Aller Anfang ist schwer – so könnte der Leitsatz des Magazins HC Mein Home-Computer gelautet haben, das erstmals im November 1983 auf dem deutschen Markt erschien. Denn das selbsterklärte Ziel der HC war es, Einsteigern in die Heimcomputerwelt durch Aufklärung die Angst vor dem neuen Mitbewohner zu nehmen.
Viele Bundesbürger kauften sich zu dieser Zeit einen Heimcomputer. Es war also genau der richtige Zeitpunkt, der digitalen Revolution Zuhause mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Die neue Technik setzte Know How und Wissen voraus. Und die HC hatte es sich zur Aufgabe gemacht, genau dieses Wissen zu vermitteln. Die Menschen hinter der HC waren keine Neulinge. Sie hatten bereits solide Marktkenntnisse gesammelt. Denn die HC war ein Ableger ihrer Schwesterzeitschrift CHIP. Eine der ältesten Computerzeitschriften des Landes. Die CHIP wurde 1978 eingeführt und erscheint bis heute in ca. 17 Ländern.
In unserem Interview mit Wolfgang Taschner (damaliger Chefredakteur der HC) vom Vogel-Verlag erfährst Du dazu weitere Informationen aus erster Hand.
Zum Erscheinungszeitpunkt der HC waren eigene Magazine für den Heimcomputermarkt noch nicht fest etabliert. Und so gründete sich das Heft fast zur gleichen Zeit, wie der Wettbewerber Happy Computer aus dem Markt & Technik Verlag, in einem relativ neuen Geschäftsfeld. Die HC debütierte 1983 im Vogel-Verlag Würzburg unter der Redaktionsdirektion von Richard Kerler. Verantwortlich für den Inhalt war Wolfgang Taschner. Der offizielle Verkaufspreis des monatlich erscheinenden Magazins lag bei 5 DM.
Was die HC optisch vom restlichen Markt abhob, waren die kunstvoll gestalteten Titelillustrationen der Münchener Künstlerin Barbara Buchwald. Die Deckblätter des Magazins waren bunt und verspielt aber immer auch technikbezogen. Mit kräftigen Farben schuf Barbara Buchwald einen Stil, der typisch für das Heft werden sollte.
Vom „Fieber mit den kleinen Geräten“
Der Inhalt des Magazins war gut strukturiert und hatte ein eher sachliches Layout. Berichte über Spiele waren, zumindest in den ersten Heftausgaben, anderen Themen untergeordnet. Die klare Struktur prägte sich in den späteren Ausgaben immer deutlicher aus. Ähnlich wie bei der CHIP war die Heftstruktur nicht verspielt, sondern an der Information ausgerichtet. Das deckte sich auch dem Ziel des Magazins, Computertechnik einfach zu erklären und beim „Fieber mit den kleinen Geräten“ weiterzuhelfen.
Ähnlich wie die Mitbewerber sprach auch die HC alle verfügbaren Systeme am Markt an. So gab es Informationen zu fast allen wichtigen Computern von Atari, Commodore, Laser, Sharp, Sinclair, Spectravideo, Tandy, Texas Instruments oder auch Apple.
Neben obligatorischen Rubriken wie „Für Sie entdeckt“, in der News vom Markt präsentiert wurden, gab es auch von Anfang an einen großen Praxisteil. In der Ausgabe 11/1983 wurde zum Beispiel eine Schaltung abgedruckt, mit deren Hilfe man den beliebten 1K-Heimcomputer ZX81 von Sinclair für nur 20 DM auf 16K Hauptspeicher erweitern konnte. In einer Zeit, in der viele Jugendliche noch mit Lötkolben und Platinen vertraut waren, gab es sicher nicht wenige, die diese Schaltung auch umgesetzt haben. Ganz nebenbei erlernte man auf diesem Wege viele technische Zusammenhänge und Begrifflichkeiten aus der Computertechnik.
Reports und Hintergründe zu Homecomputern
Unter der Überschrift „Computer vom Fließband“ konnte man in der Ausgabe 2/1984 einen Bericht über die Geburtsstätte des VC 20 und C64 lesen. So erfuhr man, dass 1984 täglich (!) ca. 5.000 Computer im Commodore-Werk in Braunschweig hergestellt wurden. Und so kam es, dass auf dem Rücken der Commodore-Heimcomputer „Made in West-Germany“ geschrieben stand. Ein Produktionserfolg für Heimcomputer, der später nicht mehr überboten werden konnte.
In den Leserbriefen der älteren Ausgaben gab es immer wieder Kritik daran, dass im Schwerpunkt zu oft über die Sinclair Heimcomputer berichtet wurde. Der Sinclair ZX Spectrum war Anfang der Achtziger in der Tat sehr erfolgreich. Er rangierte zeitweilig in der Top 5 mit dem Commodore 64 oder dem VC 20. Der ZX81 konnte zu diesem Zeitpunkt in den Verkaufscharts nicht mehr mithalten.
In einigen Berichten aus den früheren Ausgaben wie zum Beispiel „So funktioniert ein Home-Roboter“ aus der Ausgabe 12/1983 wird man stilistisch an das P.M. Magazin erinnert. Das P.M. ist eine breit gefächerte populärwissenschaftliche Zeitschrift, die ebenfalls 1978 gegründet wurde. Grundsätzlich aber sind die Artikel in der HC gut recherchiert und bieten inhaltlich viel Abwechslung. Neben den klassischen Heimcomputer-Themen und Kaufberatungen gibt es Reportagen über Musik und Grafik am Computer, die Hackerszene oder die ersten Online-Netzwerke.
In der „Spiele-Diskothek“
Obwohl es auch schon in früheren Ausgaben Berichte über Computerspiele gab, wurde im Januar 1984 die Spiele-Diskothek als eigene Heftrubrik eingeführt. Sicher war dies auch eine Reaktion auf die Nachfrage der Leserschaft. Von nun ab gab es Weltmeistertips, Neuvorstellungen oder Hintergrundinformationen zur Spieleszene. Strategietips zu Pac-Man und Co. kamen unter anderen von der Autorin Christa-Maria Sopart, die auch bereits eigene Bücher über Computer-Spiele veröffentlicht hatte.
Teilweise erstreckte sich die Spiele-Diskothek über mehrere Seiten, so dass Tests über River Raid, Shamus, Kaboom oder Parsec ausreichend Platz fanden. Interessant: Unter der Regie der HC/CHIP wurde das Spiel Microsoft Flugsimulator zum Spiel des Jahres 1984 gewählt.
Die Wahl hatten Fachmagazine aus mehreren Ländern getroffen. Dazu gehörten: Personal Computing (USA), Practical Computing (England) und Micro 7 (Frankreich). Grund für die Wahl zum Spiel des Jahres, war die gelungene naturgetreue Simulation einer Sportmaschine mit dem Heimcomputer. Immer öfters fanden sich nun Spieleberichte auch an anderer Stelle im Magazin.
Ein wirklich schönes und kurioses Inserat für das Programm Galactic Defence konnte man in der HC Börse vom März 1984 finden. Die Entwickler von Mediasoft aus Wilhelmshaven hatten einen selbst gezeichneten Screenshot beigefügt und etwaige Ungenauigkeiten in der Anzeige handschriftlich korrigiert. Für 29,50 DM konnte man die 11 Kilobyte auf einer Compact Cassette kaufen. Wo hat man in der Softwarebranche zuletzt so viel Liebe zum Detail gesehen?
Auch ungewohnt, wenn auch lange nicht so selten, waren die Anzeigen des bekannten Microcomputerhändlers Vobis. Alle Produkte wurden in Form einer Speisekarte angeboten. Wer also als Vorspeise gern einen Sinclair Drucker, als Hauptgericht einen ZX Spectrum und als Dessert 2.000 Blatt Druckerpapier bestellen mochte, war bei Vobis genau richtig. Und das 10-mal in Deutschland. Alle Preise inkl. MwSt und Bedienung. Vobis wurde 1975 gegründet und später in die Metro-Group eingegliedert. Vobis wurde hierzulande durch den Verkauf seiner Eigenmarke Highscreen bekannt.
Weitere Publikationen der HC
Im HC-Buchladen konnte man weitere Bücher und Magazine aus dem Vogel-Verlag einkaufen. Am populärsten waren sicher die Programmsammlungen der CHIP. Für 18 DM erhielt man die gut sortierte Sammlung von Programmen für den Lieblings-Heimcomputer. Viele der enthaltenen Listings, stammten aus HC-Magazinen.
Ein paar Beispiele:
- Commodore 64 Programme, Ausgabe 3 (Best. Nr. 919)
- Commodore VC 20 Programme (Best. Nr. 754)
- Atari 600 XL / 800 XL Programme, Ausgabe 1 (Best. Nr. 920)
- Sinclair ZX81 Programme, Ausgabe 2 (Best. Nr. 921)
- Sinclair ZX Spectrum Programme, Ausgabe 2 (Best. Nr. 922)
- Texas Instruments TI 99/4a Programme (Best. Nr. 906)
Außerdem sind unter dem Markennamen HC verschiedene Bücher erschienen.
Ein Auszug aus dem Programm:
- Start mit Atari-Logo (Dietrich Senftleben, 216 Seiten, 30 DM)
- Weltraum-BASIC-Abenteuer mit dem ZX81 für junge Computerfreunde (Eberhard Scholz, 120 Seiten, 18 DM)
- Grafik mit dem Home-Computer (Rüdeger Baumann, 328 Seiten, 38 DM)
- Das Atari-Spielebuch für 600 XL / 800 XL (James/Gee/Ewbank, 184 Seiten, 30 DM)
- Computerspiele und Knobeleien programmiert in BASIC (Rüdeger Baumann, 304 Seiten, 30 DM)
Gut aufgeräumt – bis zum letzten Heft
In der praktischen HC-Sammelbox aus Kunststoff konnten die gelesenen Hefte gut geschützt verstaut werden. Die Box war im Preis für ein Jahresabonnement enthalten. Das Jahresabo kostete 55 DM für 12 Hefte. Die HC existierte von November 1983 bis zur Ausgabe Oktober 1986. Insgesamt also fast genau drei Jahre. Nach der letzten Ausgabe im Oktober 1986 wurde die Zeitschrift eingestellt und in die CHIP integriert.
Mit einer Gesamtanzahl von 36 Heften ist die HC ein übersichtliches und wertvolles Sammlerobjekt. Allerdings sind die Hefte heutzutage schwer zu finden.
Wer sich also für die goldene Ära der Heimcomputer interessiert und in die Verlegenheit kommt Hefte der HC erwerben zu können, findet in ihr ein fundiertes Nachschlagewerk für fast alle Geräte dieser Zeit mit vielen spannenden Beiträgen.
Online-Archiv (gescannte Heftausgaben)
Gescannt zwischen Januar und Juni 2016 von Dr. Stefan Höltgen im Rahmen des Forschungsprojektes
Zur Archäologie der frühen Mikrocomputer und ihrer Programmierung an der:
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft
Fachgebiet Medienwissenschaft
Lehrgebiet Zeitbasierte Medien und zeitkritische Medienprozesse
Georgenstraße 47
10117 Berlin
Deutschland
Link: HC – Mein Home-Computer die Ausgaben 11/1983 – 10/1986 (36 Hefte, PDF)
Zur Verfügung gestellt durch den Blog von Hugo E. Martin.
Weiterführende Links
- Interview mit dem ehemaligen Chefredakteur Wolfgang Taschner
- Simulations-Raum (Blog von Dr. Stefan Höltgen)
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