Erinnerst du dich noch an dein erstes Paar Schuhe? Ich mich zumindest nicht. Aber ich erinnere mich noch genau daran, als die Buchstaben A und B in mein Leben getreten sind – und damit ist nicht das Lesen und Schreiben in der Schule gemeint.
Mein kleiner grüner Freund
Nintendo ist wahrscheinlich für viele einer der ersten Berührungspunkte mit Videospielen. Zum Entsetzen der Nintendo-Fans muss ich gestehen, dass ich nie einen NES oder SNES besessen habe – was mir im späteren Verlauf einen riesigen Defizit bei Super Mario und Co. einbrachte. Trotzdem sollte meine Kindheit nicht von Traurigkeit geprägt oder gar ohne Videospiele ausgekommen sein.
Es war das Jahr 1997 – mein sechster Geburtstag. An dem Tag schenkte mir meine Patentante etwas, was mein ganzes Leben verändern sollte. Ich habe den Moment noch genau vor mir: Ein paar Freunde und ich spielten ganz analog mit Spielzeug in meinem Kinderzimmer, als mir eine durchsichtige Verpackung und ein kleiner Karton in die Hand gedrückt wurden. Es war ein grüner Game Boy Pocket mit dem Spiel Pac in Time!
Ich war zunächst sprachlos und konnte es noch nicht ganz einordnen – jedoch kannte ich den originalen grauen Game Boy schon von Freunden. Ganz intuitiv öffnete ich die Box, in der der Game Boy verstaut war und steckte sofort das Modul rein. Immer noch wortlos, aber voller Euphorie startete ich das Gerät.
Alles um mich herum wurde egal: die Gäste, der Geburtstag, die Benjamin-Blümchen-Torte. Keiner konnte mich von meinem kleinen grünen Freund trennen! An diesem Tag lernte ich erstmals auch den steifen Nacken durchs Runterschauen kennen – noch bevor das Problem durch die Smartphones wieder populär wurde.
Ich bezeichne diesen Moment gerne als “mein erstes Mal” mit Videospielen. Zwar gab es in der Vergangenheit noch einen C64, aber ich war zu jung, um das Spielerlebnis aktiv wahrgenommen haben zu können – ich merke es immer wieder, wenn die Älteren über ihre Spielerlebnisse sprechen. Beim Game Boy war das anders: Er gehörte mir, mir ganz allein! (Noch heute liegt er voll funktionsfähig in einer Kiste.)
Kleine Taschenmonster hüpfen durch das Bild
Irgendwann hatte ich genug von Pac in Time und wollte mehr. Ich erinnere mich nicht mehr genau, was ich alles gespielt habe, aber ich weiß, dass ich eine Menge Spiele von älteren Nachbarskinder ausleihen konnte – unter anderem Duck Tales und Super Mario. Ich gebe zu, dass keines der Spiele mich wirklich für sich begeistern konnte.
Eines Tages kam mein bester Freund aus dem Urlaub zurück und brachte für seinen klobigen grauen Game Boy eine blaue Cartridge mit. Allein dass sich das Spiel farblich von dem unattraktiv grauen Mainstream abhob, faszinierte mich. Die Blaue Edition von Pokémon hatte mich schon beim „Hallo“!
Es dauerte nicht lange und ich konnte meinen Eltern die Rote Edition abschwatzen. Mit diesem Spiel begann die Liebe zum Franchise von Pokémon! Wir spielten die Spiele, schauten die Serie und tauschten die Karten. Vor allem auf dem Schulhof waren die kleinen Taschenmonster immer ein Thema gewesen.
A und B wurden mit X, Dreieck, Kreis und Viereck erweitert
Nach meinem ersten Jahr in der Grundschule zog ein neuer Junge in unsere Siedlung und brachte eine mir damals noch unbekannte, graue Konsole mit sich: die PlayStation 1. Parallel zu meiner „PokéMania“ lernte ich die Vorzüge von Sonys Heimkonsole kennen. Ich erinnere mich gerne an die Zeit zurück, da sich die Art vom Spielen verändert hat. Hatte ich vorher noch alleine auf meinen Game Boy runtergeschaut, konnte ich nun gemeinsam mit Freunden die Videospiele erleben. Als wir die PlayStation anschmissen, ging es nicht primär ums Spielen. Es ging vielmehr um das gemeinsame Entdecken, um die gemeinsame Zeit. Anfangs spielten wir die Spiele noch ohne Memory Card, wodurch wir immer wieder von vorne anfangen mussten. Ich weiß gar nicht, wie oft ich alleine bei Disneys Hercules das Trainingslevel gespielt habe.
Es störte uns nicht mal, dass wir das Spiel nie wirklich durchgespielt haben, da wir immer eine gute Zeit zusammen hatten.
Mit der PlayStation 1 entdeckte ich schnell auch meine Liebe zum Final-Fantasy-Franchise, die bis heute noch Bestand hat.
Handheld bleibt weiter ein Ding
Videospieltechnisch schien in der Zeit also alles zu laufen. Als die Goldene und Silberne Edition von Pokémon veröffentlicht wurden, griff ich auch wieder öfter zum Game Boy. Erst als die Kristall Edition auf dem Markt erschien, realisierte ich, dass mein kleiner grüner Freund hinterherhinkte. Um das Spiel starten zu können, benötigte man nämlich mindestens einen Game Boy Color. Diesen Moment würde ich als erste Krise meiner recht angenehmen Kindheit bezeichnen.
Was bat und flehte ich meine Eltern an, mir ein Upgrade auf ein neues Gerät zu verschaffen. Tatsächlich war ich wieder einmal erfolgreich gewesen – ob das am kindlichen Charme lag oder an dem großen Durchhaltevermögen, sei mal dahingestellt.
Als ich das Geschenkpapier aufriss, konnte ich meinen Augen kaum glauben: Statt eines Game Boy Color bekam ich das neuere Modell: den Game Boy Advance. Mann, war ich aus dem Häuschen! Damit war ein weiteres Fangen von Pokémon gesichert – sogar für die 3. Generation!
Weg von Konsole, hin zum Computer
Mein älterer Bruder hat früh dafür gesorgt, dass wir einen Computer besitzen und Zugang zu diesem „Internetz“ hatten. Ehrlich gesagt war ich anfangs gar nicht begeistert von dem Gerät. Als der PC ausgepackt und angeschlossen war, hatte ich mehr Augen für den damals größten Karton, den ich je gesehen habe. Wer kann mir das schon verübeln? Schließlich konnte ich mich komplett im Inneren verstecken!
Irgendwann ließ ich mich dann doch auf die neue Technologie ein. Ein Freund der Familie hat auch immer fleißig Spiele mitgebracht, die tatsächlich am meisten von mir gespielt wurden.
Meine PC-Spiel-Karriere fing ganz unschuldig mit Little Big Adventure 2 an. Ich muss zugeben, dass ich die meiste Zeit gar nicht wusste, was ich da eigentlich tat. Recht schnell fand ich eine Alternative in Command and Conquer und Quake 3: Arena, was vielleicht nicht den ganz großen pädagogischen Wert hatte, aber mich auch nicht komplett für die Gesellschaft ruinierte.
Der Computer hatte außerdem massiven Anteil daran, dass ich mich in RPGs verliebt habe. Ganz lose und wenig ernst gemeint fing ich mit The Elder Scrolls 3: Morrowind an, bevor mich ein anderes Spiel komplett in den Bann zog. Am meisten musste ich über die Gangart der echsenähnlichen Rasse der Argonier lachen. Noch heute bringt mich der Gedanke daran zum Schmunzeln.
Im gleichen Jahr zog ich mit dem namenlosen Helden aus Gothic 2 ins Abenteuer! Gothic und ich waren wie füreinander geschaffen. Die verschiedenen Lager, die mich dazu brachten, mehrere Spielstände zu verwalten, um auch wirklich alle Handlungslinien erleben zu können, die scheinbar übermächtigen Gegner, die man auf seinen Abenteuer traf, und die raue und ehrliche Sprache des Spiels – jeder dieser Aspekte machte das Spielerlebnis zu einem besonderen für mich. Jeder weitere Titel vom deutschen Entwicklerstudio Piranha Bytes war seitdem ein Pflichtkauf!
Das Gesamtpaket macht es aus
Der Game Boy Pocket ist mit Sicherheit der Türöffner für meine eigene kleine Pixelwelt gewesen. Doch ohne die gemeinsamen Spielstunden mit Freunden auf der PlayStation oder auf dem Computer wäre ich den Videospielen nie vollkommen verfallen. So hätte aus mir höchstens eine Art „Casual-Gamer“ werden können, der sich an den Must-Haves und AAA-Titeln entlanggehangelt hätte.
Für mich machen die vielen kleinen Momente mit den verschiedenen Konsolen und Spielen die ganze Passion aus. Und da der Bereich sich immer weiter entwickelt und neu erfindet, bin ich dem ganzen Daddeln immer noch nicht überdrüssig geworden – ich hoffe das bleibt noch sehr lange so!
Welches Videospiel bzw. welche Konsole konnte sich direkt in dein Herz spielen? Haben deine Geschwister oder Freunde einen Einfluss auf deine Passion gehabt? Schreib mir deine Geschichte gerne in die Kommentare!
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