Im dritten Grafikmodus des Atari 400 hatte man die sagenhafte Bildauflösung von 40 auf 24 Pixeln in drei verschiedenen Farben.
Ein Pixel war also so groß wie sonst ein Buchstabe auf dem Bildschirm. Natürlich gab es auch Grafikmodi mit viel höherer Auflösung, aber da BASIC ja sehr langsam war, wurde die Bewegung von Figuren auf dem Bildschirm extrem träge, je höher die gewählte Grafikauflösung war. Mit meinen zu dieser Zeit sehr beschränkten Kenntnissen in BASIC war so etwas gar nicht möglich. Trotzdem funktionierte das Spiel und hatte sogar mehrere „Level“.
Man sah auf dem Bildschirm ein Stockwerk, bestehend aus mehreren Räumen. Also eigentlich einen Rahmen mit mehreren Balken dazwischen, die den Bildschirm in mehrere Teile aufteilten. Das waren die Räume. An einer Stelle tauchte ein Quadrat als eigene Spielfigur auf, an einer anderen Stelle ein weiteres Quadrat als Dracula. Und ein drittes Quadrat war das Loch im Boden, durch das man in das darunterliegende Stockwerk gelangte. Wenn man es schaffte, dieses Loch zu erreichen, ohne vorher von Dracula berührt worden zu sein. Die eigene Spielfigur steuerte man mit dem Joystick.
Der Joystick, das war dieses schwarze, quadratische, unhandliche Ding mit dem schwarzen Stab oben drauf und dem roten Feuerknopf in einer Ecke. Wenn man den länger in der Hand hielt, hatte man bald rechteckige Beulen im Handballen, so unbequem war das. Besonders für Linkshänder wie mich. Nun galt es ja, dem Dracula eine Art Intelligenz einzuflößen, damit er den Spieler fangen konnte. Das war das Schwierigste an der ganzen Sache. Die Lösung war dennoch ganz einfach: Das Programm verglich die beiden Positionen von Spieler und Dracula, und zwar horizontal und vertikal. Dracula bewegte sich dann einfach in die entsprechende Richtung.
Das bedeutete gleichzeitig, dass Dracula natürlich in einer Ecke sofort festhing, weil er ja keine Logik dafür hatte, rückwärts zu gehen, um wieder aus der Ecke rauszukommen. Das war auch die einzige Chance für den Spieler, das Spiel überhaupt zu gewinnen, denn Dracula wurde mit jedem geschafften Stockzwerg schneller. Und da er auch diagonal gehen konnte, der Spieler aber nicht, hatte man eigentlich gar keine Chance, ihm zu entkommen. Das Wort „rückwärts“ ist hier eigentlich fehl am Platze, denn man muss bedenken, dass „Dracula“ ja nur ein Quadrat war, man sah also keine Vorder- oder Rückseite, keinen Körper, keine Animation, nur ein kleines Quadrat, dass auf dem Bildschirm umher rutschte. Diese Bewegungslogik hieß ab diesem Zeitpunkt Dracula-Logik und wurde von mir noch in vielen späteren Spielen verwendet.
Durch den Kauf des gebrauchten Rechners von Oualid gehörte ich sodann zwangsweise zur Clique der Drei, die eigentlich Freunde meines großen Bruders waren. Der interessierte sich allerdings mehr für seine Freundin, die er übrigens auch heiratete und mit der er heute stolzer Vater von drei zuckersüßen Kindern – Du weißt schon wie ich das meine – Teppichratten, ist. Die Clique der Drei, Oualid, Ralf und Christian, trafen sich regelmäßig bei Christian Zuhause, um bei Cola und trockenem Brot – das war das einzige, was Christian zum Knabbern rausrückte – über Projekte, Spiele und Programmierung zu sprechen.
Ich wurde geduldet, aber die anderen belächelten mich, weil ich nur in BASIC programmierte, während die großen ja inzwischen Assembler gelernt hatten und sich somit zu Höherem berufen fühlten. Meine BASIC-Spiele wurden nicht ernst genommen. Allerdings haben die drei trotz Assembler damals nur zwei Projekte wirklich fertiggestellt, während ich mit meinem BASIC-Spielchen später richtig Karriere machte.
Man weiß eben nie wozu es gut ist.
Buch: Level 1 – Gulp, Kapitel 6, Seite 31
GULP SPLAT ZONG – DAS BUCH
Dieser Text ist Yodas Buch „Gulp Splat Zong“ entnommen.
Dank seiner Lektüre werden wir nicht nur in die ersten Sternstunden der Arcade-Automaten in Deutschland zurückversetzt, sondern erinnern uns an Atari VCS Klassiker wie Haunted House und an das schier endlose Abtippen von BASIC-Listings in den goldenen Tagen der Heimcomputer. Bei uns könnt ihr verschiedene Texte von Yoda lesen; sein Buch in gedruckter Form könnt ihr direkt auf seiner Webseite erwerben.
Wir versprechen: es lohnt sich!
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