Ich mag keine Videospiele

Avatar von Florian Auer
Lesedauer: 5 Minuten

Das ist ein ziemlicher Claim, hier auf Videospielgeschichten, oder? Und tatsächlich, so richtig mag ich Videospiele nicht. Hin und wieder mal eine Partie mit Freunden ist ganz nett und ein schöner Zeitvertreib, aber alleine an einem Videospiel spielen? Das behagt mir gar nicht so. Moment, wer mein Profil sieht und meine Beiträge liest, kann erkennen, dass ich fast meine ganze freie Zeit mit diesem Hobby verbringe. Wie kann so etwas denn zusammengehen? Lasst mich erklären! Und ein bisschen ausholen.

Die frühen Jahre

Im Jahr 1989 war ich acht Jahre alt und ganz vernarrt in Disney-Comics, Lego und Playmobil. Meine Eltern machten sich nicht viel aus sozialen Kontakten, meine Schwester war viel älter als ich und schon ausgezogen, und so war ich oft alleine. Ich habe mit Lego ganze Welten gebaut, versucht die Playmobil-Themen irgendwie anders zu interpretieren als sie vorgegeben waren, und bin in Lustigen Taschenbüchern regelrecht versunken.

Mein Vater, der lange gearbeitet hat, brachte mir irgendwann Abends ein LCD-Spiel mit. So ähnlich wie ein Game & Watch, aber in schlechter. Ich glaube, es war von Tiger.

Ich habe mich ein bisschen damit beschäftigt, aber das Spielprinzip nicht verstanden und es schnell wieder zur Seite gelegt.

Game Boy Starter Set, CC-BY 2.0, Foto von Michel Ngilen
Game Boy Starter Set, CC-BY 2.0, Foto von Michel Ngilen

1991 dann, zu meinem zehnten Geburtstag, bekam ich einen Game Boy geschenkt. Mit dem Standard-Set mit Tetris.
Ich habe mich ein wenig damit beschäftigt, aber fand das Klötzchen stapeln recht uninteressant. Meine Mutter hingegen fand das sehr interessant, ebenso wie meine Schwester, und so hatten die Beiden den Game Boy in Beschlag.

Mich selbst hat das nur geärgert wenn sie gespielt hatten, weil sie dabei nicht mehr ansprechbar waren.

Also alles in allem kein erfolgreicher Start für Videospiele und mich.

Mein Vater war ein bisschen traurig weil mir das teure Geschenk nicht so gut gefallen hatte, aber als Zehnjähriger machte ich mir da keine so großen Gedanken.

Im September 1991 nahm er mich doch noch zu einem Spielwarengeschäft in der Nähe mit, und ich durfte mir eine weitere Spielekassette aussuchen.

Da ich von den RTL-Samstagmorgen-Cartoons Super Mario kannte und einige Schulfreunde davon schwärmten, dachte ich mir, ich greife da mal zu.

Das sollte alles ändern.

Super Mario Land, Screenshot Game Boy
Super Mario Land, Screenshot Game Boy

Ich war Mario, und hatte eine ganze Welt vor mir. Pyramiden und Wüsten, Wasserlandschaften, die Osterinseln, Asien… eine riesige Welt zum Erkunden und durchwandern.

Allerdings musste ich auch feststellen, dass ich ein ziemlich schlechter Spieler war. Super Mario Land ist nicht schwer, aber es dauerte Wochen, bis ich es geschafft hatte.

Endlich konnte ich mich auch für das begeistern, was meine Schulkameraden so toll fanden. Ich mochte Videospiele!

Kwirk, Screenshot Game Boy
Kwirk, Screenshot Game Boy

Begeistert kaufte ich vom Taschengeld im November 1991 noch ein Videospiel – das Game Boy Modul Kwirk. Ein ganz possierliches Puzzle-Spiel, das ich begeistert anfing… und nach einigen Tagen stehen ließ. Lieber spielte ich weiter an Super Mario Land.

Angeheizt vom Club Nintendo, dessen Mitglied ich nun war, wünschte ich mir zu Weihnachten 1991 ein NES, und dann brach meine Begeisterung aus.

Mega Man 3, NES Screenshot
Mega Man 3, NES Screenshot

Super Mario Bros., Super Mario Bros. 2, Super Mario Bros. 3, Mega Man 2, Mega Man 3… mit guten Noten in der Schule, Taschengeld, und Eltern, die ihre Zuneigung eher über Geschenke zeigten, konnte ich im nun folgenden Dreivierteljahr meine Videospielbegeisterung zum Ausdruck bringen.

Schließlich konnte ich im September 1992 dann auch ein Super Nintendo kaufen und die Begeisterung ging mit Super Mario World weiter, und gipfelte vorerst in Zelda 3: A Link To The Past.

Zelda: A Link to the Past, Super Nintendo Screenshot
Zelda: A Link to the Past, Super Nintendo Screenshot

Ihr wisst ja selbst, wie viele tolle Spiele es fürs Super Nintendo gab, und so kam ich voll auf meine Kosten. Adventures und Jump’n’Runs waren mein Genre. Gestützt von der Lektüre der Video Games und Club Nintendo kam ich mir wie ein richtig passionierter Videospieler vor.

Ja, bis ich mir das Spiel „Goof Troop“ gekauft hatte. Ich mochte Disney, ich mochte die Cartoons, ich mochte Goofy & Max – aber ich mochte dieses Spiel nicht. Ich wusste nicht warum, aber ich konnte dem Gameplay nichts abgewinnen.

Goof Troop, Screenshot SNES
Goof Troop, Screenshot SNES

Das Spiel sieht aus wie Zelda, ist aber ein Rätselspiel, in dem es darum geht, die Aufgaben in einzelnen (oder mehreren) Räumen zu lösen um weiterzukommen.

Selbstfindung

Es dauerte noch einige Jahre, bis ich verstand, wie ich eigentlich ticke. Also, in der Gesamtheit habe ich das noch nicht verstanden, aber ich kam langsam dahinter, welche Spiele mir gefallen und welche nicht.

Ich mag und mochte Jump’n’Runs gerne, Adventure-Spiele und Rollenspiele. Aber manche davon, selbst welche mit großem Renommee, wollten mir einfach nicht gefallen.

Hochgelobte Spiele, die ich nicht mochte, und eines gemeinsam haben.

Ich musste irgendwann einsehen, dass mir Spiele nicht gefallen, die den Fokus aufs tatsächliche Spielen setzen. Spiele, deren Hauptaugenmerk die Geschichte ist, die Erkundung, oder die Präsentation einer Welt, die es zu erforschen gibt, begeistern mich.

Spiele, bei denen ein sehr wichtiger Teil des Spiels Rätsel sind oder das ganze World building drumherum nur etwas Anstrich für die eigentlichen Spielmechaniken sind, gefallen mir nicht.

(Ein Grenzfall ist hier beispielsweise Breath of Fire III, ein ganz tolles Rollenspiel, das aber durch zu viele Minispiele beinahe in die „Gefällt mir nicht“-Gruppe fällt)

So gefallen mir die meisten Shooter nicht – aber Parodius, R-Type Final oder Ikaruga hingegen schon, weil sie eben mehr sind als nur ein Raumschiff durch scrollende Hintergründe zu bewegen.

Natürlich ist das alles nicht schwarz-weiß, und es gibt einige reine Spiele, die mir auch mal alleine gefallen (wie, nach vielen Jahren, ausgerechnet Tetris eines wurde). Doch allgemein würde ich sagen, dass ich bei Videospielen ein totaler Durchschnittsmensch bin, der sie mal gerne einlegt, aber nie lange spielt.

Aber wehe sie haben eine tolle Geschichte zu erzählen oder eine große Welt zum eintauchen.

Witzigerweise bin ich auch weiterhin in keinem Genre ein besonders talentierter Spieler, selbst bei Spielen, die ich mag. In Gran Turismo fahren mir alle davon. Spiel ich ein Match in Tekken online, lande ich im Nu am Boden. In Final Fantasy XIV bin ich schlechter als 75% der getrackten Spieler.

Aber wenn ich in Skyrim nach Solitude laufe, in Dragon’s Dogma die Wälder um Gransys unsicher mache, zum x-ten Male die verbotenen Wälder in A Link To The Past durchsuche, in Shining Force mit meinen Truppenmitgleidern spreche oder in Final Fantasy XIV als Ruby durch die Welten streife…

Dann ist mir die Leistung, oder das Spiel dahinter egal. Dann bin ich in dieser Welt. Dann genieße ich die Möglichkeiten, die sie mir bietet und sehe, was sich sonst noch so entdecken lässt.

Monster World IV, Screenshot Nintendo Switch
Monster World IV, Screenshot Nintendo Switch

Und Ihr so?

Auf die Idee dieses Spiels bin ich gekommen, nachdem sich ein Freund von mir Ballatro gekauft hat und total begeistert war.
Da habe ich erst bemerkt, wie wenig mich Spiele interessieren, die mich nicht in ihre Welt entführen.

Dennoch ist die Spielerei natürlich ein wunderbares, auch die Kreativität anregendes Hobby.

Wie sieht es bei euch aus? Gibt es bei euch einige besondere Eigenheiten oder spezielle Interessen, die euch ins Hobby ziehen, und die euch ohne diese speziellen Quirks der Spiele vielleiecht gar nicht begeistern würden? Findet ihr es vielleicht sogar engstirnig, wie ich das Hobby sehe? Ich bin sehr gespannt auf Meinungen und Kommentare.

Thilo NiewöhnerPeter GerhardtMarcelAlexander StrellenTobiAndré Eymann

Avatar von Florian Auer

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9 Antworten zu „Ich mag keine Videospiele“

  1. Avatar von André Eymann

    Lieber Florian, zunächst ein Riesen-Dankeschön für Deine Offenheit. Deine Geschichte enthält sehr viele persönliche Bezüge und Erinnerungen. Das ist so großartig.

    Dein Papa hatte seinerzeit allerdings auch großartige Dinge getan. Denn er hatte sich Gedanken gemacht und sogar einen zweiten Anlauf mit „einer weiteren Spielekassette“ genommen, um Dich glücklich zu machen. Und wenn man der Verlauf Deines Textes nachvollzieht, dann hat er einen Anteil an Deiner Videospiel-Liebe.

    Das die Fantasie ein Türöffner für Dich war („Pyramiden und Wüsten, Wasserlandschaften“) ist offensichtlich. Folglich ist auch Deine Leidenschaft für Story-based-games („Geschichte, die Erkundung, oder die Präsentation einer Welt, die es zu erforschen gibt“) logisch.

    In diesem Punkt ticken wir ähnlich. Ich bin zwar sehr ungeduldig bei RPGs (oft verstehe ich die komplexen Mechaniken nicht), aber wenn ein Spiel mit einer Geschichte und einer passenden Welt/Atmosphäre aufwarten kann, dann ist es um mich geschehen. Das klappt bei mir beispielsweise auch bei Shootern (BioShock, Half-Life etc.) ohne Probleme.

    Abschliessend möchte ich Dir sagen, dass ich es null-komma-null engstirnig finde, wie Du Dein Hobby siehst. Im Gegenteil. Du hast Deine Leidenschaften entdeckt und was gibt es Schöneres?

    Überhaupt: dieser Beitrag von Dir hat voll in mein Herz getroffen. So viel Liebe und Offenheit hier. Dafür möchte ich Dir nochmals danken. Denn für Texte wie diese habe ich VSG geschaffen!

    Tobi
    1. Avatar von Florian Auer

      Vielen, vielen Dank André 🙂 Ich werde auch in Zukunft schauen, so persönliche Geschichten hier mit einzubringen, denn ich denke, das macht Videospielgeschichten ja mitunter aus 🙂

      TobiAndré Eymann
      1. Avatar von André Eymann

        Danke! Streich das „mitunter“ 😉

        Tobi
  2. Avatar von Marcel

    …eine Kindheit, die meiner komplett gegenüber steht 😉

    Nintendo war bei uns böse und kam nicht ins Haus, da Kind sonst „eckige Augen“ bekommt. Das änderte sich zum Glück mit dem Einzug eines Amiga 500 und vor allem Giana Sister…

    Und ich mag dein Resumee. Es geht eben nicht um Leistung, sondern, zumindest für mich, Abtauchen in die Welt, als Leistung das Level zu schaffen, sonst nichts…

    Nur bei Story etc. bin ich anderer Meinung (So wie ich dich verstanden habe), ich bin eher ein Gameplayfan!

    Danke für deine tollen Einblicke!

    Florian AuerThilo NiewöhnerAndré Eymann
  3. Avatar von Dennis Deuster

    Interessanter Blick auf unser aller liebstes Hobby. Ich habe zu C64-Zeiten tatsächlich sehr viele Games ohne echte Story gespielt. Damals merkte man den Spielen eben noch ihre Herkunft aus der Arcadehalle an: Begrenzte Leben, Hiscore-Jagd, hoher Schwierigkeitsgrad. Hat mich aber nie gestört. Ich habe mich da aber auch für ein breites Spektrum interessiert: Handelssimulationen wie Vermeer oder Hanse haben mich genauso gefesselt wie Arcade-Spiele vom Typ Henrys House oder Who Dares Wins.

    Meine Liebe zu (J)RPGs kam tatsächlich mit Final Fantasy VI, das für mich bis heute das beste Spiel des Genres ist. Auch wenn FF VII noch mal ein echter Meilenstein in puncto Grafik und Sound war und auch ein tolles Gameplay mit dem Materia-System hatte, war mir die Story in jungen Jahren teils etwas zu „abgehoben“ und überkomplex. Teil VI hingegen schafft es noch heute, dass ich mich für die Schicksale aller Charaktere interessiere und eine echte emotionale Bindung aufbaue.

    Ich finde aber leider auch, dass gerade Final Fantasy, aber auch das Genre insgesamt sich seit FF X nicht zum besseren weiter entwickelt hat. Immer mehr Effekthascherei bei den Kämpfen (alleine dafür hasse ich FF XIII, neben dem bescheuerten Kampfsystem), immer weniger Handlung abseits vom typischen Quests-Absolvieren… Gerade FF VI hat so viele bewusste Pausen in der Story, man denke nur an den Hideout der Returner oder die Eröffnungsszene in der World of Ruin!

    Kurzum: Zu neueren JRPGs finde ich immer schwerer Zugang. Schade eigentlich.

    André EymannTobiFlorian Auer
    1. Avatar von Florian Auer

      Gegen Mitte / Ende der 2000ern kam bei JRPGs der komische Trend auf, System auf System auf System zu legen, wobei die Spiele ihre Immersion verloren haben und tatsächlich zu dem wurden, was ich nicht mag.

      Seit 2015 aber finde ich, dass der Trend wieder zurückgeht und jetzt wirklich einige sehr verständliche JRPGs entstanden sind. Von klassisch inspirierten wie „I Am Setsuna“ oder dem famosen „Child of Light“ bishin zu modernen RPGs wie dem „Trials of Mana“ remake oder „Xenoblade Chronicles 3“, das zwar auch viele Systeme hat, die aber derart leicht zu verstehen sind dass sogar eine Null wie ich das Spiel platinieren konnte 🙂

      André Eymann
  4. Avatar von Eric

    Sehr sehr spannend. Ich mag Videospiele sehr. Allerdings musste ich mich auch finden, weil ich mich selbst als ‚Very Bad Videogamer‘ bezeichnen würde. Alles, was kompetitiv ist, bin ich schlecht (bis auf GoldenEye oder Mario Kart). JRPGs kann ich bis heute nicht viel abgewinnen.

    Wo meine liebe aber entstand, sind Coop-Spiele. Überall da, wo man gemeinsam unterwegs ist, geht mein Herz auf. Aber auch, wenn es wenig Interaktion gibt und mehr so die Story im Vordergrund steht (Snatcher, Point n Click). Und natürlich Arcade, weil’s einfach kurz und spaßig ist.

    TobiFlorian AuerAndré Eymann
    1. Avatar von Florian Auer

      Das mit den kompetetiven Spielen verstehe ich! ^^ Welche Spiele spielst du denn gerne Coop?

      André Eymann
      1. Avatar von Marcel

        Bruder und ich spielen gerade, für den schnellen Spaß wenn man sich ein paar mal im Jahr sieht, Broforce. Ist wie Contra aber reicht für mich nach einer Stunde.

        Aber was ich empfehlen kann ist Dysmantle, eine dystopische Welt, ohne düster zu sein, Untote, und eine komplett zerstörbare Umgebung. Das war wirklich eine tolle Erfahrung.
        Mein Tipp!