Guten Tag da draußen, was auch immer Du sein magst – kennt das außer mir noch jemand hier? Kleiner Tipp: es ist nicht Graf Dracula …
Ich habe seit geraumer Zeit (25 Jahre+, ja, ich weiß wie sich das anhört …) den Traum, mein eigenes Point-and-Click-Adventure zu machen, und verfolge das jetzt schon ziemlich lange mit mal mehr, mal weniger und inzwischen vollem Einsatz. Vermutlich kann man mich also durchaus zurecht einen Träumer oder Spinner oder sonst etwas in die Richtung “schimpfen.” Zum Glück sind Nerds ja heute salonfähig. 😉
Aber vermutlich sollte ich da anfangen, wo all die ”Leiden”-schaft begonnen hat …
Der Anfang allen Übels
Irgendwann in meiner ziemlich glücklichen Kindheit kam ein unförmiger brauner Kasten mit Aufschrift Commodore 64 in unser Haus. (Nähere Umstände sind mit mysteriöserweise im Nebel der Erinnerung verschwunden.)
Danach wurde meine Kindheit irgendwie noch glücklicher, was vielleicht auch an der rosa Brille des Verdrängens liegen mag. Aber Datasette (später Floppy) und ein nicht enden wollender Strom an Spielen haben mich von Anfang an an den Fernseher bzw. Monitor gefesselt. (Vom Bandsalat und dem Justieren des Tonkopfes, wenn man bei Freunden spielen wollte, mal abgesehen.) Zu der Zeit war es vor allem “Paradroid”, das mich nicht vom “Brotkasten” wegkommen ließ. Aber auch schon damals fand ich Adventure-Spiele faszinierend – The Hobbit und Gremlins waren mit die ersten.
Dann kamen die Upgrades auf den C128 und später der große Glücksmoment, einen Amiga 500 zu bekommen, der dann zum selben Preis noch um 512 KB Speicher auf unfassbar große 1 MB Speicher erweitert werden durfte. Bis dahin konnte ich immer nur bei Karstadt in der Computerabteilung Defender of the Crown spielen – der erste Grafikporno meiner Spielgeschichte. Bestimmt bin ich den Verkäufern da ziemlich auf den Keks gegangen …
Und dann ging es richtig los. Lucas Arts, Sierra, Magnetic Scrolls, Futuresoft, Adventuresoft … alles was es an Point & Click oder anderen Adventures zu spielen gab landete bei mir im Laufwerk. Ne Festplatte hatte ich leider nie. (Monkey Island 2, irgendjemand? 11 Disketten und ständiges Wechseln 🙂 )
Am Meisten in Erinnerung geblieben sind aber Monkey Island 1-3, Indiana Jones 3+4, Riven und alle Sequels, Leisure Suit Larry, die Kings- und Hero-Quest-Reihe, Beneath a Steel Sky, die Broken-Sword-Spiele und ein paar andere. Unglaublich, dass man damals trotzdem noch Zeit für Sport, Verein, Freunde und ganz viel Spielen draußen hatte. Ich glaube nicht, dass meine Kinder das heute noch so machen könnten (oder wollten …). Was waren das für unbeschwerte Zeiten? Es sei denn, X-Copy konnte ein neues Spiel ausnahmsweise mal nicht kopieren oder die 8. Diskette von 11 war aus irgendeinem Grund defekt. Natürlich habe ich selbst nie raubkopiert und alle Spiele gekauft und ganz legal gespielt, oder so ähnlich … (gilt hier eigentlich Verjährung?)
Da es in der Schule ganz gut lief und ich anscheinend auch sozial halbwegs kompatibel war, hatte ich echt eine sehr freie Kindheit und konnte eigentlich machen, was ich wollte. Hoffentlich sagen das meine Kids auch mal über ihre Kindheit – was bin ich froh, dass die jetzt wieder 13 Jahre zur Schule gehen dürfen!
Wie man dann vollends zum Träumer/Spinner wird
Auf jeden Fall hat sich zu der Zeit meine Begeisterung für das Point-and-Click-Genre ausgebildet und damals kam zum ersten mal der Wunsch auf, so was doch mal selbst zu machen. Mein erste Idee war es, ein Adventure im Zoo von Münster spielen zu lassen.
Zoos und vor allem der in Münster (da kam ich mit dem Fahrrad hin) waren neben Computerspielen ein weiterer Pfeiler meiner prägendsten Jahre – auch das hat bis heute gehalten –, selbst wenn ich da heute kritischer bin. Denke ich …
Ein letzter, aber sehr wichtiger Einfluss auf das Spiel, so wie es heute ausschaut, ist dann meine Leidenschaft für Fantasy in Buch, Comic und Film.
Meine Bücherregale quellen über von Tolkien, Weisman/Hicks, Eddings, Pratchett, Piers Anthony, J. K. Rowling, Patrick Rothfuss und jeder Menge mehr. Comics wie “Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit” von Le Tendre/Loisel haben mich inhaltlich und grafisch begeistert, aber vor allem Jim Hensons Filme “Labyrinth” und “Der dunkle Kristall” haben mich unglaublich geprägt. (Versuche das auch bei meinen Kindern …) Ich denke, dass man die Bildsprache in “of pawns and kings” am besten aus diesen beiden Filmen ableiten kann.
Auf dem Amiga habe ich dann meine ersten Versuche gemacht mit “Deluxe Paint” und einer Programmiersprache namens “Amos” (hoffe, das stimmt so …), die aber nie über ein paar Pixel-Arts hinausgingen und eine einfache Steuerung von einem Bild zum anderen. Aber auch damals war ich schon bereit, mit Tricks und Kniffen zu arbeiten, um über das einfach Mögliche in der Darstellung hinauszugehen.
Irgendwann, nachdem der Amiga endlich den Atari niedergerungen hatte – was war man doch damals schon gespalten –, hat Commodore sich dann über Jahre so dämlich angestellt, dass sie ihr Imperium an einen Garagenbastler verloren haben. Auch ich fühlte mich schweren Herzens genötigt, einen PC haben zu müssen. Was war das für eine Hassliebe.
Ständiges Basteln an der “autoexec.bat”, um jedes KB rauszukitzeln, damit auch die interessanten Spiele funktionierten. (Immer noch leidensfähig …)
Die Zeiten dazwischen
Zu dieser Zeit, ich war 18 Jahre, passierte dann viel Externes. Der Auszug von zu Hause, Zivildienst – bin Krankenwagen gefahren – und später dann das Studium der Architektur und Jobs, um es zu finanzieren. (Kennt jemand noch Telegramme? 😉 ) Dazwischen und dabei ganz viel Zwischenmenschliches und viel weniger Computerspiele, als mir lieb war.
Verdammt da war er, der “Ernst des Lebens”, und ich hatte es gar nicht richtig mitbekommen.
Mitten im Architektur-Studium bin ich dann auf CAD und 3D gestoßen, ganz neue Möglichkeiten. Weg vom Tuschestift und Finnpappe-Modell hin zu digitalen Plänen und virtuellen Modellen.
Das war von da an dann genau mein Ding. Ich habe mit der MS-DOS-Version von “3dsmax” – damals noch nur “3ds” – angefangen und das bis heute zur Realtime-Darstellung in der Unreal-Engine weiter betrieben.
Während des Studiums bin ich dann über Jobs in Architekturbüros zu einem Büro rein für 3D-Visualisierung gewechselt und nach meinem Diplom habe ich mich dann mit IIID – visuelle Medien selbstständig gemacht.
Die Idee. ein Point-and-Click-Adventure zu machen, war immer präsent, und so begann ich auf den Zugfahrten Münster-Emsdetten und zurück während des Studiums, Skizzen und erste Story-Entwürfe zu erstellen, für ein Spiel, das “Schach-Welten” heißen sollte. Von da an waren das Storybook und mein Skizzenbuch immer dabei. Was waren das für schöne Stunden, wenn ich völlig versunken in Urlauben an der Story arbeiten konnte.
Der erste Prototyp
Als ich dann im Internet auf die Wintermute Engine stieß, eine Engine speziell für 2D p&c-Adventures geschrieben und in ständiger Weiterentwicklung, war mir klar: Jetzt konnte ich endlich loslegen.
Bisher war mein Vorhaben immer an dem Gerüst gescheitert, mit dem man alle Teile eines Spiels zusammenbringen konnte.
Ich arbeitete mich in die Skriptsprache ein und brachte meine Computer mit Renderings zum Glühen. Später wurde die Engine um einen 2.5D-Bereich erweitert und auch da war ich sofort dabei. Über Recherche im Internet fand ich einen begabten Inder, der aus den wunderbaren Skizzen der Charaktere – die Fabiola, eine Freundin, für mich bis heute zeichnet – lowpoly 3D-Modelle fertigte. (Damals war das noch highpoly. 😉 )
Eine typische Szene in der Engine sah dann in etwa so aus:
- zwei 3D-Kuben, die um die Szene herum gebaut waren, mit texturiertem Himmel und Wolken, die sich dann in verschiedenen Geschwindigkeiten drehen konnten
- die eigentliche Szene: ein festes Hintergrundbild aus 3 verschiedenen Ebenen mit verschiedenen Wetterzuständen (Sonne/Wolken/Nebel), die dann beliebig ineinander geblendet werden konnten
- weitere 2D-Bilder für jede einzelne Lichtquelle, damit diese dynamisch ein und ausgeschaltet werden konnten
- Animationen (Wasser bis zu 30 Bilder für eine gute Animation), Blätter, Bäume und alles, was in der Szene im Hintergrund bewegt werden sollte
- ein lowpoly 3D-Modell des originalen 3D-Models der Szene, das unsichtbar auf die 2D-Szene gelegt wurde. Dieses Modell wurde gebraucht um die Schatten die der 3D Charakter warf berechnen und anzeigen zu können.
- der 3D Charakter
- jede Menge 2D-Flächen für die Hotspots aller interaktiven Bereiche
- weitere 2D-Flächen für die Bewegungsflächen der 3D-Charaktere
- jede Menge Skripte, die alles kontrollierten.
So entstanden über die Jahre in meiner Freizeit mehr und mehr Szenen und irgendwann hatte ich tatsächlich einen kompletten, funktionierenden Prototypen mit 3 Kapiteln.
Damit habe ich mich dann auf der Gamescom (damals noch in Leipzig), bei allen mir bekannten Publishern gemeldet und habe auch tatsächlich überall eine Einladung bekommen. Ich bin also mit meinen Laptop unterm Arm, campend (Hotels waren alle ausgebucht) nach Leipzig und habe mein Spiel drei Tage lang einem Publisher nach dem anderen vorgestellt. Was für eine aufregende Erfahrung.
Fast alle waren von dem Aufwand der Szenen und der grafischen Qualität beeindruckt und am Ende hatte ich tatsächlich zwei ganz reale Vertragsmöglichkeiten auf dem Tisch, das Spiel zu machen. Was war ich stolz!
Aber unterschreiben konnte ich dann doch nicht. Die Konditionen waren einfach zu schlecht. Zum einem war die Bezahlung erschreckend gering, Gewinnbeteiligung fast nicht vorhanden und die Risiken, selbst diese zu verringern bzw. zu verlieren, groß. Hätte man Zeitrahmen nicht eingehalten, hätte es sogar zum völligen Verlust der Rechte am Spiel führen können.
Da meine Firma gut lief und wir mit dem Gründen der Familie nicht länger warten wollten, habe ich mich sehr schweren Herzens entschieden, das Risiko nicht einzugehen.
Dann war eine lange Zeit Ruhe um “Schach-Welten”. Einige Jahre und drei tolle Kinder später kam dann der wunderbare Tag, als Epic sich entschied, die Unreal-Engine lizenzfrei an jeden zu vergeben, der damit arbeiten wollte. Ich hatte schon länger damit experimentiert, aber wenn ich mich recht erinnere, lag die Lizenzgebühr damals bei 1.000.000 € – zu viel für meine Portokasse. 😉
Jetzt aber in echt!
Jetzt war mir klar, dass ich endlich das Tool meiner Wahl zur Hand hatte, und ich begann, mit vollem Elan wieder an das Spiel zu glauben. Erste Experimente mit den alten 3D-Szenen waren erfolgreich und von der grafischen Power der Engine war ich schier überwältigt.
Als dann noch Tim Schafer mit dem Kickstarter von “Broken Age” mal eben das bisherige Publishing-Modell auf den Kopf stellte, war auch da ein Weg für mich aufgezeigt. (Auch wenn er großzügig mit den über 3 Millionen umgegangen sein muss – reichte gerade mal für das halbe Spiel, obwohl sie nur 600.000 oder so veranschlagt hatten …)
Ein paar Jahre intensivste Freizeitbeschäftigung mit meinen Spiel und das erneute Erlernen einer Programmierumgebung (Blueprints) später stehe ich jetzt hier und bin total gespannt, aber auch ziemlich ängstlich, was die Kickstarter-Aktion zum Spiel für dessen und meine Zukunft bringen wird.
Inzwischen heißt das Spiel “of pawns and kings” – “von Bauern und Königen”. Schach-Welten war doch zu speziell, vor allem, da man kein Schach beherrschen muss für das Spiel. Das hätte nur potentielle Käufer abgeschreckt, denke ich.
Wenn man es mit dem alten Prototypen vergleicht, ist das schon unglaublich, welche Entwicklung in so kurzer Zeit die Computergrafik gemacht hat.
Auch arbeite ich heute nicht mehr ganz alleine am Spiel. Fabiola Prete – 2D Charakter-Skizzen, Daniel Gense – 3D Charakter-Modelle/Animation und Vasco Grossman – Orchestral Soundtrack sind inzwischen mit an Bord und warten gespannt auf die Kickstarter-Kampagne!
Nicht vergessen darf ich meinen Bruder Ralf, ohne den es vermutlich einige Plotlöcher mehr geben würde, wenn er sie nicht gestopft hätte. Und last but not least meine drei Kinder Lisa, Frida und Jan, die mich durchaus kritisch beobachten und trotzdem immer wieder inspirieren!
Falls Ihr mehr über das Spiel wissen wollt und es Euch interessiert, könnte ich das jetzt hier sehr sehr gerne weiter und weiter ausführen, aber ich denke, das würde den Rahmen sprengen … und ich bin eh schon weit über Andrés 1500-Wörter-Leitlinie hinaus. Ich hoffe, es war nicht zu langweilig. 😉
Schaut’s Euch einfach an. Oder unterstützt mich in der Kickstarter Kampagne Vorschau online.
Und wenn Ihr fragt, ob ich das Ganze noch mal so machen würde … Absolut, auf jeden Fall!
Und jetzt, schlaft gut da draußen, was auch immer Ihr sein mögt. 😉
Auflösung: Es ist Graf Duckula.
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