Ihr habt es bestimmt alle mal erlebt: Ihr spielt ein Spiel und dann bekommt ihr Lust auf ein anderes Game. So war es bei mir neulich, als ich Jurassic World Evolution spielte. Ganz kurz zur Einordung: Hierbei handelt es sich um einen Aufbausimulator, in dem die Spieler*innen einen Freizeitpark mit Dinosauriern aufbauen und verwalten, wie es in den Filmen ursprünglich der Plan war.
Irgendwann überkam mich dann ein gewaltiger Flashback, einer von der guten Sorte. An unzählige Stunden als Manager in einem selbstgeschaffenen Freizeitpark. Aus diesem Grund lade ich euch ein, bezahlt den völlig überzogenen Eintrittspreis, nur um nochmal für jeden Mist Geld ausgeben zu müssen. Willkommen bei RollerCoaster Tycoon, dem teuersten Platz auf Erden, denn umsonst gibt es hier nichts.
Aus dem Leben eines Zahlenjongleurs
Ich bin aufgeregt, dies ist mein erster Park, viel freie Fläche, nur der Eingang und ein bisschen Weg ist schon vorhanden. Noch ist der Park geschlossen, ich brauche eine Attraktion. Erstmal schauen, was es da so gibt. Eine Rutsche … Gähn. Ein Karussell? Das ist ein Freizeitpark, keine Kirmes. Also wird es der Twister, das einzige Fahrgeschäft, das wenigstens etwas Aufregung verspricht. Der kommt gleich neben den Eingang, den Ausgang platziere ich direkt am bereits vorhandenen Weg, den Eingang baue ich auf die andere Seite und baue den Warteschlangenbereich im Zickzack an. Tadaa, die erste Attraktion steht, der Park kann eröffnet werden.
Umsonst gibt es keinen Spaß, daher sind 5 DM (oder Euro, Pfund, Yen, wie es beliebt) vollkommen ok. Für die Fahrt mit dem Twister sind nochmal 2,50 fällig. Aber wenn es die Leute zahlen, wer bin ich, ihnen dieses Vergnügen vorzuenthalten? Es wird Zeit für das zweite aufregende Fahrgeschäft. Leider bin ich in dieser Hinsicht ziemlich limitiert, doch zum Glück verfüge ich über einen Stab von hochqualifizierten Wissenschaftler*innen, die sich neue Sachen ausdenken und denen ich das höchstmögliche Budget zuweise. Trotzdem dauert es noch ein paar Wochen, bevor es neue aufregende Attraktionen gibt. Die brauche ich aber, die bringen das meiste Geld – und den meisten Spaß. Ich denke natürlich immer nur im Sinne des Besuchers.
Um die Zeit zu überbrücken, muss nun doch etwas Gemäßigtes her. Ich bin immer noch kein Fan der Rutsche, also eben das Geisterhaus. Hier kann ich mir zum Glück einen langen Eingangsbereich sparen, der Andrang dürfte nicht zu groß sein. Hier verlange ich auch nur 1,20 DM, um wenigstens etwas Gewinn rauszuschlagen. Von jetzt an habe ich auch ein regelmäßiges „BUUH“ in meinem Ohr. Die Leute strömen in Massen in meinen Park, da sind sie bestimmt auch bereit, 5 DM mehr zu bezahlen, immerhin bekommen sie dafür einiges geboten.
Ich brauche aber ein Highlight, etwas, das ins Auge springt und sich gut für eine Werbekampagne eignet. Im Falle eines Freizeitparks ist das immer eine Achterbahn. Da ich nicht nur im finanziellen Bereich kompetent bin, sondern auch ein außergewöhnlicher Designer, entwerfe ich die Strecke selbst. Ich suche mir einen großflächigen Bereich im noch unbebauten Gebiet und dann lasse ich meiner Fantasie freien Lauf. Es soll eine traditionelle Holzachterbahn werden.
Zunächst geht es aufwärts, so hoch wie geht. Soll ich zusätzlich noch das Gelände anheben, um noch mehr Höhe zu generieren? Nein, erstmal nicht übertreiben. Dann geht es abwärts, am besten noch unter die Erde und dann wieder raus, links, rechts, hoch und runter, bis die Achterbahn wie ein unförmiges Monster dasteht, bereit seine Besucher nach einer erfolgreichen Testfahrt bei lebendigem Leib zu verschlingen. Würde ich diese Achterbahn selbst fahren? Never ever. Aber ich muss es ja auch nicht. Hier baue ich lieber einen großzügigen Eingangsbereich, es gibt bestimmt viele Leute, die damit fahren wollen, immerhin habe ich diese Achterbahn gebaut.
Probleme und Lösungen
Doch was ist das? Die Wagen bleiben leer, niemand steht an, was ist da los? Ich sehe, wie die Besucher am Eingang stehen bleiben, kurz aufschrecken und dann wieder gehen. Zum Glück verfüge ich als Parkmanager über telepathische Fähigkeiten und kann die Gedanken von jedem*r Besucher*in lesen. Leider ist es nicht gut, was ich da lese: „Das sieht mir zu gefährlich aus“ oder „Damit fahre ich nicht“. Ein Todesurteil für jedes Fahrgeschäft. Also weg damit, zum Glück gibt es wenigstens einen Teil der Kosten zurück. Dafür stelle ich nun eine vorgefertigte und massentaugliche Strecke hin. Und siehe da, die Besucher kommen und die Wagen sind besetzt. Und da es sich hier quasi um meine Hauptattraktion handelt, verlange ich auch etwas mehr pro Fahrt, gleichzeitig erhöhe ich den Eintrittspreis des Parks minimal, schließlich muss ich auch noch den Kredit zurückzahlen.
Da wir gerade beim Gedankenlesen waren: Meine Besucher*innen haben Hunger und Durst und müssen auf die Toilette. Anders gesagt, muss ich mich jetzt um grundlegende menschliche Bedürfnisse und deren Befriedigung kümmern. Also baue ich Hamburger- und Getränkestände und natürlich auch Toiletten. Die sind umsonst, damit auch die Leute mit leerem Geldbeutel diese benutzen können. Neben Gedankenlesen kann ich auch einen Blick auf die Zahlungsfähigkeit werfen.
Nachdem ich eine Fressmeile mit Burgern, Fritten und Getränken errichtet habe, höre ich eine Art ‚mütterliche‘ Stimme, die mir Folgendes sagt: „So ein Ruhebereich mit Bänken und Pflanzen zum Entspannen wäre doch schön“. Also her mit dem Ruhebereich, ich baue verschiedene Beete mit unterschiedlichen Pflanzen an. Pflasterwege kennzeichnen diesen Bereich, der zum Ausruhen von der ganzen Aufregung einlädt. Abgerundet wird das Ganze durch Wasserspiele und Springbrunnen, eine Oase der Gelassenheit entsteht.
Mein Twister steht still, meine erste Attraktion. Also muss ein Mechaniker her, der sich darum kümmert. Bald habe ich eine Armee von Technikern, fast einen für jede Attraktion. Dabei fällt mein Blick auf den Ausgangsbereich der Achterbahn. WIE SIEHT ES DENN HIER AUS? Erbrochenes überall, die Besucher*innen müssen da wie durch einen Sumpf durchwaten. Also her mit den Putzkräften, gleich ein halbes Dutzend. Und bevor ich drei davon in derselben Warteschlange finde, teile ich die Leute mit den Besen verschiedenen Bereiche zu, die sie regelmäßig ablaufen, den Weg putzen und die Mülleimer leeren.
Mehr von allem
Nach und nach entwickelt mein Team aus Wissenschaftler*innen weitere aufregende Attraktionen, Stände, Achterbahnen und Wasserfahrten (z. B. eine Baumstammrutsche, die nur halb so aufregend ist, wie sie klingt, aber gut Kasse macht). Mein Park stößt an seine bebaubaren Grenzen. Es wird immer schwieriger, die Wege zu verbinden, Ein- und Ausgänge zu platzieren.
Irgendwann taucht in der Informationsleiste am unteren Bildschirmrand die Horrormeldung schlechthin auf: Besucher 521 hat sich verlaufen. Besucher 387 hat sich verlaufen. Besucher 187 hat sich verlaufen. Alle können den Parkausgang nicht finden, obwohl ich gefühlt ein Dutzend Informationsstände inklusive Karten über den ganzen Park verteilt habe. Die Wasserrutsche ist ein spezieller Fall. Es scheint, die Leute müssten tagelang warten, um eine eine mäßig aufregende Fahrt zu erleben. Einige werden ungeduldig, ich kann sehen, wie sich freudestrahlende Gesichter langsam in hochrote, wütende Fratzen verwandeln. Manch einer lässt seinen Frust entweder an einer unschuldigen Parkbank, einem Mülleimer oder einer Lampe aus. Und wer muss diese ersetzen? Ich natürlich.
Wie sollen diese Probleme jetzt gelöst werden? Ich versuche den direkten Weg und setze die Leute direkt an den Parkausgang oder versuche, die Wege und Kreuzungen zu vereinfachen, doch es bringt nichts. Ich spiele kurz mit dem Gedanken, die Leute im naheliegenden Gewässer „verschwinden“ zu lassen, was mir ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Im Endeffekt werden Maskottchen im Tierdesign engagiert, die Besucher*innen mit Tänzen und Späßen aufheitern soll. Ob das etwas bringt, entzieht sich völlig meiner Kenntnis. Das kommt davon, wenn es mehr Attraktionen, mehr Gäste und mehr Geld gibt.
Boom!!! Irgendwas explodiert. Meine Achterbahn hatte einen Unfall, ein Wagen ist in einen anderen gekracht. 13 Tote. Was mache ich denn jetzt? Sofort eine Kampagne mit Freikarten für den Park starten. Ich muss meine Parkbewertung und meine Anzahl an Besucher*innen halten, um eine neue Herausforderung zu bekommen. Um das zu erreichen, bin ich geneigt, kurz vor Schluss meine Gäste kurz im Park einzusperren. Aber es reicht auch so, das 3. Jahr ist vorbei und ich bekomme eine neue Aufgabe in einem neuen Gebiet zugeteilt.
Wir schließen jetzt!
Ich habe versucht, in dieser kleinen Geschichte die liebevollen Details unterzubringen, die mir an RollerCoaster Tycoon so viel Spaß gemacht haben. Durch irgendeinen Bug „musste“ ich jeden Park durchspielen, weil zwischengespeicherte Spielstände nicht geladen werden konnten. Ich wollte es mir neulich nochmal anschauen, leider läuft es unter Windows 10 nicht, außerdem bin ich technisch nicht so bewandert, um das mit irgendwelchen Patches oder Fixes zum Laufen zu bringen. Stattdessen habe ich diesen Text hier geschrieben und das ist doch auch was Gutes.
Vielleicht erinnert sich jemand hier an seinen Park und spektakuläre Achterbahnen? Ich jedenfalls tue das gerne und erinnere mich an sehr viele schönen Stunden in Forest Frontier oder in Dynamite Dunes. Vielleicht habt ihr ja auch den Park eurer Träume gebaut und habt Fotos von euren besten Achterbahnen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
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