Die Bitmap Brothers gehören zu den berühmtesten Entwicklerteams aus der goldenen Zeit des Amiga. Speedball 2, Cadaver, Xenon 2, Gods: allesamt legendäre Spiele aus jener britischen Schmiede, deren Kernmitglieder sich gerne wie Rockstars inszenierten und die Kompilierzeiten der Entwicklerrechner in den nahegelegenen Pubs verbrachten.
Allerdings stammten aus Sicht des Jahres 1993 die großen Amiga-Spiele allesamt aus den späten Achtzigern und frühen Neunzigern. Nur ein Jahr zuvor glühte mein Amiga 500 noch munter auf seinen 7 Mhz mit einer Fülle an brillianten Spielen, die heute ewige Klassiker sind.
Man muss sich nur mal auf der Zunge zergehen lassen, dass in diesem Jahr Apidya, Civilization, Der Patrizier, Fire & Ice, Lotus 3, Pinball Fantasies, Populous 2, Project X, Sensible Soccer und auch noch Monkey Island 2 erschienen waren!
Doch der Blick in Richtung PC sorgte bei mir Anfang 1993 für Nervosität. Würde LucasArts Indy 4 wirklich noch konvertieren? Würde ein 3D-Wunder wie Ultima Underworlds jemals auf meinem A500 laufen können? Die damalige Pressemeinung (Amiga Joker, Amiga Games) wechselte im Jahresverlauf zwischen Durchhalteparolen, der Suche nach einem Schuldigen (“der Raubkopierer!”) und Hoffnung auf die Retter in Gestalt des A1200 und des CD32.
Da war es wie ein kleines Wunder, dass die Bitmap Brothers noch im Frühjahr ein neues Spiel heraus brachten: Mit der unverwechselbaren Grafik von Dan Malone, einem treibenden Soundtrack von Richard Joseph und famoser Balleraction im Coop. Und so kämpften wir uns durch das teils knackig schwere Spiel, das so sehr auf ein gemeinsames Vorgehen setzte wie auf Trial & Error. Aber wir bissen uns bis zum Ende durch und besiegten die Chaos Maschine mit ihrem wahnsinnigen Erschaffer Baron Fortesque.
In den Wochen darauf sah ich bei einem Freund auf dessen PC das erste mal X-Wing von LucasArts in Aktion. Zusammen mit den schmerzhaften Erfahrungen mit der auf dem 500er nahezu unspielbaren Wing Commander Umsetzung und der Gewissheit, dass die neuen 3D-Spiele nicht mehr auf dem Amiga erschienen würden war für mich klar: MS-DOS ist die Zukunft!
Im Sommer stieg ich dann gemeinsam mit meinen Freunden auf PC um, in meinem Fall einen 386DX40 mit 105 MB Festplattenspeicher und 4 MB RAM. Was folgte war einer der prägendsten Sommererfahrungen meines jungen Lebens, mit vielen Tagen im Wechsel zwischen dem Freibad in drei Kilometern Entfernung (die ideale Radfahrstrecke. Zumindest hin. Zurück gings den Berg hoch) und Spielen am PC.
Dort holten wir die bereits erschienenen Hits nach, wie Ultima Underworld, Indy 4 und Wing Commander (mit mehr als 2 FPS) und verbrachten unzählige Stunden mit den neuen Klassikern wie Dune 2, Syndicate und später im Jahr Day of the Tentacle, Strike Commander und Lands of Lore bis dann zum Jahreswechsel 93/94 mit Doom das Egoshooterzeitalter endgültig zündete.
Wirklich tot war der Amiga natürlich auch dann noch nicht (er lebt noch heute mit vielen Neuerscheinungen), alleine in 1993 erschienen noch Ambermoon, Dune, Die Siedler, Eishockey Manager, Flashback, Lemmings 2, Lionheart und Turrican 3. Doch die große Menge an Neuerscheinungen aus den Vorjahren wiederholte sich nicht mehr und auch die Konvertierungen und generelle Unterstützung der großen amerikanischen Studios nahmen ihr Ende.
In meinem persönlichen Gedächtnis bleibt Chaos Engine damit der letzte große Höhepunkt meiner damaligen Amiga-Zeit. Aber was für ein Abgang uns die Bitmap Brüder damals bescherten! Höchste Zeit, dem Spiel in einer Folge des Nerdwelten-Podcasts ausreichend zu huldigen. Viel Spaß beim Hören!
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