1982 – Zuhause spielte ich Asteroids und Space Invaders an meinem VCS 2600 und malte Daumenkinos, in denen immer verschiedene Videospiele, meist Ballerspiele, und Achterbahnen vorkamen.
Seit mich meine Eltern auf einer Kirmes mit der Achterbahn haben fahren lassen, war ich davon wie besessen – und bin es auch heute noch, ganz nebenbei.
Dann besuchte ich Oualid, einen Freund meines älteren Bruders. Zusammen mit Ralf und Christian standen wir hinter ihm, er hatte einen Atari 400 Computer. Ja, einen richtigen Computer. Wozu der gut sein sollte, war mir zu der Zeit noch nicht klar. Er hatte ein ähnliches Design wie mein VCS, nur war vorne dran eine Folientastatur, über die man Programmierbefehle in BASIC eintippen konnte.
Und Oualid zeigte uns nun sein neuestes Programm. Er nannte es Hyperspace. Auf dem schwarzen Bildschirm war ein orangefarbenes Quadrat zu sehen, an einer zufälligen Stelle. Und jetzt kommt’s: Wenn man die Space-Taste drückte, gab es einen beeindruckend lauten Sound und das Quadrat verschwand. Dann tauchte es nach einer kurzen Verzögerung an einer anderen zufälligen Stelle wieder auf. Echtes Hyperspace, so wie man es aus den Automatenspielen kennt. Defender, Asteroids, das alles rückte mit einem Moment in eine völlig andere Dimension. In eine Dimension von greifbarer Nähe. Die Dimension des Selbst-Programmierens.
Für mich war klar: So ein Ding musste ich haben. Dann könnte ich endlich diese ganzen tollen Spiele selbst schreiben, verbessern, nachprogrammieren. Unendliche Möglichkeiten. In meinem Kopf reifte der Plan. Wie würde ich es schaffen, meine Mutter davon zu überzeugen, mir so ein unsagbar teures Gerät zu kaufen? Jetzt war beständiges Nörgeln angesagt. Eine Disziplin, in der man im Alter von 12 Jahren sehr geübt ist. Schließlich ist das die einzige Methode, mit dem man seine Eltern von der Wichtigkeit von unsagbar teuren Wünschen überzeugen kann.
Ich fing an, das Atari BASIC Handbuch durchzuarbeiten, und zwar Vollzeit.
Yoda Zhang
Als Oualid dann beschloss, seinen Atari 400 zu verkaufen, um sich das größere Modell, den Atari 800, zuzulegen, hatte ich ein Argument. Natürlich konnte meine Mutter meinen „Überzeugungskünsten“ nicht mehr widerstehen und so war ich bald stolzer Besitzer eines gebrauchten Atari 400 mit 16 KB Hauptspeicher. Ich fing gleich an, das Atari BASIC Handbuch durchzuarbeiten, und zwar Vollzeit. In der Schule saß ich nur noch da und las in dem Buch. Irgendwie fiel das keinem der Lehrer auf. So hatte ich das dicke Ding schon nach einer Woche durch und begann damit, meine ersten kleinen Spielchen zu programmieren. Irgendwann wurde mir auch klar, dass man zum Abspeichern der Programme ein Kassettenlaufwerk brauchte, sonst war ja alles, was man mühsam eingetippt hatte, beim Ausschalten des Rechners gleich wieder verschwunden.
Das kostete erneut einige „Überzeugungsarbeit“. Das Kassettenlaufwerk war natürlich nicht sehr zuverlässig, wie Kassetten eben so sind. So kam es des Öfteren vor, dass ein langwierig erarbeitetes Programm sich später einfach nicht mehr laden ließ, weil die Kassette nicht mitmachte. Backup? Der Speicher- und Ladevorgang eines Programms dauerte teilweise eine ganze Stunde, so überlegte man sich schon sehr genau, ob man wirklich eine Sicherungskopie anlegen wollte. Das BASIC-Lehrbuch erklärte einem zwar die ganzen grundlegenden Befehle und hatte am Ende sogar ein Kapitel über Grafik und Sound, aber was man wirklich brauchte, um Spiele zu programmieren, waren ganz andere Dinge. Und zu dieser Zeit war Literatur wirklich sehr schwer zu bekommen.
Mit meinen eingeschränkten Mitteln programmierte ich trotzdem alsbald mein erstes „richtiges“ Spiel…
Buch: Level 1 – Gulp, Kapitel 5, Seite 28
GULP SPLAT ZONG – DAS BUCH
Dieser Text ist Yodas Buch „Gulp Splat Zong“ entnommen.
Dank seiner Lektüre werden wir nicht nur in die ersten Sternstunden der Arcade-Automaten in Deutschland zurückversetzt, sondern erinnern uns an Atari VCS Klassiker wie Haunted House und an das schier endlose Abtippen von BASIC-Listings in den goldenen Tagen der Heimcomputer. Bei uns könnt ihr verschiedene Texte von Yoda lesen; sein Buch in gedruckter Form könnt ihr direkt auf seiner Webseite erwerben.
Wir versprechen: es lohnt sich!
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