Harvest Moon ist eine Serie, der ich lange verbunden bin. 1998 war ich da, als der erste Teil auf dem SNES erschienen ist. Obwohl es damals in der Vorstellung eines Telespielemagazins gerade mal eine Schulnote 3 für irgendwie langweilig abgestaubt hatte, klang das beschriebene Konzept zu interessant, um daran vorbeizugehen. Ich bin der Serie mehr oder weniger treu geblieben, denn mir ist immer mal wieder danach, eines zu spielen. Besonders zur Winterzeit gehört eine Farmsimulation oder Animal Crossing einfach dazu, für das chillige Spielen nebenbei. Irgendwie passt es, wenn plötzlich im Spiel auch Winter ist.
Meine drei Lieblingsteile sind dabei Friends of Mineral Town, GBC2 und SNES. Letzteres sicherlich hochgradig durch Nostalgie. Sollte man zumindest meinen. Immerhin hatte das Magazin damals nicht ganz unrecht damit, dass das Spiel ein wenig langweilig ist. Das sind diese zurückgelehnten Lebenssimulationen vom Konzept her sicherlich intrinsisch etwas. Aber im allerersten Harvest Moon gibt es selbst im Vergleich zu den Nachfolgern extrem wenig Content. Nach einem erneuten Bespielen würde ich jedoch meinen, dass dies sogar eine Stärke des Spieles sein kann.
Die Grundlagen sind natürlich alle schon da: Feldfrüchte anbauen, sich um Tiere kümmern, die Farm erweitern, sich eine Ehefrau aus den Dorfschönheiten heraussuchen. Doch es gibt von allem so viel weniger.
Weniger ist nicht immer mehr
Zwei Festivals pro Jahreszeit, aber keinerlei im Sommer. Je nur zwei Gemüsesorten zur Auswahl, und nicht nur wird wie in den meisten frühen Teilen nichts im Winter angebaut, nein im allerersten Harvest Moon auch im Herbst nicht. Das halbe Jahr über gibt es also keinerlei Feldarbeit. Einen Berg mit ein paar wilden Früchten und einer Angelmöglichkeit existiert schon, eine Miene zum Abarbeiten von Erzen wird man allerdings noch vergeblich suchen. Am Wochenende und allen Feiertagen sind die Geschäfte geschlossen. An Regentagen stehen keine Tiere zum Verkauf. Die Farm ist abgesehen vom eigenen Haus, welches zwei Upgrades hat, bereits komplett ausgebaut. Es gibt noch keinerlei Storyline im Spiel, stattdessen läuft nach 2 1/2 Jahren das Ende über die Bildschirme. Beziehungsweise wahrscheinlich mehrere davon. Das allererste Harvest Moon bietet tatsächlich gut 20 verschiedene, kurze Endszenen, die aneinandergereiht werden, je nachdem, wie sich im Spiel geschlagen wurde.
Das ist eines der Anzeichen dafür, dass obwohl es an spielerischem Content enorm mangelt, dies hier kein Schnellschuss-Spiel ist. Da wurde echt viel Liebe reingesteckt. Die Heiratskandidatinnen haben beispielsweise bereits eine gute Anzahl an verschiedenen Dialogen. Klar wiederholen die sich durchs Spielprinzip gegeben auch schnell, wenn jeden Tag mit ihnen gesprochen wird, aber ich war doch überrascht, wie viele mögliche Standardantworten sie teilweise auch Wetter- und Tages-bedingt offerieren. Die Umgebung sieht je nach Jahreszeit anders aus, mit Kirschblüten an den Stadtbäumen im Frühling, die Schatten der vorbeiziehenden Wolken im Sommer, oder die sichtbaren Fußspuren im Winterschnee. Der Bauer hat sehr charmante Animationen beim Einsatz seiner Werkzeuge und sogar mehrere Idle-Animationen, wenn man ihn dumm rumstehen lässt. Die Kühe sind sowieso so niedlich wie in keinem anderen Teil.
Gewohnt ist das Spiel natürlich nicht sonderlich fordernd. Besonders wenn gemerkt wird, dass sobald es Abend ist, die Zeit stehenbleibt. Es ist noch nicht reinprogrammiert, dass der Tag automatisch zum nächsten Morgen wechselt, oder bei Überarbeitung oder schlechtem Wetter der Bauer verschläft und krank wird. Einige Arbeiten können von daher beliebig in die Nacht hinein getätigt werden. Nicht das dies sonderlich wichtig wäre. Es ist eine Leichtigkeit schon am Ende des ersten Jahres geheiratet und das Haus maximal ausgebaut zu haben, sowie mehr Geld zu besitzen, als je wieder ausgegeben werden kann. Der Rest bis zum Ende spielt sich dann zum Selbstzweck.
Diktiertes Langsamtreten
Jedoch steckt ein gewisser Charme in der Simplizität des Spieles. Ein Harvest Moon kann ein chilliges Erlebnis zum Spielen nebenbei sein. Aber man kann sich in jenen auch selbst stressen. Wenn in die Falle getappt wird zu viel des enthaltenen Contents in die Tage quetschen zu wollen, zu schnell zu optimiert spielen zu wollen. Das ist aber eben etwas, was beim allerersten Vertreter gerade wegen der wenigen Möglichkeiten nur schwer machbar ist, sondern Spieler werden notgedrungen ausgebremst.
Die einzelnen Tage sind extrem kurz, weswegen sich eh nicht zu viel vorgenommen werden kann. Aber es gibt eben auch je nicht viel zu tun außer der Feldarbeit und die zukünftige Frau zu bespaßen. Es gibt keine Handlung, die einen ständig mit unwichtigem Text ausbremst oder Dinge hinter ihrem Fortschritt wegsperrt. Werkzeugupgrades und Power Berries können teilweise erst zu einer bestimmten Zeit im Spiel geholt werden. Alles andere ist von Beginn an erreichbar, solange das Geld dafür in der Kasse ist. Nachdem sich im Frühling und Sommer eventuell doch etwas gehetzt wurde, um in die kurzen Tage möglichst viele Felder unterzubringen, fallen im Herbst und Winter selbst jene weg. Damit einhergehend kommt es gezwungenermaßen zu einer ruhigeren Herangehensweise.
Es ist einfach nicht viel dran an Harvest Moon SNES. Und genau das ist manchmal genau das richtige. Einfach chillig nebenbei ein Spiel spielen, bei dem eigentlich gar kein Scheitern möglich ist, bei dem einen die stupide Arbeit einlullt, bei dem nicht endlose Contentmöglichkeiten abgewogen werden, und vor allem welches nicht ewig Zeit zur Beendigung einnimmt. Aus einer Era, als Harvest Moon/Story of Seasons noch nicht so langatmig war. Geradezu auch ein perfekter Gegenpol als Zweitspiel neben der Bearbeitung von härteren Games. Spielerische Entspannungstherapie eben.
Links
- Ushi no Tane: Die (englisch-sprachige) Anlaufstelle zur Reihe.
- Bokumono.com: Japanische Serien-Homepage von Marvelous.
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