nach kamen auch die ersten elektronischen Schaltungen dazu. Die Relais oder auch die so genannten „Schienen und Rahmen“ wurden auf einer Prüfanlage Namens „ALFA“ geprüft. Folgend eine Skizze davon.

Und noch ein altes Originalfoto der Maschine mit aufgespannten Rahmen, der mit 70er-Relais bestückt ist. Links vom Tisch in einer Schublade, befand sich der Lochstreifenleser. Vorn im Pult eingebaut: Pegelmesser (db bzw. Neper Anzeige), in der Mitte eine Nixieröhrenanzeige. Diese zeigte den Prüfschritt an, den die Maschine gerade ausführte. Daneben ein Spannungsmesser. Gelötet wurde damals schon mit Weller-Lötkolben. Später kam noch die „ALUP“ Prüfmaschinen hinzu. Beide Prüfautomaten wurden über Tally Lochstreifenleser gesteuert.



Aber kommen wir zurück zu den elektronischen Baugruppen. Diese musste ich auf elektrische Funktion prüfen und die fehlerhaften Baugruppen reparieren. Das schaukelte sich in den nächsten Jahren immer weiter hoch, so das aus der 1-Mann-Abteilung eine 5- bis 10-Mann-Abteilung wurde.
Und dann endlich, ich weiß nicht genau wann (ungefähr 1980), kamen die ersten Computer zum Einsatz. Sie dienten in erster Linie dazu ein Prüfprogramm ablaufen zu lassen, das die zuvor manuelle Prüfung automatisierte. Dabei wurden auch die Messgeräte vom Computer gesteuert. Einer der ersten Computer war ein Hewlett-Packard mit der Bezeichnung HP9825A. Es war ein so genannter Tischcomputer mit einem eingebauten Kassettenlaufwerk und Drucker. Einen Bildschirm gab es damals noch nicht. Die Anzeige erfolgte in einem 32-stelligem rotem Display (es waren die Vorgänger der LED Anzeigen). Der Rechner hatte eine so genannte IEC-Bus Schnittstelle, mit deren Hilfe er mit den angeschlossenen Messgeräten kommuniziert (so wie heute auch noch).

Allerdings war es sehr mühselig auf dem einzeiligen Display ein Programm zu schreiben. Nun ja, das war also der Anfang. Wir durften zwar noch nicht an diese Rechner ran, außer vielleicht ein LOAD oder RUN einzutippen, um ihn morgens zu starten (die Herren Ingenieure kamen ja erst später zur Arbeit ☺!), aber man fängt ja immer erst klein an.
In einer anderen Abteilung wurde dann etwas später ein PET 2001 als Prüfrechner eingesetzt. Dieser überprüfte die Frequenz der Klingel, bei den schnurgebundenen Telefonen. Es gab insgesamt nur zwei dieser sogenannten Wecker-Prüfanlagen bei uns.


Dann aber so gegen 1981-1982 kamen die ersten HP9826A-Rechner, die auch in meiner Abteilung zur Baugruppenprüfung eingesetzt wurden (oder sogar nur hier, die anderen Abteilungen bauten ja immer noch Relais). Der HP9826A hatte einen großen Vorteil: er besaß einen eingebauten 7-Zoll großen Schwarz-Weiß-Monitor! Wow! Dazu kam ein eingebautes 5¼-Zoll Floppylaufwerk.
Intern war dort schon eine 68000er CPU mit 8 MHz am arbeiten. 512 Kilobytes on board, 400 x 300 Pixel HiRes Grafik
Das Betriebssystem (BTL), sowie die Programmiersprache (BASIC oder HPL), wurden von Diskette geladen.
Man kann sagen das durch diesen Rechner mein Computerfieber ausbrach (1982)! Und ich habe es bis heute noch nicht heilen können ☺ !
Es folgt ein Originalfoto einer Prüfanlage mit einem HP 9826 Rechner.




Der Wahnsinn beginnt

Kurzer Szenenwechsel: zu dieser Zeit (1981) lebte ich gerade geschieden von meiner ersten Frau, fuhr eine Kawasaki Z900 bis ich mir damit das rechte Schienbein brach; heißt: ein halbes Jahr Krankenschein und mit Gipsbein und Freunden durch die Kneipen und Spielhallen von Repelen getingelt. Ja doch, es gab mittlerweile nicht nur in Holland Spielhallen. Sie schossen wie Pilze aus dem Boden. Nun ich würde sagen wenn man eine solche Spielhalle morgens um 9:00 Uhr besuchte, ist man ein wenig abhängig, oder ? ☹ !
Ich verpulverte einiges im Monat an Markstücken in solchen Hallen. Spiele wie Space Invaders, Galaxian, Gorf, Defender, Berzek, Scramble usw. … zogen mich als SF-Fan in den Bann.
Ja es waren meistens die Weltraumspiele die mein Geld schluckten und nicht die Pac-Mans, Autorennen oder Donkey Kongs! Das ist wohl zurückzuführen auf das Verschlingen von Perry Rhodan Romanen in meiner frühen Jugend. Daraus resultierend, bin ich ein Star Wars Fan geworden ☺.






Es war die gleiche Faszination wie damals in Holland, welche mich zu solchen Automaten zog! Das halbe Jahr ging also dank der Videospielautomaten schnell vorbei und ich durfte dann auch wieder arbeiten. Zur selben Zeit ging ich noch mit Dietmar zur Industriemeisterschule. Irgendwann kamen wir auf die Idee, das wir uns nach Feierabend versteht sich, an einen HP 9826A setzen sollten und ein bisschen BASIC lernen wollten.
Ja und genau hier begann dann der ewige Konflikt zwischen Computer und User. Natürlich mussten wir erst mal stundenlang betteln, damit uns die Ingenieure an Ihre Heiligtümer ranließen. Das war nicht einfach, denn welcher Programmierer ließ sich damals ins Handwerk fuschen. Aber wir wollten ja nur ein bisschen Verständnis zum Computer aufbauen. Das ich heute noch vor so einem Ding hänge, hätte ich damals nicht geglaubt.
Also, während die Ingenieure sich mit HPL abplagten, versuchten wir es erst mal mit dem BASIC von HP. Jeden Tag ein paar Befehle nach Feierabend dazu gelernt, bis dann die ersten Programme entstanden (Lottozahlen Generator usw.). Mein Hauptziel war es jedoch von Anfang an, irgendwie ein Spiel zu programmieren. Wir entschieden uns für ein Autorennen. Die Straße sollte durch Print Zeilen zufällig erzeugt werden und das Auto war ein ASCII-Zeichen, welches am unteren Bildschirmrand durch zwei Tasten nach rechts und links gesteuert werden konnte.
Das sah dann ungefähr so aus… Das Omega-Zeichen sollte das Auto darstellen! ☺ Na gut, nicht besonders schick, aber für den Anfang?

Hier mal als Fotomontage

Ich begriff eigentlich schnell, das man mit einem Computer alles möglich Erdenkliche machen bzw. anstellen kann. Und so entstanden in diesem Jahr jede Menge Verbesserungsvorschläge, speziell im Bezug auf unsere Computer. Aber alle (wirklich alle) wurden von unseren Ingenieuren abgelehnt, mit der Begründung: das geht nicht! Ok, heute weiß ich es besser, die haben alle gelogen ☹ ! Auch begriff ich schnell, das die Programmiersprache BASIC für bewegte Spiele viel zu langsam war. So schlief unser „nach Feierabend programmieren“ langsam ein.
Um auch von der Sucht des Spielens in den Spielhallen weg zukommen, kaufte ich mir 1982 eine Atari Spielkonsole VCS 2600. Hier gab ich mein erstes Geld für Computertechnik aus. Ich glaube so 200,- DM hat die Konsole damals gekostet. Aber ich brauchte nicht mehr in Spielhallen mein Geld bringen, sondern konnte zu Hause vor dem Fernseher, so oft wie ich wollte, ein Spiel zocken. Natürlich mussten noch diverse Spiele-Kassetten gekauft werden.

Diese schlugen dann auch nochmal mit 50,-DM zu Buche. Als erstes wurde natürlich Defender gekauft, weil ich es in der Spielhalle nie ganz auf der Reihe bekommen habe. Später konnte man solche Kassetten auch in der Videothek ausleihen. Folgend zwei schöne Beispiele.


Aber so richtig lang Freude hatte ich daran nicht. Die Kassetten waren auf die Dauer zu teuer und man konnte selber nichts verändern bzw. programmieren. Also beschlossen Dietmar und ich uns einen echten Computer zu kaufen. Die Anzeigen der Firma VOBIS lockten uns nach Düsseldorf. Es war damals der einzige Computerladen weit und breit.
Angetan hat es uns der damalige Sinclair ZX81. Groß angepriesen für 200,- DM in diversen Zeitungen und mit entsprechender großer Erwartung, fuhren wir also eines Tages nach Düsseldorf und suchten VOBIS. Irgendwo und irgendwann fanden wir das Geschäft in einer Wohnsiedlung (es gab noch kein GPS ☺). Als der Verkäufer uns die beiden kleinen Päckchen über die Theke schob erschrak ich doch etwas; mit solch einem kleinen Computer hatte ich nicht gerechnet.
Die Originalgröße war so ca. 20 x 20 cm!


Aber es war mein erster eigener Computer. Hier ein paar Daten: Z80 CPU, 1 Kilobyte RAM, 8 Kilobyte BASIC ROM, Kassettenrekorder-Schnittstelle. Angeschlossen wurde er an einem Fernseher und lieferte dort ein Schwarz-Weißbild! Nun konnte man zu Hause so richtig programmieren, oder auch nicht ☹ !
Nach ungefähr 1-2 Bildschirmseiten Programm war der Speicher schon voll. Außerdem nervte das Einjustieren des Kassettenrecorders, so das die Lust schnell in Frust überging! Die Knackfroschtastatur war auch so ein zusätzliches Highlight! Kam man aus Versehen an den Stromversorgungsstecker schaltete sich der Rechner manchmal kurz ab, natürlich mit einem entsprechenden Programmverlust! Grrrrrr…
Also schnell wieder verkaufen, ich glaube ich hatte diesen Computer ca. 3 Monate.
Nachtrag: Zu dieser Zeit erwarb ich erstmalig im Supermarkt (Delta/Geisbruch) meine erste Computerzeitschrift. Sie hieß Homecomputer, hatte ein Hochglanz-Cover, aber innen wurde nur auf billigem Papier in schwarz-weiß gedruckt. Dort standen die ersten Listings für verschiedene Computersysteme (Apple, VC20, Tandy TRS80 und auch Sinclair ZX81). Mit solchen Listings sollte ich in den nächsten 2-3Jahren beschäftigt sein.

Das Listing für den ZX81 war natürlich ein Spiel. Wie es hieß, weiß ich nicht mehr, aber es ging um eine U-Boot Jagd. Man steuerte einen Kreuzer an der Wasseroberfläche und warf Wasserbomben über Board um die im Wasser befindlichen U-Boote zu treffen, ohne natürlich selber von den U-Booten abgeschossen zu werden. Es war eine absolute Blöckchen Grafik! Wie bei fast allen Listings wurde das Spiel nur Text mäßig beschrieben und dramatisch dargestellt.
Wie es wirklich aussah bekam man erst nach dem abtippen heraus. Leider war das Spiel in Maschinensprache gelistet. Man musste also nur 1 Kilobyte Zahlen eingeben. Ich habe das Spiel nie zum Laufen gebracht, konnte zwar kurz den Bildschirmaufbau sehen, aber dann verabschiedete sich der Sinclair (nennt man heute „Bluescreen“ ☹ ). Ich glaube mich zu erinnern das ich das Spiel sogar zweimal abgetippt habe, da beim ersten mal die Speicherung nicht geklappt hatte, oder hatte ich etwa erst gestartet und wollte dann speichern. Sollte man nie, niemals tun ! ! !
Weiter geht es dann im nächsten Teil der Reihe „Die Reise zu den Space Invaders“…
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