Hyper, Hyper! Um auf dem endlosen Markt herausstechen zu können, muss man Aufmerksamkeit erregen. Das geht sogar so weit, dass regelrechte Hypes – ich muss es schon so provokant sagen – künstlich erzeugt werden. Ist das neben der Early-Access-Grippe und dem Day-One-Patch-Fieber die nächste Trend-Krankheit in der Videospielwelt?
Vorfreude ist eine schöne Sache. Aber wie in allen Bereichen des Lebens gilt auch hier: „Gesundes Mittelmaß is key!” – natürlich ist das in der Theorie einfacher umsetzbar als in der Praxis. Auch ich kann mich nicht davon lossprechen, hin und wieder etwas “hyped” zu sein. Das aktuellste Beispiel für einen Medienhype stellt Cyberpunk 2077 dar. Sobald auch nur ein Mitarbeiter von CD Projekt Red gehustet oder den Stuhl verrückt hat, war das eine News auf diversen Online-Portalen wert!
Ja, auch ich habe mich von den bunten Süßigkeiten der Entwickler locken lassen. Ich habe das Spiel verschlungen, wollte jedes Detail aufsaugen und jede Geschichte von allen NPCs hören. Klar hat es einige Fehler gehabt, die aber – auf einer Next-Gen-Konsole – nicht störend waren.
Undankbare Aufgabe für CD Projekt Red
Der Hype, der dem Spiel vorangegangen war, war aber im Endeffekt keineswegs berechtigt. Ich würde sogar behaupten, dass der aufgebauschte Hype dem Entwicklerstudio geschadet hat. Schließlich war es ein Teufelskreis: Die Entwickler sind großspurig mit dem Spiel umgegangen. Die Spieler hatten eine riesige Erwartungshaltung, die nahezu unrealistisch war – es konnte einfach nicht gut gehen. Unspielbarkeit, Klagen von Investoren, Verkaufsstopps und viel dicke Luft sind nun das Resultat des Ganzen. Auch wenn mir CD Projekt Red sympathisch ist: So viele Fehlgriffe kann ich dann doch nicht mehr schön reden!
An dieser Stelle ein kurzer Moment des Gedenkens an alle, die das Spiel nicht spielen konnten …
Mein größter Hype-Fail
Aber auch ich habe einen persönlichen Rohrkrepierer in Sachen “gehypte Spiele” erlebt, der mich so richtig emotional werden ließ.
Agony
Ich hasse Agony. Es ist die größte Enttäuschung in meiner Videospielgeschichte. Ich war damals dermaßen gierig auf das Spiel, dass ich es mir zum Release gekauft habe. Was ich dann erlebt habe, kann man wortwörtlich als Qual bezeichnen: Es war schlichtweg unspielbar!
Ich habe tatsächlich ernsthaft darüber nachgedacht, ob die Entwickler wirklich so ausgeklügelt waren und das Spiel extra unspielbar gemacht haben, um den Spieler das Gefühl der “Qual” in der reinsten Form erleben zu lassen.
Ich vertröstete mich mit diesem abstrakten Gedanken, da ich einfach nicht wahrhaben wollte, dass Entwickler so dreist sein können: den Spielern eines der brutalsten Horrorspiele ohne Zensur versprechen und dann so ein unfertiges Etwas, das maßgeblich zensiert wurde, zu veröffentlichen.
Das sollte mir eine Lehre sein, dass Hypes ein gefährliches Medien-Werkzeug sind. Sie blockieren unser differenziertes Denken und lassen uns emotional werden. Aus diesem Grund sollte man Berichte, Trailer und Ankündigungen immer mit Vorsicht genießen.
Hypes sind in etwa der Herpes der Videospielwelt: Du wirst sie nie gänzlich los. Ich persönlich versuche abgeklärter mit den generierten Hypes umzugehen, um mich vor herben Enttäuschungen zu bewahren.
Im Sport sagt man allgemein “Wichtig ist auf dem Platz” und das sollte auch für Videospiele gelten.
Links
- Wie der Hype im Kopf entsteht – Podcast E020 bei Behind the screens
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