Politik in Spielen – Eine alternativlose Angelegenheit

Von Andreas Hofbauer am
Kommentiert von: Dennis | gamer83.de, Andreas Hofbauer, Albert, Lenny
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Politik findet immer statt. Ganz gleich, ob in Filmen, Büchern, Zeitungen oder Videospielen. Alle Medien, egal welcher Form, sind politisch. Man muss zunächst zwei Arten von Politik in Spielen unterscheiden.

Explizite Politik a la Call of Duty, in dem die Regierung im Spiel die Botschaft verbreitet: „Krieg ist okay, solange Amerika gewinnt“. Sowie implizite Politik. Die politischen Botschaften eines „Papers please“ oder „This war of mine“.

Unabhängig welche Art von Politik nun in einem Werk aufgegriffen wird: Videospiele sind, wie alle anderen Medien, Erzeugnisse von Menschen.

Designer, Autoren und Programmierer sind ein Produkt ihrer Umgebung und Ihrer Weltanschauung. Sie drücken mit der Kunstform, die sie ausüben, ihre Position und ihre Sichtweisen aus. Ganz gleich, ob sie das beabsichtigen oder nicht.

Der amerikanische YouTube-Kanal „Extra Credits“ erklärt diese Kausalkette mit den Worten: „Das ist es, was die Arbeit menschlich und auch lebendig werden lässt.“

Beispiele finden sich in den meisten Ego-Shootern der Neuzeit. Waren nach der Jahrtausendwende noch immer Nazis und das deutsche Regime der Zeit von 1933 bis 1945 das etablierte Feindbild, wandelten sich die Gegner im Zuge des Afghanistan-Konfliktes zu vermummten Soldaten aus dem Nahen Osten. Durch diese neuen Gegner reflektierte die Spielebranche das aktuell in der amerikanischen Gesellschaft vorherrschende Feindbild.

Eine weitere Reflexion moderner Weltanschauung findet sich in beinahe jedem Strategiespiel.

Der etablierte Weg zum Sieg ist das Erforschen von Technologien und der Ausbau der Ressourcenproduktion, wie Extra Credits beschreibt.

Dieser Gedankengang stelle aber eine sehr zeitgenössische Perspektive dar. Diese werde daraufhin auf ältere Perioden, wie zum Beispiel das antike Rom oder den 100-jährigen Krieg übertragen, , wo politische Stabilität eher ein entscheidenderer Faktor war, als Technik oder Ressourcenproduktion.

Diese politische Abstraktion findet aber nicht nur im Großen statt. Sonja Wild von „Fluter.de” schrieb: „Im März 2017 fand unter dem Eindruck der Wahl von Donald Trump der erste ResistJam statt, bei dem mehr als 200 kleine Spiele und Prototypen entstanden, die sich mit Themen wie Rassismus, politischer Widerstand oder Diversität beschäftigen.“

Inhalte der Spiele verändern sich. „Das hat mit den Spielern zu tun“, sagt Kulturwissenschaftler Christian Huberts, der als freier Dozent an der „Games Academy“ in Berlin lehrt, im Rahmen eines Interviews von Christian Schiffer für den Deutschlandfunk.

„In den letzten Jahren ist sehr deutlich geworden, dass eine Entwicklung stattgefunden hat: Hin zu politischen Themen in Spielen, zu politischer Auseinandersetzung in Spielen. Das hängt beispielsweise damit zusammen, dass das Durchschnittsalter der Spieler mittlerweile zwischen 31 und 34 Jahren angesetzt wird. Und da hat man eine ganz andere Zielgruppe, die sich für andere Themen, unter anderem politische Themen, interessiert.”

Die Forderung Politik aus Spielen fernzuhalten, ist also nicht gänzlich umsetzbar. Das erklärte auch Neil Druckmann, Chefautor von Naughty Dog und verantwortlich unter anderem für die Geschichten von „The Last of Us“ und „Uncharted 4“.

Auf Twitter schrieb ihn ein Fan an und forderte ihn auf, Politik aus den Spielen herauszulassen. Denn das Ende von „The Last of Us“ sei überaus politisch gewesen und habe ihn deshalb gestört, wie das englischsprachige Magazin „Attack of the Fanboy“ berichtete.

Druckmann erklärte dazu: „Nein, das kann ich nicht. Autoren arbeiten aus ihren Ansichten auf die Welt heraus. Zum Beispiel ist das Ende von The Last of Us sehr von meinen eigenen persönlichen politischen Einstellungen inspiriert.“

Es sind Spiele wie „Papers, Please!“, in der Rolle eines Passkontrolleurs und dem Thema Migration. Spiele wie „I’m Positive“, mit dem Thema HIV oder Spiele wie „This war of mine“, welches Krieg zeigt – aus der Sicht von Opfern. Diese Werke zeigen, auf welch vielschichtiger Ebene sich das Medium Spiel den gesellschaftlichen Schieflagen annehmen kann.

Spiele müssen also zwangsläufig politisch geprägt sein. Ganz gleich ob sie das sein wollen. Sonic zum Beispiel sei, laut der Aussage von Yuji Naka, aus einer politischen Motivation geboren: „Dr. Robotnik ist eine leicht radikale Repräsentation der Menschheit und des Einflusses, den der Mensch auf die Natur hat. 1991 war das ein sehr heikles Thema. Man konnte kaum darüber sprechen. Und obwohl ich diese Ansicht hatte, konnte ich nicht darüber reden.“

Zuweilen versuchen Spiele die politische Darstellung in expliziter Form wie in den GTA-Ablegern oder auch Bioshock zu marginalisieren. Politik wird explizit entweder korrupt oder als irrelevant dargestellt.

Doch unabhängig von der Form: Spiele gründen auf den politischen Bildern ihrer Schöpfer und können ihrer sozialen Verantwortung dadurch nicht entfliehen. Und wenn es nach Anjin Anhunt geht, der die Szene beobachtet und selbst auch als Gamedesigner arbeitet, wollen sie das auch gar nicht. Er wird im Deutschlandfunk so zitiert:

„Man merkt auf jeden Fall, es ist in den Leuten, die Spiele machen, so ein Hunger dafür da, diese Sache mal anzugehen und diese Sachen mal zu bearbeiten. Man hofft, dass irgendwann der Markt auch mal diesen Bewegungsspielraum erlaubt.“

Ein erster Schritt in diese Richtung sind die Verkaufsverfolge von „Papers Please!“ mit ungefähr zwei Millionen abgesetzten Exemplaren und „Orwell“ mit ungefähr 340 000 auf Steam.

Quellenangaben


Veröffentlicht in: Videospielgeschichten

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Kommentare (5)

  1. Ein mal sehr interessantes Thema! Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir FAST noch nie Gedanken über die politischen Hintergründe Gedanken gemacht habe. Klar, es gibt Spiele, da peitscht sie dir quasi ins Gesicht. Aber im Prinzip sehe das wie im Text beschreiben. Spiele werden von Menschen gemacht. Die Spiele sind auch ein Produkt derer Umwelt.
    Wenn Spiele zum Nachdenken anregen, finde ich es sogar gut. Warum denn auch nicht? Solange Spiele nicht missbraucht werden, um spezielle politische Meinungen zu bilden, sehe ich da kein Problem. Nein, es macht die Spiele eher lebendig!

  2. Ich glaube da liegt ein Missverständnis vor. Wenn Leute sagen “wir wollen keine Politik in Spielen”, meinen sie nicht unbedingt keine politischen Themen in Spielen zu haben, sondern was meiner Meinung nach eher gemeint ist, Spiele durch die Entwickler oder Publisher als ein eigen-politisches Sprachrohr zu nutzen.

    Erwähnte Beispiele wie “Papers, Please”, “This War of Mine” und “Orwell”, versuchen einen ja in dem Sinne nicht zu überzeugen, sondern gestalten ihre Welten so, dass man bestimmte politische Systeme selbst erleben kann, erstmal ohne eine Position zu beziehen. Der Spieler ist frei sich in diesen Welten zu bewegen, sie zu erkunden und zu experimentieren.

    1. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Forderung mit “wir wollen keine Politik in Spielen” auf der Marginalisierung der Kunstform basiert. Dabei waren auch Äußerungen wie “es ist doch bloß ein Spiel” vertreten. Denn “was kann mir ein Spiel über Politik schon beibringen”? Und genau diesen Punkt wollte ich herausarbeiten. Bei den Beispielen “Papers, Please”, “This War of Mine” und “Orwell” liegt die Politik ja im erleben, da kann ich dir nur beipflichten. Das war es, was ich im Text als “implizit” bezeichnet habe. 🙂

  3. Es fällt mir ein wenig schwer diesen Text zu greifen, denn im Prinzip sagt er das aus was ich denke und mir auch von mehr und vor allem auch größeren Spielen wünsche. Das Entwickler auch mal den Diskurs wagen.
    Ich sage Ja zu Politik in Videospielen – aber welche Politik darf es sein? Dürfen nur demokratische Werte als positiv gesetzt werden und alles andere ist in einem Schwarz-Weiß-Schema das Falsche und der Feind. Oder darf/muss es auch Spiele geben die mich andere Ansichten durchleben lassen. Selbst wenn ich diese nicht Teile. Schließlich ist es ja auch nicht Sinn der Sache immer nur die eigene Meinung zu wiederholen und sich selbst zu bestätigen.

    1. Da hast du auf jeden Fall recht. Es kann und darf nicht Sinn der Sache sein sich selbst wiederholt zu bestätigen. Das Medium Spiel muss frei sein vom Schwarzweiß denken. Der Text ist ursprünglich aus der Beobachtung entstanden, wie sehr sich gerade auch Spieler aus meinem persönlichen Umfeld gegen die politische Bezeichnung der Spiele wehren. “Es ist doch nur ein Spiel”, war hier das vorherrschenden Argument. Dass es damit aber nicht getan ist, sondern Spiele immer einen politischen Kontext haben war mir aber wichtig herauszustellen. Insbesondere wie gut sich manche Spiele schwierigen Themen bereits jetzt annehmen. Obwohl das Medium noch vergleichsweise jung ist. Laut Wolfgang Walk auf Facebook steckt es in der Pubertät. 🙂