Deine Dreamcast schaltet sich beim Spielen plötzlich aus? Dein Monitor zeigt kein Bild mehr? Oder ist etwa eine Taste an Deinem Spielcontroller kaputt? Dann bist Du im „Retrocafé“ bestens aufgehoben! Denn hier kannst Du Dir selbst helfen.
Neulich im Dachgeschoss fiel mir beim Aufräumen ein alter Atari-Monitor in die Hände. Der passende Homecomputer wurde bereits in gute Hände abgegeben und so entschied ich mich den Atari SM124 Monitor einfach kostenlos bei Twitter zur Abholung anzubieten. Nach wenigen Stunden meldete sich ein netter Mensch und stand bereits am folgenden Wochenende vor meiner Haustür.
Wie sich im Gespräch schnell herausstellte, teilten wir gemeinsame Interessen und ich lernte, dass der freundliche Abnehmer ein Mitglied des Makerspaces Attraktor im Stadtteil Altona ist. Dort stehen an jedem Dienstag im „Retrocafé“ Computer und Spielekonsolen im Mittelpunkt.
Ob mich das interessierte? Aber hallo! Also wurde ein Besuch beim Attraktor geplant.
Schätze zum Leben erwecken
Unmittelbar nach dem Eintreten wurde mir klar: hier fühle ich mich Zuhause. Stefan May, Akttraktor-Mitglied der ersten Stunde, führte mich durch die verschiedenen Räume und die Anwesenden begrüßten mich freundlich und offen. Was hatte ich erwartet? Zunächst ehrlich gesagt eine wesentlich kleinere Fläche und viel weniger Ausstattung. Was aber der Makerspace Attraktor anbietet, hat meine Vorstellungen bei weitem übertroffen.
Der Charme des zentralen Raumes sprach mich direkt an. An großen Arbeitstischen, die allesamt mit Hardware unterschiedlicher Dekaden bestückt waren, wurde gebastelt, geschraubt und gefachsimpelt. Dabei fielen mir sofort alte Bekannte wie der Apple II, ein Schneider Euro PC oder auch ein Amiga 500 ins Auge.
Was aber genau macht man im „Retrocafé“?
Ein Blick auf die Webseite der Veranstalter beschreibt es mit den folgenden Worten: „Jeden Dienstag stehen bei uns im Retrocafé Computer und Spielekonsolen aus dem letzten Jahrtausend im Vordergrund. Mit dieser neuen Veranstaltung wollen wir Menschen befähigen und helfen, ihre alten Schätze wieder zum Leben zu erwecken. Dazu steht unsere hervorragend ausgestattete Elektronikwerkstatt und das entsprechende Know-How zur Reparatur und Modernisierung eurer Geräte zur Verfügung. Der Wissensaustausch steht dabei im Vordergrund.“
In einem persönlichen Gespräch mit Stefan May wurde deutlich: hier geht es um mehr, als um die reine Instandsetzung von Gerätschaften. Der Makerspace versteht sich als offene Plattform für den Wissensaustausch und soziale Begegnungsstätte, in der man sich gegenseitig hilft und voneinander lernt.
In diesem Sinne ist das „Retrocafé“ nur eine Veranstaltung, die im Attraktor angeboten wird. So gibt es beispielsweise einen „Elektronikstammtisch“, LAN-Parties, den „Arduino Day“ oder „Wearable-Workshops“. Das Angebot ist vielfältig und den Veranstaltern fällt immer wieder etwas neues ein, um den Besuchern und Mitgliedern interessante Themen zu bieten.
Die Wurzeln des Wissens
Beim Vorstellen der Räumlichkeiten zeigte mir Stefan May einen Apple II Computer, der ihm vererbt wurde. Allerdings war dies nicht irgendein beliebiges Gerät. Es handelte sich um den Original-Apple des Chaos Computer Club (CCC) Pressesprechers Steffen Wernéry!
Der CCC hatte im November 1984 einen spektakulären „Bankraub per Telefon“ durchgeführt, der heute oft als Geburtsstunde des modernen Datenschutzes in Deutschland eingeordnet wird. Im Makerspace befindet sich sogar noch ein Karton, den die Landespolizeiverwaltung 1988 beim CCC sichergestellt hatte.
Es sind Geschichten wie diese und an der Wand hängende Poster von Bob Widlar, die einen großen Teil der Atmosphäre des Makerspaces hier in Altona ausmachen. Den Betreibern ist bewusst, welch wesentliche Einflüsse die Computerpioniere auf unsere Gegenwart hatten und sie wollen diese Begeisterung und Leidenschaft weitervermitteln.
In einem Gespräch mit Christoph Mütze, der ebenfalls zum Urteam des Attraktor gehört, fliegen die Funken der Leidenschaft förmlich. Chris sprüht vor Begeisterung für Technologie und Wissen. Egal ob zu Minecraft, Lua oder das Archivieren alter 5,25 Zoll-Disketten. Allgegenwärtig ist der Antrieb zum Erhalt und zur Forschung.
Was mir besonders gefiel war die offene und angenehm anarchische Grundhaltung der Ortes und der Menschen. Hier scheint nichts unmöglich, alles machbar. Gleichzeitig ist eine große Entspannung und viel Spaß zu spüren.
Kommt also vorbei, schaut es euch an, bringt eure Idee oder Geräte mit. Der Verein freut sich jederzeit über neue Mitglieder, Unterstützung oder Gäste. Ich werde auf jeden Fall wieder dabei sein.
Wartet mal, hier ist doch noch dieser Computer, der irgendwie nicht mehr richtig funktioniert …
Bildergalerie
Anschrift
Attraktor e.V.
Eschelsweg 4
22767 Hamburg
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