Wir alle lieben Videospiele. Viele sind mit Ihnen aufgewachsen und einige haben sogar den Beginn dieser Kultur miterlebt. Es ist das liebste Hobby von Millionen von Menschen weltweit. Mittlerweile komplett in der Gesellschaft verankert und akzeptiert. Wir lieben es, uns nach einem harten Tag auf die Couch zu werfen und die Konsole einzuschalten. Wir wollen dem tristen Alltag entfliehen und uns in Abenteuer stürzen, die im echten Leben nicht möglich sind. Unsere Leidenschaft für Videospiele ist grenzenlos… oder?
Seit einigen Jahren habe ich immer wieder einige Durchhänger was meinen Konsum von Videospielen angeht. Phasen in denen ich nicht so wirklich Lust verspüre etwas zu spielen. Trotzdem hängen mir Videospiele weiter in den Gedanken. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht in irgendeiner Form an Videospiele denke. Es reicht schon kurz bei Twitter vorbeizuschauen und ich entdecke darüber etwas in meiner Bubble.
Gerade letztens hatte ich wieder einer dieser bizarren Situationen, an denen ich richtig Bock hatte etwas zu zocken. Ich wusste nur noch nicht genau was. Also habe ich mir den Controller geschnappt, habe die Konsole aufgeweckt und schaute in meine Spielebibliothek. Nun musste ich noch das passende Game auswählen und dann konnte es losgehen. Eine halbe Stunde später habe ich die Konsole wieder ausgeschalten und habe mir einfach eine Serie angesehen.
Ein Tweet, der mich nachdenken ließ
Das brachte mich dazu einen Tweet abzusetzen. Ganz simpel. Ich habe mir dabei nicht viel gedacht. Ich schrieb einfach:
Irgendwie Bock was zu zocken. Aber irgendwie auch nicht. Kennt das jemand?
@itsamemagsven / Twitter
Die Resonanz war überwältigend. Anscheinend bin ich nicht der einzige dem es so geht. Das brachte mich dazu, genauer darüber nachzudenken. Ich fragte mich: Woher kommt diese Situation und wie entsteht sie? Wie kann es sein, dass wir, die Videospiele so sehr lieben, irgendwann keine richtige Lust mehr auf sie haben? Welche Probleme könnten dahinter stecken?
Übersättigt. Einfach zu viel.
Eine Ursache, die sich für mich herauskristallisiert hat, ist die Übersättigung. Ich selbst müsste geschätzt etwa 500 Videospiele Zuhause haben. Das meiste digital auf den jeweiligen Konsolen. Da fällt es einem immer schwerer, den Überblick zu behalten und noch schwerer sich entscheiden zu können.
Selbst wenn man weiß, welches Spiel man spielen möchte, so bleibt man beim Scrollen in der Bibliothek zwangsläufig an vielen anderen Spielen hängen und denkt sich, dass man doch dafür auch Geld ausgegeben hat. Vielleicht sollte man sich doch für ein anderes Spiel entscheiden. Aus Erfahrung weiß ich, das nur die wenigsten Spielenden so diszipliniert sind, um sich auch dauerhaft wirklich nur auf ein Spiel zu konzentrieren.
Je mehr Spiele ich anhäufe, umso krasser wird das.
Antwort eines Users auf meinen Tweet
Ich selbst fühle mich oft übersättigt. Allein meine Xbox-Bibliothek lässt mich manchmal verzweifeln. Natürlich stellt man sich dann die Frage, warum kauft man sich das alles, wenn man eh nicht weiß, was man Spielen möchte. Nun, ich denke die meisten Spielenden kennen das Problem mit den Sales. Egal ob digital in den jeweiligen Stores, die beliebten 3-für-2 Aktionen oder Rabatte bei Rebuy. Wenn man ein Schnäppchen sieht, hat man den Drang, dieses auch wahrzunehmen. Und dabei kommt das Motto „Lieber-haben-als-brauchen“ zum tragen.
Ich gebe zu, dass ich da sehr oft dabei war, wenn es darum ging ein Schnäppchen einzufangen. Daher auch meine große Spielebibliothek. Doch letzen Endes habe ich, geschätzt, in gerade einmal 30% meiner Käufe reingeschaut. Sicher waren es nicht einmal 10%, in die ich mehr als eine Stunde investiert habe.
Belanglose neue Spiele
Kenne ich gut. Viele neuere Sachen motivieren nicht bzw. ich freue/interessiere mich nicht für neue Releases (bis auf wenige Ausnahmen). Aktuell zocke ich Retrospiele, die ich nie gespielt habe, z.B. Chrono Trigger und Ratchet&Clank 2. Freue mich weitere Titel nachzuholen.
Antwort eines Users auf meinen Tweet
Mir geht es die letzten Jahre genau so, wie es dieser Kommentar beschreibt. Mir fehlt das Interesse am Großteil der aktuellen Titel. So mancher schlägt jetzt die Hände über den Kopf zusammen. Wie kann man das nur sagen bei all den Blockbustern und Indie-Perlen die die letzten Jahre erschienen sind? Meine Antwort fällt dabei immer gleich aus. Ich habe das Gefühl, dass alles schon einmal erlebt zu haben und anstatt Spaß zu haben, arbeite ich das Spiel durch.
Für manch einen mag es eine große Faszination haben, in einer riesigen Open-World wie beispielweise der von Horizon Forbidden West, jeden Stein umzudrehen und jedes noch so kleine Geheimnis, für oft belanglose Belohnungen, auf der Karte abzugrasen. Aber das ist nichts mehr für mich. Mittlerweile bin ich durch Job und Familie zum Casual-Gamer geworden. Ich fühle mich bei Spielen wohl, die mir einen Pfad vorgeben und die einen Anfang und ein Ende haben. Spiele die mir tausende Abzweigungen aufzwingen, in denen ich mich verliere, geben mir das Gefühl, nicht voranzukommen.
Geht mir ständig so. Mittlerweile installiere ich die meisten Spiele, zocke dann 1-3 Stunden und schaue dann wieder Filme. Mich kann irgendwie kein Spiel mehr fesseln. Die Genres, die mich begeistern (Cop-Thriller a la Max Payne oder L.A. Noire) existieren quasi nicht mehr.
Antwort eines Users auf meinen Tweet
Wie bereits erwähnt, habe ich das Gefühl, dass ich viele Spielmechaniken schon etliche Male erlebt habe. Für mich spielt sich vieles zu ähnlich. Ich werde nur noch sehr sehr selten von einem Spiel überrascht. Somit bleibt auch oft die Faszination aus. Ich bin abgestumpft. Wie als wenn ich jeden Tag nur dasselbe essen würde. Es sättigt, aber es ist nichts besonderes mehr.
Man darf mich jetzt nicht falsch verstehen, viele Spiele machen trotzdem auf ihrer Art Spaß. Jedoch sind für mich viele Neuerscheinungen belanglos geworden. Es spielt für mich keine große Rolle ob ich ein Horizon Forbidden West oder ein Spider-Man spiele. Im Kern sind sie gleich. Dafür gibt es etliche Beispiele. Sicherlich polarisiere ich mit dieser These. Vielleicht rege ich aber auch zum Nachdenken an.
Man schaue sich nur einmal an, wie viele Genres es bis etwa Mitte der 2000er gab. Die meisten Genres sind entweder ausgestorben oder wurden zu einem Genre zusammengemischt. Gerade die „Bigplayer“ der Branche gehen lieber auf Nummer sicher und lassen Diversität keine Chance. Es gibt kaum noch Nischenspiele ausserhalb des Indiesektors.
Zeit für den Rückwärtsgang
Nach wirklich langer Überlegung bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich mein Spielverhalten ändern muss. Wenn ich meine Leidenschaft für Videospiele aufrecht erhalten möchte, muss ich sie wieder für mich zu etwas Besonderem machen.
Ich deinstallierte alle meine digitalen Spiele von allen Systemen. Ich überlege jetzt sehr gründlich, auf welches Spiel ich wirklich Lust habe. Das ausgewählte Game installiere ich und spiele es so lange bis ich es durch habe oder nach langem Spielen wirklich keine Lust mehr verspüre. Erst dann kommt das nächste Spiel. Auch den GamePass habe ich erst einmal stillgelegt. Dieser war zuletzt eher hinderlich als sinnvoll.
Ich erhoffe mir dadurch, denselben Effekt zu bekommen, den man in seiner Kindheit und Jugend hatte. Die Zeit, in der man sich meist nur ein Spiel über Monate leisten konnte, dieses aber so oft gespielt hat bis man es im Schlaf beherrschte. Vielen Spielern ist auch die Wertschätzung abhanden gekommen. Ähnlich wie es bereits mit dem Film und der Musik geschehen ist, werden Videospiele zu oberflächlich angegangen. Denn warum sollte man sich intensiv mit nur einem Spiel auseinandersetzen, wenn doch schon die nächsten warten? Die Games werden großteils nur noch „abgefrühstückt“, um es durch zu haben.
Habe ich seit ca 10 Jahren. Es gibt zu viel. Ich kaufe jetzt immer nur ein Spiel wenn ich es sofort spielen kann. Erfahrungsgemäß kehre ich sonst nie zurück.
Antwort eines Users auf meinen Tweet
Die Videospielbranche trägt einen großen Teil dazu bei. Sie ist schnelllebig geworden. Eine riesige Menge an Neuveröffentlichungen erscheint ja schon im Wochentakt. Es macht den Anschein, als ob das alles vom Fließband rutscht. Dann kommt noch der FOMO Effekt dazu. Die Bubble redet immer vom neuesten Game und man möchte mitreden. Da bleibt einiges auf der Strecke. Und am Ende wird man von dem Stapel erdrückt, den man selbst gestapelt hat.
Letzten Endes ist es eine Sache, die jeder für sich selbst erlebt. Die einen haben mit den oben aufgeführten Punkten ebenfalls Probleme, die anderen wundern sich darüber wenn sie diese Zeilen lesen. Das Hauptaugenmerk sollte bei Videospielen immer der Spaß und die Freude sein. Wenn irgendwo ein Zahnrad hängt, sollte man sehen woran es liegt. Darauf kann man reagieren. Jeder auf seine Art.
Kennst du das auch? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie denkst du darüber? Lass uns gern in den Kommentaren darüber austauschen!
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