Loom ist sicherlich eines der umstrittensten Adventures der Lucasfilm/Arts-Geschichte. Die einen finden diesen Titel sehr atmosphärisch und vergleichen dieses Adventure mit den Märchenwerken von Disney. Für die anderen ist Loom einfach das schwarze Schaf in der glorreichen Reihe der Adventures von Lucasfilm/Arts und steht für gähnende Langweile und absurdes Adventure-Gameplay.
Die Wahrheit kennen nur der Wind und ein paar Schwäne …
Doch warum ist das so? Zum einen muss man die Rivalität der Adventure-Titanen Sierra und Lucasfilm/Arts in Betracht ziehen. Denn für viele gab es da nur die eine wahre Marke – es hatte schon was von Cola gegen Pepsi, Sega gegen Nintendo, Atari gegen Commodore, Aldi Nord gegen Aldi Süd, Tschibo gegen Eduscho … Moment, ich drifte ab.
Lucasfilm/Arts stand mit seinen Meisterwerken wie Maniac Mansion, Zak McKracken und Indy (und später natürlich auch das phänomenale Monkey Island) für gute Adventure-Unterhaltung mit vielen Anspielungen und Comedy-Einlagen. Sierra hingegen versuchte eher die Romanversion der Adventures zu sein. In Sierra war der Tod allgegenwärtig und man musste für einige Adventures nahezu jede Aktion auch punktgenau und chronologisch absolvieren – fast schon sowas wie das Dark Souls der Adventures (Grüße hier an meinen persönlichen Intimfeind Codename Iceman). Bei Lucasfilm/Arts hingegen konnte man nahezu jeden Blödsinn ausprobieren, wobei der Tod auch erst mit Monkey Island (bis auf 10 Minuten Luftanhalten …) langsam verschwand.
Loom stieß damit in eine Kerbe, die den hartgesottenen Lucasfilm/Arts-Fan irgendwie gar nicht schmeckte. In Loom kann man auch viel ausprobieren und sterben kann man auch nicht. Trotzdem wirkte das Ganze für viele sehr bieder und zu ernst. Dazu wirken die Laufpassagen sehr behäbig und die Rätsel haben den Touch einer in die Jahre gekommenen Musikschule.
Ist das Kunst oder kann das weg?
Die Welt von Loom besteht aus vielen kleinen Inseln, die jeweils von einer Gilde bewohnt werden. Diese Gilden haben sich im Laufe der Zeit immer mehr auseinandergelebt und verbleiben nun komplett unter sich. Unser Held namens Bobbin Threadbare (ja, auch er muss leiden wie ein altbekannter Pirat) wird geboren in der Gilde der Weber. Allerdings wird er in seiner Gilde auch wie ein Aussätziger behandelt und völlig gemieden.
Die Vorgeschichte von Loom wird übrigens als Hörspiel erzählt und dort wird auch vermittelt, warum Bobbin für die Gilde der Weber ein Zeichen des Untergangs ist. Denn seine Mutter hat sich über Regeln der Weber hinweggesetzt und Bobbin dadurch überhaupt erst erschaffen. Die Ältesten erkannten schnell, dass das „Kind des Webstuhls“ (nein, kein Kosename) eine so verheerende Macht hat, dass es sogar in der Lage wäre, die Welt ein für alle Mal zu zerstören. Richtig, hört sich nicht grade nach einer typischen Lucasfilm/Arts-Geschichte, in der jemand Pirat werden oder ein Tentakel die Welt erobern will.
Am Tag von Bobbins siebzehntem Geburtstag (der Beginn des Spiels) soll über sein endgültiges Schicksal innerhalb der Gilde entschieden werden. Als Bobbin dann den Ältestenrat der Weber erreicht, muss er zusehen, wie seine Ziehmutter Hetchel für Bobbin Partei ergreift und durch aus Versehen in ein Schwanenei verwandelt wird. Allerdings geht die ganze Sache nach hinten los, als plötzlich ein Schwan in diese Szene eingreift. Dadurch werden auch die Ältesten in Schwäne verwandelt.
Nachdem Bobbin die Situation verdaut hat, greift er sich den Spinnrocken (Nicht-Weber nennen es Zauberstab) und befreit Hetchel aus ihrem ovalen Schicksal. Hetchel teilt nun Bobbin sein Schicksal mit und es beginnt die Reise von Loom.
Der Ton macht die Musik
Mit dem Spinnrocken wird der Spieler mit der Mechanik von Loom vertraut gemacht. Loom spielt sich, was die Bewegung angeht, wie ein typisches Point’n’Click-Adventure. Aber es verzichtet auf die Aktionsverben, wie es auch noch bei Monkey Island praktiziert wurde. Mit Hilfe des „Zauberstabs“ klickt man auf eine Partitur und wählt damit Noten aus. Eine bestimmte Kombination aus Noten ergibt dann einen Zauber, mit dem man mit Objekten und Personen interagieren kann.
Die Umkehrung der Notenkombination führt dazu, dass der Zauber gespiegelt wird. Aus Färben wird dann Entfärben usw. Je nach Schwierigkeitsgrad bekommt man mehr Hilfe bei der Noteneingabe. Natürlich kann man Loom auch komplett „blind“ nach Gehör spielen, wie es schon bei einem Game wie Masters of the Lamps auf dem höchsten Level möglich ist. Aber das dürfte wirklich nur etwas für Veteranen von Loom sein.
Nach diesem „Tutorial“ beginnt dann auch die Reise vom Weber Bobbin. Es folgen Begegnungen mit den anderen Gilden: Schäfer, Glasmacher, Schmiede und die Kleriker, die eine ganz besondere Rolle in dieser Welt einnehmen. Jede Insel unterscheidet sich deutlich in ihrem Design. Besonders sichtbar ist dies in der EGA-Fassung. Auch in der Sprachfassung erkennt man die Gilden am jeweiligen Akzent. Lang ist das Abenteuer auch nicht gerade. Das ganze Adventure kann locker in 3-4 Stunden absolviert werden.
Geschichte mag ja gut sein – aber ist das alles?
Neben der – nach meiner Meinung nach – sehr gelungenen und emotionalen Story bietet Loom aber noch viel mehr. Loom sieht unglaublich fantastisch in EGA-Grafik aus. Vielleicht sogar das hübscheste 16-Farben-Game der PC-Geschichte. Natürlich wurde Loom auch in VGA aufgelegt. Obwohl es optisch völlig in Ordnung ist, ist die drastische Farbtrennung der Inseln nicht mehr so gut zu erkennen.
Dazu gibt es noch eine Sprachfassung auf CD-Rom unterlegt mit der Musik von Tschaikowski. Was hätte auch besser gepasst als Schwanensee. 😉 Bobbin wird in der Talkie-Fassung übrigens vom gleichen Sprecher gesprochen, der auch Bernard Bernoulli seine Stimme in Day Of The Tentacle lieh. Heute kann der Titel in all den verschiedenen Versionen über ScummVM gespielt werden. Aber auch bei Gog oder Steam ist Loom zu finden.
Was hätte aus Loom noch alles werden können …
Aber damit ist die Geschichte um das Spiel Loom noch lange nicht beendet. Denn der Autor Brian Moriarty, bekannt geworden durch seine vielen Text-Adventures, plante Loom als eine Trilogie. Bobbin sollte in Teil 1 die Geschichte um die geheimnisvollen Weber und ihrer düsteren Geheimnisse erzählen – was nun ja auch realisiert wurde.
Rusty Nailbender aus der Gilde der Schmiede sollte als Protagonist in „The Forge“ dienen. Hier sollte die Geschichte um die Inseln weitergeführt werden. Die Begegnung mit unserem Weber wird Rusty ohnehin nicht vergessen. Für Teil 3 „The Fold“ hätte Fleece aus der Gilde der Schäfer Patin stehen sollen und damit wäre das Epos auch komplett abgeschlossen worden. Auch Fleece wird sich an unseren Weber sicherlich noch gut erinnern können.
Für „The Forge“ gab es sogar ein Fanprojekt. Leider passiert seit 2015 nichts mehr. Der Download ist aber immer noch zu finden. Wie bei vielen Fangames steckt da viel Elan und Enthusiasmus drin. Ich fand das Game trotzdem recht gelungen. Aber den Charme und die technische Qualität von Loom kann es nicht vollständig erreichen. Aber trotzdem ist es einen Blick wert und es ist absolut kostenlos. Schnapper eben. 😉
Als Fazit möchte ich betonen, dass jeder Loom eine Chance geben sollte. Natürlich spielt man nicht das Gagfeuerwerk á la Monkey Island und der Schluss ist wenig befriedigend und wirkt leider unfertig. Aber die eher bedrückende und bedächtige Stimmung von Loom hat viel Atmosphäre und eine gute Geschichte bleibt nun mal eine gute Geschichte.
Und was denkt ihr? Ist Loom das schwarze Schaf von Lucasfilm/arts?
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