Bevor wir zum Kern meines Beitrags, der In-Game bzw. virtuellen Fotografie kommen und uns verschiedenen Foto-Beispielen widmen, leite ich das Thema etwas hochstilisierter ein, um der pseudo-künstlerischen Überschrift auch entsprechend gerecht zu werden.
Im Grunde sind Videospiele weit mehr als nur bunte Pixel oder Polygone auf einem Bildschirm. Sie sind ein Kulturgut und Ausdruck einer vielseitigen Kunst. Videospiele können Emotionen in uns auslösen, gelegentlich auch unsere Vorstellungskraft anregen. Für viele von uns sind sie eine Zuflucht, ein Ort, an dem wir unseren Alltag und unsere Probleme für kurze Zeit vergessen können.
Ebenso sind Videospiele eine Quelle der Inspiration. Das Medium lehrt uns sogar Probleme zu lösen, auch unsere kognitiven Fähigkeiten können durch Spiele verbessert werden. Spiele erzählen Geschichten, die uns tief bewegen können. Ähnlich wie Filme können sie uns historische Ereignisse auf audiovisuelle Weise näherbringen. Sie können uns mit Kunst und Musik verbinden und uns dazu inspirieren, unsere eigenen kreativen Talente zu entdecken und auszuleben.
… Moment! Kreativität entdecken und ausleben? Das sind genau meine Stichworte! Denn dafür bieten uns die meisten Blockbuster-Titel, sowie auch mittlerweile einige Indie-Spiele, schon seit vielen Jahren ein hervorragendes Werkzeug – den Fotomodus.
Aufmacherbild: Erstellt mit dem spielinternen Fotomodus von Sifu, liegt hier der Fokus vor allem auf Wasserspiegelung des Neon-Schriftzugs. (Bild: Steph)
Ist das Kunst oder kann das…
Seit Jahren ein etablierter Bestandteil vieler Spiele, ist der Fotomodus hier nicht nur eine einfache Funktion um Screenshots zu machen, er ist viel mehr ein Werkzeug für künstlerisches Schaffen. Durch die Vielzahl an Optionen, die der Fotomodus bietet, können wir unsere Fotos individuell gestalten und unseren persönlichen Stil zum Ausdruck bringen.
Von der Wahl des Kamerawinkels über die Anpassung der Belichtung bis hin zur Nutzung von Filtern und Effekten, der Fotomodus ermöglicht es uns visuelle Geschichten zu erzählen. Es ist, als ob wir selbst zum „Creative-Director“ werden und die Welt nach unseren eigenen Vorstellungen inszenieren.
Das mag jetzt alles sehr überhöht klingen, doch tatsächlich sind durch dieses Feature neue Communitys entstanden, es gibt gezielte Foto-Wettbewerbe und auch in Teilen der Kunstszene ist das Thema eingedrungen, wie der Arte-Beitrag Mit offenen Augen – Der Fotograf ist im Game beispielsweise aufzeigt.
Die Vorzüge des Fotografierens vom Sofa aus
Natürlich lässt sich die virtuelle Fotografie dabei nur bedingt mit dem Handwerk von professionellen Fotografen vergleichen, geschweige denn gleichsetzen. Das Geschick und richtige Timing, um eine gute Momentaufnahme zu erhalten, ist virtuell eher nebensächlich, da man im Spiel die gewünschte Szene per Tastendruck anhalten kann. Auch braucht es nicht zwangsweise vertieftes Wissen, was Objektive, Belichtungszeiten oder Blendeneinstellungen angeht. Was sicherlich viele der Gründe sind, weshalb dieses Hobby in der „klassischen Fotoszene“ eher kritisch beäugt oder gar belächelt wird.
Aber genau das sind die Vorzüge der In-Game-Fotografie. Sie ist einsteigerfreundlich, verhältnismäßig günstig, sowie wetter- und zeitunabhängig – wie auch schon von Zuber Basha im Arte-Beitrag erläutert. Wollt ihr also mitten in der Nacht, die südlichen Wälder und Flussläufe der USA fotografieren, reicht es sich auf die Couch zu setzen und Red Dead Redemption 2 anzuschmeißen.
Dankbares PR-Mittel
Bei aller Hingabe und Leidenschaft für dieses Thema, spielt natürlich auch das Marketing eine gewichtige Rolle. Für Publisher ist das Feature und die daraus resultierenden Werke ein willkommenes PR-Mittel. Spieler:innen, die teils beeindruckende Bilder erstellen, dienen quasi als kostenlose Markenbotschafter:innen. Sie teilen ihre Screenshots freiwillig in sozialen Medien, Blogs oder Foren. Dies führt zu einer größeren Reichweite und verleiht dem Spiel zusätzliche Strahlkraft und somit kostenlose Werbung, ohne dass der Publisher dafür erneut in die Tasche greifen muss.
Eine Reise durch meine eigenen Werke
Nachdem ich nun das Thema recht allgemein behandelt habe, möchte ich euch im Rahmen meiner Fotosammlung durch eine durchaus bildlastige Tour mitnehmen.
Mein Interesse an virtueller Fotografie kam in erster Linie durch die Sony-Blockbuster auf. Auch wenn der erste Fotomodus schon bei Gran Turismo 4 auf der PlayStation 2 zu finden war, bin ich erst vollends mit Uncharted 4: A Thief’s End und Horizon Zero Dawn in die Welt der In-Game-Fotografie eingestiegen.
Schon zu Beginn war für mich wichtig, dass die Fotos nicht nachträglich bearbeitet werden, sondern einzig das Ergebnis der In-Game-Möglichkeiten widerspiegeln. Schließlich ist es eine Herausforderung, aus den vorhandenen Mitteln das bestmögliche Bild zu kreieren. In meinen Social-Media-Auftritten bezeichne ich mich völlig unironisch und selbstbewusst sogar als „Virtual Photographer“.
Erste Schritte
Den ersten Bildern meiner Tour sieht man ein wenig das Alter der Spiele an, berücksichtigt diesen Umstand bei eurem Sightseeing.
In Uncharted 4: A Thief’s End habe ich den Fokus auf die atemberaubende Umgebung gelegt und weniger auf die Action-Elemente. Ich war geradezu besessen davon, die Kulissen in ihrer ganzen Pracht einzufangen. Jeder Sonnenstrahl, jede verborgene Ruine und jedes noch so kleine Detail wurde zu meinem fotografischen Ziel erkoren. Wohingegen ich in Horizon Zero Dawn vor allem Aloy in Szene setzen wollte. Dank der Filtermöglichkeiten konnte ich hier viel mit Licht und Schatten experimentieren.
Die Welt von Ghosts of Tsushima ist bekannt für ihre Farbenpracht, auch die Einstellungsmöglichkeiten des Fotomodus haben dies perfekt aufgegriffen. So ist es möglich, hier verschiedene Farbfilter gezielt einzusetzen, um die gewünschte Stimmung zu erzeugen.
Begrenzte Mittel, aber tolle Bilder?
Nicht immer bietet die Funktion umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten, sodass sehr konkret mit der tatsächlichen Umgebung gearbeitet werden muss und nur noch mit dem Fokus der In-Game-Kamera gespielt werden kann. Pausiert man bei eindrücklichen oder bildgewaltigen Szenen, können aber auch mit begrenzten Mitteln, faszinierende Aufnahmen entstehen.
Fotomodus für Fortgeschrittene
Extrem begeistert war ich zuletzt vom Gran Turismo 7 Scape- und Fotomodus. Je nach gewähltem Hintergrund, sind einige Bilder kaum noch von der Realität zu unterscheiden. Möglich machen das die sehr umfangreichen Kameraeinstellungen sowie die abwechslungsreiche Fotodatenbank, die eine Vielzahl an Hintergrundmotiven bereithält.
Besonders leidenschaftlich bin ich bei Fun- und Extremsport-Spielen und der Inszenierung der Tricks und Stunts. So habe ich Stunden mit dem Fotomodus in Riders Republic sowie dem Replay-Editor in Session: Skate Sim verbracht, um die perfekten Momente einzufangen.
Gewiss kitzel ich noch nicht alles aus den Perspektiven eines Spiels und den Möglichkeiten eines Fotomodus heraus. Auch gibt es in dieser Fotografiersüchtigen Community sicher hervorstechendere Werke. Ein Blick auf die No Man’s Sky Spielerschaft und deren Fotogalerien lassen einen die Kinnlade runterklappen. Dennoch ist es für mich sehr erfüllend, diese Aufnahmen zu schaffen und sie mit euch allen zu teilen. Wem es nun reizt, durch verschiedene Galerien zu klicken, dem empfehle ich auf allen üblichen Social-Media-Kanälen den Hashtag #VirtualPhotography zu folgen. Meine gesammelten Bilder und Galerien findet ihr direkt unter pixelfed.social/PixelSteph.
Seid auch ihr schon dem Fotomodus verfallen und können die Bilder überhaupt als Kunst betrachtet werden? Schreibt eure eigenen Erfahrungen mit dieser Funktion und eure Ansichten dazu gerne in die Kommentare!
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