Jeder kennt wahrscheinlich das Gefühl, wenn man ein tolles Spiel durchgezockt hat und man irgendwie befriedigt auf den Abspann blickt, der auf dem Monitor vorbeiflimmert.
Vielleicht gute 15, 20 oder auch 30 Stunden oder mehr hat man gerade in ein grandioses Spiel investiert, mit dem Protagonisten gelitten oder sich mit ihm gefreut, wenn wieder einmal eine besonders kniffelige Mission abgeschlossen wurde. Und irgendwie gesättigt mag man sich dann erst einmal gar nichts großem Neuem mehr zuwenden.
Dieses Gefühl hatte ich vor ein paar Tagen. Deshalb habe ich meine Spielebibliothek nach etwas leicht Verdaulichem durchgeblättert. Mit dem Gedanken, ein vor langer Zeit begonnenes Spiel weiterzuspielen oder einfach etwas, das man unaufgeregt nebenher spielen kann, bin ich Titel für Titel durchgegangen. Und plötzlich bin ich bei Tomb Raider hängengeblieben.
Vor einiger Zeit gab es einmal ein Bundle in einem Steam-Sale. Normalerweise finde ich in letzter Zeit in den Sales nichts, was mich interessiert, aber da habe ich dann doch zugegriffen. So fanden drei Tomb Raider Teile ein neues Zuhause in meiner Bibliothek.
Diesen Kauf mag ich vor allem aus nostalgischen Gründen getätigt haben. Habe ich doch vor gefühlten 100 Jahren Tomb Raider I, II und III mit viel Enthusiasmus durchgezockt. Die Grafik und die Steuerung sind natürlich mit den heutigen Spielen in keinster Weise zu vergleichen. Eckige Spielfiguren, kantige Umgebung ohne großartige Details und die teilweise hakelige und widerspenstige Steuerung machten die Spiele manchmal zur Schwerstarbeit. Und an die Unterwasserlevel denke ich nur mit Grauen zurück.
Trotzdem kann ich mich immer noch an bestimmte Szenen erinnern. Da sitze ich z.B. in einer Felsspalte und davor läuft immer wieder ein Dinosaurier vorbei, gegen den ich keine Chance hätte, würde ich auch nur die Nasenspitze aus meinem sicheren Versteck rausstrecken. Munition für tolle Waffen ist schon lange alle und nur mit der verbleibenden Pistole versuche ich dem Ungetüm Herr zu werden, das sich von meinen Schießversuchen relativ unbeeindruckt gibt.
Verursache ich mit meiner läppische Knarre überhaut einen Schaden? Anzeigen dafür gab es ja damals nicht. Also hilft nur Abwarten und Ausprobieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit und 200 bis 300 Schüssen fällt der Koloss dann endlich schnaufend in sich zusammen … und ich wische mir den Schweiß von der Stirn.
Aufgeben kommt nicht in Frage
Aber auch viele frustrierende Momente haben sich im Gedächtnis festgesetzt. Die Situationen, in denen ich unzählige Male gestorben bin, weil ich den richtigen Punkt und Moment für einen gewagten Sprung über eine Felsspalte wieder einmal verpasst habe und Lara mit gruseligen Animationen entweder in die Tiefe stürzte oder in einem plötzlich aus dem Boden auftauchenden Feuerschwall ihr Leben lassen musste.
Tomb Raider stand für mich damals für Action und herausfordernde Rätsel. Auch wenn die Grafik teilweise doch ziemlich grob war, so gelang es mir doch, völlig in diese virtuelle Phantasiewelt einzutauchen und mich an diese geheimnisvollen Orte zu versetzen. Leider war für mich dann nach dem dritten Teil irgendwie die Luft raus und ich habe eine Pause eingelegt. Eine ziemlich lange Pause. Erst mit Tomb Raider (2013) und The Rise of the Tomb Raider (2016) bin ich wieder eingestiegen.
EINE DER ERFOLGREICHSTEN VIDEOSPIELSERIEN
Das Konzept, von Action, Rätseln und Geschick scheint bis heute aufzugehen. Seit über 20 Jahren begeistern nun schon die Forschungsreisen von Lara Croft und die damit verbundenen Abenteuer die Spieler. 13 Tom Raider Teile wurden zwischen 1996 und 2016 veröffentlicht und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Der erste Teil verkaufte sich angeblich 7 Millionen Mal und die Faszination scheint ungebrochen. Insgesamt kommt die Serie auf fast 40 Millionen verkaufte Exemplare.
Ich habe beide Spiele mit viel Herzblut gespielt, habe aber mit etwas Wehmut feststellen müssen, dass die Shooter-Anteile doch einen wesentlich Teil in diesen Spielen eingenommen haben. Nicht dass ich nicht viel Spaß an den actiongeladenen Ballereien gehabt hätte, aber gerade die wundervollen Rätsel traten dafür leider etwas in den Hintergrund. Das fand ich sehr schade, denn das hatte für mich gerade den Reiz dieser Serie ausgemacht.
Dafür hat mich die atemberaubende Grafik allerdings etwas entschädigt. Ob schneeverwehte Bergpanoramen, palmengesäumte Strände, Höhlen mir unzählichen Spinnwegen, Gräber mit hunderten von Kerzen (wer zündet die bloß immer alle an?) oder großartige Tempel luden immer wieder zum Staunen ein. Oftmals bin ich einfach nur durch die Gegend gelaufen und habe die verschiedenen Ausblicke genossen. Trotzdem haben die teils doch ziemlich heftigen Shooter-Einlagen das Spielerlebnis für mich jedenfalls ein wenig getrübt. Vielleicht wollte man da auch einem etwas actionhungrigeren Publikum entgegenkommen, aber ich fand es trotzdem schade. Das ist allerdings mein persönlicher Eindruck und mancher mag sich über die Actionszenen sehr gefreut haben.
Schmälern die modernen Helferlein den Spielgenuss?
Bei denen im Vergleich zu den ersten Teilen riesigen Spielwelten mussten auch weitere Kompromisse eingegangen werden. Da die Wegstrecken zwischen den jeweiligen Zielen teilweise sehr weit waren, hilft nun der „Instinkt“, der wichtige Gegenstände oder Landmarken leuchtend hervorhebt. Die alten Teile boten so etwas nicht. Hier war ich als Spieler gezwungen, mir meinen Weg noch selbst zu suchen und bin dabei oftmals in Sackgassen gelaufen. Dafür waren die einzelnen Areale natürlich etwas überschaubarer.
Trotzdem war es nicht immer leicht herauszufinden, wo man den nächsten Sprung hinsetzen musste oder welcher Hebel nun als nächstes bewegt werden muss. Irgendwie feierte man den Erfolg aber dann umso mehr, wenn sich wieder ein Tor zu einem weiteren Spielbereich öffnete. Das war dann ganz der eigene Erfolg und nicht irgendwelchen leuchtenden Anzeigen geschuldet. Hier nehmen uns, wie ich finde, die modernen Spiele oftmals ein kleines Bisschen dieses Erfolgsgefühls.
Aber ich schweife ab. Die Wahl in meiner Bibliothek fiel dann letztendlich auf Tomb Raider: Underworld. Ein wenig gespannt starte ich also den achten Teil dieser so erfolgreichen Serie, und verfolge die Intro-Sequenzen. Das Spiel ist jetzt bereits 9 Jahre alt und natürlich das sieht man ihm auch an. Trotzdem überrascht mich, wie detailliert die Umgebung dargestellt wird. Pflanzen, Steine, Wasser oder auch Eis und Schnee stehen manchen aktuellen Spielen da in nichts nach.
Sogar ein Wettersystem wurde integriert, bei rasanten Motorradfahrten spritzen Steine und Staub und auch rieselnder Sand und andere Kleinigkeiten fühlen sich realistisch an. Um die verschiedenen Stimmungen auch mit Screenshots einzufangen, laufe ich teilweise wieder minutenlang durch die Gegend um Lara an einen günstigen Ort dafür zu positionieren.
Außerdem fallen mir die kleinen liebevoll gestalteten Animationen meiner Spielfigur auf. Hier streicht sich Lara den Regen aus dem nassen Zopf, dort schlägt sie ein Rad um einen Sprung abzufangen oder sie stemmt die Hände in die Hüften und beäugt kritisch die Umgebung, wenn ich sie zu lange auf die nächste Aktion warten lasse.
All das gibt meiner Protagonistin eine gewisse Persönlichkeit und lässt mich mehr Emotionen für sie entwickeln. Nicht, dass aktuelle Spiele solche Animationen nicht auch bieten würden, aber dort setzt man sie fast schon als gegeben voraus. Ein älteres Spiel machen sie dadurch einfach noch ein bisschen liebenswerter.
Klettern, Springen und Rätsellösen als elementate Spielelemente
Besonders freut es mich, dass die Shooter-Einlagen in Tomb Raider: Underworld nicht im Vordergrund stehen sondern angenehm im Hintergrund bleiben. Natürlich gibt es diese auch, allerdings sind sie durch eine automatische Zielvorrichtung und teilweise kräftige Waffen gut zu bewältigen und strapazieren damit nie den Frustlevel.
Die Konzentration liegt hier wirklich auf dem mutigen Klettern, zielgenauen Springen, dem Erkunden der Gegend und dem Lösen von geheimnisvollen Rätseln, die meist riesige Mechanismen in Gang setzen. Das finde ich wunderbar und staune mehrfach, welche Fantasie in die verschiedenen Umgebungen gesteckt wurde. Schade, dass dieser Fokus in den aktuellsten Teilen wieder etwas in den Hintergrund gerückt ist. Dort sind das Erkunden mystischer Gräber und die damit verbundenen Rätsel gefühlt zu Nebenmissionen verkommen.
Die Handlung von Tomb Raider: Underworld schließt wohl direkt an Tomb Raider: Legend an, das ich übrigens auch noch nicht gespielt habe, das aber schon in meiner Spielebibliothek wartet. Lara war dort auf der Suche nach Informationen über das Schicksal ihrer Mutter und diese Suche wird nun fortgesetzt.
Lara vermutet, dass sie in Avalon mehr erfahren wird und benötigt um dahin zu gelangen, Mjölnir, den Hammer des Donnergottes Thor. Viele Hinweise, auch von ihrem Großvater, führen Lara in die unterschiedlichsten Umgebungen. Eine versunkene Ruine im Mittelmeer, der ein alter Tempel in Thailand, der Dschungel in Mexiko, die Arktis, Laras Anwesen Croft Manor und weitere Schauplätze lassen jedenfalls keine Langeweile aufkommen.
Nicht alles ist so perfekt, wie es scheint
Jeder Bereich hat seine Tücken und ich gestehe, dass ich einmal ein Video zu Rate gezogen habe, da ich an einer Stelle gefühlt mindestens 50 Mal gestorben bin. Da helfen dann auch keine angenehm kurzen Ladezeiten.
Auch die manchmal etwas seltsame Kameraführung macht das Leben nicht unbedingt leichter. Diese ist sehr eigenwillig und verdeckt oft das Sichtfeld wodurch ich mehr als einmal in den Tod stürze, weil ich einen Abgrund nicht erkennen kann. Anfangs habe ich auch große Probleme mit der Physik. Da will ein Steinbrocken, den ich auf einer Bodenplatte ablege, einfach nicht liegenbleiben und snapt immer wieder in eine Ecke des Raums, in dem ich mich gerade befinde. Ein Öffnen der Ausgangstüre ist so leider unmöglich. Eine kurze Recherche im Internet und eine Änderung der Vsync-Einstellung bringen hier Abhilfe … warum auch immer. Ehrlich gesagt habe ich aber mit größeren Problemen gerechnet. Ältere Spiele neigen ja immer mal wieder dazu, einen mit einer störrischen Steuerung und teilweise nicht nachvollziehbarem Verhalten den Spielspaß zu verderben. Hat man allerdings hier einmal das Prinzip verstanden, hüpft und klettert Lara meistens willig zum angestrebten Zielort.
Zusätzlich zur Kletterei kann ich mich an Seilen über tiefe Abgründe schwingen, in rasanten Motorradfahrten weite Entfernungen überwinden oder auch schon mal ganze Missionen tauchend unter Wasser verbringen. Auch hier funktioniert die Steuerung einwandfrei und die verschiedenen Fortbewegungsarten machen Laune. Keine Spur mehr von den anfangs erwähnten und grauenvoll zu steuernden Unterwasserlevel.
Alles in allem ist Tomb Raider: Underworld ein Spiel mit hohem Spaßfaktor und wer mehr Wert auf Adventure als auf actionreiche Ballereien legt, ist hier gut aufgehoben. Und wer nicht gleich mit den allerersten und damit wirklich alten Teilen anfangen will: Hier habe ich ein Spiel vor mir, dem man das Alter kaum anmerkt.
Wer jetzt mit dem Gedanken spielt, sich in Tomb Raider: Underworld noch einmal mit Lara ins Abenteuer zu stürzen, der kann ja vielleicht erst einmal in die Demo für den PC reinschnuppern.
Mich hat jetzt jedenfalls wieder ein wenig das Tomb-Raider-Feeling von damals eingeholt und ich werde sicher demnächst noch den einen oder anderen Teil zusammen mit Lara bestreiten.
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