Welcher Informatiker kennt ihn nicht? Den Traum vom eigenen Spiel. Und auch abseits der Informatik hat sicher schon der ein oder andere einmal darüber nachgedacht, wie genial es wäre, am Lieblingsspiel mitzuwirken und all das besser zu machen, was man doch so gerne umgesetzt gesehen hätte.
Alte Liebe rostet nicht
Der Traum war auch bei mir schon immer tief verwurzelt. Zu SNES-Zeiten waren es selbstgezeichnete Zelda-Maps, komplett ausgestattet mit Boss-Mechaniken und Rätseln, zu Zeiten von WC3 der Versuch ein eigenes Dota zu implementieren und in Never Winter Nights war ich aktiver Weltenbauer auf einem der beliebtesten deutschen Server.
Zum Ende der Schulzeit stürzte ich mich dann in die Welt der Polygone, schloss mich einem ambitioniertem Hobby-Projekt im Kontext eines bekannten deutschen P&P-Rollenspieles als 3D-Artist an und lernte die Grundtechniken wie Unwrapping und Low Polygon Modeling – was heute oftmals eine stilistische Wahl ist, an dem früher aber kein Weg vorbeiführte. Ein Model durfte ca. 700 Polygone haben.
Natürlich scheiterte das Projekt, aber zumindest eine Techdemo, die optisch gar nicht mal so schlecht aussah, hatte das vielköpfige Team auf die Beine gestellt. Weiterführend schloss ich mich dann noch mal einer riesigen Community an, in der es um prozedurale Weltraumabenteuer ging, und modellierte ein paar Raumschiffe. Dann kam das Studium, ein informatisches Fach, und die Träume schienen erst mal in weiter Ferne.
Noch ein paarmal hatte ich den Versuch gestartet, das eigene Browsergame zu programmieren, aber das war’s dann auch und es kam erst mal eine lange Zeit, in der ich viele Jahre zwar kontinuierlich am Zocken Interesse hatte (mal mehr mal weniger), mein Bedürfnis nach kreativer Verwirklichung jedoch nicht gestillt werden konnte.
Und dann kam Corona! Frisch wieder Single und in häuslicher Isolation waberte es in mir. Los! Versuch es noch mal! Du bist nun älter, reifer! Du schaffst das! Und aus der Langeweile und Monotonie des Lockdowns, aber auch der Sehnsucht etwas zu erschaffen heraus, stürzte ich mich in das Abenteuer von dem ich nun berichte: Kingsblood! Der Startschuss zur Entwicklung unseres Spieles (Spoiler: Wir sind noch mittendrin und weit vom Ziel entfernt).
Die Vision! Worum geht’s?
Kurz zusammengefasst würde ich Kingsblood als ein storylastiges Rollenspiel mit autosimuliertem Kampf und umfangreicher und ansammelbarer Gefolgschaft bezeichnen.
Und nun noch mal im Detail:
Im Grunde genommen fließen hier mehrere Ideen zusammen. Falls schon einmal jemand Suikoden (ein uraltes J-RPG) gespielt hat: Der oder diejenige mag sich erinnern, dass man im Verlauf der Geschichte eine Truppe individueller Charaktere zusammenstellen musste und diese dann sogar in der eigenen Burg besuchen und mit den individuellen Charakteren (so meine ich zumindest) interagieren konnte. So etwas hatte mir schon immer gefallen, auch im etwas anderen Kontext aber doch ähnlich in Skyrim, als man sich ein eigenes Haus kaufen, dieses aufbauen und dort die eigene Familie und ein paar weitere Gefolgsleute „unterbringen“ konnte. Sprich, ich wollte also eine Welt erschaffen, in der man eine Vielzahl von Anhängern freispielen und in eigener Sache nutzen kann. Also doch auch irgendwie ein kleines Pokémon. Nur eben mit humanoiden Wesen und nicht mit bunten „Taschenmonstern“.
Darüber hinaus auch aus technischen Gründen schreckte mich das Thema Multiplayer ab. Es sollte also ein Singleplayergame mit (hoffentlich) epischer Geschichte werden. Auch die Story hierzu begann in meinem Kopf zu keimen. Eine mittelalterliche Welt, düster und roh, mit biblisch angehauchter Szenerie – Dämonen, religiöser Fanatismus –, aber alles nicht zu direkt, sondern eher basierend auf Mythen und Legenden. Die Geschichte soll sich natürlich auch durch ein paar Schocker, überraschende Tode etc. hervortun. Vergleichbar zu unser aller Lieblingsserie, die bis auf Staffel 8 doch so gut gelungen war.
Drittes Hauptmerkmal sollte dann noch der Kampf werden. Hier stark am aus dem vor Kurzem aus dem Nichts erwachsenem und komplett explodiertem Genre Autochess orientiert. Sprich Gefolgsleute haben spezielle Charakteristiken – z .B. Zwerg/Magier – und je nachdem wie man die Kampfgruppe zusammenstellt, ergeben sich Synergien und extrem starke Gruppenbuffs. Der Kampf an sich läuft dann fast vollautomatisch simuliert, aber die Vorbereitung spielt eine große Rolle.
Klar: Das Spiel würde kein Actionfeuerwerk werden. Sprich – der klassische Fortnitespieler ist hier nicht unbedingt die Zielgruppe – es gibt aber auch Spieler wie mich selbst, die eher ein ruhiges und taktierendes Gameplay bevorzugen. Das Spiel, in dem ich z. B. die meiste Spielzeit habe, ist Civilization. Meist spielte ich das nach der Arbeit, entspannt und ohne Stress. Manchmal mit einer Netflix-Serie auf dem zweiten Bildschirm. Und ja, es ist genau dieses Gefühl – entspanntes, aber doch fesselndes Gameplay –, das ich mit meinem Spiel einfangen wollte. Vielleicht noch ein Gläschen Wein dazu. Ja, so hatte ich mir das vorgestellt.
Wie steht es um die Umsetzbarkeit?
Soweit der Traum – nun zur Realität. Tatsächlich haben sich die Werkzeuge unglaublich weiterentwickelt. Wir selbst haben zur Unity Engine gegriffen. Die Ersparnis an Programmierung ist schon gewaltig. Unity vereinfacht wirklich vieles. Nichtsdestotrotz sind solide Programmierkenntnisse ein Muss. In meinem Vlog, den ich seit Tag 1 geführt habe, und der mich, als introvertierter Mensch, einiges an Überwindung kostet, kann man ganz gut die ersten Gehversuche verfolgen. Es war dann aber auch der Vlog, der zwei meiner Freunde zur Mithilfe motiviert hat und ja, nun sind wir zu dritt. Grafisch mussten wir entgegen meiner Träume und Visionen massive Abstriche machen. Die Weltkarte ist nicht in 3D, sondern gezeichnet, der Kampf ist in low Polygonal 3D und kein AAA-Spektakel. Aber man muss doch auch in der Lage sein, den Scope realistisch einzuschätzen.
Und ob wir das tun, da bin ich mir noch nicht sicher. Denn Tatsache: Dort wo wir grafisch gespart haben, haben wir, was Mechaniken und Storytelling angeht, richtig in die Vollen gegriffen. Forschungs-Tree, Schlossbau, Hunderte von Quests, mehrstündige, vollvertonte Kampagne, individuelle Spezialangriffe für alle Gefolgsleute. Puh … Manchmal, wenn ich so drüber nachdenke, wird mir ganz schwindelig – schaffen wir das wirklich? Doch dann flackert er wieder auf, der Ehrgeiz und auch die Lust, solch ein Projekt durchzuziehen.
Aber so, denke ich, ist es nun mal mit den Indiegames. Entweder besticht das Spiel über hinreisende und stimmige Grafik bzw. Atmosphäre oder es müssen interessante und neuartige Mechaniken sein. Ich denke, eine gewisse Uniqueness haben wir, wenn alles so klappt, wie wir uns das so vorstellen, auf jeden Fall. Zumindest flackern die Augen all unserer Informatikerfreunde, wenn wir ihnen von unserem Projekt erzählen und man schafft es kaum, die vielen aufkeimenden Fragen zu beantworten.
Doch ja, zurück zum Thema. Der geplante Scope, grad im Bereich der Programmierung und des Contents, ist schon gewaltig und nun kommen wir zur Umsetzbarkeit.
Wie bei jedem Projekt startet man erst mal mit einer Menge Motivation. Motivation wird, so denke zumindest ich, durch positives Feedback aufrechterhalten. Bleibt dieses aus, so ist es dann irgendwann nicht mehr die Motivation, die vorantreibt, sondern die Disziplin und eben der Glaube an das Ziel. Motiviert zu arbeiten, ist wie unter Droge (nicht das ich hier besonders viele Erfahrungen hätte), getrieben durch Disziplin gleicht eher einem Mühsal. Wer quält sich schon gerne? Niemand – und das ist das Problem, weswegen wohl die meisten Indie-Projekte irgendwann scheitern. Und hier kommt nun das Team ins Spiel. Ich bin mir sicher, dass ich alleine bestimmt schon lange aufgegeben hätte. Doch ein gutes Team motiviert sich gegenseitig, zieht mit, lässt das erschöpfte Individuum auch mal verschnaufen, ohne dass alles zum Stillstand kommt. Fazit: Ich bin heilfroh, das Projekt nun mit zwei weiteren Freunden zu bestreiten und dass wir uns gegenseitig mit tollen Fortschritten beflügeln.
Ich würde sagen, dass bei uns nun nach ca. 5 Monaten immer noch viel Motivation mitschwingt, dennoch ist inzwischen auch eine Menge Disziplin notwendig, um kontinuierlich voranzuschreiten. Im Endeffekt arbeiten wir aktuell mal zuzüglich unseren echten Berufen sicherlich 50-80 Stunden pro Woche. Puh. Aber egal – noch läuft es und der Traum, einmal etwas Spielbares zu haben, treibt. Also noch mal zur Frage der Umsetzbarkeit. Machen wir so weiter und hält die Motivation, so denke ich, können wir den Scope, so wie wir ihn uns zurechtgesponnen haben, realisieren. Lässt die Motivation nach, müssen wir eventuell an der ein oder anderen Stelle Abstriche machen. Das Projekt kann natürlich auch scheitern. Das wäre schade, denn wir haben schon sehr viel unserer Freizeit, aber auch privates Geld in unseren Traum investiert.
Den Traum nun also einmal weitergesponnen, so sind wir in ca. einem Jahr (hoffentlich) fertig und man kann sich das Spiel auf Steam herunterladen. Zwischenstation wäre ein Kickstarter und eine intern spielbare Version so um Weihnachten herum – aber das steht nun wirklich noch in den Sternen. Ob final gnadenloser Flop oder echter Geheimtipp entscheidet dann die Audience. Falls ihr uns unterstützen wollt, sei‘s auch nur moralisch, würden wir uns natürlich über jeden Follower auf Twitter, jeden Subscriber auf YouTube und jeden sonstigen Kommentar freuen. Auch wenn wir, wie ich finde, uns ganz gut selbst motivieren können, kann so eine kleine „externe“ Motivationsspritze hier und da sicher nicht schaden.
Hoffe, der kleine Einblick in unser Projekt hat Euch gefallen und hoffe natürlich, dass dies nicht nur leere Worte bleiben und wir bald etwas real Anspielbares vorzuweisen haben. Der Punkt, den ich vermitteln wollte, war, dass doch alles wirklich harte Arbeit ist, was man dann sehr gerne beim Beginn solch eines Projektes unterschätzt – Das Sprichwort bewahrheitet sich nun mal doch: Für seine Träume muss man kämpfen.
Links
- Offizielle Seite von Kingsblood
- YouTube-Kanal von Kingsblood (inkl. Devblog)
Schreibe einen Kommentar