Back damals, ich sollte so 12 oder 13 Jahre alt gewesen sein, kaufte ich mir gebraucht das PC-Spiel „Freelancer“ – und landete damit einen Volltreffer! Eigentlich war ich nie wirklich am Thema Weltraum interessiert…
…den Berufswunsch „Astronaut“ als Kind mal ausgenommen. Natürlich war das frühe Jugendalter da jetzt nicht so weit von entfernt, aber woher es kam, dass ich bei dem Spiel zuschlug, weiß nur der Wind. Ich hatte sogar ein halbes/ganzes Jahr mit dem Kauf gewartet (könnte am mangelnden Taschengeld gelegen haben).
Gelesen hatte ich von Freelancer in meinem damaligen Standard-Magazin, der „PC-Action“ (04/2003, 92%!). Der heute sehr krasse Unterton, was alles zu Sarkasmus zählt und dass ich heute noch alle Redakteure auswendig kenne, gehört aber in einen anderen Artikel…
FREELANCER
Erscheinungsjahr
2003
Entwickler
Digital Anvil (Vereinigte Staaten)
Publisher
Microsoft Game Studios (Vereinigte Staaten)
Genre
Weltraum-Action
Aus alt mach Neu
Freelancer, aus dem Jahre 2003, ist ein Weltraumspiel, nein, ein Weltraum-Epos! Meiner Meinung nach nicht zu vergleichen mit anderen, einzig in seiner Art. Vor ungefähr einem halben Jahr dann, dachte ich mir „Marcel, spiel es nochmal“, installierte mir die uralte DVD und startete rein. Ich hatte es nur irgendwann in den 2010er-Jahren mal durchgespielt, es hatte aber keinen großen Eindruck hinterlassen.
Freelancer versucht Handel zwischen Planeten zu simulieren, hat über 50 handgebaute Systeme, mit Monden, Asteroiden, Planeten und allem was sonst noch dazu gehört und jede Menge Inventar, dass sich erlooten oder eben kaufen lässt. Ich fühle mich sofort zuhause. Gesteinsbrocken fliegen an mir vorbei, Handelsrouten lassen mich von Planet zu Planet flitzen und der Soundtrack ist schwebend und lauschig.
Vor allem hören wir Synthieharmonien die das wabernde Universum toll vertonen. Bunte Nebel fangen die Wurmlöcher ein, welche neben den Sprungtoren weitere Möglichkeiten bieten, zwischen den System hin und her zu springen. Diese sind zu Anfangs nicht kartiert und werden deshalb naturgemäß eher von Piraten genutzt. Also alles in allem: Toll wieder hier zu sein!
Über die Technik muss ich nichts sagen (und tu es doch kurz): Eckige Ringe und matschige Texturen, aber eine tolle visuelle Arbeit in der alles, ja, schwebt. Ein durchaus gelungener Auftritt (Lasst mich an der Stelle die Mod „Discovery“ erwähnen, wird bis heute unterhalten und hat unter anderem die Grafik nochmal mächtig aufgebohrt, meine Empfehlung).
Eine Gurke sie zu knechten
Wir starten zu Beginn mit einer Schrottgurke in den Weltraum, nehmen Aufträge an um über die Runden zu kommen oder neue Schiffe, Waffen, Schilde usw. kaufen zu können, fliegen zwischen Planeten und Systemen hin und her, um Waren zu kaufen und verkaufen oder fliegen in Asteroidenfelder um die enthaltenen Mineralien abzubauen.
Wir sind Edison Trend, freischaffender Tu-Nicht-Gut und Weltenbummler, ein Freelancer eben. Die Basis zu der wir gehörten, samt ihrer Bar, war in die Luft geflogen. Der Theorie nach steckte die Fraktion „Rheinland“ dahinter. Achso, Fraktionen: Von ihnen gibt es 4 Stück. Rheinland, Kusari, Liberty und Bretonia. Wer genau hinguckt, entdeckt vielleicht Gemeinsamkeiten zu Regionen hierzuplanet?
Wir treffen sehr bald auf „Junko Zane“, einer Agentin von Liberty. Diese fliegt mit uns der ersten Fährte nach.
Nach und nach lernen wir weitere Mitstreiter kennen, wechseln sogar mal die Gebiete und deren Fraktionen und so entwickelt sich ein bannender Thriller, dem wir folgen und zwischen dessen Missionen wir eigentlich nur Geld verdienen um weiterzumachen. Auch damals hatten Fraktionen schon Meinung übereinander: Bekämpfen wir in der einen Mission Rheinland-Fregatten, kommen wir im Freiflug kaum an der Rheinland-Polizei vorbei.
Dicht hintenan lautet die Devise
Aber malein Beispiel einer Storymission: Wir haben den Auftrag, einen Schmuggler mitsamt Artefakt festzusetzen. Dabei postieren wir uns in die Mitte einer Handelsroute und deaktivieren ein Routentor, sodass Schiffe dort den normalen Antrieb nutzen müssen. Dabei scannen wir jedes Schiff und dessen Frachtraum und auf einmal werden wir fündig.
Natürlich gibt der Verbrecher die Ware und sich selbst nicht freiwillig raus, also Feuer frei! Laserkanonen schießen zischende Strahlen und hier und da feuern wir einen Torpedo ab, der zwar langsamer ist, aber mehr Schaden anrichtet. In packenden Gefechten fliegen wir dicht hinter dem Bösewicht her, halten unser Fadenkreuz mit der Maus immer auf die errechnete Flugbahn des anderen, welche durch ein drehendes Kreuz dargestellt wird.
Nach dem Kampf atmen wir erstmal durch und sammeln ein, was von dem Schmuggler noch übrig ist. Die Ware, aber auch Nanobots und Schildbatterien, welche wir brauchen können, um unser Schiff augenblicklich zu reparieren. Abschließend fliegen wir wieder zur Basis, auf der wir es uns zuletzt gemütlich gemacht haben. Dort tauschen wir das Gesammelte in Space-Dollars um, um uns zu reparieren und weiter aufzurüsten.
Abseits der Geschichte gibt es noch eine Progression eines Levels. Wir steigen auf, indem der Gesamt-Geldbetrag steigt. Dieser setzt sich zusammen aus zum einen dem baren Zaster und zum anderen der umgerechneten Mark aus Equipment und Warten in unserem Frachtraum. Bestimmte Waffen oder Storypunkte stehen uns erst ab dem Level XYZ zur Verfügung. Außerdem steigt der Schwierigkeitsgrad der Aufträge mit dem Level.
Die Hauptstory als Start in die eigentliche Stärke
Das Ende der Hauptstory behalte ich mir mal vor, aber mehrere Enden gab es damals noch nicht. Die Geschichte ist ziemlich linear, was ich aber sehr mag. So stolpert man zu keinem Zeitpunkt fragend herum und wir lernen das Universum nach und nach kennen. Nach der Hauptstory jedenfalls startet das eigentliche Spiel, denn nun dürfen wir frei durch die Systeme fliegen, die besten Handelsrouten ausfindig machen oder uns sogar als Piraten versuchen! „Junko“ werden wir aber nie wiedersehen.
Mit der Zeit verbessern wir unsere Waffen, kaufen neue Fahrzeuge oder neue Ausrüstung und erweitern unsere Karte anhand von Systemen. Es entwickelt sich eine Neugierde, welche bislang unentdeckten Systeme es wohl noch so gibt und was wir finden werden, wenn wir ein solches das erste Mal betreten.
Welcher Art sind die Planeten, sollte es welche geben? Welche Basen und Stützpunkte finden wir abseits der Handelsrouten? Und was erwartet uns hier wohl grafisch? Und das alles passt nach wie vor! Vielleicht auch, weil der Schreibende damals ein riesen Fan von dem Ding war.
Zudem haben die Entwickelnden damals noch weitere Systeme eingebaut, die es zu entdecken gilt. In diesen „Modus“ habe ich wahrscheinlich wirklich JAHRE gesteckt. Ich liebte es abzutauchen und mich neben den verlorenen Französischklausuren wieder mächtig zu fühlen. Das waren definitiv aufregende Zeiten, denn wir erinnern uns, dass es neben GTA III damals noch keine wirkliche Open-World gab und diese ein völlig neues Konzept war.
Innovative Technik und bekannte Übeltäter
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um über die Steuerung zu sprechen. Diese war damals revolutionär, denn bislang kannte man, zum Beispiel aus „Wing Commander“, vor allem die Joysticksteuerung, wenn es um fliegende Gefährte ging. Hier aber benutzen wir Maus und Tastatur, was vortrefflich funktioniert. Ich würde sagen, diese ist einem Ego-Shooter gleich: Mit der Maus zielen wir auf die Objekte, mit WASD geben wir Gas oder Strafen. Klappt super auch auf dem Steam Deck, sobald man da seine Vorlieben gefunden hat.
Das Universum selbst ist riesig. Wir sehen schon: Diese Ambitionen, eine ebenfalls riesige Steuerung hinzubekommen, können nicht von vielen betrieben werden…
Denn beim Stichwort „Wing Commander“ treffen wir auf einen alten, aber mittlerweile berüchtigten, Bekannten: für die Entwicklung war nämlich über Jahre Chris Roberts verantwortlich. Und das schon Jahre vor „Star Citizen“. Im Gegensatz zu seinem derzeitigen Crowdansatz war aber Microsoft damals der Geldgeber – bis diese den Hahn zudrehten und die Entwicklung selbst in die Hand nahmen. Zu diesem und vielen mehr spannenden Trivias rund ums Spiel sei hier wärmstens die Stay Forever-Folge zu Freelancer empfohlen.
Gold sieht heute anders aus als früher
Kommen wir also mal zu den ein oder zwei Kritikpunkten, die es heute geben darf. Die Dinge, die zu tun sind, sind doch sehr überschaubar. Es ändern sich Statusse von Fraktionen und Gruppen zu einem selbst, je nachdem für wen wir Aufträge erledigen und wir können Basen eben betreten oder eben nicht.
Aber ansonsten ist es doch immer dasselbe: Auftrag suchen, Auftrag annehmen, Gefecht im All liefern, Geld einsacken und manchmal eine bessere Waffe davon kaufen. Selten gehen wir unter die Bergbauer, da im Vergleich der Verdienst doch schleppender heimkommt.
Auch das Piratsein ist nicht hundertprozentig meins, sowohl damals als auch heute. Gruppen wie die Polizei der jeweiligen Fraktion des Gebietes oder Unternehmen mit Geleitschutz haben es jederzeit auf uns abgesehen und Handelsrouten verweigern den Dienst. Das führt dazu, dass wir viel länger unterwegs sind, da wir eben alle Kilometer mit unserem normalen Schiffsantrieb zurück legen müssen.
Mein zweiter Kritikpunkt hat indirekt damit zu tun. Als Spielender heute bin ich es einfach nicht mehr gewohnt, 20 Minuten auf dem Weg zum nächsten Storypunkt durch das Weltall zu reisen. Das Travelling gehört überarbeitet, sollte mal ein ReRelease anstehen. Aber natürlich trägt es nach wie vor zu der Atmosphäre des riesigen Weltalls bei, in dem man unterwegs ist. Wird doch wieder reinschnuppert, sollte man sich dessen bewusst sein.
Mir ist es auch nicht gelungen wieder so gefesselt zu sein. Ich glaube, dass man eben doch eine engere Frequenz an Dingen, die passieren, gewohnt ist. Aber wie ihr vielleicht gemerkt haben werdet, ist das schon ein persönlicher Artikel. Ich bin in einer gewissen Romantik diesem Spiel gegenüber gefangen und sie ist es auch, die mich Freelancer immer wieder besuchen lässt.
Selbst in 1.000 Spielstunden werde ich es nicht geschafft haben, das gesamte Universum aufzudecken und mit dem letztmöglich aufgemotzten Schiff die Winkel des weitest-entfernten System zu erkunden. Mich würde wirklich interessieren, wie ihr die Sache seht und ob es noch mehr Menschen gibt, die genauso in Erinnerung schwelgen?
Der tolle Nachlass und der Ausblick
Als Tipp darf ich euch zum Abschluss noch auf das Indie „UnderSpace“ hinweisen, dass sich als direkten Nachfolger sieht. Es ist noch im Alpha-Status, aber schon im Early Access und die Systeme, die es schon gibt, hinterlassen bereits jetzt einen tollen Eindruck. Viele Dinge sind verbessert. So gibt es Werbetafeln an Handelsrouten und um anzudocken müssen wir nun lediglich nur noch durchfliegen. Es ist noch etwas sperrig und die Performance ist noch sehr roh, aber ich bin da guter Dinge.
Lieben Gruß und Viel Spaß beim Wiederentdecken!
Marcel
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