Hilfe, ich bin verflucht!

Von Alexa Sprawe am
Kommentiert von: Griesgram, Alex, Alexa Sprawe, Chris, André Eymann, Lenny
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Es ist nun an der Zeit, über ein mir zuvor unbekanntes Phänomen zu schreiben. Vielleicht kennt ihr das: Eigentlich seid ihr total genervt, aber ihr schafft es einfach nicht, das Spiel auszumachen. Keine weitere Zeit damit zu vergeuden. Damit abzuschließen. Nun, ich habe ewig darüber nachgedacht, ob ich diesem Spiel noch weitere Aufmerksamkeit schenken will. Aber es verfolgt mich bis heute.

Sehen wir diesen Text daher als eine Art Therapie an. Schreiben soll ja bekanntlich helfen. Aber ich will euch nicht weiter auf die Folter spannen – schließlich könnt ihr es sicherlich kaum erwarten zu erfahren, worum es hier eigentlich geht. Also – tatatatam –, das Spiel, das ich meine, ist …

Ni no Kuni – Der Fluch der Weißen Königin

Vielleicht fragt ihr euch jetzt: Wie ist es möglich, ein so schönes Spiel nicht zu mögen? Oder so etwas in der Art. Tatsächlich ist meine Beziehung zu diesem Spiel „kompliziert“, denn eigentlich finde ich es graphisch wirklich schön. Immerhin ist dieses Spiel in Zusammenarbeit mit dem Studio Ghibli entstanden und ich bin ein großer Ghibli-Fan. Ghibli schafft es immer wieder, eine emotional-ästhetische Atmosphäre zu schaffen, die berührt und in Erinnerung bleibt. Ich verbinde mit diesem Namen große Emotionen und große Themen, die in dieser Kombination großartig sein können.

Das trifft auch auf „Ni no Kuni“ zu. Bereits zu Beginn wird man mit Tragik konfrontiert: Die Mutter des Jungen Oliver, den wir im Spiel steuern, stirbt an einem Herzanfall. Um sie zu retten, wechselt Oliver in eine Parallelwelt, in der er treue Gefährten findet und sich mit ihnen dem Bösen stellt, darunter Shadar. Zusammen erleben sie Abenteuer und retten die Bewohner dieser Welt – und das ist wohl die schönste Botschaft in diesem Spiel: Oliver hilft ihnen, indem er ihre Herzen „repariert“. Mit seinen Zauberkräften entzieht er denjenigen die Gefühle (Mut, Hoffnung etc.), die sie im Überfluss haben, und gibt sie an diejenigen weiter, die sie dringend benötigen.

Während Oliver die Welt rettet, wird er von der Weißen Königin Kassiopeia beobachtet. Bis zum finalen Kampf ist es aber Shadar, der Oliver und allen anderen – auch den Spielenden – das Leben schwer macht. Immer wieder muss Oliver gegen verfluchte Gegner kämpfen, die nach einem erfolgreich gemeisterten Kampf geheilt sind und sich als friedliche Bewohner entpuppen. Da Olivers Welt und die Parallelwelt verknüpft sind, muss er immer mal wieder zwischen den Welten wechseln und die Seelenverwandten der verfluchten Bewohner ausfindig machen, einen bestimmten Gegenstand überbringen o. Ä.

Kommen wir zur Sache!

So weit so gut – die Story ist bewegend, wenn auch sehr textlastig. So erscheinen beispielsweise die Dialoge, die zwischen Oliver und seinen Freunden Esther, Sven und Drippy stattfinden, ausschweifend und lang, sodass man den Eindruck bekommt, einen „interaktiven Roman“ zu lesen. Während ich anfangs noch ganz bei der Sache war, kam bald die Ungeduld und ich klickte die Dialoge nur noch genervt weg. Natürlich ist eine gut erzählte Story ein Qualitätskriterium für ein gutes Spiel, aber das Gameplay sollte nicht so weit in den Hintergrund geraten, dass man beim Spielen vergisst, dass es ein Spiel ist. Wenn ich einfach nur einen Roman lesen möchte, greife ich zu einem Buch.

Und damit wären wir bei dem, was mich wirklich, wirklich genervt hat: Die Kombination aus rundenbasierten Kämpfen und nervtötender, aufdringlicher Musik, die währenddessen abgespielt wird. Man stelle sich das so vor: Eigentlich will man einfach nur eine Quest erledigen und während man unterwegs ist, greifen irgendwelche (kleinen) Monster an. Am Anfang ist das zur Übung gar nicht so schlimm, aber später, nachdem man die Kampfmusik unzählige Male gehört hat, und eigentlich nur von A nach B kommen will, ist das gar nicht mehr so spaßig. Vor allem, weil es bestimmte (schwache) Monster gibt, die immer angreifen, egal wie hochgelevelt man ist. Das heißt: Man verliert nur Zeit.

Sehr viel Zeit nimmt übrigens auch das Füttern und Leveln der kleinen Monster (Familiars) ein, die Oliver und seine Freunde begleiten und im Kampf zur Seite stehen. Die Animationen, die beim Füttern gezeigt werden, sind lang und monoton, sodass es zu einem langwierigen Akt wird, die Süßigkeiten (Schokolade, Kuchen, Eis etc.) an die Monster zu verfüttern. Danach sind sie aber wenigstens zufriedengestellt und gestärkt für die nächsten Kämpfe, bis sie wieder Hunger bekommen. (Ja, Süßigkeiten machen stark! Hier ist der Beweis!)

Verflucht!

Ich muss nun zum Ende kommen. Die vielen Zeilen rund um dieses Spiel haben mich bereits einige Nerven gekostet, auch wenn ich zugeben muss, dass es gut getan hat, sie endlich aufs Papier gebracht zu haben. So gesehen hat die Therapie funktioniert. Wäre da nicht ein Haken … Das Spiel schwirrt noch immer in meinem Kopf herum. Und eigentlich ist es doch gar nicht so schlecht, wie ich manchmal denke: Die Storyworld ist magisch, die Figuren liebenswert, die Botschaft berührend – und sobald ich die Musik höre (nicht die Kampfmusik, natürlich), kommen doch einige schöne Erinnerungen hoch. Vor allem das Ende, ja, das Ende… Allein dafür hat es sich gelohnt, dranzubleiben. Wenn ich so darüber nachdenke, ist „Ni no Kuni“ doch gar nicht so schlecht. Nein, ganz und gar nicht …

Habt ihr auch schon einmal ein Spiel gespielt, das euch genervt und zugleich nicht losgelassen hat? Habt ihr es zuende gespielt oder doch abgebrochen? Wann ist bei euch der Punkt erreicht, an dem ihr ein Spiel unbeendet verbannt?


Veröffentlicht in: Videospielgeschichten

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Kommentare (10)

  1. Red Dead Redemption 2 hat mich aufgrund diverser Designfehler wahnsinnig gemacht. Bei Ni No Kuni sind mir deine Kritikpunkte gar nicht aufgefallen, ich werde das Spiel demnächst auf der Switch noch einmal spielen.

    Alexa Sprawe
  2. Wie kann man Ni No Kuni denn nicht mögen? Das ist doch so knuffig! Ich hab das Spiel geliebt. Aber zu deiner Frage:
    Breath of the Wild ist ein Titel der mich unglaublich genervt hat. So viel das ich nach 10h Spielzeit abgebrochen habe und das Spiel verkauft. Trotzdem hat es mich in Teilen fasziniert. Sonst hätte ich keine 10h investiert.
    Broken Age ist auch ein Titel der mich im letzten Drittel unglaublich frustriert hat. Hier habe ich aber bis zum Ende gespielt und mich danach um so mehr geärgert. Ich hatte irgenwie mit einer gelungenen Abschluss-Sequenz gerechnet und dann kam einfach nichts.
    Dann wollte ich The Dig mal nachholen. Etwa in der Hälfte habe ich abgebrochen. Ich hing an einem Rätsel und trotz Blick in die Lösung ging es nicht weiter *NERV*.
    Wenn ich auf schlechtes Rätseldesign stoße oder den Eindruck habe das mir die Entwickler der Spiele unnötig Steine in den Weg legen. Etwa damit die Spiele eine längere Spieldauer bekommen. Dann habe ich ein Spiel schnell wieder deinstalliert.

    Alexa SpraweLenny
    1. Ich finde BotW großartig! Was genau hat dich denn genervt? 10h sind ja wirklich nicht viel. Da ist man doch noch im Tutorial. 🙂 Bzgl. “Broken Age” kann ich dir nur zustimmen: Es ist frustrierend und monoton und die Story ist nicht überzeugend. Ich habe das Spiel abgebrochen. Schlechtes Rätseldesign und unnötig lange Spieldauer trifft auch sehr gut meinen Eindruck, weshalb ich bestimmte Spiele nicht mehr weiterspielen will – und: wenn es zu viele aus meiner Sicht sinnlose Handlungen gibt, die ich tun muss, um weiterzukommen.

      1. Eine komplette Spielspaßbremse war die fehlende Information über den Zustand meiner ausgerüsteten Waffe. Wie oft habe ich einen Kampf begonnen und nach 1 oder 2 Hieben ist mir die Waffe kaputt gegangen. Dann die Mechanik des Kochen. Grundsätzlich eine gute Idee. Aber warum muss ich mir jedesmal eine Zwischensequenz anschauen wo die Spielfigur um einen Topf hüpft? Zeitverschwendung. Mit der Steuerung bin ich auch nicht warm geworden. Es ist mir mehrmals passiert, das ich an einer Klippe stand, etwas an meiner Ausrüstung ändern wollte und warum auch immer, hat Link plötzlich die Waffe weggeworfen. Das sind die drei Hauptgründe. Da waren noch ein paar andere Kleinigkeiten, da kann ich mich aber ehrlich gesagt, nicht mehr erinnern. In den ersten Stunden war mir auch gar nicht klar was ich eigentlich machen sollte. Ich hatte kein Ziel und das hat sich auch später nicht wirklich geändert. Das hat mich schon irritiert. Spiele die sich mit einer Open-World schmücken sind normalerweise genau mein Ding. Aber zum Schluss war ich wegen der drei Hauptgründe auch nur noch genervt und dann nimmt man eh alles negativ wahr.

        Alexa Sprawe
  3. So einem Fluch erlag ich tatsächlich auch mal. Persona Q hatte mir in den ersten 20 Stunden ungeheuer viel Spaß gemacht. Danach baute das Spiel immer weiter ab und nervte mich irgendwann nur noch. Als mir noch ein letzter Dungeon bevorstand musste ich einsehen, dass ich eigentlich nur noch meine Zeit damit verschwende, und zu den bisher investierten 70 Spielstunden eigentlich nicht noch weitere hinzukommen sollten. Damit brach ich Persona Q ab.

    Bei Dragon Quest VIII ging es mir ähnlich: Fand ich am Anfang super, ab Stunde 50 hatte ich eigentlich langsam genug, und dann hab ich mich noch 30 weitere Stunden bis zum Abspann gequält. Ich denke heute würde ich sowas dann vermutlich auch nicht mehr weiterspielen. Dazu ist mir die Zeit einfach zu schade.

    Ni no Kuni hatte ich zum Glück nur ausgeliehen und relativ bald wieder zurückgegeben, als ich an einem relativ frühen Boss fest hing. Dem kam man nicht mit Taktik bei, und grinden wollte ich auch nicht. Könnte ein wirklich schönes Spiel sein, aber für mich ist das Kampfsystem leider unbrauchbar. Fand diesen Mix aus Menübasiert und Echtzeit seltsam, bei dem man weder in Ruhe seine nächste Aktion auswählen, noch wirklich zeitnah auf Gegnerangriffe reagieren kann, und ständig zwischen menschlichen Charakteren und Monstern hin- und herwechseln und tausend Anzeigen im Auge behalten muss. Da konnte zum Glück erst gar kein Fluch aufkommen 🙂

    Finde es immer noch schwierig, bei einem Spiel, das einem Spaß macht, mit mühseligen Stellen umzugehen. Klar, manchmal muss man sich da vielleicht durchbeißen, wenn man den Rest des Spiels sehen will. Aber irgendwann ist dann auch der Punkt erreicht, an dem man vielleicht einsehen muss, dass das Spiel, das einem durchaus Spaß bereitet hat, insgesamt wohl einfach nicht so toll oder spielenswert ist, wie erhofft.

    In dem Sinne: Gegen den Fluch hilft nur mehr Mut zum Abbrechen!

    Alexa SpraweLenny
    1. Eigentlich fällt es mir mittlerweile gar nicht so schwer, ein Spiel abzubrechen. Wenn ich kein Bedürfnis habe, es zu spielen, dann tue ich es auch nicht. Aber “Ni No Kuni” war so ein Ausnahmefall. Ich wollte es spielen und gleichzeitig auch nicht. Ein Spiel, das mich auch sehr genervt hat, war “Castlevania” (PS3). Es ist linear und es gibt nur die eine Lösung, wie ein Gegner besiegt werden kann – das ist mir zu blöd. Auch “Broken Age” gehört zu den Spielen, die ich abgebrochen habe, weil es mir zu monoton wurde. Wenn ich so darüber nachdenke, gibt es so einige Spiele, die ich nicht beendet habe … und ich glaube, der Grund ist bei allen der gleiche: sobald es zu viele (sinnlose) repetitive Handlungen gibt, verliert das Spiel für mich den Reiz. Und ja, dafür ist mir die Zeit dann wirklich zu schade.

      Tobi
  4. Du wirst es nicht glauben, aber dein Artikel passt gerade perfekt, da ich selbst gerade ein Spiel spiele, bei dem es mir genauso geht.
    Aber erstmal will ich dir sagen, dass ich dir bei allem was Ni No Kuni betrifft zustimme. Ni No Kuni hat große Stärken. Das sind Präsentation, Inszenierung und eben Ghibli. Es hat aber auch Schwächen. Und die liegen beim Spiel an sich und die hast du hier schon hinlänglich dargestellt.
    Mir geht es gerade ähnlich mit dem Spiel A Plague Tale. Da es noch neu ist, werde ich nichts weiter darüber verraten. Ich sage nur, dass ich einiges zu meckern habe. Und zwar über alles. Die Geschichte, Die Figuren und auch das Gameplay. Und trotzdem spiele ich es weiter und ich werde es auch durchspielen, denn wenn man sich darauf einlässt, hat es eine unglaublich packende Atmosphäre.
    Es ging mir aber auch noch bei anderen Titeln so. Zu nennen wären hier unter anderem Bioshock Infinite oder die beiden Horrortitel Evil Within 1+2. Und das komische dabei ist, dass ich mir immer Mal denke, ich das könntest du eigentlich Mal wieder spielen. Obwohl ich weiß, dass mich das Spiel dann wieder aus den gleichen Gründen nerven wird, aus denen es mich auch schon beim ersten Mal genervt hat.

    TobiAlexa SpraweAndré Eymann
    1. “A Plague Tale” wollte ich eigentlich auch noch spielen, aber ich habe nun schon von mehreren Seiten gehört/gelesen, dass es viele Schwächen hat – ob sich das wirklich lohnt? Berichtest du ausführlicher, wenn du das Spiel durch hast?