Ein Foto, ein Ticket, zwei Messebesuche zur CeBIT Anfang der 90er Jahre. Begleitet mich, wie ich in einem Sammelkarton und meinem Gedächtnis krame.
Bevor ich in den alten Unterlagen blätterte, fehlte mir die Trennschärfe bezüglich der zeitlichen Einordnung. Nach mehr als 30 Jahren merke ich schon, woran ich mich nicht mehr erinnern kann. Aber zum Glück wurden Papierfotos damals mit einem Stempel auf der Rückseite datiert und auch die Prospekte lassen sich ihrem Jahr zuordnen.
Erster Besuch: 1992
Starten wir im Jahr 1992. Meine Freunde und ich hatten schon einige Jahre zusammen mit den Commodore Amigas Spaß gehabt. Ähnlich wie bei bekannten Demoszene-Gruppen zeigten sich unterschiedliche Vorlieben in der Beschäftigung mit Coding, Grafik oder Musik. Mich haben besonders die Soundtracker-Programme begeistert. Aber Spiele haben wir alle zusammen gerne und viel gezockt. Wir befanden uns zu jener Zeit im Übergang von Schule zu Studium oder Berufsleben und bekamen die Gelegenheit, mit dem Vater eines Freundes erstmalig zur CeBIT zu fahren.
Nach einigen Stunden Fahrt und Stau aus dem hohen Norden kommend, erreichten wir Hannover-Laatzen. Und was soll ich sagen, ich habe keine Erinnerung mehr an das gesamte Drumherum der Messe. Denn es war ja keine Spielemesse wie heute die Gamescom, sondern in erster Linie auf geschäftliches Publikum, Systeme und Hardware ausgerichtet. Homer Simpson hätte damals gesagt: Lang-wei-lig!
Aber immerhin, auf dem Weg zur Halle von Commodore konnten wir viele Werbegoodies abgreifen. Gummibärchen in Kopiererform wurden direkt vernascht, die Notizblöcke reichten bei mir zu Hause noch für Jahre. Disketten konnte man auch immer gebrauchen und überschreiben.
Und dann erreichten wir den interessanten und überfüllten Bereich der Messe: der Commodore-Stand. Oder was daraus von den meist jugendlichen Fans gemacht worden ist.

Wie ich erst nachträglich im VSG-Artikel zur AmiExpo gelernt habe, gab es eine gewisse Tradition mit den Stellwänden, an denen sich „Scener“ verewigen durften.
Bei der CeBIT hat diese Fläche anscheinend schnell nicht ausgereicht und die Situation eskalierte in einen Wettbewerb, wer höher und auffälliger taggen, kleben, sprayen konnte. Das Commodore-Logo zu crossen, empfand ich schon damals als „lame“. Die Lage wurde von Standpersonal und Security aus der oberen Etage des benachbarten Standes kritisch beobachtet. Ich habe keine sichere Erinnerung mehr daran, ob einzelne Leute rausgefischt wurden, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Unser Ziel war ja eigentlich auch, die neuen Computer wie den Amiga 600 und ein CDTV-Gerät zu bewundern. Beide Weiterentwicklungen der Amiga-Reihe haben uns damals nicht angesprochen. Ich weiß noch, wie sich ein Arbeitskollege etwas später einen Amiga 600 kaufte und schwer enttäuscht war, welche Games bei ihm alle nicht funktionierten.
Zweiter Besuch: 1993
Im folgenden Jahr hatten wir eine bessere Ausgangslage: ein Freund studierte mittlerweile in Hannover und konnte Übernachtungsplätze anbieten. Somit konnten wir auch das Abendprogramm mitnehmen. Wir hatten uns vorgenommen, zu einer Demoszene-Party zu gehen und es auch tatsächlich geschafft. Fragt mich nicht, wie die Party hieß oder wer sie ausgerichtet hat. Aber es war sicher eine der „offizielleren“. Wir fanden sie in einer großen Halle, gefüllt mit langen Reihen von Menschen vor Computern. Das kann man sich also so ähnlich wie die späteren LAN-Parties vorstellen.
Es gab verschiedene Wettbewerbskategorien für die Demos, aber wir spielten nicht in dieser Liga mit. Dabei sein war alles. Auf der Bühne gab es im Rahmenprogramm auch eine Live-Performance von elektronischer Musik. Zu der Zeit war „Don’t you want me“ von Felix ein großer Dance-Hit, der auch gespielt wurde.
An Musik kann ich mich immer gut erinnern. An die Messe selbst habe ich dagegen keine Erinnerungen mehr. Dafür habe ich aber noch zwei Prospekte von Commodore und Atari gefunden, die klar machen, wie versucht wurde, die neuen Computer nicht mehr für Spieler, sondern für „Multimedia“ zu vermarkten. Das war das große Schlagwort der Zeit. Atari versuchte, es in der Broschüre zum neuen Falcon030 zu verbildlichen.



Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich dieses Bild aktuell wiederentdeckt habe. Genau so würde ich mir heute das Ergebnis aus einer generativen KI vorstellen, der man vorgibt: „stelle alle bekannten Medien und Geräte in einer familiären Wohnzimmerszene der 80er Jahre dar“.
Es ist einfach zu komisch: das Kind umklammert ein Rohr als Joystick, das durch den Sitz geführt hinten wieder austritt. Mutti freut sich darüber und löffelt aus einer großen Schüssel Eis (oder Popcorn?). Vor ihr in der Schrankwand ist ein obskures Computerterminal eingebaut. Darüber ist ein Ghettoblaster platziert, denn die HiFi-Anlage reicht wohl nicht. Im Hintergrund, getarnt durch eine Grünpflanze, ist ein Camcorder auf einem Stativ zu sehen. Was er filmt, bleibt im Verborgenen. Wer mag, kann auch gerne die Spielszene auf dem Schachbrett analysieren.
Was blieb also von der CeBIT ’93?
Zunächst ein Mal war am nächsten Morgen meine Stimme weg, wie ausradiert. Und ich hatte überhaupt keine Lust mehr auf irgendwelche Messen mit Menschenmassen. Ebenso folgte ich auch nicht mehr den neuen Entwicklungen von Commodore, wie dem Konsolenkonkurrenten „CD32“. Die Nutzung von Computern war für mich auch immer in die Dynamik meines Freundeskreises eingebunden. Dort hat auch keiner mehr neuere Amigas gekauft. Mit Commodore ging es dann auch rapide bergab.
Ich war zufrieden mit dem Amiga 500 wie er war und habe noch weiter damit Tracker-Musik gebastelt. Dann ergab sich durch die Gewöhnung aus der Arbeitswelt parallel der Umstieg auf den PC, der zunehmend mehr Möglichkeiten für die Musikproduktion zu Hause bot.
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