Eine Freundin meiner Mutter, sie hieß Beate, arbeitete im Nachbarort bei einem Unterhaltungselektronik-Geschäft. Damals hieß das noch Radiogeschäft. Dort verkauften sie natürlich auch das Atari VCS und die Spielmodule. Und weil Beate mich wohl mochte, durfte ich mir dort Spiele aussuchen und sie auf Lieferschein „zur Ansicht“ mit nach Hause nehmen.
So konnte ich zwei Tage zocken bis die Finger qualmten, die Spiele dann wieder schön einpacken und zurückbringen. Aber nur, um gleich die nächsten Spiele mitzunehmen. Ok, gut, ab und zu musste ich auch mal ein Spiel kaufen. Das war dann aber eher seltener der Fall, denn die meisten Spiele hatte ich nach den paar Tagen schon durchgespielt, oder sie wurden eben schnell langweilig – man bedenke die begrenzten Möglichkeiten des VCS.
Langfristig interessant waren immer die Abenteuerspiele. Adventure, Haunted House, Superman, sogar E.T. Über E.T. wird ja viel gelästert. Und es wurden sehr viele dieser Spielmodule in der Wüste von Mexiko begraben, weil das Spiel eigentlich ein Flop war und Atari damals viel zu viele davon produziert hatte. Mir machte es trotzdem Spaß. Es war komplex, es war ein Abenteuerspiel, es war schwierig zu meistern und es war sogar etwas frustrierend. Ok gut, es hatte nicht die Klasse von Adventure oder Haunted House. Da kam eigentlich kein anderes Spiel ran.

Superman ist auch ein recht seltsames Spiel, bei dem man Teile einer Brücke finden und zusammensetzen muss. Man fliegt als Superman durch diverse Bildschirme und kann dabei Schurken einfangen und ins Gefängnis stecken. Viele Leute fanden dieses Spiel zu konfus. Deshalb wurde es auch nicht sehr erfolgreich.
Ganz anders dagegen Adventure. Eine quasi Echtzeit Version des klassischen Textadventures, das zu dieser Zeit ja schon existierte. Man steuert ein Quadrat. Ja, richtig, ein Quadrat. Wer braucht schon eine Figur, einen Helden oder sonstwas. Ein Quadrat ist doch genug. Perspektive von oben, man läuft (oder gleitet, wie man’s nimmt) herum und kann immer einen Gegenstand tragen. Will man einen anderen Gegenstand mitnehmen, lässt man automatisch den Getragenen fallen. Inventory? Rucksack? Wo gibt’s denn sowas? Ziel des Spieles? Den goldenen Kelch in das goldene Schloss zu bringen.
In der leichtesten Spielvariante findet man den Kelch auch recht schnell und kann ihn ganz einfach im goldenen Schloss abliefern, nachdem man den goldenen Schlüssel gefunden und damit das goldene Schloss geöffnet hat. In den schwierigeren Varianten wird das Königreich dann größer, es laufen Drachen – die übrigens wie Enten aussehen – herum und machen einem das Leben schwer. Man kann die Enten mit dem Schwert besiegen, wenn man es vorher gefunden hatte, aber dann kann man ja wieder keinen anderen Gegenstand tragen. So ein Pech aber auch. Und die toten Drachen liegen dann auch noch im Weg rum. Manchmal so blöd, dass man gar nicht mehr vorbeikommt.
Seltsam zusammengesetzte Labyrinthe, im Nebel verborgene Labyrinthe, eine Fledermaus, die einem die Gegenstände klaut und umherträgt, tun dann ihr übriges. Adventure ist wirklich eine Herausforderung, besonders in den höheren Spielstufen. Ein sehr komplexes Spiel für so ein kleines System. Da störte einen dann auch die klotzige Grafik und die Entendrachen nicht mehr.
Wer braucht schon Grafik?
Buch: Level 1 – Gulp, Kapitel 3, Seite 23
GULP SPLAT ZONG – DAS BUCH
Dieser Text ist Yodas Buch „Gulp Splat Zong“ entnommen.
Dank seiner Lektüre werden wir nicht nur in die ersten Sternstunden der Arcade-Automaten in Deutschland zurückversetzt, sondern erinnern uns an Atari VCS Klassiker wie Haunted House und an das schier endlose Abtippen von BASIC-Listings in den goldenen Tagen der Heimcomputer. Bei uns könnt ihr verschiedene Texte von Yoda lesen; sein Buch in gedruckter Form könnt ihr direkt auf seiner Webseite erwerben.
Wir versprechen: es lohnt sich!
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