Telematch – Die erste deutsche Spielezeitschrift

Von Guido Frank am
Kommentiert von: Depechie, Daniel, Buddybear1965, Sterni
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TeleMatch: Das Spiel beginnt – So lautet die Überschrift im Editorial der ersten Telematch-Ausgabe aus dem Dezember 1982. Und tatsächlich: welche Zeitschrift traf den Zeitgeist der Videospiele, Spielautomaten und Flipper während der frühen 1980er Jahre besser als die Telematch?

Das legendäre Spielemagazin, dessen Chefredakteur Hartmut Huff war, gilt heute als die erste deutschsprachige Fachzeitschrift für Videospiele überhaupt.

Die Zeit war reif für ein Telespiel-Magazin. (Bild: M. Cavendish)
Die Zeit war reif für ein Telespiel-Magazin. (Bild: M. Cavendish)

Die Telematch begründete einen komplett neuen Literaturbereich, dessen Umfang in den letzten 20 Jahren auf ein beachtliches Volumen angewachsen ist. Beeindruckend: selbst der Inhalt neuzeitlicher Spielezeitschriften hat sich seither kaum verändert.

Schon 1983 enthielt die Telematch alle obligatorisch wichtigen Artikel wie Spieletests, Berichte über Softwarefirmen, Neuerscheinungen, Hitparaden, Leserbriefe, News und kleinere Hardwarebeiträge. Nicht zu vergessen natürlich auch die typischen Spalten mit Branchenwerbung zum Thema Videospiele. Hier findet sich jedes Lieblingsspiel wieder. Die Telematch ist eine unverzichtbare Referenz für klassische Videospiele. Sie ist die Bibel der goldenen Konsolen-Ära. Hier werden fast ausnahmslos alle Klassiker behandelt.

Geschichte einer Legende

Tests von Helge Andersen zu Venture, Lady Bug und Carnival. Spieletests zu ColecoVision-Hits auf dem Prüfstand in der Telematch. (Bild: M. Cavendish)
Tests von Helge Andersen zu Venture, Lady Bug und Carnival. Spieletests zu ColecoVision-Hits auf dem Prüfstand in der Telematch. (Bild: M. Cavendish)

Gegründet wurde die Telematch-Redaktion am 26. November 1982 in Hamburg. Pünktlich zum Jahreswechsel 1982/1983 erschien das Magazin erstmals im Zeitschriftenhandel. Ab diesem Zeitpunkt lag alle zwei Monate eine neues Heft in den Verkaufsregalen. Genau ein Jahr später, ab Januar 1984, kam die Telematch, abgesehen von zwei Doppelheften während der Sommerzeit, sogar monatlich auf den Markt.

Nach vier Ausgaben wechselte das Coverdesign plötzlich seine schwarze Grundfarbe. Daran erkennt der Laie schnell, ob es sich wirklich um eine ganz alte Telematch-Ausgabe handelt. Manche Beiträge bestanden übrigens nur aus „Kopien“ des amerikanischen Muttermagazins Electronic Games und wurden lediglich Deutsche übersetzt. Das ist auch der Grund, weshalb sich viele Artikel in den Heften finden, die eigentlich mehr den amerikanischen Videospielemarkt behandeln. Obwohl damals natürlich alles aus Amerika einen gewissen Kultstatus hatte, genau wie die Videospiele selbst. Zwischen 1983 bis 1985 erschienen insgesamt 19 Ausgaben der Telematch im Handel.

Legendäre Zitate aus der Telematch

  • „Die Zeit war reif für ein Telespiel-Magazin“ – Mit diesen Worten beginnt die Telematch Erstausgabe
  • „Wer telespielt ist selbst ein Superheld“ – Telematch Erstausgabe
  • „Donkey Kong von Coleco – eine Videospielkassette die neue Maßstäbe setzten wird“ – Ausgabe Feburar 1983
  • „Haben Sie schon mal ein Schwein mit einer Anstreichwalze verfolgt?“ – Test zum Parker-Brothers-Spiel Amidar in Ausgabe März 1983
  • „Mordgesellen wie Du und ich“ – Test des Xonox-Spiel Robin Hood in Ausgabe Februar 1984
  • „Willkomen in Korea!…“ – Test des 20th Century VCS-Spiels M.A.S.H. in Ausgabe April 1984
  • „Videospiel-Software fließt spärlicher als beim Start dieses Magazins“ – Rechtfertigung der Umstellung auf Homecomputer und Computersoftware in Ausgabe Mai 1984
  • „Spielqualität ja, aber von gestern“ – Urteil für das Philips G7000-Spiel Basketball in Ausgabe September 1984
  • „Interessant, aber nicht interessant genug“ – Zu Ataris Raiders Of The Lost Ark in Ausgabe Juli 1984
  • „Aus Schlümpfen wurden Kohlkopfkinder“ – Test des Coleco-Spiels Cabbage Patch Kids in Ausgabe Juli 1984
  • „Ständig steigende Produktionskosten und ein immer schwieriger werdender Markt haben den Verlag zu dieser Entscheidung veranlasst“ – Begründung zum Aus der Telematch im Editorial der letzten Ausgabe (Ausgabe Februar 1985)
Ab Ende 1984 hieß das Magazin Telematch Computer Praxis und hatte seinen Heftinhalt auf die Homecomputer umgestellt. (Bild: M. Cavendish)
Ab Ende 1984 hieß das Magazin Telematch Computer Praxis und hatte seinen Heftinhalt auf die Homecomputer umgestellt. (Bild: M. Cavendish)

Weiterhin existiert noch ein Sonderheft, dessen Inhalt sich aber einzig auf die Kinofilme Wargames, Tron oder Star Wars des Computer-Genres beschränkt. Wie überall in der Spielbranche dominierte nach einiger Zeit auch in der Telematch immer mehr der Homecomputer und verdrängte die Beiträge zu den klassischen Spielkonsolen. Dadurch änderte sich sogar der Titel der Telematch ab Ausgabe Mai 1984 entsprechend in Telematch Computer Software Magazin.

Konsolenprodukte blieben weiter rückläufig, gegen die stärkere Hard- und Software der neuen Homecomputer hatten Spielkonsolen der ersten Generation einfach nichts entgegenzusetzen. So folgte der große Konsolencrash von 1984. Die Reaktion darauf war eine komplette Umstellung der Heftthematik in der Telematch. Konsolen und Spielmodule verschwanden gänzlich von den Seiten. Von nun an beherrschten Homecomputer & Co das ganze Magazin. Gleichzeitig fusionierte der Telematch-Verlag mit der Hamburger Computerzeitschrift Computer Praxis. Nach einer Zusammenführung beider Redaktionen lautete der Titel ab November 1984 schließlich Telematch Computer Praxis.

Das Ende der Telematch schien unvermeidlich denn trotz aller Maßnahmen ließ sich das Magazin scheinbar nicht mehr erfolgreich verkaufen und stellte vier Ausgaben später, nach einem besonders dünnen Heft Nr. 2/85, die Zeitschrift endgültig ein.

In der letzten Ausgabe verabschiedet sich die Redaktion im letzten Editorial von Ihren treuen Lesern. Über ein Jahr lang gab es keine weitere Fachzeitschrift speziell für Video- und Computerspiele. Spielefreaks konnten sich höchsten über einige Sonderhefte von anderen Computermagazinen wie beispielsweise der Happy Computer, 64er oder der RUN über den aktuellen Spielemarkt informieren. Erst ab März 1986 setzte ein ganz neues Magazin mit dem Namen ASM (Aktueller Software Markt) die geniale Idee der Telematch erfolgreich fort. Die ASM wurde bis in die frühen 1990er Jahre fortgesetzt.

Die Redaktion zum Thema Gewalt in Videospielen

  • „Ich empfinde eine solche Kassette mit derartig eindeutig pseudo-realer Handlung als überflüssig, ja sogar als geschmacklos!“ – Redakteur Helge Andersen zum Test von Intellivisions Ballerspiel Mission X
  • „Ich frage mich wer skrupelloser zu nennen ist: der Programmierer oder der sich am Tastendruck erfreuende Spieler?“ – Test für das ITT-Spiel Mountain Man
  • „Videospiel-Kassetten gelangen in erster Linie in die Hände von Kindern und da diese noch keine militärische Ausbildung erhalten können, läßt man sie zunächst einmal videomäßig Krieg spielen, genauer: morden“ und „Der Spieler hat eines der brutalsten Videospiele in den Abspielschacht eingelegt das derzeit auf dem deutschen Markt angeboten wird“ – Test zum Xonox-Spiel Robin Hood

Dazu eine persönliche Anmerkung: Was würde die Redaktion der Telematch wohl heute zu Spielen wie Max Payne, Return to Castle Wolfenstein oder Medal of Honor schreiben?

Heute, knapp 20 Jahre später ist die Telematch ein begehrtes Sammlerstück für alle Fans der frühen Videospiele. Diese Zeitschrift ist mit Sicherheit eine der größten Informationsquellen aus der Ära der klassischen Spielkonsolen. Preise liegen bei Internetauktionen je nach Zustand und Alter in einer Spanne von 10 bis 30 Euro pro Magazin, wobei natürlich eine Erstausgabe oder die komplette Sammlung weit höhere Summen erzielen können.

In der aktuellen Hitparade: Die beliebtesten Videospiele von 1983, wird deutlich, wie sehr Atari-Spiele den Konsolen- und Heimcomputermarkt dominierten. (Bild: M. Cavendish)
In der aktuellen Hitparade: Die beliebtesten Videospiele von 1983, wird deutlich, wie sehr Atari-Spiele den Konsolen- und Heimcomputermarkt dominierten. (Bild: M. Cavendish)

Da gerade durch das Internet immer mehr Leute ihr altes Hobby aus Kindertagen wiederentdecken, ist zu erwarten, dass die Preise noch weiter steigen. Auf jeden Fall bedeutet das Lesen der Telematch für alle Angehörigen der „Generation Pong“ eine tolle Reise in die Vergangenheit, zurück zur Geburt der Videospiele.

Bildergalerie zur Telematch

Die folgende Bildergalerie zur Telematch stammt aus dem Privatbesitz von Thomas Meyer. Wir danken für die Bereitstellung und Unterstützung unseres Blogs!


Veröffentlicht in: Medien & Literatur
Dirk Bockstegers

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Kommentare (4)

  1. Ich gehöre zu den Erstkäufern der Telematch, und ich kann versichern, dass die Zeitschrift niemals nur “Match” hieß.

    Der Titel lautete immer “Telematch”. Wie bereits geschrieben, beanstandete das bekannte französische Magazin “Paris Match” das Logo der Telematch, da es angeblich zu ähnlich gewesen sein soll.
    Daher wurde dann das Logo geändert, der Titel blieb aber immer gleich.

  2. So steht es auch im Wikipedia-Artikel – ich denke aber dass da etwas verwechselt wurde. Wie auch auf den Scans zu erkennen trug die Zeitschrift bereits bei ihrer Erstausgabe eindeutig den Titel “Telematch”. Wenn, dann müsste diese Änderung bereits vor dem Druck der Erstausgabe stattgefunden haben, oder ein korrigierter Nachdruck produziert worden sein.

    Allerdings wechselte die Zeitschrift von der 9. auf die 10. Ausgabe zu einem Titeldesign in welchem das “Tele” nicht mehr kleiner als das “Match” gedruckt wurde. Dieser Wechsel wurde, wie in einem Scan auf dieser Seite gezeigt, mit ebendiesem französischen Tennismagazin erklärt. Vermutlich stammt die Verwirrung daher, und das Magazin wurde nie unter dem Namen “Match” gedruckt.

  3. Zu bemerken wäre noch, dass die erste Ausgabe nur MATCH hieß. Die Zeitschrift musste sich kurzerhand in TELEMATCH umbenennen, da es zu der Zeit schon ein Tennis-Magazin mit dem selben Namen gab.

  4. Es ist immer wieder schön die alten Zeitschriften mit den pixeligen Grafiken zu sehen. Sowas sieht man heute einfach nicht mehr in aktuellen Zeitschriften. Der Zauber von damals ist weg, was auch die Motivation der Spiele betrifft. Von mir aus hätte die Entwicklung der Computer 1984 aufhören können.