Im Jahr 1994 erschien Donkey Kong auf dem Game Boy. Trotz des identischen Spieltitels, handelt es sich nicht um eine 1:1 Umsetzung des Spielautomatens, sondern um einen packenden Mix aus Jump & Run und Puzzle-Elementen.
Hin und wieder stolpere ich über Vermarktungsentscheidungen, die für mich schwer nachvollziehbar sind. Ein aktuelles Beispiel ist die – konsequent inkonsequente – Namensgebung der Xbox Konsolen. Hieß die erste Generation noch ganz simpel Xbox, kam danach nicht die Xbox 2, sondern die Xbox 360. Nur um dann nicht von der Xbox 720 oder meinetwegen auch Xbox 3 abgelöst zu werden, sondern von der Xbox One.
Das Namenschaos war schließlich perfekt, als Microsoft dann noch die Xbox One S, Xbox One X, Xbox Series S und Xbox Series X veröffentlichte. Selbst wenn man sich für Konsolen interessiert, fällt es einem nicht leicht, die vielen Namen auseinanderzuhalten. Was mögen sich da beispielsweise nur Großeltern denken, deren Enkel sich eine „Xbox“ wünscht? Ob die das richtige Produkt erwischen?
Problematische Namensgebung ist allerdings kein neues Phänomen. Ich selbst bin 1994 darüber gestolpert. Damals war ich 17 Jahre alt und ging noch zur Schule. Ich habe schon immer gerne Videospiele gespielt und insbesondere Nintendo veröffentlichte damals einige Spiele, die mich sehr interessierten.
Doch waren Videospiele recht teuer und das Taschengeld immer knapp. Als 1994 dann Donkey Kong für den Game Boy erschien, war für mich klar, dass ich dafür mit Sicherheit nicht mein Taschengeld ausgeben würde. Schließlich war Donkey Kong schon alt.
Der Spielautomat erschien bereits 1981 und ich kannte sowohl die schwache Atari 2600 Version, die 1982 erschien, als auch die wesentlich bessere C64-Variante aus dem Jahre 1983. Zweifellos ein sehr schönes Spiel, das ein damals noch größtenteils unbekannter Shigeru Miyamoto geschaffen hatte.
Dass mir Nintendo dieses Spiel dann über 10 Jahre später nochmal für meinen Game Boy anbietet, konnte mich nicht überzeugen. Die immer knappe Kasse wollte ich dafür sicher nicht plündern. Schließlich wurde 1994 z.B. auch „Wario Land: Super Mario Land 3“ für den Game Boy veröffentlicht. War das nicht so viel besser, als die Portierung eines simplen Arcade Spiels? Fortan war Donkey Kong für den Game Boy für mich ad acta gelegt.
Erst 2020 bemerkte ich mein Missverständnis. Ich besitze auch heute noch – bzw. wieder – einen alten Game Boy und spiele gerne Retrospiele. Und noch viel lieber sammle ich sie. Irgendwann habe ich ein gebrauchtes Donkey Kong Modul für den Game Boy gekauft und freute mich über ein neues Teilchen in meiner Sammlung. Ich hatte nicht wirklich vor, das Spiel auch lange zu spielen. Ich wollte das Modul eigentlich nur kurz in den Game Boy einlegen und testen, ob es überhaupt noch funktioniert.
Zu meiner Freude ließ es sich problemlos starten und da ich den Game Boy nun eh schon in den Händen hatte, wollte ich schnell noch einmal die schöne Pauline aus den Klauen von Donkey Kong befreien. Ja, Pauline. Donkey Kong hatte es weder auf Prinzessin Peach abgesehen, noch auf Prinzessin Daisy, die ihren Auftritt in dem phantastischen „Super Mario Land“ hatte und dort vom Außerirdischen Tatanga entführt wurde.
Erste leichte Irritationen stellten sich dann bei mir ein, als ich ein neues Spiel starten oder einen von drei Spielständen laden konnte. Der Automat hatte doch nur vier Level und eine Runde war in wenigen Minuten gespielt, wozu sollte man da abspeichern?
Die ersten Level waren dann bekannt und weckten schöne Kindheitserinnerungen in mir. Nur die Steuerung war seltsam. Einmal machte ich mit Mario unbeabsichtigt einen Rückwärtssalto. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass sowas möglich war. Nichtsdestotrotz waren die vier klassischen Level schnell geschafft. Doch dann sprang der geschlagene Gorilla auf, schnappte sich Pea… äh Pauline und schleppte sie weg – und das eigentliche Spiel begann erst richtig.
Auf ein Mal war ich mittendrin in einem umfangreichen Jump & Run, dass satte 100 Level enthielt – nun erschien auch die Speichermöglichkeit in einem anderen Licht. In jedem Level gilt es, einen Schlüssel zu finden und ihn zu einer Tür zu transportieren. Dabei stößt man auf verschiedene Gegner, Hindernisse und Fallen, die nicht nur Hüpfeinlagen erfordern, sondern es waren auch einige Puzzleeinlagen zu bewältigen.
Findet man in einem Level zusätzlich alle Bonusgegenstände, wird man mit einem Bonusspielchen belohnt, in dem es Extraleben zu gewinnen gibt. Die Level sind alle sehr kurz und abwechslungsreich. Oft muss man den Schlüssel auf eine entfernte Plattform werfen, um ein Hindernis zu überwinden oder einem Gegner auszuweichen. Dann muss man sich beeilen: Erreicht man den Schlüssel nicht schnell genug, verschwindet er und erscheint wieder an seinem ursprünglichen Fundort und man muss es erneut versuchen. Das macht einige Wege zunichte, die auf den ersten Blick einfach und vielversprechend wirken. Am Ende der 100 Level wartet dann eine finale Begegnung mit Donkey Kong bevor man endlich mit Pauline von dannen ziehen kann.
Das Gameplay ist erstaunlich abwechslungsreich und geht weit über den ursprünglichen Automaten hinaus. Neben normalen Sprüngen kann Mario einen Handstand machen und dann besonders hoch springen, Hebel betätigen, an Stangen entlang klettern, die bereits erwähnte Rückwärtsrolle und einiges mehr.
Die Mischung aus Jump & Run und Puzzleeinlagen holt unglaublich viel aus der schwachen Hardware des Game Boy heraus und das Spiel, das ich letztes Jahr eigentlich nur für meine Sammlung gekauft hatte, katapultierte sich in meiner persönlichen Game Boy-Hitliste ganz weit nach oben. Die obersten Plätze belegen für mich zwar uneinholbar Tetris und Super Mario Land, aber direkt danach kommt wohl schon Donkey Kong.
Viel Spaß macht Donkey Kong übrigens auch mit dem Super Game Boy Adapter. Der Adapter erschien ebenfalls 1994 und man konnte damit Game Boy Spiele über das SNES auf dem großen Fernseher und sogar in Farbe spielen. Bei Donkey Kong kam noch hinzu, dass die Entwickler dem Spiel einen besonders schönen Rahmen spendiert haben, der wie ein Spielautomat aussieht. Und man hört Pauline um Hilfe schreien – diesen kleinen Soundeffekt bot der Game Boy nicht.
Offen bleibt für mich nur die Frage, warum Nintendo diese Perle so gut versteckt und das Spiel exakt so genannt hat, wie den alten Spielautomaten. Ein leicht geänderter Titel oder wenigstens ein Untertitel hätten vermutlich viel klarer gemacht, dass hier ein völlig neues Spiel entstanden ist. Später hat Nintendo dies mit den Donkey Kong Country oder Donkey Kong Land Spielen ja auch getan.
Wie erging es Euch? Habt ihr Donkey Kong vielleicht auch verpasst, weil ihr nicht wusstet, dass sich hinter der Game Boy Fassung ein ganz neues Spiel versteckt?
Bildrechte: alle Bilder im Beitrag stammen von Christian Rohde.
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