Alle daddelten Tetris auf ihrem klotzigen beigefarbenen Game Boy von Nintendo, während eine wesentlich kleinere Gruppe das Konkurrenzprodukt von Sega liebgewonnen hatte: den Game Gear. Und meine Eltern? Die hatten einfach beide. Warum für mich der Game Gear trotz geringer Verwendung dennoch seinen Reiz hatte, wollte ich hier einmal in Worte fassen.
Nintendos Game Boy ist wahrlich ein Kultobjekt. Seine hochkante Form, seine Portabilität und seinen schier unglaublichen Umfang an Spieletiteln machten ihn zum berühmtesten Handheld aller Zeiten. Und fast jeder, der diesen Artikel liest, wird ihn mindestens einmal in der Hand gehalten haben; die meisten dürften den mitgelieferten Titel „Tetris“ gespielt haben und genau in diesem Moment einen Ohrwurm von der Hintergrundmusik haben.
Zwar macht Nintendo heutzutage keine Game Boys mehr, aber das Grundprinzip des Handheld lebt in der Switch weiter. Mit der praktischen Option, mithilfe einer Dockingstation es zu einer stationären Konsole umzuwandeln. So weit konnte allerdings keiner der Herrschaften von Sega denken, denn ihr Kandidat hatte es mitunter etwas schwieriger. So sehr, dass der mäßige Erfolg des Nachfolgers zur Aufgabe des Bereichs „Handhelds“ führte.
Die Rede ist vom 1990 erschienenen Game Gear. Beschrieben wird sie als mobiles Sega Master System. Ein herausstechendes Merkmal gegenüber der Nintendo-Konsole: das Display kann Farbe darstellen und das Zubehörportfolio erlaubt eine gewisse Multimedia-Fähigkeit. Eine in der Hinsicht umfangreichere Welt…waren Kunden bereit, den doppelten Preis eines Game Boy (300 statt 150/170 Mark) zu blechen.
Game Boy und Game Gear in Koexistenz
Klar, wenn man in den 90ern mit der Technik ein wenig mitgehen wollte, war mein Vater beim Kauf von technischem Schnickschnack gerne mit dabei. Früh genug existierte schon ein beigefarbener Game Boy im Haushalt, an dem jeder seine Freude hatte. So ein Handheld war auch schneller zur Hand und flotter betriebsbereit als ein fettes 486er-System mit Windows 3.1.
Trotz IBM-kompatibler Dominanz gehörte der Mobile-Gaming-Markt im Hotel Mama der Marke Nintendo. Logischerweise kamen im Laufe der Zeit auch mal von No-Name-Marken billigere Konsolen rein, da war so ein Game Boy nach wie vor haushoch überlegen. Ironischerweise gab es in der Zeit keine stationäre Konsole des Game-Boy-Herstellers. Sondern von der Marke, die für ihren blauen Igel Sonic bekannt ist.
Da war es für meinen Vater spannend genug, im Laufe der Zeit neben einem Master System II und einem Mega Drive auch noch einen Game Gear zuzulegen. Ausgerechnet bei meinen Eltern durften Game Boy und Game Gear in friedlichem Beisammensein leben. Und das in Anwesenheit von PC-Spielen. Konsolenkriege sind hier absolut passé. Ein Grundsatz, an denen wir uns alle richten sollten.
Rausgekramt für besondere Momente

Der Game Boy lag immer hier und da griffbereit herum. Und der Kram von Sega? Der wurde selten aus den Schränken geholt. Quasi wie „das gute Geschirr“. Von dieser Maßnahme war auch der Game Gear betroffen. Das hat allerdings zur Folge, dass die exakten Erinnerungen wahnsinnig verschwommen sind. Kein Kaufdatum, kein Preis, aber das Gerät hat existiert.
Laut Wikipedia-Artikel wurde der Game Gear mit dem Spiel „Columns“ verkauft, welches das Gegenstück zu Nintendos „Tetris“ darstellen sollte. Genau dieses Spiel hatten wir nicht da. Dennoch wurde ein Bundle vom Game Gear angeboten, welches unserer Konstellation ähnelt: die Konsole mit einem 4-in-1-Spielebündel namens „Sega Game Pack 4in1“.
Bei diesen vier Spielen handelte es sich um:
- Tennis
- Flash Columns
- Rally
- Penalty Shootout
Warum es nicht mehr Spiele wurden, bleibt unbekannt. Der Spielumfang beim Game Boy reizte offenbar mehr. Immerhin hatten wir mit dem Bundle dennoch das Sega-Tetris mit dabei.
Was wir aus der Zubehörauswahl noch hatten, war der TV-Adapter. Ein Cartridge mit Frequenzauswahl und Antenne, der es ermöglicht hatte, mit dem Game Gear terrestrisch übertragene Fernsehprogramme zu empfangen. Wenn auch nur über analogen Weg. Leider sind auch da meine Erinnerungen komplett verschwommen, was wir mit dieser portablen TV-Möglichkeit geschaut haben. Einzig im Kopf hängen geblieben ist das Fernsehprogramm des Mitteldeutschen Rundfunks, welches auf sage und schreibe 160 mal 144 Pixel lief.
Ein Bundle, vier Spiele und trotzdem Positivität
Mein junges Ich durfte damals eh noch nicht ins Internet, während ich heute als erwachsener Mensch nicht nur täglich darin rumhänge, sondern auch noch damit arbeiten muss. Als Jungspund musste das Motto „Weniger ist mehr“ herhalten und die fehlende Möglichkeit, sich eigenes Zeug anzuschaffen, fehlte schlichtweg. Da reichte das einzige 4-in-1-Bundle vollkommen aus.
Als Rennspiel-Liebhaber hing ich gerne an dem Rally-Spiel des Bundles. Selbst der sehr kurze Musikloop nervte mich gar nicht. Es war bloß immer witzig anzuhören, wenn der Soundprozessor die Musik bei Schlitterpartien in den Kurven kurz unterbrechen musste. Und man hat sich immer auf die Übergänge zu neuen Gegenden gefreut.
Tennis war insofern auch im Gedächtnis hängengeblieben, weil Sonic der Schiedsrichter war. Sonst ließen meine Fähigkeiten, den Ball vernünftig zurückzuspielen, sehr zu wünschen übrig. Ähnliches galt auch für das Elfmeterschießen, bei dem man nur eine grobe Richtung vorgeben musste, wo man hinschießen wollte.
Flash Columns war nicht wie Tetris. Eine Linie bauen war hier definitiv nicht das Ziel. Hier mussten Symbole (Kugel, Diamant, Herz, Kreuz) zusammenpassen und das Dreiergespann musste dementsprechend gedreht werden, was dem unteren Spielfeld immer näherkam.
Alles in allem genug, um uns dennoch mit dem Game Gear bei Laune zu halten. Dass wir allerdings nicht mal Sonic hatten, war schon erstaunlich. Für mich musste Sonic zu einer Sega-Konsole dazugehören.
Das Jahr 2021: Kevin will wieder einen Game Gear!

Im Erwachsenenalter schaue ich inzwischen gerne mehr zurück als vorwärts. So kam es durchaus vor, dass ich mir dutzende Kindheitserinnerung in Form von Käufen bei Auktionsplattformen oder Sozialkaufhäusern zurückerlangt habe. Dieses Vorgehen betreibe ich schon jahrelang mit PC-Spielen. Mit in diesen Erinnerungen dabei: unser Game Gear.
Ausgerechnet in den 2010er-Jahren ließ ich eine günstige Gelegenheit sausen, in einem auf Retrospiele spezialisierten Laden in Leipzig einen originalverpackten Game Gear für 50 Euro zu erwerben. Der Laden war auch bekannt dafür, lästige Kinderkrankheiten dieser Konsolen zu korrigieren.
Es ergab sich an jenem 12. Juni 2021 dank eines Inserats bei (Ebay) Kleinanzeigen die Gelegenheit, für wenig Geld einen Game Gear in Wuppertal von einer Privatperson zu ergattern. Bei angenehmem Wetter ins Auto gesetzt, Navi Richtung Wuppertal programmiert und in der Nähe der beliebten Schwebebahn geparkt. Zusammen mit dem ehemaligen Administrator des Blogs QUICK-SAVE.de – Sven Festag – holte ich beim Anbieter den Game Gear mit ein paar Spielen und einem Netzteil ab.
35 Euro kostete mich der ganze Spaß. Ziemlich günstig, würde man sagen. Auf dem ersten Blick. Der Verkäufer beschrieb einen typischen Defekt bei der Spielkonsole, die durch ein sehr dunkles Bild und fehlendem Ton resultierte. Kein Einzelfall, denn womöglich sehr viele unverbastelte Exemplare leiden an gewissen Inkontinenzproblemen bei den verbauten Kondensatoren. Punkt für Nintendo, dessen Game-Boy-Exemplare länger ohne Operation überleben können.
Doch keine Angst, nach der Abholung war ohnehin ein Besuch beim Kumpel aus Krefeld geplant, der sich bereit erklärt hatte, meinen frisch erworbenen Game Gear zu reparieren.
„Operieren oder Friedhof?“


Meine Löt-Fachkenntnisse ergeben gleich Null. Zwar würde ich den Lötkolben nicht so berühren wie eine gewisse Stock-Photo-Dame, aber da steckte ich lieber mein Vertrauen ins Handwerk des Kumpels. Was da allerdings an Bastelarbeit anstand, war mir gar nicht so sehr bewusst.
Fakt ist, das Kondensatorproblem beim Game Gear ist nicht unbekannt. Es ist so sehr verbreitet, dass bestimmte Shops entsprechende Kits mit der passenden Anzahl an Kondensatoren anbieten.
So wie ich das verstanden habe, hat Sega minderwertige und nicht sonderlich langlebige Kondensatoren auf sämtlichen Platinen verbaut. Insgesamt zwölf Stück auf der Videoplatine, fünf Stück auf der Soundplatine und drei Stück auf der Netzteilplatine bedürfen Austauschmaßnahmen, um dem Game Gear wieder richtiges Leben einzuhauchen. Erfreulicherweise lassen sich hochwertige und kompaktere Kondensatoren verbauen. Auf die Nachfrage, wie lange das nun halten wird, antwortete mein Kumpel mit nur einem Wort: „Ewig“.
Die Gelegenheit nutzte ich direkt, um bei ihm noch einige Game-Gear-Cartridges zu erwerben. Dies ermöglichte mir, die Gesamtspielanzahl auf zwölf Stück anzuheben. Elf mehr als damals. Natürlich durfte das 4-in-1-Spielbundle nicht fehlen.
Nebenbei bemerkt war mein Kumpel von dem Exemplar positiv überrascht. Vom Zustand her gab es zwar an vielen Stellen Kratzer, dennoch war das Gerät optisch in einem soliden Zustand. Erstaunen verursachte eine noch vorhandene Abdeckung des EXT-Anschlusses, mit dem man einen weiteren Game Gear per Linkkabel verbinden konnte. Der scheint normalerweise immer verloren gegangen zu sein.
2025 und er lebt immer noch

Einen Umzug in genau den Landkreis, in dem ich schon mal im Kindesalter einen Game Gear in der Hand halten durfte, hat die Konsole glücklicherweise überlebt. Und er funktioniert nach wie vor sehr gut. Zwar würde ich es nicht wagen, sechs AA-Batterien einzulegen, die flott verbraucht sind, aber das Netzteil erfüllt auch seinen Zweck. Und das Display ist wahrlich keine Schönheit, dennoch belasse ich es im Original. Trotz unschöner Flecken.
Zwischendrin wurde aber auch der TV-Adapter nachgekauft. Wenn auch mit etwas unschön aussehender Antenne, die inzwischen abmontiert ist. Im Jahr 2025 ist sie sowieso nutzlos. Ganz sinnlos ist der Adapter jedoch nicht, denn über ein Klinkenkabel können Videoquellen angeschlossen werden. Mithilfe von Adaptern sogar wesentlich jüngere Gerätschaften.
Meine Eltern habe ich mit meinem 2021 erworbenen Game Gear ebenfalls besucht. Der durfte sich neben dem von meinen Eltern in den 90ern erworbenen Game Boy gesellen. Dieser funktioniert ironischerweise nicht mehr und bedarf ebenfalls Reparaturmaßnahmen. Aber nicht wegen Kondensatoren, die Batteriekontakte haben ihre Spuren hinterlassen.
Als ich das 4-in-1-Spielebundle in den Cartridge-Slot vom Game Gear einschob und die Konsole anschmiss, dudelte die Titelmelodie des Menüs. Meine Mutter erkannte das Geräusch sofort und die positiven Erinnerungen schossen hoch. Während sie fröhlich nebenbei mit ihrer Switch zockte.
Ein Exot. Selten genutzt. Und dennoch klebt der Game Gear in den Erinnerungen. Jeder hatte den Game Boy, aber gerade Tech-Enthusiasten sehe ich in der Zielgruppe des Game-Boy-Konkurrenten von Sega. Farbdisplay, cooles A/V-Zubehör und ein Design, was nach Technik schreit. Und jedoch 1997 eine Entwicklungseinstellung erfuhr und 2020 als wesentlich unhandlichere Miniversion in Japan kurzzeitig wiederbelebt wurde. Zumal es Basteleien erfordert, ganz schön wuchtig in der Form ist und mit sechs AA-Batterien wahrlich kein Stromspartalent war.
Existiert in Euren Erinnerungen ein Sega Game Gear? Sind diese eher positiver oder negativer Natur? Oder seid ihr lieber auf der Nintendo-Seite des Mobile Gaming geblieben? Diskutiert darüber gerne in den Kommentaren.
Weiterführende Informationen
- Game-Gear.de – Ein sehr umfangreiches Informationsportal zum Sega Game Gear
- Neue TFT Displays für ATARI und SEGA Konsolen (hier im Blog)
Permalink: https://www.videospielgeschichten.de/was-fasziniert-mich-so-am-game-gear/
Unterstützen