In der Welt der PC-Computerspiele gab es sie Anfang der 1990er-Jahre zuhauf: Shareware-Spiele. Kleine Entwicklerteams entwickelten im Umfang eingeschränkte Titel und boten Spieler:innen an, gegen wenig Geld eine Vollversion zu ergattern, sollten sie Gefallen an ihrem Werk gefunden haben. So ganz verschwunden ist dieses Prinzip der Bekanntmachung nicht wirklich. Die Entdeckungsreise danach war allerdings spannender.
Teilen, teilen, teilen … in heutigen Zeiten immer noch eine wichtige Grundlage der Kommunikation, um den Bekanntheitsgrad bestimmter Dinge mit ein wenig Glück zu erhöhen. Ein Prinzip, welches auch hier auf Videospielgeschichten angewendet wird, um die Geschichten von Gamer:innen anderen näherzubringen.
Doch auch die Geschichtenschreiber:innen müssen irgendwie an ihre Erzählungsgrundlagen rangekommen sein. Schließlich wollen die Entwickler ihre Werke an die potenziellen Personengruppen bringen, damit sie ihre Freunde finden.
Zwar ist es schön und gut, wenn eine Software sich wie ein Wunderwerk liest und selbst die Bilder davon mehr als tausend Worte sagen, aber nicht jeder ist dafür bereit, direkt Geld auszugeben und womöglich beim plötzlichen Nichtgefallen den ganzen Rückgabeprozess mitzumachen. Da hat es Sinn, früh genug einen Teil der Software interaktiv am eigenen Rechner kennenlernen zu dürfen. Und das möglichst zu einem Bruchteil des Originalpreises, am besten sogar kostenlos.
So ähnlich hat es sich sicherlich Andrew Fluegelman vorgestellt, der mit „PC-Talk“ im Jahre 1982 eine Kommunikationssoftware entwickelt hat, die dazu aufrief, die Software mit Freund:innen und Familie zu teilen, während man vorher dem Autor gegen eine Gebühr von $ 25 eine formatierte Diskette zuschickte, die dann mit dem Programm zurück kam.
Die Sache bei Shareware ist: Ohne eine Einschränkung der Häufigkeit der Verwendung sieht der Entwickler keinen einzigen Cent (oder damals keinen einzigen Pfennig), wenn der/die Konsument:in mit dem jetzigen Umfang zufrieden ist und nicht großartig daran gehindert wird, die Software zu nutzen.
Bestes Beispiel wäre die Komprimierungssoftware „WinRAR“, die schon Witze erleiden musste, wenn tatsächlich einer der wenigen Leute eine 40 € teure Lizenz gekauft hat. Die Software hat sich den Titel der „am längsten laufenden Demoversion“ erschlichen: Lediglich ein Popup-Fenster erinnert die Nutzer:innen daran, sie nach 40 Tagen käuflich zu erwerben. Danach wäre die Nutzung der kostenlosen Version eigentlich illegal … das sieht nur keiner.
Die große Auswahl der kleinen Spiele
Sehr spannend wird meiner Meinung nach die Vielfalt der Shareware-Programme ganz besonders bei den Spielen. Da sprossen dutzende Spieltitel von Einzelpersonen oder kleinen Teams aus dem Boden und warteten nur darauf, einen großen Bekanntheitsgrad zu erlangen, indem die Konsument:innen ihre Spiele irgendwo erwarben und sie bei Gefallen weitergaben und/oder sich gegen eine kleine Gebühr eine Vollversion zuschicken ließen. Nicht für umsonst hieß das Ding „Shareware“.
Die Entwickler:innen riefen dazu auf, ihre Spiele in der eingeschränkten Variante mit Freund:innen und Familien zu teilen. Dank Diskette und vernünftigen Dateigrößen stellte das in den allermeisten Fällen kein Problem dar.
Ich bin mit dem Geburtsjahr 1994 leider Gottes kein Zeitzeuge und selbst mein Vater hatte sich zwar sehr viele Spielesammlungen für den PC angeschafft, aber von den Shareware-Sachen keine einzige Software registrieren lassen. Dabei war die Auswahl Anfang der 1990er-Jahre gigantisch. Es gab viele Vertriebswege.
Wer einen teuren Internetzugang hatte, verschaffte sich Zugang zu der schier endlosen Zahl an Shareware-Spielen über Bulletin Boards. Im Handel vertrieben einige Publisher ihre kleinen Sammlungen auf 5,25″- oder 3,5″-Disketten, dank Komprimierungssoftware konnte man geradeso noch ein paar Titel draufpacken.
Riesiges Potenzial und vor allen Dingen eine riesige Auswahl bekam man, wenn der eigene Computer ein CD-Laufwerk besaß und man sich eine derartige Sammlung auf CD besorgte. Dreistellige Mengen an Spielen waren da keine Seltenheit. Wenn alle noch komprimiert wurden, passte schon eine ordentliche Menge drauf. Und bei solch großen Ansammlungen sollte sich erst recht keiner beschweren, dass da für jemanden nichts dabei wäre. Durch solche Sammlungen stach auch die ein oder andere Perle raus, selbst wenn gerade von den bekannten Entwickler:innen die ohnehin schon beliebten Perlen mit dabei waren.
Da wären vor allen Dingen zwei Entwicklerteams hervorzuheben: Epic MegaGames (heute nur Epic) und Apogee Software (heute 3D Realms). Wer Shareware kennt, kennt auch diese beiden Entwickler und ihre Spiele ziemlich gut.
Von „Commander Keen“ über „Epic Pinball“ bis „Jazz Jackrabbit“ gab es von diesen beiden jede Menge Titel, die in Erinnerung geblieben sind, was aber auch wenig verwunderlich ist, wenn deren Spiele auf kaum einer Spielesammlung gefehlt haben. Es gibt zwar noch zahlreiche weitere Teams wie Soleau Software, aber gerade Epic und Apogee dürften wohl eher in den Köpfen der PC-Spieler:innen hängen geblieben sein.
Meine persönlichen Erinnerungen an Shareware-Titel
Wie man vielleicht von meinem allerersten Beitrag auf Videospielgeschichten entnehmen dürfte, existiert ein Foto aus dem Jahr 1996, in dem ich mit meiner Schwester an unserem heimischen PC ein Spiel spiele. Die Theorie von jemanden, dass das „Jazz Jackrabbit“ (1994) – ein Adventure, welches mehr oder weniger an „Sonic the Hedgehog“ angelehnt ist, nur mit einem Hasen statt einem Igel – gewesen sein könnte, klingt realistisch, selbst wenn man auf dem Foto den Bildschirm schwer erkennen kann. Ich kann mich partout an keine Vollversion dieses Spiels erinnern, sogar an das Spiel selbst konnte ich mich nicht erinnern, bis mir ein Bekannter geraten hat, es als Let’s Play zu spielen.
Letzten Endes wurde die Shareware-Version von „Jazz Jackrabbit“, welches ich auf CD besaß, im Jahr 2013 mein erstes Let’s Play, welches ich auf einem zeitgemäßen Rechner ausgeführt habe. Entsprechend flott war es auch vorbei, denn diese Shareware führte die Tradition fort, in der kostenlosen Variante nur die erste von vielen weiteren Episoden als eine Art Appetizer anzubieten. Und wer Bock auf mehr hatte, kaufte eben die Vollversion. Entweder nur mit einem Teil der Episoden oder gleich mit allen.
Adventures waren ohnehin gängig, so auch „Commander Keen“, wovon es nur einige Teile kostenlos gab. Insbesondere den vierten Teil – „Secret of the Oracle“ aus dem Jahr 1991 – habe ich sehr oft gespielt. Gerade „Commander Keen“ ist ein Adventure, welches sich fest in meinen Kopf eingebrannt hat, weil es häufig auf den CDs von Shareware-Sammlungen aufgetaucht ist. Verständlicherweise immer die kostenlos vertriebenen. Selbst wenn das Spiel wahnsinnig schwer war, weil jede einzelne Berührung mit gefährlichen Sachen wie Feuer, Waffen oder Gegner den Tod bedeutet hat, hat es dennoch Spaß gemacht.
Und wer könnte jemals „DOOM“ (1993) vergessen? Weil ich lange Zeit keine brutal aussehenden Spiele spielen durfte, habe ich den Actionklassiker schlechthin erst viel später entdecken können. Das durfte aus Gründen nicht auf Shareware-Sammlungen, die hierzulande vertrieben wurden, aufgetaucht sein, aber jede:r Zeitzeug:in darf mich da gerne vom Gegenteil überzeugen. Trotzdem hat es seinen Weg geschafft und „DOOM“ konnte mit seiner Grafik und seinem exzellenten Gameplay vollends begeistern.
Ich persönlich wollte mal wagen, es komplett durchzuspielen, scheiterte aber damals am Endgegner der zweiten Episode. Zumindest hätte ich die Shareware, die üblicherweise nur aus der ersten Episode bestand, komplett geschafft. Ungefähr so, wie ich es damals mit dem ebenfalls schwer zu beschaffenden Spiel „Wolfenstein 3-D“ (1992) geschafft hatte. Zwischen beiden Titeln liegt nur ein Jahr und der grafische Fortschritt ist enorm.
Irgendwann bei eBay grinste mich eine Auktion an, in der es u. a. eine Vollversion von „Epic Pinball“ (1993) mit 13 Tischen gab. Das ist auch ein Spiel, welches es sich als Shareware-Titel auf sämtlichen Sammlungen gemütlich machen durfte. Von den eigentlich zwölf Tischen, die es offiziell gab, durften nicht-zahlende Spieler:innen sich mit dem Super-Android-Tisch begnügen, der aber ein fantastischer Appetizer auf die weiteren Tische war.
Und wer einmal die Musik von „Epic Pinball“ gehört hat, wird süchtig danach. Selbst wenn das Spiel nicht unbedingt die beste Ballphysik von allen Pinball-Spielen hat.
Aber selbst kleinere Geschicklichkeitsspiele haben sich in meinen Gedanken festgesetzt. Da fällt mir etwa das Spiel „Bolo Ball“ (1992) von Soleau Software ein. Auf einem Feld voller Begrenzungen, Pfeile und Blöcken müssen Kugeln runtergeschubst werden. Je nachdem, wie clever man sich anstellt, kann man den Computergegner mit guter Voraussicht besiegen. Solch eine gute Voraussicht hatte ich bei dem Spiel selten, weshalb ich entsprechend wenige Partien gewonnen habe. Und mit einer außerordentlich günstigen Vollversion, wofür Soleau Software nur $ 12 verlangt hat, hätte ich auch gegen eine:n Freund:in antreten können.
Von all den erwähnten Titeln besitze ich lediglich „Epic Pinball“ in einer Vollversion. Diese war auch mit unter 10 Euro relativ günstig. Gerade registrierte Vollversionen zum Anfassen sind zu wahren Schätzen und unglaublichen Wertanlagen mutiert. Eine vollständige Version von „DOOM“ etwa geht nicht für unter 180 Euro weg.
„Jazz Jackrabbit“ ist mit über 70 Euro ebenfalls nicht günstig. Ein ganz teurer Spaß wird dagegen „Commander Keen“, da kratzt der fünfte Teil namens „Aliens Ate My Babysitter“ mit ein wenig Abstand an der 1000-Euro-Marke. Als rein digitale Varianten sind die Spiele glücklicherweise günstiger zu kriegen. Diese hat man dann allerdings nur auf der Platte und nicht im Regal.
Bisher erwähnte ich nur Titel, mit denen man sogar in der kleinen Variante Spaß haben konnte. Ein Beispiel einer nervigen Beschränkung hätte ich mit „Combat Tanks“ (1994). Dieses kleine Panzerspiel für Windows 3.1x kenne ich von einer niederländischen Spielesammlung. Darin attackiert man gegnerische Panzer und Soldaten. Soweit so unspektakulär.
Allerdings taucht im Laufe des zweiten Levels ein so genannter „Death Copter“ auf, der den eigenen Panzer permanent beschießt, und die eingeschränkte Version weist deutlich darauf hin, dass es keinen Sinn machen würde, diesen Helikopter zu beschießen. Das ist dann eher die aggressive Art, zu sagen, dass man mehr Spaß hat, wenn man dafür bezahlt. Wohl gemerkt, das passiert schon im zweiten Level.
Shareware? Gibt’s das immer noch?
Shareware hat vor allen Dingen eines gezeigt: Man konnte für verhältnismäßig wenig Geld viel Software an die Konsument:innen bringen. Je nachdem, wie viel Umfang man haben wollte. In der Blütezeit der Shareware – Anfang der 1990er-Jahre – war es üblich, dass ein großes Spiel ca. 120 Mark gekostet hat.
Für registrierte Shareware-Spiele gab es kostenmäßig zwar ein gewisses Spektrum, das sich allerdings nur leicht über der Hälfte der erwähnten 120 Mark bewegte. Einer der großen Vermittler in Deutschland war CDV Software, von denen es selbstverständlich ebenfalls solch eine Art von Spielesammlungen gab.
Ab Mitte der 1990er-Jahre verschwanden die Shareware-Produkte langsam aber sicher. Dabei finde ich diese Vertriebsform gar nicht so übel, selbst wenn es dabei vorkommen könnte, dass die Spieler:innen sich nur mit der eingeschränkten Version zufrieden geben und gar kein Geld für die Vollversion ausgeben möchten. Zumindest, wenn man absolut nicht am Gratis-Content gehindert wird. Das ist mir beim Großteil dieser Art aufgefallen.
Laut einiger Internetquellen schneiden sich sogar die Definitionen von Share- und Demoversion teilweise. Meiner Ansicht nach sehe ich bei den eingeschränkten Versionen groß vertriebener Spiele Demoversionen, bei den kleineren eher Shareware-Version. Jeder, wie er mag.
Aber gibt es das noch? Nach exakt diesem Begriff muss man vergebens suchen, denn streng genommen ist das in der Form kaum noch verfügbar. Bei dem Spiel „SlipSpeed“ (2020) – ja, das ist tatsächlich ein DOS-Spiel – ist dieses Prinzip fast sogar vorhanden, denn es gibt eine kostenlose eingeschränkte Version, die sich gegen Geld in eine vollständige Version verwandeln lässt. Und wer noch mehr Geld hinterlassen möchte, holt sich – wie ich – eine limitierte Special Edition in einer Box, die mit einer 3,5″-Diskette kommt.
In der heutigen Spielwelt gibt es mehrheitlich noch die Demoversion. Auch hier gibt es einen eingeschränkten Umfang und gegen den vollen Preis eine Vollversion … vorausgesetzt, das Spiel ist überhaupt schon fertig, denn einige Entwickler hauen Spiele bei Steam & Co. rein, die noch gar nicht fertig sind, aber schon eine Demo anbieten.
Die Preise für die Indie-Spiele, die sich größentechnisch teilweise mit den damaligen Shareware-Titeln im Kontext vergleichen lassen, sind allerdings auf einem so niedrigen Niveau, dass einige Leute gar nicht erst auf eine Demoversion zurückgreifen, sondern direkt zur Vollversion greifen. Und wenn es schon Sachen wie Humble Bundle existieren, in dem es für Kleckerbeiträge eine große Menge Spiele gibt, oder sowas wie den PC Game Pass, in dem man für einen festen monatlichen Beitrag auf eine große Bibliothek von Titeln, teilweise sogar dem Neusten vom Neuen, zugreifen kann, kann das die Existenzberechtigung für Demoversionen durchaus in Frage stellen.
Will sagen: Man kommt heute einfacher zu günstigen Spielen als jemals zuvor. Selbst wenn ich jeden verstehen kann, der vor einem Kauf kein Risiko eingehen möchte und nicht in dem Chaos einer virtuell überfüllten Bibliothek untergehen möchte.
So klein und doch so genial
Die Vielfalt der Shareware-Titel war faszinierend. So viele kleine Entwicklerteams konnten ihre Programmiertalente in Form von bunten Spielchen zeigen, die entweder in reiner oder komprimierter Form wunderbar auf eine Diskette gepasst haben und so zur Verbreitung und zur Popularität beigetragen haben. Und wenn man Lust auf mehr hatte, wurde für ein gewisses „Trinkgeld“ gleich der Funktionsumfang mehr oder weniger kräftig erweitert. Selbst wenn einem der eingeschränkte Umfang schon genug gefällt.
Ich finde es schon schade, dass es heutzutage fast keine Möglichkeit gibt, die Vollversionen der Shareware-Titel zu erwerben. Die beliebten Titel wie „DOOM“ kann man kaufen, mit „Bio Menace“ (1993) oder „Jill of the Jungle“ (1992) kann ich sogar zwei Titel nennen, die es kostenlos gibt. Manche Shareware-Produzent:innen sind diesbezüglich gütig geworden und bieten die bezahlte vollständige Variante ihres Spiels kostenlos zum Download an.
Da die Shareware-Spiele ohnehin bis Mitte der 1990er-Jahre ihre größte Popularität hatten, kann man damit rechnen, diese nur mithilfe von Emulatoren wie DOSbox auf heutigen Rechnern zum Laufen überreden zu können. Es sei denn, man hat sich um eine für heute gängige Betriebssysteme lauffähige Version bemüht.
Zwar habe ich mich in meinem Beitrag stark auf die PC-Seite des Ganzen bezogen, was auch logisch ist, da ich mit dem PC groß geworden bin und dieser Plattform nach wie vor – trotz meiner Skepsis gegenüber neuartigen Distributionsmethoden der Spiele – treu geblieben bin, aber das Ganze soll auch bei den anderen Systemen wie Amiga, Macintosh oder Commodore 64 seine Verbreitung gefunden haben. Da ist allerdings mein Kenntnisstand entsprechend begrenzt.
Wie sieht es bei euch aus? Was sind eure Erlebnisse mit Shareware-Spielen, was sind da eure Favoriten? Oder könnt ihr sogar berichten, wie ihr einst eine Vollversion dieser Spiele käuflich erworben habt?
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