Uhoh, was ist das für ein Titel?! Hört sich schlimm an, oder? Vielleicht ist es so, ich weiß es nicht. Ich gebe zu, dass ich einen Knacks habe. Wohl schon immer. Was soll’s, mir geht es gut. Das sagt sich schnell und stimmt die anderen ruhig.
Denn eigentlich habe ich ja alles: eine liebevolle Frau, ein Bündel tolle Kinder, ein kleines Haus, einen interessanten Job. Ich kann sogar umweltschonend mit dem Zug zur Arbeit fahren (wenn er denn mal fährt). Für mich als umweltbewussten und ethisch motivierten Veganer sehr cool, auch wenn es länger dauert. Ich habe auch ein paar ältere und eine aktuelle Konsole. Cool, was?
Das „Aber“
Aber richtig gut geht es mir nicht. Ich bin depressiv, oft antriebslos, habe schlechte Gedanken. Automatisiert stehe ich zwar auf und gehe zur Arbeit, da hört’s dann aber oft schon mit der Motivation für den Tag auf. Mein Problem, und das macht es somit auch zum Problem anderer, die mir nahe stehen: Ich bin gerne allein. Was für viele der blanke Horror ist, ist für mich beinahe schon überlebenswichtig.
Das war schon immer so. Schon lange vor dem Internet. Ich hatte meine zwei, drei Freunde in der Schule, wir haben auch einiges Schönes zusammen erlebt. Dennoch war ich dann immer froh, wenn ich wieder für mich war. Niemand weiß das. Persönliche Kontakte mag ich nicht so, ich bin auch nicht gerne unter Menschen. Ich bin weder gut im Unterhalten noch halte ich es lange aus, wenn ein Gespräch ein paar Minuten übersteigt. Meine Kopfschmerzen, die mich seit der Kindheit mehr oder weniger dauerhaft begleiten, machen meinen Alltag oft auch nicht unbedingt einfacher. Ich bin ein Einzelgänger.
Leider – und das tut wirklich weh – habe ich mir das lange schön geredet, habe geheiratet und diese Tatsache überspielt – auch für mich selbst. Mittlerweile wissen alle Bescheid. Aber meine Lieben im Stich lassen und gegen Ruhe tauschen? Nein, das tue ich bestimmt nicht. Ich liebe meine Familie und das weiß sie, aber die Unterhaltungskanone bin ich keinesfalls. Das wissen ebenfalls alle zu Hause und alle, die mich etwas besser kennen.
Hey, was hat das bei VSG zu suchen? Geh zum Therapeuten! Ja. Dort bin ich schon Kunde. Fein. Und immer noch, was soll das hier werden?
Ich bin dann mal weg
Ich brauche meine Auszeiten, wie vermutlich jeder oder jede mal. Vielleicht brauche ich sie ein wenig mehr, ein wenig intensiver. Meine Kurzurlaube für die Seele, wie ich sie schon im wunderbaren Gemeinschaftsbeitrag hier bei VSG genannt habe. Vermutlich kann man das salopp auch einfach Realitätsflucht nennen. Aber das gönne ich allen anderen hier natürlich auch.
Ich liebe gute Spiele. MEINE guten Spiele. Das sind zugegeben nicht viele. Oft schütteln andere den Kopf über meinen Geschmack, aber das ist mir egal. Hier kann ich abtauchen, woanders sein. Wann anders sein. Ich will ja gar nicht unbedingt wer anders sein, nur weg. Ich fange einiges an, aber beende davon wenig. Zeit ist da ein großes Thema. Aber manchmal auch die Motivation.
Psssst!
Aktuell fesselt mich Elite Dangerous. Ich bin total schlecht in Geschäften und im Handeln, schon damals beim Ur-Elite. Auch zwischendurch bei Frontier: Elite 2 war ich eine Niete. Egal, kratze ich mir meine Credits halt anderweitig zusammen, die Galaxie ist groß genug für Zeug, das man zu Geld machen kann. Was mich dort sofort fasziniert hat, ist neben der wirklich tollen Optik diese unglaubliche Freiheit und – noch besser – die für mich so spürbare Einsamkeit dort draußen. Was für eine Atmosphäre! Rein ins Cockpit und auf geht’s.
Wie muss das sein, die totale Stille dort draußen! Ich mag Multiplayer nicht wirklich. Klar, man kann auch Coop und nicht zwingend gegeneinander spielen, aber die Interaktion mit menschlichen Mit- oder Gegenspielern finde ich anstrengend. Vertrauensvorschuss ist vielleicht das Stichwort, da habe ich leider nur wenig von im Gepäck. Zurück im Cockpit. Lasst mich bitte alle mal alleine. Schub.
Sicher, hier und dort schwirren auch andere Schiffe durch’s All, besonders um Stationen und Rohstoffquellen herum. Aber weiter entfernt davon, mmh, da wird’s für Tobi interessant. Lautstärke rauf, hier kann ich die nächsten Stunden für mich sein. Weg. Ein paar Sprünge bis zur nächsten Sternen-Tanke machen, etwas zum Knabbern einpacken, sich irgendwo in den Ringen eines Planeten verkriechen und total runterfahren, die Schiffsysteme, wie mich selbst.
Vor ein paar Tagen bin ich auf einem kleinen Mond gelandet und hab mich dabei ertappt, wie ich minutenlang einfach so aus dem Cockpit heraus auf den Klumpen Fels, Staub und die abfallenden Kraterwände vor mir gestarrt habe. Dabei zogen diese Gedanken auf, die ich schon lange kenne: hier ein Haus stehen haben! Was. Für. Eine. Ruhe. Und der Ausblick! Der Ausblick! Derzeit kann ich mit einem Fahrzeug die Oberfläche erkunden. Das macht Laune und erinnert mich ein wenig an Buggy Boy damals. 🙂 Bald kommt auch wieder ein großes Update raus: aussteigen und latschen. Ich freue mich unglaublich auf den Hike im All!
Grün? Grün!
Szenenwechsel. Ich spiele auch gerne Endzeitkram. Nicht diesen schmutzigen Kram mit vielen Erdtönen in der Farbpalette, sondern so etwas, wo die Natur sich alles zurückerobert hat. Grün ist gut. Und beruhigt. Ich liebe Grün. Und Ruhe. Essenziell. Pflanzenteppiche, die Altes, Menschengemachtes überwuchern, unter sich zudecken. Das haut mich um. Wie in Enslaved: Odyssey to the West zum Beispiel. Oh, die Texturen waren damals schon grob, ja. Egal, es passt und ist stimmig. Hier ist alles überwuchert, die meisten Menschen sind lange fort. Und wieder kommt dieser bekannte Gedanke in mir hoch, der mich innerlich entspannen lässt: Was, wenn ich dort wäre? Dort sogar alleine wäre? Kein Lärm, kein Stress, nur dort sein. Die unzähligen Roboter, die dort herumlungern, blende ich grad mal geschickt aus und lasse dabei den Blick nochmals in die begrünte Ferne schweifen.
Ja, ich liebe es, aus dem realen Leben auszureißen. Es gibt viel Schönes hier, das stimmt ganz bestimmt. Es gibt auch viel Leid, viele Sorgen, viel Lärm, viel Gestank, viel Stress für mich. Die Einsamkeit in Spielen ist vielleicht mein Schleudersitz. Ich bin mal kurz weg. Vielleicht in einer anderen Zeit, vielleicht auch auf dem Weg zum äußersten Zipfel dieser Galaxie. Kurz mal durchatmen. Alleine.
Schon verrückt, dass ich gerade diesen ehrlichen, offenen Text für andere schreibe. Andere, mit denen der Einzelgänger sich nur am Display austauscht und möglicherweise nichts bis auf die Zockerei gemeinsam hat. Vielleicht will ich doch gar nicht so alleine sein, wie ich oft denke. Vielleicht ist es gut, das mal aufzuschreiben.
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