Vor 25 Jahren gab es einen vorzeitigen Todesfall in Nintendos Produkt-Lineup. Der Virtual Boy, die neue Handheld-Hoffnung und Pionier an portablem 3D, wurde offiziell zu Grabe getragen. Und das noch nicht mal ein volles Jahr, nachdem er auf den Markt kam.
Dabei sah zu Beginn alles gut aus. Immerhin stand Gumpei Yokoi hinter dem Projekt. Der hatte schon portable Nintendo-Schlager wie die Game & Watch Systeme oder den originalen Game Boy ins Leben gerufen. Aus mehreren Gründen, zum einen wegen technischer Probleme, auf Grund von Kostenreduktion, und um unter einem harten Zeitlimit fertig zu werden, sollte jedoch nicht der Virtual Boy geboren werden, der ehemals konzipiert war.
Sein Ruf ist dahingehend mittlerweile legendär. Das stark kontrastierende rot-schwarze Display, das mit der Zeit die Augen reizt und allen Spielen einen düsteren Touch verleiht. Oder das der Virtual Boy auf einem Standfuß platziert werden musste, um den 3D-Effekt überhaupt durch den richtigen Winkel zu sehen, was ihm einen Teil seiner Portabilität nahm. Und das Nintendo zum Jahresende 1995 bereits 3 Millionen Einheiten absetzen wollte, bei Einstellung in 1996 aber weltweit gerade mal 770.000 Einheiten verkauft waren.
Der Virtual Boy war ein Rückschlag für Nintendo. Es ist der viel belächelte Flopp in ihrem Resümee. Mittlerweile lacht Nintendo mit. Wie beispielsweise deren Umgang mit ihm in Tomodachi Life, einem Spiel auf einem erfolgreichen 3D-Handheld der Firma, bewiesen hat.
Am Ende hinterließ der Verstorbene nur 22 Software-Kinder. Davon waren 19 einschlägig in Japan und 14 in Nordamerika bekannt. Zu europäischem Ruhm reichte es zu Lebzeiten nicht mehr. Aus erster Hand war uns also nicht vollbracht, zu erleben, ob der Handheld und seine Bibliothek wirklich so schlecht sind, wie es uns das Meme glauben machen will. Ich habe es mir mal voll investigativ zur Aufgabe gemacht, dies selbst zu prüfen. Also hinein in die bunte rot-schwarze Welt des Virtual Boys!
Rennen und Springen: Die Platformer
Mario Clash
Aushängeschild Mario sollte natürlich auch das neue System an die Kinderhände bringen. Interessanterweise entschied man sich allerdings nicht für den zu erwartenden Weg hier ein traditionelles Jump n Run anzubieten. Statt eines Super Mario 3D Lands ist Mario Clash eine Neu-Interpretation des Spielprinzips vom 1983er Mario Bros. aus den Arcade-Hallen.
Sprich als Mario hüpft ihr auf einen Koopa, um dessen Panzer dazu zu verwenden, die anderen Gegner auf dem Spielfeld umzunieten. Von denen sonst alle absolutes Berührungs-Tabu sind. Dies alles auf bis zu 99 Stages, danach loopt das Spiel wieder auf Anfang. Wobei nach und nach schwerer und schwerer zu besiegende Gegner aufkommen, versteht sich. Das Virtual Boy Gimmick ist dabei, dass sich das Spielfeld auf eine vordere und hintere Ebene erstreckt.
Allemal nett für Zwischendurch, um auf einen immer besseren Score zu spielen.
Virtual Boy Wario Land
Für das traditionelle Jump n Run auf dem System musste statt Mario sein böser Zwilling Wario herhalten. In seinem gerade mal zweiten Abenteuer nach dem Erstling auf dem Game Boy. Auch hier ist er als Schatzräuber unterwegs, der die 14 Stages möglichst reich hinter sich lassen will, die in je 3 normale Stages mit einem Bosslevel pro Welt gruppiert sind.
Als Arsenal kann Wario nicht nur gewohnt auf die Gegner springen, sondern sie auch Rammen, mit Arschbombe umwerfen, oder durch die Gegend schmeißen. Zudem hat er starke Power-Up-Helme, die ihm einen gehörten Bullen, fliegenden Adler, oder spuckendes Seepferdchen aufsetzen. Oder einen fliegenden und Feuerspuckenden Drachenkopf, der das eh nicht sonderlich fordernde Spiel trivialisiert. Für den Wiederspielwert gibt es einen Collect-a-Thon Einschlag, denn um bessere Enden zu erlangen müssen reichlich Goldmünzen gesammelt, alle 10 verborgenen Schätze in den normalen Stages gefunden und das Spiel in unter 2 Stunden beendet werden.
Ein absolut launiges Unterfangen, mit gut designten Welten und charmanten Animationen, die besonders die Persönlichkeit von Wario gut hervorbringen. Echt Schade, dass das Spiel nie erneut herausgebracht wurde – bestenfalls als bunt eingefärbtes Remake.
Jack Bros.
Atlus, die schon immer gern alle möglichen Plattformen unterstützt haben, brachten dem Virtual Boy das Megami Tensei Spinoff Jack Bros. ein. In dem geht es darum wahlweise Maskottchen Jack Frost oder seine beiden Brüder Pyro Jack und Jack Skelton durch insgesamt 60 Stockwerke eines Labyrinths zu manövrieren.
Und das in Form eines Twin Stick Shooters. Der Controller des Virtual Boys hatte nämlich zwei Steuerkreuze. Mit einem bewegt ihr die knuffigen Jacks durch die Stages, mit dem anderen wird separat in die beliebigen Himmelsrichtungen geschossen. Ziel ist es alle Schlüssel einzusammeln und aufs nächste Stockwerk zu gelangen, bevor die Zeit ausläuft. Die auch durch Fallen oder Kollision mit den diversen Gegnern verringert wird. Natürlich werden die mit der Zeit immer kniffliger und die Bosskämpfe am Ende eines jeden Blocks an Stages haben es auch in sich.
Dadurch ist Jack Bros. eines der schwereren Spiele des Systems, bleibt aber auch eines der launigeren. Mit den süßen Sprites und dem spaßigen Gameplay ist es hier erneut schade, dass es das Spiel nie in einer kolorierten Version irgendwo anders hingeschafft hat.
Gehirnschmalz gebraucht: Die Puzzler
Bomberman: Panic Bomber
Bomberman durfte ebenfalls sein Unwesen auf dem Virtual Boy treiben. In Japan als ein Launch-Titel offeriert, sah Nordamerika das Spiel merkwürdigerweise erst gegen Ende dessen kurzen Lebens. Statt das übliche Bomberman-Gameplay fährt das auch auf anderen Systemen erhältliche Panic Bomber allerdings ein Match-3-Game auf.
Ähnlich wie bei Puyo Puyo oder Columns werden hier also diverse Formen, die vom oberen Bildschirmrand fallen, so gelegt, dass sie sich zu Reihen zusammenfügen. Statt zu verschwinden und auf dem Spielfeld des Gegners aufzutauchen, lässt dies allerdings Bomben aufs eigene regnen. Erst wenn die mit einer gezündeten Bombe zur Explosion gebracht werden, verschieben sich eigene Bauten zum Gegner. Es verliert natürlich derjenige, dessen Klötzchenturm als erstes den oberen Bildschirmrand berührt.
Das Spielprinzip ist gewohnt launig und die expressiven CPU-Gegner sind auch sehr spaßig anzusehen. Etwas schade ist lediglich, dass Panic Bomber nur den einen Spielmodus a 12 Stages bietet. Da das Linkkabel fürs System nie herauskam, gibt es leider auch kein Spielen gegen andere Virtual-Boy-Besitzer.
3D Tetris & V-Tetris
Nintendo war es glaube ich verboten, in den 90ern einen Handheld ohne Russlands bekanntesten Gaming-Export auf den Markt zu bringen. Und so bietet der Virtual Boy gleich zwei Variationen an: Das nur in Japan erschienene V-Tetris und das nur in Nordamerika erschienene 3D Tetris.
Spielprinzip kennt glaub ich jeder mindestens durch kulturelle Osmose, aber hier noch mal kurz und knackig: Von oben fallen Blöcke, die zu Reihen gelegt werden, welche dann verschwinden. Game Over, wenn der obere Bildschirmrand erreicht wird. Dieses klassische Spielprinzip ist, was V-Tetris in seinem A und B Modus anbietet, nur im B-Modus auf einen Score Attack ausgelegt. Besonders wird das Spiel, wenn ihr den neuen C Modus angewählt. Sieht zunächst normal aus, doch nun lässt sich das Spielfeld drehen. Statt eine 2D-Reihe muss nun die Vorder- und Hinterseite des Rasters ausgefüllt sein, damit der Ring aus Steinen verschwindet.
3D Tetris hingegen hält sich weniger traditionell und ist im Prinzip eher eine Umsetzung der Tetris-Fortsetzung Welltris. Denn hier ist das Spielfeld letztendlich ein dreidimensionales, quadratisches Loch, in das mit den Steinen eine komplette Ebene gebildet werden muss, damit jene verschwindet. Erneut entweder in einem Endlos-Modus oder via zwei zusätzlicher Challenge-Modi.
Beides ganz interessante und sehr unterschiedliche Herangehensweisen, um den Klassiker auf den rot-schwarzen 3D-Bildschirm zu bringen. Wobei für mich nach wie vor einfach der klassische Endlos-Modus den meisten Spaß offeriert.
Virtual Lab
Ein weiterer Exklusivtitel in Japan war Virtual Lab. Welches zudem den Ruf hat das schlechteste Spiel auf dem Virtual Boy in der Region zu sein. Aber um zu sehen, ob die negative Reputation, die der Handheld und seine Spielebibliothek mitbringt, überhaupt gerechtfertigt ist, bin ich hier.
Auch in Virtual Lab fallen Formen von oben und müssen zu Reihen gelegt werden, damit sie verschwinden, bevor sie den obere Bildschirmrand erreichen. Kann ja eigentlich nicht viel schiefgehen, oder? Zunächst einmal legt ihr hier pulsierende… Darmstücke? Und die Reihen verschwinden nur, wenn sie als Komplettdarm gelegt sind, also mit Abschlussstücken an allen Enden oder an den Seitenrändern abschließend. Ohne zwischendrin noch irgendwo offen zu bleiben. Abgesehen von der unschönen optischen Assoziation ist hier das größte Problem, dass es viel zu schwer ist, passende Teile zu bekommen, damit dies klappt. In regelmäßigen Score-Abständen ruft das Spiel dann LEVEL UP und… geht genauso lethargisch weiter, wie zuvor.
Virtual Lab war übrigens auch eines der letzten Spiele, die in Japan auf den Markt kamen. Und es lässt sich nicht der Anschein abwenden, dass es einfach nicht komplett fertig entwickelt wurde, sondern hier eine Spieldemo hingeworfen wurde, um zumindest etwas von den Entwicklungskosten zurückzubekommen, bevor der Virtual Boy die Ladenregale komplett verlässt.
Peng, peng, bumm: Die Shooter
Red Alarm
Mit Red Alarm haben wir einen Launch-Titel des Virtual Boys in beiden Regionen vorliegen. Und ein Titel, der tatsächlich voll engagiert ist, dessen 3D zu zeigen. Wo sich nämlich die meisten Spiele des Systems darauf beschränken eine vordere und hintere Ebene zu präsentieren, liefert Red Alarm ein Star Fox für Arme ab.
Nur fehlen Red Alarm ein paar Dinge. Eine Handlung beispielsweise, oder charmante Charaktere. Viel wichtiger aber auch: Texturen. Die sechs Stages werden alle komplett aus Wireframes zusammengebaut. Und wenn sich mal erkennen lässt, dass dort ein gigantischer Kopf, ein Strom aus Quallen, oder ein Wasserfall vor euch ist, dann hat das schon was für sich. Nett deswegen auch, dass sich nach Beendigung eines Stages der Flug noch mal schön zurückgelehnt und ohne HUD anschauen lässt. Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass der ganze Wust an roten Linien droht, zu einem unübersichtlichen Chaos zu verkommen.
Das macht es leider etwas unnötig schwer, sich auf das Spielgeschehen des eh schon knackigen Shmups zu konzentrieren. Dadurch frustet Red Alarm leider häufig. Dass die Optik auf einem Handheld recht spektakulär ist, wird ebenfalls etwas dadurch abgemildert, dass der Game Boys dies mit X bereits vollbracht hat.
Vertical Force
Ein wesentlich traditionelleres Shoot em Up lieferte hingegen Hudson mit Vertical Force ab. Der Space Shooter kommt nämlich in vertikal fliegender Ausrichtung auf einer 2D-Ebene daher.
Das Schiff kann Standardmäßig drei verschiedene Geschossarten inklusive deren Upgrades von besiegten Gegnern einsacken. Zusätzlich einem Schild. Außerdem einen Begleitflieger, der Schussunterstützung liefert. Die fünf Stages haben je einen Mid- und einen Endboss zu bieten. Netterweise können gleich mehrere Treffer eingesackt werden, statt nach dem ersten Streifschuss schon das Zeitliche zu segnen. Geschieht dies dann doch, beginnt ihr am Anfang des Stages neu. So weit, so gewöhnlich. Die Besonderheit ist allerdings, dass auch Vertical Force auf zwei Ebenen daherkommt. Ist oben gerade zu viel los, kann auf die untere ausgewichen werden und umgekehrt. Bosskämpfe machen davon natürlich besonders gern Gebrauch.
Vielleicht ist das Gimmick erneut nicht ganz so spektakulär, wenn bekannt ist, dass dies ebenfalls schon auf dem Ur-Game-Boy mit Aerostar geliefert wurde. Weniger launig ist Vertical Force dadurch aber nicht.
Space Invaders Virtual Collection
Es geht allerdings noch klassischer als Vertical Force. Denn Taito brachte mit der Space Invaders Virtual Collection ihren Arcade-Klassiker von 1978 und dessen Nachfolger von 1979 im Bundle auf den schwarz-roten Bildschirm. Eines der rarsten Module für das System.
Erneut gehe ich mal davon aus, dass eigentlich klar ist, wie sich Space Invaders spielt. Von oben trudeln nach und nach Reihen an Aliens ein, das auf den unteren Bildschirmrand befestigte eigene Schiff schießt gegen. Game Over, wenn die eigenen Leben ausgehen oder Aliens den unteren Bildschirm erreichen. Wie gesagt bietet die Collection dabei gleich die beiden Original-Spiele zur freien Auswahl. Und dies einmal im 2D-Modus, also alles wie gehabt, oder im 3D-Modus, wo das Spielfeld angewinkelt wird und die Aliens von hinten nach vorn kommen. Zusätzlich lassen sich unter Challenges die Stages auf Zeit oder Score spielen.
Ich oute mich hier mal als nicht besonders großer Fan von Space Invaders. Weswegen mir das Spiel natürlich nicht so viel brachte. Schlechter als das Original ist es allerdings keinesfalls, immerhin ist es genau jenes.
Angriff und Verteidigung: Action & Strategy
Innsmouth no Yakata
Selbst ein Horror Game hat der Virtual Boy zu bieten. Dank der Innsmouth Villa, die wohl auf einem Lovecraftian TV-Film basiert. In der Umsetzung wird dann ein First-Person-Shooter daraus.
Das komplette Spiel findet in den immer gleich aussehenden Gängen der Villa statt. In Egoperspektive von euch durchstreift und herumspringende Gegner erschossen, bevor sie euch den Gar ausmachen. Linkes Steuerkreuz bewegt die Spielfigur, rechtes das Fadenkreuz der Knarre. In den Gängen liegen zudem Herzen, um Trefferpunkte zu regenerieren; Munition für die Pistole; und ein Schlüssel, um den Ausgang ins nächste Gängelabyrinth zu öffnen. Davon gibt es insgesamt 40, die allerdings nicht in einem Durchlauf zu sehen sind. Je nachdem, wie viel Zeit übrigbleibt, führt ein Stage nämlich in eines von zwei möglichen nächsten, kulminierend in einem von vier Enden.
Wiederspielwert ist also gegeben. Atmosphäre auch dank des depressiven dunklen Bildschirms des Virtual Boys. Abwechslung mangelt etwas, da es wenige Gegnertypen und keine Variation im Dekor der Gänge gibt. Ein cooles Kleinod ist das Spiel aber schon.
Waterworld
Es ist schon ein passendes Duo, dass auf Nintendos Flopp-Handheld auch ein Spiel zu Kevin Costners Flopp-Film Waterworld erschienen ist. Ähnlich wie Virtual Lab exklusiv (diesmal in Nordamerika), eines der letzten Releases, und gehandelt als schlechtestes Spiel in der Region.
Ihr steuert Costner in seinem Boot mitten auf dem Meer. Vor euch ein paar Wracks und hilflos um sich paddelnde Einwohner. Von allen Seiten kommen nun Gegner herangefahren, die sie entführen wollen. Costner soll sie abschießen, bevor die das geschafft haben. Ist eine Gegnerwelle rum, gibt es einen Score, und die nächste beginnt. Die werden mit der Zeit zwar schwerer, das Spielgeschehen dadurch aber nicht aufregender. Zumal sich Costners Boot so behäbig lenkt, dass ihr am besten mittig parkt und dann Kreisdrehend wild um euch schießt.
Mit mehr Abwechslung hätte das sogar ein mäßig unterhaltsames Score-Attack-Spiel werden können. So wie es erschienen ist, macht Waterworld allerdings auch den Eindruck einer Tech Demo, die noch in die Regale gebracht wurde, um am Produkt des dahinscheidenden Handhelds etwas zurückzuverdienen.
SD Gundam: Dimension War
Statt ein einfaches und schnell programmiertes Spielprinzip in die Bibliothek des Virutal Boys zu setzen, nahm sich Bandai dem Unterfangen an mit SD Gundam: Dimension War ein volles SRPG abzuliefern. Nicht nur das zweitletzte Spiel des Systems in Japan, sondern erneut ein sehr rares Modul.
Wirklich den Umfang liefert das Spiel dann allerdings doch nicht ab. Es gibt gerade mal 8 Kampffelder, die jeweils in 10-20 Minuten entschieden sind. Die Handlung beschränkt sich auf die immer gleichen Prä-Kampf-Szene. Einheiten haben Level, bekommen aber keine Erfahrungspunkte von besiegten Gegnern. Gegner kommen in Nahkampfreichweite, führen allerdings nie Distanzfeuer aus oder kontern jenes eurer Einheiten. Dadurch ist das auch die einfachste Art zu gewinnen. Und umgeht die nervigen Nahkämpfe, in denen versucht werden muss, den zwischen drei Tiefenebenen wild wechselnden Gegnern zu treffen.
Ich lehne mich erneut aus dem Fenster, und behaupte mal, dass SD Gundam: Dimension War eine spielbare Demo ist. So ein SRPG braucht einige Zeit zum Köcheln, und nachdem der Virtual Boy ein knappes halbes Jahr nach Release schon wieder fallengelassen wurde, hat Bandai sicherlich schnell das in die Regale gestellt, was halt fertig war.
Rundes in Eckiges: Der Sport
Mario’s Tennis
Ein zweites Einspannen von Zugpferd Mario zum Push des Virtual Boys kam in Form von Mario’s Tennis daher. Ein Launch-Titel in Japan, der in Nordamerika direkt dem Virtual Boy hinzugelegt wurde. Und erste sportliche Aktion von Mario-Charakteren außerhalb des Cart Racing.
Ist natürlich schon ganz cool, dass sich das angewinkelte Spielfeld nun in Tiefenansicht befindet und der Ball auf euch zugeflogen kommt. Das dann wahlweise in Free Matches auf zwei Schwierigkeitsgraden oder in einem festgelegten Turnier zum Gewinn einer Trophäe. Neben Einzelspiel Mano-a-Mano gibt es auch noch Doppel, bei dem die zweite Spielfigur natürlich von der CPU gesteuert wird. Fehlt jedoch wieder die Möglichkeit, gegen oder mit einem echten Menschen antreten zu können.
Für ein paar spaßige Runden immer mal wieder Zwischendurch ist das Casual Game eindeutig gut geeignet.
Teleroboxer
Ein weiterer Launch-Titel des Systems in beiden Regionen war Teleroboxer. Das First Person Boxing Game stellt im Prinzip Punch Out für den Virtual Boy dar. Nur mit Robotern statt menschlichen Gegnern.
In Ego-Perspektive steht ihr also den expressiven Designs wie Ninjas, Kängurus, Zeitbomben oder Divas gegenüber. Schlagt ihnen die Lebensleiste dahin und blockt die eigene vor ihren Schlägen. Was hochgradig komplex zu handhaben ist. Neben zwei Steuerkreuzen bietet der Controller des Virtual Boys nämlich auch zwei Schultertasten an. Über die vier Himmelsrichtungen des linken beziehungsweise rechten Steuerkreuzes werden nun unterschiedliche Hiebe mit der linken respektive rechten Faust ausgeführt. Während die zugehörige Schultertaste dabei zu drücken bedeutet, einen eintreffenden Schlag des Gegners zu blocken.
Dadurch ist Teleroboxer ganz wie sein Vorbild Punch Out ein bockschweres Spiel. Bei dem ich mir nicht ganz den Eindruck erwehren konnte, hierüber die geringe Anzahl an Gegnern (7 reguläre plus 1 geheimer) auf eine hohe Spielzeit zu ziehen.
Virtual Fishing
Hallo mein Name ist Mathias, und ich habe eine Schwäche für Angelspiele und Angelnebenspiele in eigentlich anderen Spielen. Dementsprechend könnte ich Virtual Fishing etwas voreingenommen sein. Eine absolut objektive Sichtweise hat eh niemand.
Viel mehr als ein wenig Herumfischerei bietet das Spiel auch nicht. In mehreren Tümpeln angelt ihr gegen die CPU. Es gibt dort jeweils nur eine Fischart und derjenige gewinnt, der den längsten herauszieht. Manchmal im Leben zählt es eben doch, den Größten zu haben. Wer sich das Turnier nicht antun will, kann noch in einem separaten See nur für sich selbst Angeln und die dort befindlichen 18 Spezies in die Enzyklopädie eintragen lassen. Die Angelei ist recht simpel, da es keinen Ausrüstungswechsel gibt. Einfach auswerfen, Knopf drücken, wenn einer anbeißt, und dann einziehen, wann immer der Fisch nicht gegenhält.
Kurzweilig und ganz nett ist das Spiel damit schon. Etwas mehr zu tun und Abwechslung hätte ich aber auch genommen. 18 Fischarten sind jetzt echt nicht viel. Das allererste Legend of the River King schaffte bereits fast 50 und bot unterschiedliche Ausrüstung und ein RPG-System drumherum.
Noch mehr Ball- und Kugelsport
Hallo mein Name ist Mathias, und ich kann nicht viel mit den meisten Sportspielen anfangen. Auf dem Virtual Boy war das zudem das meist-vertretene Genre. Von den 22 Spielen zählen immerhin 9 zu ihnen.
Wer also geneigt ist, kann wahlweise in Galactic Pinball, Golf, Nester’s Funky Bowling, Space Squash, Virtual Bowling und Virtual League Baseball den entsprechend betitelnden Sportarten nachgehen. Ich habe mir die Spiele allerdings nicht angetan. Mir fehlt dafür einfach jegliches Interesse. Es ist sicherlich auch nicht sonderlich förderlich, neun Mal das Fazit „Joa, wenn man’s mag bestimmt ganz brauchbar, aber nicht mein Fall“ zu lesen.
Nachruf
Was gibt es also summa summarum über den Virtual Boy und besonders eine Spielbibliothek zu sagen? Ist das alles der totale Reinfall, als der das Unterfangen gerne retrospektiv hingestellt wird? Oder war am Ende doch alles gar nicht so schlimm? Ja haben wir hier vielleicht eine unterschätzte Perle, die zu Lebzeiten keiner verstand, und deswegen zu früh der Tod bescheinigt wurde, sozusagen den portablen Dreamcast vorliegen?
Ich glaube die Hardware an sich ist schon zu recht belächelt. Der starre Aufbau auf Stelzen, um den 3D-Effekt überhaupt wahrnehmen zu können, wiederspricht nicht nur dem portablen Sinn, sondern ist bestimmt mit der Zeit extrem unkomfortabel für den Hals gewesen. Die schwarz-weiße Optik macht Spiele, zu denen es nicht gerade atmosphärisch passt (Horror, Space Shooter, cyberpunkige Roboterkämpfe) erstaunlich deprimierend anzusehen. Geht mit der Zeit sicher zusätzlich aufs Auge.
Aber die Spiele? Die sind gar nicht mal so übel. Es muss sich dabei selbstredend immer vor Augen geführt werden, womit wir es hier zu tun haben. Ein Handheld Mitte der 90er. Und einer, der kein Jahr lebte, weswegen alle Titel im Prinzip Close Launch waren. Frühe Titel eines Systems reizen dessen Möglichkeiten nie aus und Handhelds waren damals noch eher der Casual Zeitvertreib für die Zeit, wenn man nicht an eine „richtige“ Konsole konnte. Das erklärt, warum die Spiele des Virtual Boys alle noch nicht super viel Substanz zu bieten haben.
Brauchbar sind sie aber unterm Strich fast alle gewesen. Als richtige Reinfälle können eigentlich nur die drei eindeutig unfertigen SD Gundam: Dimension War, Virtual Lab und Waterworld bezeichnet werden. Richtig gut hingegen waren Virtual Boy Wario Land oder Jack Bros. Der Rest ist zwischen Durchschnitt und ganz gut angesiedelt. Dem Schicksal des Virtual Boys muss also nicht hinterhergetrauert werden, es sind keine für ewig verlorenen Meisterwerke untergegangen, aber falsch ist es schon die Reputation der Hardware auch auf die Software erweitern zu wollen.
Links
- Planet Virtual Boy: Die (englischsprachige) Anlaufstelle für alle Dinge Virtual Boy
- gameandwatch.ch
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