Meine Familie hatte nie viel Geld und große Urlaubsreisen waren für uns einfach selten drin. Aber wenn wir mal in den Urlaub fuhren, dann immer zum Camping und auch grundsätzlich immer in die Berge, denn mein Papa war gebürtiger Grazer. Er liebte die Alpen, ich wollte ans Meer, wir sind uns nie einig gewesen, nicht nur bei diesem Thema. Aber ich möchte nicht jammern, ich habe mich am Ende immer über jeden Urlaub gefreut.
So auch im Jahr 1998. Die Jahreszahl mag eventuell nicht ganz stimmen, diese Zeit ist lange her und an alles kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Auch an die Reise an sich habe ich nur noch sehr verschwommene Erinnerungen. Wir fuhren des Verkehrs wegen im Dunklen los und meine Oma hat mir kleinem Pimpf damals 5 DM in die Hand gedrückt und mir für die Ohren meines Vaters gut hörbar ein „Kauf dir was schönes davon“ zugerufen. Damit war ich sehr glücklich und schlief die fahrt bis ins Ötztal, unserem Reiseziel tief und fest.
Der Aufenthalt im Ötztal an sich ist mir nicht mehr ganz geläufig, wir waren sicher wandern, grillen, zelten, wandern und wahrscheinlich noch wandern. Ich habe viel gesehen auch wenn es anstrengend war, aber das war eben die Vorstellung von Urlaub, die mein Papa so hatte. An einem Tag wollte er meine Mama überraschen und wir fuhren knappe zwei Stunden nach Samnaun in der Schweiz. Dort wollte er mit meiner Mama das wenige Geld das wir wirklich frei zur Verfügung hatten ein wenig zollfrei Einkaufen und ihr so etwas Gutes tun. Ich durfte mit und hatte meine 5 Mark von der Omi in der Tasche. Was ich davon kaufen sollte, das würde mir dort im Angesicht der ganzen Waren schon einfallen, so dachte ich.
In Samnaun angekommen sind wir durch die Gassen und Geschäfte geschlendert und mich hat das Ganze damals eher gelangweilt. Mäntel, Parfums, Spirituosen, das alles war nichts für mich und ein Geschäft mit Waren die mich damals interessierten haben wir auch nicht gefunden. Bis wir an einer Art Pfandleihhaus vorbei gekommen sind. Ein kleines unscheinbares Geschäft mit einem Eingang auf Kellerhöhe und einem winzigen Geschäftsschild über der Tür. Ich wollte hinein und mich umsehen und da nebenan ein Juwelier war, sind Mama und Papa dort hinein und wollten mich dann wieder vom Pfandleihhaus abholen.
Ich schnüffelte mich also durch die ausgestellten Waren, in der Hoffnung wenigstens IRGENDWAS für meine 5 Mark erstehen zu können. Als ich fast schon wieder aus dem Laden hinaus gehen wollte, sah ich es. Da stand in der Auslage ein Game Boy Spiel und mein Game Boy lag im Auto. Das konnte kein Zufall sein. Das Spiel in der Auslage jedoch verwirrte mich komplett. Da stand „Final Fantasy Legend II“ auf einer blauen Box mit Anleitung und Modul nebendran. Final Fantasy kannte ich nur als exklusiven Sony Playstation Titel und ich hatte jüngst erst Final Fantasy VII mit meinen Klassenkameraden gespielt. Wie konnte das also auf einem Game Boy sein?
Ich habe den Verkäufer gefragt, ob ich das Spiel mal kurz ausprobieren dürfte, wenn ich meinen Game Boy dabei hätte. Ich durfte, belästigte Mama und Papa kurz beim Shoppen, holte den Game Boy und packte die Cartridge in den Slot. Was mich dann in diesem Moment erwartete hat mich vom ersten Moment an gepackt.
Ein Rollenspiel, mit verschiedenen Klassen, MAGI, Zaubern, Waffen und einer für damalige Verhältnisse fesselnde Spielmusik haben mich sofort in den Bann gezogen. Ich daddelte also so vor mich hin und vergaß die Welt um mich herum. Bis die Ladentür aufging und mein Papa zum Abmarsch rief. Ich fragte also sofort den Verkäufer, was das Spiel denn kosten soll. An den genannten Preis kann ich mich bis heute nicht erinnern. ich glaube es waren irgendwie so umgerechnete 20 DM. Für das komplette Spiel in OVP und mit Anleitung in einem tadellosen Zustand. Der heutige Wert für dieses Set beträgt etwa 150-250€, je nach dem wo und wie man es verkauft bekommt.
Damals jedoch war das für mich unerschwinglich und an meiner grenzenlos enttäuschten Mine und der grenzenlos genervten Mine meines Vaters muss der Händler wohl erkannt haben, wie es um den Handel mit mir stand. Er fragte mich also wieviel ich dabei habe und was soll ich sagen, ich war ein verdammter Glückspilz. Er hat Mitleid mit mir gehabt und mir das Spiel für meine 5 Mark in die Tasche gedrückt. Glücksgefühle in Momenten wie diesen kann man wohl kaum beschreiben und so avancierte unser Urlaub mit diesem Moment und jedem weiteren Moment den ich zockend vorm Game Boy mit diesem Spiel verbrachte zu einem Highlight meiner Jugend. Zumindest wenn man mal von dem Anschiss absah, den ich bekam weil ich mit „Omis hart ersparter Rente“ einen solchen „blöden Mist“ gekauft hatte.
Die Jahre gingen vorüber und irgendwie irgendwo ist mir das komplette Spiel abhanden gekommen und somit auch in Vergessenheit geraten. Ich habe es wohl vertauscht oder verliehen, es war aus den Augen und aus dem Sinn. Bis letzte Woche. Ich habe mir ja aus nostalgischen Gründen schon vor einer Weile einen Game Boy Classic gekauft und ihn um die modernen Upgrades wie IPS Display mit integrierter Beleuchtung etc erweitern lassen und bin dadurch auch immer mal wieder auf der Suche nach passenden Spielen für die kalten Winterabende auf der Couch.
Plötzlich hab ich es entdeckt. Auf eBay Kleinanzeigen in OVP, mit Anleitung, in tadellosem Zustand für 150€ – Final Fantasy Legend II und ich hatte instant diesen Flashback, mit all den Emotionen und Bildern von damals im Kopf. Ich habe mich natürlich für ein Angebot ohne OVP und Anleitung entschieden weil ich einfach nur wieder dieses Spiel spielen wollte. So habe ich via eBay Kleinanzeigen nicht nur dieses tolle Spiel meiner Jugend wieder gefunden und erstanden sondern mit ihm noch zwei weitere Dauerbrenner im Slot meines damaligen Game Boys. Mystic Quest und Final Fantasy Legend hielten bei mir ebenso Einzug, wie auch in Bälde dann Final Fantasy Legend III.
Ich werde also dieses Weihnachten in vielen alten Dingen schwelgen, Nostalgie genießen und an meinen verstorbenen Papa denken, der diese ganze Geschichte auch dann wohl nie verstanden hätte, hätte ich sie ihm so erzählt wie euch jetzt hier.
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