In den frühen 2000ern startete ich meine erste Pokémon-Reise auf dem Game Boy. Das war der Beginn meiner persönlichen Pokémania, die bis heute nicht abreißen sollte.
Mein Bruder und ich spielten begeistert die meisten frühen Pokémon-Spiele. Unser Vater brachte sie von Flohmärkten mit: Blau, Rot, Gelb, Gold, Silber und Jade. Wenn ihr euch nie tiefer mit der Reihe beschäftigt habt, ist daran erstmal nichts ungewöhnliches. Wenn doch, dann wisst ihr bestimmt, dass Pokémon Jade nie existierte. Trotzdem steckte ich das Spiel in meinen Game Boy.
Damals, als das Internet noch nicht das war, was es heute ist, konnte niemand von uns ahnen, was es mit der Jade Edition auf sich hatte. Erwachsene kauften Produkte, auf denen „Pokémon“ stand, um ihren Kindern eine Freude zu machen, ohne die Hintergründe zu kennen.
Als Kinder konnten wir auch nicht zwischen lizensierten Produkten und Fakes unterscheiden. So tauchten wir ein in die Welt der… E-Monster. „Ich bleibe immer in E-Monster-Welt. Wenn du schade findest, komm doch in die E-Monster-Welt. OK, Wiedersehen“, lautet die Begrüßung. Das war noch eine der verständlichsten Aussagen.
Gespickt von Übersetzungsfehlern, freunden wir uns als Protagonist Bek (manchmal auch Herr Bek genannt) mit unserem ersten E-Monster namens Fanges an. Die Handynummer von Fanges lautet 05*-13#2-934#2. Wenn wir von Gegnern angegriffen werden sollten, können wir unsere Freunde anrufen und sie kommen uns zur Hilfe – vorausgesetzt sie haben Zeit und sind in der Nähe.
Nach gewonnenen Kämpfen geben uns böse E-Monster manchmal ihre Nummern, damit wir uns mal wieder treffen können. Werden sie jedoch einmal besiegt, möchten sie nicht mehr mit uns befreundet sein. Also ja – das Fangsystem ist gar kein Fangsystem und alles ist sehr gewöhnungsbedürftig. Als Kinder haben wir uns dennoch total naiv darauf eingelassen und hatten eine Menge Spaß damit.
Einen Haken hat das Ganze jedoch – das Spiel lässt sich nicht speichern. Falls ihr es selbst einmal ausprobieren wollt, würde ich daher einen Emulator mit reparierter Speicherfunktion empfehlen.
Abgesehen von der Verpackung gibt Jade nie vor, von Pokémon zu handeln. Tatsächlich ist es unter seinem eigentlichen Namen „Keitai Denjū Telefang – Speed Version“ oder „Telefang 1“ im Jahr 2000 regulär in Japan erschienen. Das Original wurde von Smilesoft entwickelt.
Erst auf dem internationalen Markt tauchte es als Bootleg-Spiel auf. Wer es gehackt und in Europa veröffentlicht hat, ist nicht bekannt. So bleibt es ein besonderer und skurriler Teil meiner Pokémon-Reise.
Vielleicht sollte ich Fanges mal wieder anrufen…
Das könnte Dich auch interessieren
- Keitai Denjuu Telefang: Das Pokémon-Spiel, das nie existierte von Pascal Wagner
Schreibe einen Kommentar