Heute möchte ich euch wieder einmal eine kleine Geschichte aus meiner Vergangenheit erzählen. Wie viele von euch sicher wissen, bin ich in der ehemaligen DDR aufgewachsen, allerdings im sehr grenznahen Bereich. Die Öffnung der Grenze 1989 war für mich ein sehr einschneidendes Ereignis, an das ich auch heute noch immer wieder zurückdenke. Eine völlig neue, bunte Welt brach über mein zehnjähriges Ich herein und plötzlich schienen mir alle Möglichkeiten offen zu stehen.
Irgendwann an einem Samstag des Jahres 1990 nahm mich mein Vater mit zu Bekannten in ein nahe gelegenes Dorf in Niedersachsen. Während er dort etwas handwerkliches zu erledigen hatte, konnte ich mir mit dem Sohn der Familie, der ungefähr in meinem Alter war, die Zeit vertreiben.
Neben vielen coolen Spielsachen war er auch im Besitz eines C64, welcher mich natürlich am meisten interessierte. Dies war meine allererste Begegnung mit einem (Heim)-Computer, noch bevor ich überhaupt mit Videospielkonsolen in Berührung gekommen war. So etwas kannte ich bis dahin wenn überhaupt dann nur aus dem Fernsehen. Dementsprechend stand mir vor Staunen die ganze Zeit der Mund offen. Er zeigte mir eine Reihe von Spielen, unter anderem „Winter Games“ und Little Computer People.
Das Erlebnis hatte mich dermaßen nachhaltig beeindruckt, dass ich mir am Tag darauf morgens aus Papier einen eigenen „Computer“ mit Joystick bastelte, inklusive unterschiedlicher Bilder, die man durch den „Monitor“ durchziehen konnte. Auf diese Weise konnte ich die winterlichen Sportarten mehr oder weniger „nachspielen“, so weit ich diese noch in Erinnerung hatte. Das Ganze ist schwer vorzustellen und klingt aus heutiger Perspektive sicherlich einigermaßen seltsam. Aber damals war es für mich fast so, als hätte ich einen echten Computer.
Zum C64 hatte ich in der darauf folgenden Zeit nur noch wenige Berührungspunkte. Ein gutes Jahr nach meinem „Papiercomputer“ bekam ich mit dem SEGA Master System meine erste eigene Konsole. Und 1994 folgte dann ein 486er. Dennoch habe ich diese erste Begegnung mit einem Computer und dem Spiel „Winter Games“ nie vergessen.
Wir machen nun einen Zeitsprung ins das Jahr 2003, also noch lange vor Beginn der mittlerweile ausufernden Begeisterung für klassische Systeme. An einem Sonntagabend lief im Fernsehen der Film 23 – Nichts ist so wie es scheint, in dem es um einen Computerhacker in den 80ern geht. Dort waren natürlich auch haufenweise alte Rechner zu sehen. Und ich erinnerte mich an den Anfang der 1990er Jahre zurück, und meinen Papiercomputer. Am darauf folgenden Tag besorgte ich mir deshalb für, aus heutiger Sicht betrachtet, günstiges Geld einen C64 inklusive Floppy bei der damals noch recht jungen Plattform eBay.
Nachdem ich ein paarmal mit dem Rechner gespielt hatte, verlor ich jedoch die Lust darauf. Zudem hatte ich irgendwie das Gefühl, er würde in meiner Wohnung zu viel Platz wegnehmen. Daher verkaufte ich ihn alsbald wieder. Einzig das wunderbare Handbuch, welches eigentlich eine Anleitung für Basic ist, behielt ich.
Heute bereue ich natürlich den Verkauf. Und habe eine Vielzahl an alten Konsolen und Computern, die wesentlich mehr Platz wegnehmen. Vor einigen Jahren bekam ich zu Weihnachten dann den „The C64 Maxi“. Damit konnte ich erstmals nach langer Zeit wieder „Winter Games“ spielen. An einem Computer, der nicht aus Papier bestand.
Was sind Eure Erinnerungen an den Brotkasten? Schreibt es mir gern in die Kommentare!

Hinweis: der Text erschien in einer wesentlich kürzeren Fassung erstmals am 26.10.2021 auf Retrokram.
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