Meine Videospielgeschichte und das Problem mit der „Levelkultur“

Avatar von Marina
Lesedauer: 8 Minuten

Viele Leute spielen Spiele. Und jeder dieser Leute spielt Spiele aus einem anderen Grund. Viele dieser Leute sehen Spiele als einen Wettbewerb an. Als ein Sport. E-Sport hat sich in den letzten Jahren zu einer renommierten Nische im Land der Computerspiele etabliert. Millionen von Fans begeistern sich für diese Events, bei denen man sich virtuell bekämpft, statt auf einem Fußballrasen beispielsweise.

Es scheint so, als wäre der einzige Weg um eine Welt interessant zu machen, diese mit Gegnern vollzustopfen und mit Belohnungen in Form von Upgrades oder XPs zu winken.

Doch nicht nur bei E-Sport kommt das Wettbewerbsgefühl auf. Looten, Grinden, Leveln, immer auf der Suche nach neuen Waffen, besseren Waffen, mehr Items, höheren Stats und dem Verlangen nach dem unbesiegbaren Ich. Open-World Shooter wie Borderlands stellen eine Goldgrube dar. Ein Bosskampf jagt den nächsten und viele Spieler legen es ganz darauf an, sich immer wieder durch das gleiche Gebiet zu kämpfen, Gegner niederzumähen, nur um sich eine neue, eventuell verbesserte Waffe einstecken zu können, mit der der nächste Feldzug angetreten werden kann.

Ich verstehe das nicht. Und hier erzähle ich euch wieso.

Ich liege der offenen Welt zu Füßen

Okay, zugegebener Maßen ist Borderlands ein schlechtes Beispiel. Dieser RPG-Shooter ist auf das Looten ausgelegt, was irgendwie der Kern der Sache ist. Um sich schießen, am besten noch mit Freunden im Gepäck und so viele Sachen einpacken wie möglich. Jemand wie ich, der darauf keinen großen Wert legt, ist in diesem Spiel und Genre wohl einfach falsch und sollte lieber zu Walking Simulatoren oder den Sims zurückkehren. Aber ich will Borderlands mögen und tue das ja auch bereits aber es stresst mich furchtbar, wenn mich von allen Ecken der Welt Gegner anspringen, die es zu erledigen gilt, nur um an mehr Munition heranzukommen.

Nicht nur Borderlands hat dieses für mich störende Feature im übrigen, jüngst hat mir in diesem Punkt auch das viel gefeierte und hochgelobte Single-Player und third person Adventure Horizon: Zero Dawn Kopfzerbrechen bereitet. Die wirklich wunderschön anzusehende Welt ist stellenweise vollbepackt mit gegnerischen Maschinen, die bei Unachtsamkeiten sofort an meiner, beziehungsweise Aloys, Fersen kleben. Sind diese erstmal bekämpft, warten seltene oder auch herkömmliche Maschinenteile auf einen, die man einsetzten kann um beispielsweise seine Rüstung oder seine Waffen zu verbessern. Gerade bei Open-World Titeln findet sich diese Dynamik wieder. Es scheint so, als wäre der einzige Weg um eine Welt interessant zu machen, diese mit Gegnern vollzustopfen und mit Belohnungen in Form von Upgrades oder XPs zu winken.

Wo da mein Problem liegt? Nun, eventuell liegt es an meiner Mentalität eines Introverts, doch ich möchte meine Ruhe haben. In dem Punkt gelobe ich mir ein Red Dead Redemption, der wilde Westen ist wie ausgestorben, nur hin und wieder hat man es mit Banditen zu tun. Ansonsten kann man munter und ungestört durch die ewigen Weiten des Westens galoppieren und seinem Alltag als Cowboy nachgehen.

Natürlich ist eine komplett leere Open-World furchtbar langweilig und natürlich muss es hier und da Hindernisse geben, die es zu bezwingen gilt. Trotzdem möchte ich die Möglichkeit haben, mich in Ruhe umschauen und die liebevoll entwickelte Welt in mich aufnehmen zu können. Ich möchte mich gerne in dieser aufhalten ohne ständig gehetzt von A nach B zu rennen oder mich in Büschen vor den Monstern zu verstecken, weil ich gerade keine Lust auf eine Konfrontation habe.

Die Welt in Horizon: Zero Dawn ist wunderschön. (Bild: Marina Schölzel, erstellt mit Photomode des Spiels)
Die Welt in Horizon: Zero Dawn ist wunderschön. (Bild: Marina Schölzel, erstellt mit Photomode des Spiels )

Zahlen und das Real Life

Die Welt in der wir im realen Leben leben, ist genauso. Sie ist Open-World, überall wartet eine neue Herausforderung, aus der wir Erfahrungspunkte sammeln können und gezwungener Maßen müssen wir uns in ein Multiplayer-Match begeben, von dem der eine eher profitiert, als ein anderer. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und sind gezwungen uns immer weiter zu verbessern und ein Level aufzusteigen, um nicht von unseren Mitspielern abgehängt zu werden. Noten, Schule, Abitur, Studium, Bachelor, Master, Beziehungen, Familienplanung. Wir alle kennen sie, diese Level, die jeder absolvieren muss. Verschnaufpausen gibt es selten, wenn man sich nicht so wie ich in Horizon: Zero Dawn in einem Busch sitzen will.

Aber was meine ich eigentlich genau mit dem Begriff „Levelkultur“?

In meinem Bekannten und Kollegenkreis kommt oftmals die Diskussion auf, was an einem Videospiel eigentlich das wichtigste ist, also der entscheidende Punkt, wieso man ein Spiel gut findet. „Das Gameplay muss stimmen“, wird mir da oft gesagt. „Das Gameplay und die Technik“. Der Hauptbestandteil des Gameplays, oder was damit einhergeht, ist das Abschließen von Herausforderungen und Leveln – das „leveln“ eben. Dazu kommt, dass so ziemlich jeder Gamer, den ich kenne an den oben genannten Sachen großen Spaß hat. Dem „looten“ und „grinden“. Den Bossfights, weil die am meisten XP und neues Zeug abwerfen. Dem Abgrasen von Arealen um Trophäen und seltene Waffen freizuschalten.

Und ja, ein Videospiel ist ja ein Videospiel wenn es Gameplay hat, oder?

Und ja, ein Videospiel ist ja ein Videospiel wenn es Gameplay hat, oder? Sonst wäre es ja kein Spiel, sondern eine Serie oder ein Film. Und dass das Gameplay spaßig sein muss, um das Spiel genießen zu können, ist mir auch klar. Doch gibt es für mich einen anderen, den wohl wichtigsten Punkt, was ein Spiel zu einem guten Spiel macht. Ein Punkt, der für viele zweitrangig ist oder gar nicht beachtet wird: Die Story.

Story-Games haben es mir angetan. Hier ein Screenshot aus Uncharted 4: A Thief's End. (Bild: Marina Schölzel)
Story-Games haben es mir angetan. Hier ein Screenshot aus Uncharted 4: A Thief’s End. (Bild: Marina Schölzel)

Ich lebe und spiele Videospiele eben für genau das. Eine emotionale, mitreißende und spannende Geschichte zu erleben und das so hautnah wie es eben möglich und gesund ist. Kein anderes Medium außer einem Videospiel lässt uns derart aktiv am Geschehen teilhaben. Auch Bücher, Serien und Filme erzählen uns Geschichten und nehmen uns mit auf eine Reise, doch die Interaktion mit dieser Geschichte hält sich eben in Grenzen. Als Leser oder als Zuschauer ist man wenig in die Story involviert. Ich will gar nicht bestreiten, dass man nicht auch mit den Charakteren aus Buch und Film ein starkes, emotionales Bündnis knüpfen kann, dennoch verfügt man bei dieser Art von Storytelling über wenig Handlungsfreiraum.

Bei Spielen ist diese gegeben. Hier hast du die Welt in der du dich befindest selbst in der Hand, bestimmst selbst über das Schicksal von deinem Charakter und deinen Mitmenschen. Bei RPGs geht dieses Prinzip sogar noch ein Stückchen weiter, sodass man wie etwa bei Fallout oder Skyrim seinen Charakter auch optisch selbst anpassen darf.

Videospiele geben mir die Möglichkeit, anders zu leben und zu handeln, als im realen Leben. Sie geben mir Freiraum, schenken mir andere Welten und Universen, die es zu entdecken gilt und die Chance, Dinge zu tun und Entscheidungen zu treffen, die im realen Leben so niemals möglich wären.  Was im echten Leben zählt, ist in einem Videospiel vielleicht nicht so wichtig. Doch andersherum bieten Videospiele vieles, was man auch im echten Leben anwenden kann.

Im Alltag orientieren wir uns an wenigem so stark, wie an Zahlen. Zahlen bestimmen unser Leben und unseren Wert. Egal ob der Kontostand, unser Gewicht, die Zahl unserer Follower und Likes, auf all das achten wir penibel und oftmals treibt uns das in den Wahnsinn und wir wünschen uns, dass das alles nicht wichtig wäre. „Früher war alles besser“, sagt man oft. Früher, wo es noch keine Social Media Klicks und ein Idealgewicht gab. Doch bei Videospielen, die genau diese kurze Flucht aus unserem Alltag bieten sollen, haben wir plötzlich Spaß an Stats und Werten und Prozenten und falschen Trophäen, für die man jeden Winkel einer Spielwelt im Spiel abgrasen muss. Doch wieso ist das so? Hinter dieses Geheimnis bin ich noch nicht wirklich gestoßen.

Meine Videospielgeschichte

Schon als Kind habe ich Spiele, damals noch auf dem Nintendo DS, als eine Art Urlaub von der Realität angesehen. In den Nintendo Spielen konnte ich das haben, was mir im echten Leben verwehrt geblieben ist. So habe ich beispielsweise beim Wunsch nach einem Hund als Haustier kurzerhand das altbekannte Spiel Nintendogs angeschmissen und ich hatte kleine Welpen im Überfluss. Brauchte ich gerade Leute an meiner Seite, habe ich Animal Crossing eingeschalten und hatte viele Freunde um mich herum.

Als ich älter wurde hatte ich natürlich nicht mehr das Verlangen nach kleinen virtuellen Hunden oder seltsamen Tieren in einem kleinen Dorf. Um ehrlich zu sein hatte ich einer gewissen Zeitspanne wenig mit Videospielen zu tun. Ich kann mir aber nicht erklären, was ich in dieser Zeitspanne in meiner Freizeit getrieben habe. Sims 3 habe ich geliebt. Das habe ich stundenlang gespielt. Ich habe mich selbst erschaffen wie ich war, ich habe Freunde erschaffen, ich habe Filmcharaktere erschaffen, ich habe mich selbst erschaffen, in der Version, die ich gern gewesen wäre …. Ich hatte sogar eine ganze Familie, die ich über Generationen verfolgt habe.

… nach ängstlichem Verstecken in den Kommentaren und mit der vollen Überzeugungskraft einer alten Freundin, die meinte ich solle nicht so ein Angsthase sein, habe ich mich dann durch die PlayList geklickt und die Liebe meines Lebens gefunden.

Doch Sims hatte storymäßig natürlich überhaupt nichts zu bieten. Durch ein Sims Let’s Play auf YouTube aber eröffnete sich mir, wenige Zeit später, eine ganz neue Welt. Die Welt der Storygames. Ich habe es noch ganz genau im Kopf, wie ich am Schreibtisch saß, mein Auge auf die Playlist eines bestimmten Spiels geworfen habe, aber mich einfach nicht getraut habe das Video anzuklicken. Horror war noch nie meins. Schlussendlich, nach ängstlichem Verstecken in den Kommentaren und mit der vollen Überzeugungskraft einer alten Freundin, die meinte ich solle nicht so ein Angsthase sein, habe ich mich dann durch die PlayList geklickt und die Liebe meines Lebens gefunden.

„Das kann doch kein Spiel sein.“, dachte ich mir, beim Anblick der Animationen von Joel und Sarahs Gesichter aus The Last of Us. Bisher war ich wie gesagt weitestgehend nur das „Buhu“ und „Gaga“ von meinen Sims-Menschen gewohnt. Nun hatte ich vollwertige Charaktere vor mir, Menschen, mit ihrer eigenen Geschichte und ihrem eigenen Schicksal. Das war wie eine andere Welt. Und für mich öffnete sich tatsächlich eine neue Welt.

Nach der wundersamen Begegnung mit diesem wundersamen Spiel habe ich mir kurzum eine kleine PS3 Slim zulegt, und ab da war kein Halten mehr.

Obwohl die Welt aus "The Last of Us" so trostlos wirkt, bietet sie große Hoffnung für mich. (Bild: Marina Schölzel, erstellt mit Photomode des Spiels)
Obwohl die Welt aus „The Last of Us“ so trostlos wirkt, bietet sie große Hoffnung für mich. (Bild: Marina Schölzel, erstellt mit Photomode des Spiels)

Ich hatte mich verliebt. Ich hatte mich verliebt, nicht nur in das postapokalyptische Meisterwerk, sondern erneut in Videospiele, in ein Medium wo ich etwas anderes sein konnte, als ich im echten Leben bin und auf anderen Wegen wandeln kann, wie ich es im Alltag tue. Die linearen Storylines von Naughty Dog waren genau das, was ich gerade brauchte. Ein Abenteuer, eine Reise, eine Begegnung mit Charakteren, die mir unter die Haut gingen und mich, bei all der Grausamkeit und Niedergeschlagenheit, die vor allem in The Last of Us herrscht, beflügelten und neue Wege für mein Leben offen legten.

The Last of Us hat mein Leben verändert, ohne dieses Spiel wäre ich nicht an der Stelle, an der ich jetzt bin und würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht diesen Text (oder überhaupt einen Text) schreiben. Was abgedroschen und übertrieben und realitätsfern klingt, ist leider wahr: Selten hat mir etwas so viel bedeutet, wie es dieses Spiel tut. Und Videospiele haben nun mal die Macht, diesen Stellenwert im Leben eines jenen anzunehmen. Zumindest bei mir ist das so.

Das Endgame bei Spielen

Videospiele und deren Geschichten haben in meinem Leben mehr bewirkt, als bloße Befriedigung des eigenen Egos durch stetiges hochleveln oder dem Besiegen eines Gegners im Multiplayer. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb man mich kaum in Spielen wie Overwatch, Battlefield oder Call of Duty antrifft, um mal nur typische Spiele mit einem Mehrspielermodus zu nennen.

Ich spiele Spiele nicht, um ein Spiel zu spielen und mich mit mir selbst und anderen zu messen.

Natürlich wäre es völliger Quatsch zu behaupten, dass ich nicht auch Spaß am Gameplay habe. Dass ich es nicht mag, meinen Charakter zu verbessern um stärkeren Feinden den Kampf ansagen zu können. Dass ich keine Begeisterung dabei spüre, zu sehen wie der Charakter über sich hinauswächst. Wenn das alles nicht der Fall wäre, bräuchte ich ja keine Videospiele selbst zu spielen, sondern hätte bei Let’s Plays bleiben können. Ich kann auch durchaus nachvollziehen, weshalb man gerade deshalb Spaß an Videospielen hat. Denn ich kann nicht leugnen, dass das Spaß macht. Dennoch spiele ich Spiele nicht, nur um ein Spiel zu spielen und mich mit mir selbst oder mit anderen zu messen. Das Wettbewerbs-Denken ist im realen Leben schon zu allmächtig.

Ich spiele Spiele für die Emotionen, die sie in mir bewirken. Für die Inspirationen, die sie mir schenken. Für die Geschichten der Charaktere, die ich zu meiner eigenen Geschichte werden lassen kann.

Ich will nicht immer nur leveln oder an Zahlen denken müssen. Ich will nicht immer nur besser sein müssen, eine bessere Version, von dem was ich bin. Ich will einmal ich selbst sein können, in der Haut der Charaktere, in der ich gerade stecke.

Tobi

Avatar von Marina

1 Beitrag


Beitrag als PDF downloaden

This page as PDF


Mitmachen!

Wenn dir unsere Beiträge gefallen, überlege doch bitte ob du unseren Blog fördern kannst. Videospielgeschichten lebt durch Unterstützung. Durch deine Hilfe stellst du sicher, dass unsere Webseite weiterleben kann und die unabhängige, ehrliche und authentische Medienwelt bunt bleibt!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

13 Antworten zu „Meine Videospielgeschichte und das Problem mit der „Levelkultur““

  1. Avatar von Alex

    Also ich hatte viel Spaß mit Borderlands obwohl ich den ganzen Loot teilweise liegen gelassen hatte. Irgenwann in der Mitte der Story hatte ich meine perfekte Ausrüstung gefunden und konnte mich ganz der Suche nach der Kammer widmen. Gerade weil das Gameplay hier vorsieht, das man im Team durch das Spiel läuft, hatte ich so viel Spaß damit. Könnte heute noch Anekdoten aus dem Spiel erzählen, die ich dort mit meinem Bruder als Mitspieler erlebt habe.

    Ein anderes Beispiel ist Divinity: Original Sin. Ein RPG mit, ich würde es jedenfalls so sagen, offenem Verlauf der Geschichte. Der Spieler entscheidet selbst was er als nächstes macht und folgt nicht linear einem roten Faden. Auch hier habe ich nach und nach, mit jedem neuen Level meine Spielfiguren besser kennengelernt und habe auch selber gelernt sie sicher durch die Welt zu bewegen. Situationen liessen sich auf verschiedene Arten lösen, je nach Fähigkeit der Spielfigur und je nach Fähigkeit des Spielers. Somit entstand irgendwie auch meine eigene Geschichte. Die hat so keiner erlebt.

    Anderes Genre gleiches Erlebnis. Shadow Tactics: Blades of the Shogun. Ein Echtzeit-Taktikspiel. Es gibt eine lineare Story aber ich baue trotzdem meine eigene Geschichte durch das Gameplay. Je nachdem wie ich meine Spielfiguren und ihre Fähigkeiten einsetze werden andere Ereignisse im Spiel ausgelöst.

    Das macht für mich den Reiz eines Spiels aus. Eine gute Geschichte bildet die Basis aber mit gutem Gameplay kann ich das Erlebnis beeinflussen und dieser Geschichte meine eigenen Erlebnisse hinzufügen. Das funktioniert in unterschiedlichen Genres. Die Entwickler müssen nur wissen wie es geht.

  2. Avatar von YesterPlay 80

    Mir geht es ähnlich wie Leo: Auch ohne Kinder ist Zeit ein knappes Gut geworden und deshalb ziehe ich die meiste Zeit Spiele mit einem eher arcadigen Gameplay vor, wo ich Level für Level machen kann, wann und wie es mir passt. Ich bin dabei auch nicht der Hardcore-Spieler, der jedes Secret finden, jede Errungenschaft freischalten und das Spiel unbedingt im höchsten Schwierigkeitsgrad durchgespielt haben muss. Ich will einfach eine gute Zeit mit einem Spiel haben, wenn ich merke, dass das nicht mehr der Fall ist, spiele ich etwas anderes.

    Ab und an sehne ich mich aber doch auch nach etwas mehr Tiefgang und habe auch einige Spiele, bei denen die Story klar im Vordergrund steht, lieben gelernt. Die „Walking-Dead“-Reihe von Telltale, z.B., oder „Life Is Strange“, „Fahrenheit“, etc. Und, nicht zu vergessen, „Shenmue“.

    Aber wie gesagt, Story muss meistens nicht sein. Genau so wenig wie beharrliches Grinden und Looten. Ich habe auch Menschen in meinem Bekanntenkreis, die wirklich über Monate das gleiche Spiel tagaus, tagein immer und immer wieder spielen, nur weil sie jeden möglichen Charakter auf Level irgendwas bringen wollen. Klar, jedem das sein, aber mir wäre das nichts, es gibt viel zu viele tolle Spiele, als dass ich so viel meiner knappen Zeit nur in eines investieren wöllte, nur um jede marginale Variante im Gameplay erlebt zu haben. Da ist mir dann die Abwechslung in meiner eigenen Geschichte, die von mir und der großen weiten Welt der Videospiele, wichtiger. 🙂

  3. Avatar von Leo

    Ich muss zugeben, dass ich nur noch selten Spiele der Story wegen spiele. Mitunter, weil ich mich schlichtweg nicht mehr ins Spiel hineinführen kann. Dies liegt nicht unbedingt am Alter, sondern schlichtweg an der fehlenden Zeit. Für Spiele wie Last of us, Skyrim, Fallout und dergleichen benötigt man Zeit und vor allem Ruhe – und die habe ich mit 2 Kindern derzeit einfach nicht.

    Daher benutze ich das Medium zum Entspannen oder Abschalten. Da kommen mir Spiele, bei welchen ich einfach mal eine halbe Stunden Grinden kann, oder es halb so dramatisch ist wenn ich unterbrochen werde, gerade recht. Dass diese Spiele mit Gegnern vollgestopft sind, macht mir da gar Nichts – im Gegenteil. Doom 3 zum Beispiel habe ich nie zu Ende gespielt, da mir die scheinbar übermächtigen Gegnerhorden fehlten.

    Story muss übrigens nicht zwingend vom Spiel vorgegeben sein, man kann sie sich auch selbst machen. Wenn wir zurück in die 80er gehen, sieht es mit der vorgegebenen Story eher mau aus. Hier wurde eine Prinzessin entführt, da will Mr.X die Macht an sich reißen – aus. Da wurde Nichts weiter erklärt, sondern die Phantasie des Spielers regelte das – mehr oder weniger individuell – von selbst. Bei Pitfall kam man gleich ganz ohne bekannter Story aus, da war das Spiel ein einziges Abenteuer.

    Oder es war gar nicht notwendig eine Story zu phantasieren, da das Spiel des Spielens wegen gespielt wurde. Niemanden interessierte damals de Story von zB Double Dragon oder Bubble Bobble, aber das Spielen machte Spaß.

    Gottseiidank ist ein riesiges Angebot an Spielen vorhanden, da ist immer für jeden Geschmack was dabei 🙂
    Danke für den schönen Artikel!

    1. Avatar von Marina

      Ich danke für deinen lieben Kommentar! 🙂

  4. Avatar von Albert

    Ich kann zwar etwas nachvollziehen, wo das alles herkommt, stimme aber der Prämisse nicht zu, dass Gameplay nur diese Art vom beschriebenen Gameplay ist oder dem Verständnis von einer Geschichte im Spiel. Geschichte entsteht durch Handlung.

    Was Spiele von anderen Medien unterscheidet ist zwar im groben Interaktivität oder Gameplay aber im genauen ist es die selbstbestimmte Handlungsfähigkeit. Diese selbstbestimmte Handlungsfähigkeit im Spiel ist das was ein Videospiel letztendlich ausmacht.

    Spiele wie TLOU nehmen dem Spieler diese zugunsten einer Linearen Geschichte.
    In einem einfachen Beispiel: jeder der The Last of Us Spielt wird das Spiel gleich erleben, weil alles vom Spiel vorgegeben und erzwungen wird, was es zumindest teilweise disqualifizieren würde ein Spiel zu sein.

    Was ich denke der Fehler zu sein scheint ist anzunehmen, ein Spiel wie The Last of Us lässt einen die darin befindliche Geschichte erleben, obwohl man die ganze Zeit nur zu einem Automaten degradiert wird, der die Handlungen auf vorgegebene Weise ausführt um die nächste Storysequenz zu erreichen und gar nicht Spielt.

    Etwas zu erleben würde bedeuten, innerhalb der Welt und Situation selbstständig handeln zu können, mit Konsequenzen für das eigene Handeln. Die Art wie ein Spiel dies schaffen kann ist anders als ein Film oder ein Buch, deshalb kann man nicht einfach alles durchscripten und dem Spieler die Selbstständigkeit nehmen.

    Oder anders gesagt man muss eine Welt kreieren und dem Spieler die Freiheit geben selbst zu handeln. Jede Handlung schreibt dann die Geschichte die einzigartig zu dem Spieler ist der es gerade spielt. So kann man eine Geschichte auch wirklich erleben statt sie nur zu beobachten.

    Story Games begehen meiner Meinung nach den Fatalen Fehler diesen Ansatz fehlzuinterpretieren und dementsprechend dem Spieler nicht mehr als einen Film im Gewand eines Spiels zu geben, der letztendlich (ohne Gameplay) hätte genauso gut auf Netflix sein können.

    Es gibt imo keinen Grund statt The Last of Us nicht einen Film mit ähnlicher Thematik wie Children of Men oder The Road einzulegen um ein ähnliches Erlebnis zu haben, oder gar einfach ein Playthrough zu gucken.

    Während bei einem Spiel wie Breath of the Wild, The Witcher 3 oder Ultima VII, die Spielerische Erfahrung sich dadurch nicht ersetzen lässt, weil sie dann einzigartig ist und durch das Spielen des Spiels selbst entsteht.

    Und die Herausforderung ist ein Teil der Natur eines Spiels dafür wo es herkommt und was es bewirkt, welche sich idealerweise auf einen Spieler anpassen lässt.

    Dieser Unterschied ist was ein Interaktives Buch oder einen Film von einem Spiel wirklich trennen.

    Aufgrund dessen denke ich nicht, dass Storylastige Spiele den Großteil der Zeit es wirklich Wert sind, weil der Story fix das ist was ich auch wo anders oft besser herbekomme.

    Wirkliches Erleben ist das was ich von einem Spiel gerne will.

    Danke für den Artikel und die Möglichkeit diesen zu lesen

    Gruß
    Albert

    1. Avatar von Marina

      Man muss dazu sagen, dass der Artikel ein sehr, sehr persönlicher ist. Meine persönliche Geschichte wie alles anfing. Was die Dinge mir wirklich bedeuten und wie tiefgreifend diese sind, hab ich nun mal außen vor gelassen, aber dennoch. Natürlich kann ich aufgrund dessen nur Spiele beleuchten, mit denen ich selbst in Kontakt gekommen bin. Selbstverständlich gibt es wohl auch Titel, bei denen Gameplay einen höheren Stellenwert einnimmt.

      Bei linearen Spielen – Wenn du sie nicht spielst, was machst du dann währenddessen du davor sitzt? Wenn du sie nicht erlebst, was tust du dann? Wieso kann man Spiele, Schicksale, Charaktere, andere Menschen und die Geschichten die daraus resultieren nicht erleben, auch wenn es eine vorgegebene Handlung ist? Das, für mich tolle und der Hauptpunkt meines Textes ist, dass in dem Moment, in dem du das Spiel spielst, nicht mehr du selbst bist. Du steckst in der Haut von jemandem anderen. Du erlebst seine Geschichte mit und für einen Moment bist du als Spieler nicht mehr das Zentrum des Geschehens. Geschichten wie diese als kein Spiel zu betiteln, weil man nicht selbst über Dinge entscheiden kann, ist eine arrogant anmutende Grundhaltung. Letztendlich ist dann irgendwo kein Spiel wirklich ein Spiel, weil jedes Spiel hat irgendwo Grenzen. Und auch ein The Witcher, 3 ist ein Story-lastiges Spiel. Wenn es das nicht ist, was ist es dann? Nur weil es Open-World ist, wird es automatisch zu einem „Spiel?“. Was sind dann die erwähnten Nintendo-Spiele, sie haben weder eine Story noch eine Open-World und Entscheidungsfreiheit.
      Viele, wenn nicht sogar alle Singleplayer sind storylastig. TellTale hat Entscheidungsfreiheit und eine fixe Story (zugegebener Maßen ist das eine spezielle Form der Erzählung und des Spiels). Selbst Multiplayer können Storylastig sein, „A Way Out“ etwa. (Overwatch und Co. mal ausgenommen).

      Dennoch ist, obwohl die Illusion einem etwas anderes vorgibt, jede mögliche Entscheidung gescripted, jede Konsequenz die darauf folgt gescriptet. Wenn man wirklich nur Dinge „erleben“ will, wie du das jetzt definierst, ist man wohl im realen Leben und bloß dort am besten aufgehoben. Nur dort hat man volle Handlungsbreite und Handlungsfreiheit. Nur dort ist nichts vorgegeben, nichts fix. Und ja, die Herausforderung ist Natur des Spieles, aber nicht alle Gamer greifen zum Spiel um eine Herausforderung zu erleben. Das war auch ein Punkt in meinem Text und das was ich eigentlich sagen wollte. Ob ein bloßer Playthrough auf das gleiche herauskommt wie ein lineares Spiel, würde ich jetzt verneinen. Das „Erlebnis“ (auch wenn du es jetzt anders definierst) ist definitiv nicht das gleiche. Auch das habe ich im Text beschrieben, dass spielen etwas anderes ist, als nur einen Film zu schauen.

      Spiele können so viel mehr sein als nur Gameplay. Etwas zu erleben ist nicht mehr, als das was du selbst daraus machst, mit welcher Einstellung und mit welchen Emotionen du an die Sache rangehst. Ich erlebe jedes einzelne der Spiele, die ich angeh. Mit Leib und Seele.

      Gruß Marina.

      1. Avatar von André Eymann

        Ich würde euren Dialog gern ergänzen.

        Für mich als Spieler der ersten Generation sieht es wie folgt aus: als ich mit 12 Jahren meine ersten ColecoVision-Spiele spielte – konkret „Smurf: Rescue in Gargamel’s Castle“ – war das auf jeden Fall eine Erfahrung, die ich „erlebt“ habe. Mein kindliches Ich hat in diesem Spiel ein Abenteuer durchlebt, wie ich es nie zuvor bei Brettspielen oder beim Fernsehen gefühlt habe. Ich habe in der Spielwelt „existiert“ und fand sie spannend, gefährlich und aufregend. Es hat mich berührt und ich habe sogar davon geträumt. Das aus heutiger Sicht „minimale“ oder „lineare“ Spielprinzip stand mir dabei nicht im Wege. Meine Fantasie hat die Welt für mich lebendig gestaltet.

        Dieses Prinzip ist seither für mich geblieben. Ich erlebe das bei Retrogames genauso wie bei aktuellen Spielen.

        Ich denke nicht, dass man hier eine „objektive“ Feststellung machen kann. Jeder Spieler erlebt das anders und hat seine eigenen Knöpfe, die in ihm etwas auslösen. In diesem Zusammenhang empfinde ich das wie Marina und ergänze: „Spiele empfindet man ganz subjektiv: Mit Leib und Seele“.

  5. Avatar von PlaySouls (Lars)

    Sehr schöner Beitrag. 😊👍

    Ich finde mich darin sogar wieder, da ich auch eher Spiele mag, die eine packende Story bieten und mich mit auf eine lange Reise nehmen. 😊

    Deshalb mag ich auch die Spiele von Quantic Dream, da sie immer eine tolle Story bieten und grafisch auch nicht von schlechten Eltern sind.

    Aber ich bin auch gerne im Team unterwegs, wie z.B. im Spiel „Sea of Thieves“. Denn dort steht der Spass im Vordergrund und man kann gemeinsam eine Abenteuerreise machen und eine Menge erleben. 😃 Alleine macht dieses Spiel allerdings weniger Spass.

    Auf jeden Fall danke für den tollen Beitrag. Habe ihn gern gelesen bzw. fast schon verschlungen. 😉

    Weiter so!

    1. Avatar von Marina

      Quantic Dream Spiele spiele ich auch gerne. Bis auf Heavy Rain. Das hat mir irgendwie nicht zugesagt 😀 Und ja, Team-Spiele können durchaus Spaß machen, obwohl ich da bisher wenig Erfahrungen drin gemacht habe. Dankeschön für deine lieben Worte. Die freuen mich sehr. (Ohne jetzt groß und unfreundlich Eigenwerbung machen zu wollen, aber vielleicht findest du auf meiner eigenen Seite ja auch schöne Sachen <3)

      Liebe Grüße!

  6. Avatar von Benni

    Mit vielen Punkten in diesem Beitrag stimme ich auch überein, sowohl mit dem Punkt des nervigen Leveldesigns mit nervenden und ständig auftauchenden Gegnerhorden (was ich in Far Cry 5 wieder deutlich gemerkt habe), als auch der Punkt der Emotionalität in Storygames.
    Ist eine Geschichte auf der Erzählebene „stabil“ , nachvollziehbar und verbreitet seine Wirkung am Spieler, kann man über Schwächen im Gameplay hinwegsehen, The Last of Us ist der Hinsicht ein sehr gutes Beispiel dafür.

    Auf jeden Fall danke für diesen Text und dass du deine Erfahrungen und Begeisterung mitteilst, solche Texte, den Ursprung der Faszination erklären, lese ich am liebsten.

    1. Avatar von Marina

      Vielen Dank! Schön, dass du mit meinem Artikel etwas anfangen konntest und dass es dir stellenweise genauso geht! 🙂

  7. Avatar von Lenny
    Lenny

    Ein sehr schöner Text, der vieles ausdrückt, wie ich auch zu Videospielen stehe.
    Ich spiele Spiele auch in der Hauptsache für die Geschichte und das Gameplay ist teilweise nur ein netter Bonus. Es gibt Ausnahmen, so wie beim von mir erst kürzlich durchgespielten Tomb Raider (Reboot), wo mir die Geschichte schnell ziemlich egal war, aber mir die Spielmechanik super viel Spaß gemacht hat.
    Ich bin auch niemand der sich für Leveln interessiert. Sei es von Waffen oder Charakteren. Mein Spielstil wird sich nicht groß verändern, nur weil meine Knarre jetzt irgendeine Augmentierung hat. Hauptsache ich merke, dass ich Gegner schneller/besser besiege und fertig. Alles andere ist mir egal. Genauso egal sind mir Sammelgegenstände wie es sie zu Hauf in diversen Open World-Titeln gibt. Die auch nur selten ihre große Welt mit Inhalt befallen können, die über generische Gegner oder Sammelgegenstände hinausgehen. So wie es zum Beispiel bei Horizon Zero Dawn war.

    1. Avatar von Marina

      Du sagst es. Der Spielstil ändert sich nicht, es wird lediglich einfacher die Gegner zu besiegen. Das ist super cool, aber mehr auch nicht.
      Danke für deinen netten Kommentar! 🙂