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Mein CPC464 Heimcomputer – Wenn auch 10 Jahre zu spät

Avatar von André Körnig

Lesedauer: 4 Minuten

Ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie ich meiner Mutter damals in den Ohren gelegen habe, dass ich doch unbedingt einen Computer haben müsse, zum Lernen (denkste). Und wie es sich so mit älteren Geschwistern und den getragenen Klamotten verhält, so verhielt es sich dann auch mit meinem zukünftigen Computer. Er war gebraucht. Er war alt. Sehr alt. Von 1984.

Ich hatte ja auf einen Amiga 1200 gehofft, einen A500 oder einen Windows PC – „Zur Not bringt’s ja auch ein C64!“, dachte ich mir. Nun ja, was ich da auf meinen Schreibtisch bekam, wirkte befremdlich auf mich: Schneider Computer Division CPC 464. Das Design, sowas hatte ich vorher noch nie gesehen. „Das soll ernsthaft ein Computer sein?“.

Ich hatte zwar schon KCs in meiner Schule gesehen, welche noch Bestände aus DDR-Zeiten hatte, aber der CPC war ja noch befremdlicher. Ich schaute das Teil fragend an und verkabelte dann alles. Ich griff zum Handbuch und machte mich auf den ersten Seiten mit der Maschine vertraut. „64kb RAM – ok, was ist das?“.

Es dauerte nicht lang, und ich entdeckte die Befehle für das Verzeichnis und den wohl bekanntesten Befehl für das Tapedeck: run“***.bas“.

Zwei verschiedene Modelle. Nur echt mit vergilbten Tasten – das Original! (Bild: André Körnig)
Zwei verschiedene Modelle, deren Unterschiede man nur bei genauerer Betrachtung erkennen kann. Nur echt mit vergilbten Tasten – das Original! (Bild: André Körnig)

Ich legte eine Kassette ein, spulte sie zurück, drückte auf Play und die Reise begann. Es ertönte aus den internen Lautsprechern ein seltsamer Ton, den ich bis dato noch nicht gehört hatte. Ich machte auch den Fehler, so eine „Datassette“ mal in meine Stereo-Anlage einzulegen – großer Fehler! Die Ladezeiten waren zudem lang, extrem lang! Es blieb sogar Zeit, mal eben schnell zum Tante-Emma-Laden unseres Dorfes zu gehen, und sich mit Süßkram einzudecken.

Ich war trotzdem sehr fasziniert davon – wie simpel ein Roland in Time doch war – und es konnte mich dennoch in eine andere Welt entführen. Ich unternahm Gefängnisausbrüche in „Doomsday Blues“ und versuchte an den Wachrobotern vorbei zu kommen. Ich düste über einen fremden Planeten in „Tau Ceti“ und suchte in „Cauldron“ in einem wunderschönen Wald nach Höhleneingängen, um Zutaten für einen Zaubertrank zu finden. Ich spielte viel mit meinen Freunden am CPC und wir veränderten die Listings dahingehend, dass die Gegner nun die Namen unserer Lehrer trugen.

Roland in Time - Amsoft/Gem Software 1984. Roland sucht auf einem Piratenschiff nach den begehrten Kristallen. (Bild: André Körnig - CPC 464 capture)
Roland in Time – Amsoft/Gem Software 1984. Roland sucht auf einem Piratenschiff nach den begehrten Kristallen. (Bild: André Körnig – CPC 464 capture)

Es war natürlich grafisch nicht das, was ich zu dieser Zeit gewöhnt war, immerhin war es Mitte der 90’er und ich spielte heimlich „Doom“ auf dem Laptop des Freundes meiner Mutter. Es war auch grafisch und technisch um Welten besser, aber der CPC war einfach faszinierender – es ging irgendwie eine Art, 8-Bit-Magie von ihm aus – was für mich noch aus heutiger Sicht an der Soundausgabe liegt. Ich verkabelte später den Schneider an meine Stereo-Anlage und legte des Öfteren ein Spiel ein, nur, um in den Genuss der Musik zu kommen.

Ich verbrachte Nächte am Schneider und kam total übermüdet in die Schule. Ich tippte Listings aus alten Magazinen ab und befasste mich mit BASIC. Ich programmierte sogar mit einem Freund ein Spiel, das wir schlicht Sandgrube nannten. Es war im Grunde nichts weiter, als ein simpler Taschenrechner mit Bildausgabe, und weit von einer Wirtschaftssimulation entfernt, aber es war meine erste Erfahrung, mit dem Programmieren.

Später bekam ich noch einen weiteren Schwung an Hard- und Software überreicht und kam endlich in den Genuss des Floppylaufwerks, welches die Ladezeiten noch mal immens verkürzte. Einer meiner Freunde, mit dem ich später noch eine Band haben sollte, lieh sich dann sogar den CPC von mir und gab mir dafür im Gegenzug sein NES. Er war so begeistert von dem Adventure „The Wild Bunch“, welches ich ihm zeigte, dass er meinen CPC gar nicht mehr herausgeben wollte und sich direkt mit dem 8-Bit-Fieber infizierte.

Nie wieder, werde ich den Fehler machen, meine Kindheit ein zweites Mal zu verschenken.

Es vergingen die Jahre, ich wurde älter und der Schneider rückte zunehmend in den Hintergrund. 1997 gab es dann eine PlayStation 1 zu Weihnachten und ich verschenkte meinen CPC an meinen Vater, der getrennt von uns lebte. Es sollte sich später noch als sehr großer Fehler herausstellen, da ich den CPC nie wiedersehen würde. Ich wurde erwachsen, tobte mich aus und vergaß den CPC.

Es muss 2012 gewesen sein, als ich dann Sehnsucht nach dem alten Spielgefährten aus Kindertagen bekam und ich beschloss, meinen Vater zu fragen, ob er mir nicht den Schneider wieder zukommen lassen könnte – doch dazu sollte es nicht mehr kommen – da er 2013 verstarb.

So spielte ich ein paar Jahre später mit dem Gedanken, mir meine Kindheit auf eBay zurückzukaufen – was ich dann auch tat. Meine Liebe zum Schneider wurde neu entfacht und es ballerte mich beim ersten Ton den der alte 8-Bit-Knabe von sich gab, direkt zurück in mein altes Kinderzimmer. Es war ein seltsames Gefühl, dieser Flashback. Aber eins weiß ich ganz genau: Nie wieder, werde ich den Fehler machen, und meine Kindheit ein zweites Mal verschenken.

Doomsday Blues - ERE Informatique/PSS Software 1985. Unter Zeitdruck aus dem verhassten Gefängnis auszubrechen, gestaltet sich anhand der wenigen Attributspunkte als äußerst schwierig. System ist gefragt! (Bild: André Körnig - CPC 464 capture)
Doomsday Blues – ERE Informatique/PSS Software 1985. Unter Zeitdruck aus dem verhassten Gefängnis auszubrechen, gestaltet sich anhand der wenigen Attributspunkte als äußerst schwierig. System ist gefragt! (Bild: André Körnig – CPC 464 capture)
Tau Ceti - CRL Group PLC 1986. Und ich düse, düse, düse, düse im... Unterwegs auf der Planetenoberfläche von „Tau Ceti III“. Es macht sich verdächtige Stille breit. (Bild: André Körnig - CPC 464 capture)
Tau Ceti – CRL Group PLC 1986. Und ich düse, düse, düse, düse im… Unterwegs auf der Planetenoberfläche von „Tau Ceti III“. Es macht sich verdächtige Stille breit. (Bild: André Körnig – CPC 464 capture)
Cauldron - Palace Software/Silverbird 1985. Mit dem Besen durch den Wald gebrettert und auf der Suche nach den begehrten Zutaten, was sich als sehr schwierig gestaltet. (Bild: André Körnig - CPC 464 capture)
Cauldron – Palace Software/Silverbird 1985. Mit dem Besen durch den Wald gebrettert und auf der Suche nach den begehrten Zutaten, was sich als sehr schwierig gestaltet. (Bild: André Körnig – CPC 464 capture)

Ja, es war kein PC und kein Amiga, aber ich war so fasziniert vom CPC, dass ich damals (und heute wieder) einfach nicht von ihm loskam. Es ging sogar so weit, dass mein Interesse an Wave-Musik durch den 8 Bit-Sound geweckt wurde und ich mir Alphaville und Depeche Mode CDs besorgte und mich musikalisch auf den Weg in die 80er machte.

Es gab viele Computer und Konsolen die ich im Laufe der Jahre kennen lernte, aber kein anderer Rechner, hat so einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, wie der CPC 464 von Amstrad. Es erschienen in den letzten Jahren so viele gute, und vor allem neue Spiele, wie hier auf poly.play, dass dieses Kapitel noch lange nicht abgeschlossen ist. Es gibt auch eine rege Community an Hobby-Bastlern, zum Beispiel auf Sell My Retro, die uns auch immer wieder neue Hardware liefern.

Wir können uns freuen und gespannt sein, wohin die 8-Bit-Reise noch gehen wird. Seid Ihr dabei? Ich bin es!

Tobi

Avatar von André Körnig

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8 Antworten zu „Mein CPC464 Heimcomputer – Wenn auch 10 Jahre zu spät“

  1. Avatar von Sven
    Sven

    Toller Artikel, obwohl ich nie gerafft hatte, wie Doomsday Blues funktioniert. Hexenküche war natürlich Kult! Und erst Boulder Dash. Bei mir war es Manic Miner. Oder tagelang Harrier Attack im 2 Player Tastaturmodus gezockt. Genial! Ich erinnere mich noch gut, wie ich in Basic ein Textverarbeitungsprogramm geschrieben habe mit Text-Ausdruck und Speicherung auf Diskette. Alle Briefe haben wir damals darauf geschrieben. Jetzt liegt der Rechner samt Zubehör noch auf dem Boden. Leider startet er ununterbrochen. Keine Ahnung was da los ist. Coole Zeit. Ich denke heute weiss keiner mehr diese Sachen zu schätzen, wo jedes Handy-Foto mehr Speicher frisst als der ganze Rechner damals hatte!

    TobiAndré Eymann
    1. Avatar von rob s.
      rob s.

      cooler artikel! hatte auch anfang 90er einen cpc464, war ein geiles teil. Die spiele hatten sogar bessere farben und grafik als c64.
      seit neusten habe ich mir eine konsole mit verschiedenen emulatoren. gebaut, unter anderen auch cpc, und versuche jetzt jede menge alte cpc spiele zusammen zu kratzen. macht wieder voll spass

      Tobi
  2. Avatar von Daniel
    Daniel

    oh, so schön dein Bericht. Herzlichen Dank!
    Ich habe 1986 einen CPC6128 erhalten (mit 13 Jahren), natürlich auch mit Grünmonitor;-). Ich war endlos enttäuscht, weil all meine Kollegen einen C64 kriegten.
    Dafür war unser CPC halt schon einfach viel cooler, was ich relativ rasch merkte. Per Zufall hatte im gleichen Ort der Vater eines Kollegen auch einen, und so konnte ich einige Games kopieren.

    Mein Vater kaufte noch einen Epson FX-105 (A4 quer!). Und von Datamat und Textomat war ich fasziniert.

    Ich erinnere mich an eine lustige Szene. Ich habe stundenlang ein Listing eines Flugsimulators aus einem Heft abgetippt. Dann läutete das Telefon und ich drückte im Reflex Ctrl&Shift&Esc…;-). Naja, damals fand ich es nicht ganz so lustig.

    Ich hatte vor 10 Jahren mal wieder einen ersteigert, dann aber nicht gebraucht und wohl entsorgt. Das werde ich diesmal nicht wieder machen!

    Beste Grüsse,Daniel

    p.s. mein Lieblingsspiel war Spindizzy. Das habe ich gefühlte 5 Jahre gespielt und wurde glaub ich nie fertig

    Tobi
  3. Avatar von Tobi

    Sehr cool, vielen Dank 🙂

    Ich bin damals (Anfang der 90er muss das wohl gewesen sein) in den Genuss eines Schneider CPC6128 gekommen, als mein Dad damals etwas für sein Büro gesucht hat.
    Und auch da war das Gerät schon nicht mehr wirklich neu, und andere hatten auch schon Farbe statt Grün, wie wir.

    An Cauldron – oder wie es bei uns hieß: Hexenküche – kann ich mich bestens erinnern, war es doch eins der wenigen Games, die wir hatten (+ Boulder Dash, Bruce Lee, Who Dares Wins und noch ein paar, die etwas schwammig und verschwommen in meinem Kopf sind).
    So hab ich es geliebt, auch in Grün 😀

    1. Avatar von André Eymann

      Wenn man nur grün kennt, liebt man eben auch grün 😉 Ich kenne das. An meinem ersten PC (XT, dann AT) hatte ich für mein Windows Betriebssystem „nur“ einen Monochrom-Monitor. An dem habe ich lange gehangen.

      Dass Dein Dad aber einen CPC6128 in seinem Büro hatte, finde ich klasse! So etwas hört man selten und es zeigt auf eine kurze und spannende Epoche, als Heimcomputer nämlich in Büros standen.

      Dieses kleine Zeitfenster war ein besonderer Moment, denn alsbald wurden die Heimcomputer dann ja von den IBM PCs abgelöst.

      Tobi
      1. Avatar von Tobi

        Ja, er wollte irgendwas zum Verwalten haben und wenn ich micht recht erinnere, hat er das aber nie wirklich genutzt, bzw ernsthaft probiert.
        Für uns als Kids hatte die Kiste natürlich ganz andere Qualitäten 😀
        Stimmt, diese eher kurze Phase war schon echt eine spannende Zeit, nicht nur technisch, sondern auch von meinem Alter her 😉

        Ich glaube mich zu erinnern, dass ein Freund unsererseits ebenfalls so einen Color Personal Computer (yeah!) hatte, jedenfalls haben wir hin und wieder im Büromarkt (in der damaligen, knappen und recht übersichtlichen Form halt) Disketten gekauft. Und diese 3″ Wunderwerke waren zwar teuer, in ihrer Bauart aber sehr genial & saustabil.
        Umso verwundert und leicht enttäuscht war ich ein paar Jahre später von meinen eher klapprig anmutenden Amiga 3,5“ Discs, die auch mal gerne verdreckt waren.

  4. Avatar von Wiborg1978

    Ein sehr schöner Artikel und ich sehe einige Parallelen. Nach 3 Jahren „Zockererfahrung“ auf dem Atari 2600CX brachte meine Mutter 1986 einen Schneider CPC464 mit nach Hause. Ich war völlig fasziniert davon, dass wir nun auch einen Computer hatten. Meine Freunde hatten damals einen C64. Natürlich habe ich auch dort regelmässig gespielt und es war schön beide unterschiedliche Spielerfahrungen zu sammeln. Auch ich hatte Doomsday Blues und Cauldron gespielt aber ich kann mich auch noch sehr gut an Freddy, Doctor Livingston, Gauntlet, Rick Dangerous und vor allem Hanse erinnern. Hanse hatten wir Nächtelang gespielt und das übermüdet in die Schule gehen war mir gut vertraut. Auch das Abtippen von Listings aus Magazinen oder die Freude über ein Floppylaufwerks mit verkürzten Ladezeiten löst heftiges Kopfnicken aus. 1990 habe ich mir dann ein Amiga 500 gekauft und parallel konnte ich auf dem PC meiner Mutter „Programme“ testen.

    Tobi
  5. Avatar von André Eymann

    Ich bin dabei André 🙂

    Was mir beim Lesen Deines schönen Beitrags durch den Kopf ging: der „Mythos“ den Eltern wegen des tollen „Lerncomputers“ in den Ohren zu legen, war bei mir Zuhause nicht wirklich so. Natürlich wollte auch ich einen Computer haben (C64), meine Eltern haben aber sehr schnell begriffen, dass es mir dabei nur um’s Zocken ging. Da war das Argument mit den tollen Vokabeltrainern und Rechenprogrammen schnell vom Tisch 😉 Mir würde wirklich sehr interessieren, wie viele Eltern wirklich darauf reingefallen sind.

    Ein anderer Punkt ist euer Programm „Sandgrube“. Ich glaube einige von uns haben damals ihre eigenen kleinen BASIC-Programme geschrieben und daran gebastelt. Es wäre super, wenn man diese Werke irgendwo sammeln könnte. Obgleich sie wahrscheinlich einen geringen „künstlerischen“ Wert hätten, wären sie dennoch ein Zeitzeugnis. Ich auf jeden Fall hätte meine Listings gern noch einmal gesehen oder ausprobiert. Doch irgendwie sind sie mit den Kassetten und Disketten vor Jahren ins Nirwana verschwunden.

    Ich freue mich jedenfalls, dass Du Deine alte Liebe wiederentdeckt hast und sie nun nicht mehr hergeben willst 😉 Unsere Kindheit und Jugend hat uns definiert und viele Leidenschaften geweckt. Die sollten wir uns ruhig bewahren.

    Tobi