In den großen und weiten Hallen der Koelnmesse locken die Spieleentwickler jedes Jahr tausende Besucher mit der Möglichkeit ihre nächsten großen Titel einmal für zwanzig Minuten vor allen anderen anspielen zu können. Dafür steht man gerne mal vier bis fünf Stunden in endlos langen Schlangen, nur um dann das zu zocken, was man ein paar Monate später auch spielen könnte. Doch die gamescom bietet neben den großen Titeln so viel mehr zu entdecken – zum Beispiel das dieses Jahr viel größere Indie Village mit seinen vielen kleinen Entwicklern.
Mittwoch Morgen, halb zwei in Würzburg. Der Zug, der uns zur gamescom 2019 bringen soll, ist pünktlich und die reservierten Plätze sind schnell gefunden. Ja, es ist verflucht früh und wir werden definitiv weit vor Eröffnung in Köln ankommen, aber so kann man wenigstens noch etwas schlafen und kann dann mit frischer Energie auf die Messe mit ihren vielen Menschenmassen starten. Wie erwartet ist bereits eine Stunde vor Öffnung der Tore am Bahnhof Köln/Deutz die Hölle los und S-Bahn nach S-Bahn bringt mehr Menschen, die alle nur ein Ziel haben: anstehen, Videospiele zocken, Loot abgreifen (am allerbesten kostenlos) und sich über die neuesten Trends der Spiele-Industrie informieren. In Wellen werden wir dann durch die Eingangskontrolle geschleust und dann auf das Gelände entlassen. Wie erwartet stehen in den Hallen 6 bis 9 bereits lange Schlangen bei den großen Publishern und es wird sich auf Campingstühlen die Wartezeit bequem gemacht. Natürlich sind auch wir nicht gefeit davor, einmal das große Messe-Feeling und die Atmosphäre einzusaugen und beschäftigen uns den Vormittag damit, an Spielen wie Final Fantasy 7, Control, Planet Zoo, Death Stranding und Borderlands 3 vorbei zu schlendern. Jedoch bleibt der Nachmittag dem eigentlichen Ziel unseres gamescom-Besuchen vorenthalten.
Nachdem man sich im Außenbereich gestärkt hat und kurz die Füße hoch gelegt hat – ja, dass ist durchaus nötig auf so einer Messe, denn man läuft viel! – geht es endlich ins Indie Village. Dieses Jahr haben die Organisatoren der gamescom den kleinen Entwicklern und Indie-Spielen einen viel größeren Platz eingeräumt als die letzten Jahre. Aus der vormals „überschaubaren“ Indie-Booth ist dieses Jahr eine das Indie-Village geworden, in dem zwar immer noch die Indie-Booth Herzstück geblieben ist, aber mehr Entwicklern Platz daneben geboten wurde. Zwar muss man auch hier einiges an Zeit einrechnen, da die kleinen Spielebereiche trotzdem einem regen Andrang ausgesetzt sind, aber es sind eben nicht mehrere Stunden, die hier an Wartezeit investiert werden müssen. Also nichts wie los in die kreative und bunte Welt der Indie Spiele, von denen ich euch jetzt ein paar näher vorstellen möchte.
Nanotales – Typing Chronicles (Fishing Cactus)
Zum einen wäre da „Nanotales – Typing Chronicles“ von Fishing Cactus. Der belgische Entwickler stellt mit Nanotales einen weiteren Titel in seiner Reihe von Typing-Adventures vor – der erste Titel „Epistory“ wurde 2016 veröffentlicht und erhielt auf Steam durchweg positives Feedback der Community. Man befindet sich als junger, namenloser Archivist in einem magischen Land und hat die Aufgabe die Welt zu erkunden und sein Notizbuch zu befüllen – sozusagen ein Archiv für die Welt anzulegen, da diese in einem sehr schlechten Zustand ist und etwas überhaupt nicht stimmt. Während des Spiels erkundet man nicht nur die Flora und Fauna der wundervoll gestalteten Welt, sonder begibt sich auf in Kämpfe mit den Eindringlingen, die überall verteilt sind. Und hier folgt nun das besondere an den Typing Chronicles. Im Gegensatz zu landläufigen Spielen, in denen Kämpfe per Mausklick oder „Zahlendrücken“ ausgefochten werden, muss man hier Wörter tippen. Die Wörter, die über den Köpfen der Gegner erscheinen müssen schnell genug und korrekt abgetippt werden, um einen Angriff erfolgreich durchzuführen. Angriffe sind hierbei keine Schläge oder Schüsse, sondern Zaubersprüche, was sich ganz wundervoll in die Art der Kämpfe – mit Wörtern – einbettet. Das liebevolle Artwork und die ruhige Hintergrundmusik unterstützen die Magie des Spiels ganz ausgezeichnet. Wer an dieser anderen Art des Spielens Interesse hat kann sowohl auf Epistory zurück greifen, oder aber noch bis Herbst diesen Jahres warten. Dann soll nämlich Nanotales auf Steam erscheinen.
Gates of Mirnah (NumberMill)
Ein anderes Spiel aus einer ganz neuen und sehr kleinen Entwicklerschmiede in Deutschland – NumberMill aus Solingen – ist „Gates of Mirnah“. Der Fokus des Spiels liegt darauf Rätsel mit Musik zu lösen. In einer Welt, die unserer gar nicht so unähnlich ist, konnte man eine Einrichtung erkunden in der sich Türen erst dann öffneten, wenn man eine Melodie richtig „mit spielen“ konnte. Eingebettet in einen Sci-Fi Thematik war es wichtig zum richtigen Zeitpunkt Laserstrahlen so zu aktivieren, dass die Titelmelodie des Spiels erhörbar war. Und Himmel, hat man davon schnell einen Ohrwurm bekommen. Daneben lag die Erkundung der Welt im Fokus, auf der man auch auf Aliens treffen kann, die zunächst zu bekämpfen sind. Über Zeit – so verriet mit die Entwicklerin – soll man die Musik dechiffrieren können, um damit die Sprache der Aliens zu verstehen. Ob man nun selber dann dadurch der Eindringling in diese Welt ist oder die Aliens in unsere eingedrungen sind, bleibt also abzuwarten. Die Idee Rätsel über Musik zu lösen war eine tolle neue Erfahrung und jede mit etwas Taktgefühl und Lust auf Musik, sollte dieses Spiel im Auge behalten. Im Moment stemmt das kleine Studio die Entwicklung noch auf eigene Kosten und hofft weiterhin auf Unterstützung der Spiele-Community.
Weaving Tides (Follow the Feathers)
In eine ganz andere Richtung der Kreativität und der Erkundung neuer Welten bewegt sich das Spiel „Weaving Tides“ von Follow the Feathers aus Österreich. In einer Welt, die anders als unsere eigene nicht sein könnte, spielt man Tass, jungen Weber, der auf Killim. einem Drachen, seine Welt wieder zusammen nähen muss. Was am Anfang eventuell etwas befremdlich klingt, erweist sich als wundervolles Spiel mit viel Liebe zum Detail. Man erkundet die Stoffwelt auf dem Rücken seines Drachen, flickt gefährliche Löcher wo welche zu finden sind, um dadurch den Bewohnern zu helfen, kämpft gegen wilde ‚Tiere‘, indem man sie einwickelt oder dasht und lernt so eine völlig neue Art des Spielens kennen. Wer nun denkt, dass dieses Prinzip schnell langweilig werden könnte, der hat weit gefehlt. Es gilt Rätsel zu lösen, indem man bestimmte Punkte auf der Karte und der Welt richtig miteinander verbindet und am Ende einer kleinen Dungeon-Sequenz konnte man auf der gamescom sogar einen Boss besiege, was aufgrund er etwas anderen (webenden/nähenden) Spielmechanik gar nicht so einfach war. Das Spiel soll 2020 für Mac und PC erscheinen und wer mal Lust hat ein etwas anderes Spiel auszuprobieren, abseits der gängigen Wege, ist hier genau richtig aufgehoben.
Damit neigte sich der gamescom Tag auch schon wieder dem Ende entgegen. Die Indie-Booth bzw. das Indie Village hat definitiv nicht enttäuscht und gezeigt wie viel kreative Köpfe außerhalb der Tripple-A Titel am Werk sind, um uns Gamern eine bunte und vielfältige Spielewelt zu präsentieren. Es hat sich definitiv gelohnt… um halb neun fielen wir todmüde und mit wunden Füßen in den Zug zurück nach Hause, aber um einige schöne Erfahrungen reicher.
Wart ihr denn dieses Jahr auf der Messe? Und wenn ja, vielleicht hattet ihr auch die Gelegenheit im Indie Village noch ein oder zwei weitere Titel anzuspielen, zu denen ich nicht gekommen bin? Würde mich freuen, wenn ihr mir in den Kommentaren vielleicht noch eure Empfehlungen vorstellen könntet.
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